Grundlagen der Staatsordnung
Institutionen und Volksrechte
Oswald Sigg ersetzte Bundesvizekanzler Achille Casanova als Bundesratssprecher. – Der Bundesrat beantragte eine Reform der Pensionskasse des Bundespersonals. – Der Ständerat lehnte es einmal mehr ab, in seinem Saal ein elektronisches Abstimmungssystem einzurichten. – Das Parlament verabschiedete die Reform der Bundesgerichte. Das Bundesgericht in Lausanne reagierte empört auf Sparforderungen von Justizminister Blocher. – Die Vorschläge des Bundesrates zur Konkretisierung des neuen Volksrechts der allgemeinen Volksinitiative wurden in der Vernehmlassung als zu kompliziert kritisiert.
Regierung
Auf Antrag seiner SPK beschloss der Nationalrat mit 84 zu 74 Stimmen, der parlamentarischen Initiative der SP-Fraktion für eine neue Verfassungsbestimmung, welche
jedem Geschlecht mindestens drei Sitze im Bundesrat zusichert, keine Folge zu geben. Die SPK begründete ihren Ablehnungsantrag vor allem damit, dass eine solche Vorschrift die Auswahlmöglichkeiten zu stark einschränken würde. Dies sei umso mehr der Fall, als auf die bestehenden und von der Kommissionsmehrheit als wichtiger erachteten Verfassungsvorgaben über die sprachliche und regionale Ausgewogenheit nicht verzichtet werden soll
[1].
Der überraschende Ausgang der Bundesratswahlen vom Dezember 2003 und die anschliessenden Debatten über das Kollegialitätssystem hatten die Diskussion um alternative Wahlverfahren belebt. Deutlich (121 zu 23 Stimmen) und ohne Diskussion lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) ab, welche die
Aufhebung der geheimen Stimmabgabe bei der Bundesratswahl, d.h. eine Wahl unter Namensaufruf wie bei Sachgeschäften, verlangte
[2]. Noch nicht behandelt worden ist eine parlamentarische Initiative Markwalder (fdp, BE), welche die Ersetzung der individuellen Wahl durch eine Listenwahl fordert, wobei die Listen durch die Wählenden nicht abgeändert werden dürfen
[3]. Die Initiantin und ein vor allem in der Westschweiz verankertes „Centre pour la réforme des institutions suisses“, welches den Vorschlag im September der Öffentlichkeit vorstellte, erwarten von diesem System eine grössere Sicherheit, dass nicht sieben Einzelakteure, sondern ein zur Zusammenarbeit bereites Team in die Regierung gewählt wird. Die zur Wahl vorgeschlagenen Listen müssten von mindestens dreissig Abgeordneten unterstützt werden. Falls im ersten Wahlgang keine Liste das absolute Mehr erreicht, würden die beiden bestplatzierten Listen in einem zweiten Wahlgang gegen einander antreten, wobei die Listen vom ‚Unterstützungskomitee’ noch personell verändert werden könnten
[4].
Nach 24jähriger Amtstätigkeit trat der Tessiner
Achille Casanova (cvp) auf Ende Juli als Bundesvizekanzler zurück. Als
Bundesratssprecher war er einer breiten Öffentlichkeit bekannt und von den Medienschaffenden ausgesprochen geschätzt worden
[5]. Noch vor der Ernennung eines Nachfolgers stellte die zweite Bundesvizekanzlerin, Hanna Muralt (sp), ihren Posten nach vierzehn Amtsjahren zur Verfügung. Gemäss eigenen Aussagen tat sie dies auch, um den partei- und sprachpolitischen Spielraum für die Neubesetzungen zu erweitern. Zum Nachfolger Casanovas wählte der Bundesrat den Sozialdemokraten Oswald Sigg, zuletzt Stabschef im UVEK und vorher auch Sprecher des VBS. Hanna Muralt wurde durch die der CVP nahe stehende romanischsprachige Corina Casanova ersetzt, bisher stellvertretende Generalsekretärin im EDA
[6]. Dass ein Deutschsprachiger ohne Italienischkenntnisse den Platz des perfekt dreisprachigen Achille Casanova einnahm, sorgte im Tessin, aber auch in der französischsprachigen Schweiz für Proteste gegen eine Verdrängung des ‚lateinischen’ Elements aus den Spitzenpositionen der Verwaltung. Dass gleichzeitig mit Corina Casanova eine Vertreterin der kleinen, ebenfalls ‚lateinischen’, romanischsprachigen Minderheit Vizebundeskanzlerin wurde, nahm insbesondere Bundesrat Couchepin, der sich in den Medien über den Wahlausgang empört hatte, erst mit Verspätung zur Kenntnis
[7].
Es ist zwar nicht neu, kommt aber im Vergleich zu früher wesentlich häufiger vor, dass den Medien
Informationen aus den Bundesratsberatungen und den dazugehörenden Positionspapieren zugespielt werden. Beobachter führten dies auf die mit dem Amtsantritt Christoph Blochers verschärfte Polarisierung innerhalb der Regierung zurück. Vermutet wurde, dass in die Amtsgeschäfte eingeweihte Mitarbeiter der Verwaltung Indiskretionen mit dem Ziel begehen würden, der Position ihres Departementschefs grösseres Gewicht zu verleihen oder diese der Öffentlichkeit überhaupt klar zu machen. Bundeskanzlerin Huber reichte zu Jahresbeginn bei der Bundesanwaltschaft mehrere Strafanzeigen gegen Unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung ein
[8]. Als desaströs und für die Swisscom geschäftsschädigend bezeichneten Parlamentarier und Medien die Informationspolitik der Landesregierung Ende November im Zusammenhang mit ihren Entscheiden über die Geschäftsstrategie der Swisscom. Obwohl der Bundesrat vorläufiges Stillschweigen über sein Verbot eines Auslandengagements der Swisscom beschlossen hatte (er wollte zuerst die Swisscom selbst informieren), geriet diese Nachricht vorzeitig an die Öffentlichkeit. Dies geschah, weil Bundesrat Blocher sie in einem zum voraus produzierten Radio-Interview verraten hatte. Ob Absicht hinter dieser Indiskretion steckte, lassen die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte durch eine Subkommission abklären
[9].
Mit einer parlamentarischen Initiative beantragte der Solothurner SVP-Nationalrat Wobmann, mit der Veröffentlichung der namentlichen Abstimmungsresultate im Bundesrat vollständige
Transparenz über das Verhalten der Regierungsmitglieder zu schaffen. Auslöser für diesen Vorstoss war die Aussage von Bundesrat Deiss gewesen, dass der Bundesrat sich einstimmig zugunsten des Schengen/Dublin-Abkommens mit der EU ausgesprochen habe, dies aber gemäss Bundesrat Blocher nicht der Fall gewesen sei. Die SPK-NR beschloss, dem Plenum die Ablehnung dieser Initiative zu beantragen
[10].
Der unbefriedigende Verlauf der parlamentarischen Diskussion der
Legislaturplanung des Bundesrates im Sommer 2004
[11] veranlasste die SPK des Nationalrats, konkrete Änderungen für das zukünftige Vorgehen vorzuschlagen. Es sei nicht zu erwarteten, dass sich die in ihren Programmen doch sehr stark unterscheidenden, aber zusammen eine Regierung bildenden Parteien im Parlament auf ein gemeinsames Programm einigen könnten. Für die Lösung von politischen Problemen seien in der schweizerischen Konkordanzdemokratie von Thema zu Thema wechselnde Koalitionen und Mehrheiten erforderlich. Deshalb solle bei der Beschlussfassung über die Legislaturplanung und -ziele auf eine Gesamtabstimmung verzichtet werden. Da die Beteiligung des Parlaments an der Politikplanung aber nicht nur von der Verfassung verlangt, sondern auch von ihm selbst gewünscht werde, soll es weiterhin mit einem einfachen Bundesbeschluss dazu Stellung nehmen. Diese Stellungnahme dürfe sich jedoch nicht auf die allgemeine Zielsetzung zu beschränken, sondern müsse auch die Liste der Richtliniengeschäfte (konkret geplante Gesetzgebungsmassnahmen) umfassen. Durch eine bessere Strukturierung der Debatte und gewissen restriktiven Vorgaben (z.B. Einreichung von Fraktionsanträgen vor Beginn der Kommissionsberatungen) sei zudem die Diskussionszeit im Plenum zu verkürzen
[12].
Die kleinen Differenzen, welche Ende 2004 bei den Parlamentsberatungen über das neue Bundesgesetz über das
Vernehmlassungsverfahren verblieben waren, konnten in der Frühjahrssession rasch beigelegt werden, indem die grosse Kammer die Beschlüsse des Ständerats übernahm. Das Gesetz wurde in der Schlussabstimmung oppositionslos verabschiedet
[13].
Verwaltung
Zu der vom Bundesrat beantragten Revision des Finanzhaushaltgesetzes, welche die rechtliche Grundlage für die Einführung des neuen Rechnungsmodells für die Verwaltung bildet, siehe unten, Teil I, 5 (Ausgabenordnung). Zur Korruptionsbekämpfung siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
Mit Stichentscheid des Präsidenten unterstützte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Haering (sp, ZH), welche
mehr Frauen in den Verwaltungsräten von Unternehmungen des Bundes oder Betrieben mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung fordert. Die Rechtskommission, welche sich ebenfalls hinter den Vorstoss gestellt hatte, argumentierte, die verlangte Minimalquote von 30% sei nicht nur wegen des Verfassungsauftrags der Geschlechtergleichstellung angebracht, sondern würde sich auch für die anvisierten Gesellschaften positiv auswirken
[14].
Eine Motion der SVP-Fraktion im Nationalrat für die
Veröffentlichung aller sowohl von der Bundesverwaltung als auch von Unternehmungen des Bundes in Auftrag gegebenen
externen Studien wurde vom Parlament teilweise überwiesen. Der Bundesrat war damit einverstanden, da das neue Öffentlichkeitsgesetz dies für Berichte zuhanden des Bundes ohnehin vorschreibe. Für die Bundesbetriebe (z.B. SBB), für welche dieses Gesetz nicht gilt, empfahl er hingegen die Ablehnung der Motionsforderung. Der Nationalrat und nach ihm auch der Ständerat folgten der Empfehlung der Regierung
[15].
Der Nationalrat nahm eine Motion Häberli (cvp, TG) für eine umfassende
Reform und Straffung der Bundesverwaltung diskussionslos an. Der Ständerat hiess sie und auch eine ähnliche Motion Stähelin (cvp, TG) gut
[16]. Er überwies auch eine vom Nationalrat im Vorjahr akzeptierte Motion der CVP für eine eingehende Überprüfung der Aufgaben und Leistungen des Staates sowie eine grundlegende Verwaltungsreform
[17]. Umstritten war hingegen ein in Motionsform gekleideter Prüfungsauftrag der nationalrätlichen Kommission, welcher sich mit dem Entlastungsprogramm 2004 befasste. Dieser forderte den Bundesrat auf, im Rahmen der von ihm eingeleiteten Verwaltungsreform die Integration der beiden
Bundesämter für Veterinärwesen und für Landesversorgung sowie der Forstdirektion in das Bundesamt für Landwirtschaft ins Auge zu fassen. Gegen den Widerstand der Linken, welche darin eine Sparmassnahme auf dem Buckel des Personals sah, die sachlich nicht gerechtfertigt sei, überwies der Nationalrat den Vorstoss. Der Ständerat hiess den Überprüfungsauftrag ebenfalls gut, obwohl insbesondere die vorgeschlagene Integration des Bundesamtes für Veterinärwesen in das Landwirtschaftsamt auf Kritik stiess, da ersteres bezüglich seiner Aufgaben eher im Gesundheits- oder Verbraucherschutzbereich einzuordnen wäre
[18]. Der Bundesrat beschloss, das Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) auf Anfang 2006 zu einem guten Teil in das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) zu überführen und dieses neu Bundesamt für Umwelt (Bafu) zu nennen. Andere Teile des BWG gingen an die Bundesämter für Verkehr resp. Energie
[19].
Die Regierung gab Mitte September den eigentlichen Startschuss zu einer
Verwaltungsreform. Ziel sei es gemäss Bundesrat Merz, Abläufe zu vereinfachen und Strukturen auf ihre Zweckmässigkeit zu überprüfen. Dabei gehe es nicht um Personalabbau und direkte Einsparungen, sondern primär um Effizienzgewinne. Als Beispiele wurden später die Schaffung von Dienstleistungszentren genannt, welche für die Bundesämter Routinearbeiten aus dem Personal- oder Rechnungswesen zentral erledigen könnten, wie etwa Stellenausschreibungen und die erste Triage der Bewerbungen
[20]. Aufsehen erregten die rigorosen Sparanstrengungen im EJPD. Nach einer 2004 eingeleiteten Aufgabenüberprüfung kündigte Departementschef Blocher im Juni an, bis 2008 in den zentralen Diensten seines Departementes netto 116 Stellen (d.h. ein Fünftel) abzubauen. Dabei sollen primär Doppelspurigkeiten und unnötige Hierarchiestufen eliminiert werden. Bereits gestrichen wurde unter anderem die Stelle der stellvertretenden Generalsekretärin des Departements
[21].
Eine im Auftrag der EU erstellte Analyse konstatierte bei der Realisierung des
E-Government für die Schweiz einen beträchtlichen Rückstand auf fast alle anderen europäischen Staaten. Der Bericht und auch der Delegierte für die Informationsstrategie des Bundes erklärten dies unter anderem mit den föderalistischen Strukturen und – ähnlich wie beim ebenfalls schlecht platzierten Deutschland – mit der starken Stellung des Datenschutzes. Für Bundeskanzlerin Huber-Hotz ist der Strategiewechsel bei der für das schweizerische E-Government zentralen Internet-Seite www.ch.ch weitgehend darauf zurückzuführen, dass in der Schweiz die meisten Kontakte der Bürger mit der Verwaltung (Steuern, Dienstleistungen, Bewilligungen etc.) nicht mit dem Zentralstaat, sondern mit den kommunalen und kantonalen Behörden stattfinden. Angesichts der Vielzahl dieser Anbieter sei es deshalb ein Gebot der Vernunft gewesen, die Internet-Seite als nationales Einstiegsportal und als Kontaktvermittlerin und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, als umfassendes „guichet virtuel“ zu realisieren
[22]. Mit der Überweisung eines Postulats Noser (fdp, ZH) forderte der Nationalrat den Bundesrat auf, abzuklären, ob Fortschritte beim E-Government möglich wären, wenn für gewisse Bereiche (z.B. Informationsvermittlung) auch Private zugelassen würden
[23].
Im September legte der Bundesrat die Botschaft für die
Totalrevision des Gesetzes über die Pensionskasse des Bundespersonals (PUBLICA-Gesetz) vor. Diese enthält die neu konzipierten Vorschriften über die Organisation und die versicherungstechnischen Regeln. Die noch nicht Pensionierten müssten demnach die Hauptlast der Kassensanierung selbst tragen. Neben dem vom Parlament ultimativ verlangten Wechsel vom bisherigen Leistungs- zum Beitragsprimat beinhaltet die Reform auch eine Senkung des technischen Zinssatzes (weitgehend finanziert über Beitragserhöhungen) und die Erhöhung des ordentlichen Pensionsalters von 62 auf 65 für alle, also auch für diejenigen, die bereits vierzig Jahre beim Bund gearbeitet haben. Zudem beantragte der Bundesrat, die im Vorjahr beschlossenen dringlichen Sanierungsmassnahmen ins ordentliche Recht zu überführen (u.a. Verzicht auf garantierten Teuerungsausgleich). Die bereits Pensionierten sollen hingegen geschont werden. Für sie schlägt der Bundesrat die Schaffung einer besonderen, vom Bund getragenen Rentnerkasse vor, welche ihnen die Auszahlung der früher versprochenen Leistungen garantiert
[24]. Für die Pensionskassen der bundeseigenen Betriebe Post und SBB bestanden ebenfalls Pläne zur Ausgliederung der Rentenkasse für die bereits Pensionierten. Entscheide zugunsten dieser von der SVP bekämpften Massnahme wurden aber noch nicht getroffen
[25].
Mit dem Einverständnis des Bundesrats nahmen der Nationalrat eine Motion Berberat (sp, NE) und der Ständerat eine Motion Studer (sp, NE) für eine Erhöhung der
Zahl der französisch- und italienischsprachigen Personen in den Führungspositionen der Bundesverwaltung an. Konkret erhielten Bewerberinnen und Bewerber aus diesen Sprachregionen bei gleicher Qualifikation solange den Vorzug gegenüber Kandidierenden aus der Deutschschweiz, bis ihr Anteil demjenigen der Landesbevölkerung entspricht
[26]. Eine Motion Simoneschi (cvp, TI), welche verlangte, dass Stellenausschreibungen des Bundes
Italienischsprachige nicht diskriminieren dürfen (z.B. durch das Erfordernis der deutschen oder französischen Muttersprache), nahm der Nationalrat ohne Gegenstimme an
[27].
Der Nationalrat überwies mit 91 zu 75 Stimmen eine Motion Vollmer (sp, BE), welche ein Konzept verlangt, das sicher stellt, dass sich alle Bundesstellen den Bemühungen anschliessen, mehr
Lehrlings- und Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Der Ständerat lehnte den Vorstoss in Übereinstimmung mit dem Bundesrat ab
[28].
Die Sparpläne des Bundes und die in diesem Zusammenhang angekündigten
Personalreduktionen haben zu einer Abnahme der Arbeitszufriedenheit beim Bundespersonal geführt. Gemäss einer vom EFD durchgeführten repräsentativen Befragung sind im Vergleich zu früheren Befragungen wesentlich mehr Mitarbeiter demotiviert oder gar resigniert. Besonders schlecht fiel das Urteil bei den Beschäftigten der Departemente von Blocher (EJPD) und Merz (EFD) aus
[29].
Der Leiter des
Bundesamtes für Personal, Peter Hablützel, reichte nach sechzehn Jahren Amtstätigkeit seine Demission ein. Obwohl Sozialdemokrat, hatte er sich als Modernisierer des Personalwesens, unter anderem durch die Abschaffung des Beamtenstatus, bei den Gewerkschaften mehr als einmal unbeliebt gemacht. Hablützel machte kein Hehl daraus, dass sein Rücktritt direkt mit der seit der Wahl von Blocher und Merz in den Bundesrat wesentlich härter gewordenen Personalpolitik des Bundes zusammen hänge
[30]. Der Ständerat überwies im Einverständnis mit dem Bundesrat ein Postulat Fetz (sp, BS) für eine verbindlichere Sozialpartnerschaft in der Personalpolitik des Bundes
[31].
Parlament
Dass die Geschäftslast des Parlaments in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, gilt als unbestritten. Ständerat Pierre-Alain Gentil (sp, JU) reichte deshalb eine parlamentarische Initiative ein, welche anstelle des heutigen Systems der vier Sessionen à drei Wochen (plus eine zum Usus gewordene einwöchige Sondersession im Frühjahr) einen
Monatsrythmus mit einer Sessionswoche einführen will. Da im Ferienmonat August keine Session und in den beiden Monaten Juni (Staatsrechnung) und Dezember (Budget) zwei Wochen geplant wären, bliebe die gesamte Sitzungsdauer bei dreizehn Wochen. Sein Vorschlag führe zu grösserer Effizienz infolge einer einfacheren Sessionsplanung und -vorbereitung sowie einer Beschleunigung des Verkehrs zwischen den beiden Ratskammern, argumentierte Gentil. Die SPK des Nationalrats unterstützte diesen Vorstoss nicht
[32], wohl aber diejenige des Ständerats. Die kleine Kammer beschloss auf ihren Antrag mit 19 zu 15 Stimmen der Initiative Folge zu geben
[33].
Die von der SVP-Fraktion nach dem Sonderkredit für die Rettung der Luftfahrtgesellschaft Swissair angestrebte Neuregelung der Bewilligung von
ausserordentlichen und dringlichen Ausgabenbeschlüssen des Bundesrats scheiterte. Die SPK-NR beurteilte zwar den aktuellen Zustand, der die Kompetenzen des Parlaments auf eine nachträgliche Sanktionierung beschränkt, nach wie vor als unbefriedigend. In der Dezembersession beschloss der Nationalrat aber auf ihren Antrag, an der von ihm im Vorjahr unterstützten und von der kleinen Kammer abgelehnten parlamentarischen Initiative der SVP nicht mehr festzuhalten. Diese hatte verlangt, dass ab einem bestimmten Minimalbetrag eine vorhergehende Bewilligung durch das Parlament erforderlich ist. Bereits zuvor hatten sich der Ständerat und der Bundesrat durchgesetzt, als sie die Aufnahme einer entsprechenden neuen Regelung für die Bewilligung von dringlichen ausserordentlichen Ausgaben in das totalrevidierte Finanzhaushaltsgesetz verhinderten
[34].
Die Zahl der Motionen ist in den letzten Jahren so stark angestiegen, dass viele von ihnen nicht mehr behandelt, geschweige denn diskutiert werden können. Den nicht behandelten Vorstössen droht nach zwei Jahren die Abschreibung, auch wenn dies gemäss dem neuen Parlamentsgesetz nicht mehr automatisch, sondern auf Antrag des Büros geschieht. Die Unzufriedenheit der meisten Nationalräte mit diesem Zustand manifestierte sich anlässlich des Entscheids über eine von 139 Abgeordneten unterzeichneten Motion Kunz (svp, LU). Diese verlangt, dass das Parlament alle
Motionen spätestens ein Jahr nach der Beantwortung durch den Bundesrat behandeln muss; der Vorstoss wurde gegen den Antrag des Ratsbüros angenommen
[35].
Die Forderung, mit einer
elektronischen Abstimmungsanlage mehr Transparenz über das Abstimmungsverhalten im Ständerat zu schaffen, scheiterte erneut. Der Rat lehnte eine entsprechende Motion Sommaruga (sp, BE) mit 26 zu 13 Stimmen ab. Die Mehrheit führte nicht nur die hohen Kosten ins Feld, sondern hatte auch Bedenken, dass die volle Transparenz über das Stimmverhalten bei Gesamt- und Schlussabstimmung der Diskussions- und Entscheidfindungskultur der kleinen Kammer nicht gerecht würde
[36]. Das Mass der gewünschten Transparenz ist aber auch in der grossen Kammer nicht unbestritten. Zwar sind alle elektronisch durchgeführten Abstimmungen einsehbar, nur die als namentlich bezeichneten werden aber automatisch publiziert, für die anderen muss auf umständliche Weise ein Gesuch um Einsicht gestellt werden. Der Nationalrat lehnte eine Motion Vollmer (sp, BE) ab, welche alle Abstimmungsresultate veröffentlichen wollte. Das Gegenargument des Ratsbüros war, dass bei den Abstimmungen zu einzelnen Anträgen oft auch taktische Erwägungen eine Rolle spielten. Wenn dies bei einer Publikation nicht berücksichtigt und erläutert würde, wären die Angaben über das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier irreführend
[37].
Gerichte
Nach der Bereinigung der letzten Differenzen verabschiedete das Parlament in der Sommersession das revidierte
Gesetz über das Bundesgericht und das neue Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht einstimmig. In der Frühjahrssession befasste sich der Ständerat mit der im Vorjahr vom Nationalrat beschlossenen neuen Fassung, welche sich auf den Zusatzbericht einer Arbeitsgruppe stützte
[38]. Die kleine Kammer schloss sich weitgehend diesen Entscheidungen an. Dazu gehörte namentlich auch die lange umstritten gewesene Festlegung der Streitwertgrenzen für Zivilsachen. In der zweiten Runde der Differenzbereinigung ging es insbesondere noch um die Rekursmöglichkeiten bei der internationalen Rechtshilfe. Durchgesetzt hat sich die von Bundesrat und Ständerat vertretene Ansicht, dass in besonderen Fällen (z.B. wenn bei einer Auslieferung im Ausland die Todesstrafe droht) der Entscheid des Bundesstrafgerichts an das Bundesgericht weitergezogen werden kann
[39].
Unmittelbar nach dem Abschluss der Parlamentsberatungen forderte Bundesrat Blocher das Bundesgericht auf, angesichts der beschlossenen Entlastungsmassnahmen Vorschläge für
Kosteneinsparungen im Umfang von rund 20% zu machen. Formeller Anlass für diese Aufforderung war die Bestimmung der
Zahl der Richter an dem organisatorisch um das Eidgenössische Versicherungsgericht erweiterten Bundesgericht. Darüber entscheidet zwar das Parlament, der Bundesrat muss dem Parlament aber einen Vorschlag unterbreiten. Gemäss dem neuen Gesetz kann die Zahl zwischen 35 und 45 variieren, aktuell sind es 41 Richter (30 beim Bundes- und 11 beim Versicherungsgericht). Bei den zwei Gerichten kam diese Aufforderung Blochers nicht gut an: Angesichts der Arbeitsüberlastung sei eine Reduktion der Richterzahl nicht möglich, und zudem sei es auch noch nicht klar, ob die vom Parlament beschlossenen Massnahmen Kosteneinsparungen zur Folge hätten. In einer gemeinsamen Erklärung gaben die Gerichte bekannt, dass sie in dieser Sache eine Zusammenarbeit mit dem Vorsteher des EJPD ablehnten; über allfällige Budgetkürzungen wolle man nur mit dem dafür allein zuständigen Parlament sprechen
[40].
Das befristete Gesetz über den
Aufbau des Bundesverwaltungsgerichts stiess auch im Nationalrat auf Zustimmung und wurde vom Parlament in der Frühjahrssession gutgeheissen
[41]. In der Herbstsession wählte die Vereinigte Bundesversammlung die neuen 72 Richterinnen und Richter dieser Institution; zum Präsidenten wurde Hans Urech erkoren. Das Gericht, das weitgehend die bestehenden Verwaltungsrekurskommissionen ersetzt, wird seine Arbeit im Jahr 2007 aufnehmen. Standort wird vorerst Bern sein; der Umzug nach St. Gallen, wo zuerst ein neues Gebäude erstellt werden muss, ist für 2011 vorgesehen
[42].
Im Juli gab der Bundesrat seinen Vorschlag für die Reorganisation der
Aufsicht über die Bundesanwaltschaft in die Vernehmlassung. Die bisherige Zweispurigkeit (administrative Aufsicht durch das EJPD, fachliche durch das Bundesstrafgericht) soll aufgehoben und die Kontrolle zur Gänze dem EJPD übertragen werden. Die mit den Vorarbeiten beauftragte Expertengruppe hatte im Vorentwurf zusätzliche Bestimmungen aufgenommen, um die Gefahr einer Einflussnahme der Regierung oder des Justizministers auf die Verfahren der Bundesanwaltschaft zu minimieren
[43].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament eine Teilrevision des
Anwaltgesetzes. Diese soll insbesondere dem Umstand Rechnung tragen, dass mit der Umsetzung der so genannten Bologna-Reform an den europäischen Hochschulen der Master-Abschluss das bisher geforderte Lizentiat ersetzt. Dieser Master ist neu die Voraussetzung für den Eintrag in ein kantonales Anwaltsregister. Für die Zulassung zu einem in der Schweiz zu absolvierenden Anwaltspraktikum, welches für den Registereintrag ebenfalls verlangt wird, soll ein juristischer Bachelor-Abschluss genügen
[44].
Volksrechte
Im Berichtsjahr kam es zu vier mit einem fakultativen Referendum verlangten Volksabstimmungen (Schengen/Dublin-Vertrag mit der EU, Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten, Gleichgeschlechtliche Partnerschaft, Sonntagsarbeit im Detailhandel in grossen Bahnhöfen). Bei allen stimmte das Volk dem Parlamentsbeschluss zu.
Im Jahr 2005 wurden
vier Volksinitiativen eingereicht (Aufwertung der Komplementärmedizin, Gegen Lärmbelästigung durch Militärflieger, Schutz des Waldes, Einbürgerungsverfahren). Dem Volk zum
Entscheid vorgelegt wurde ein Volksbegehren (Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen); dieses wurde als fünfzehntes von insgesamt 160 zur Abstimmung gebrachten angenommen
[45]. Damit stieg Ende 2005 der Bestand der eingereichten, aber dem Volk noch nicht zum Entscheid vorgelegten Initiativen auf zehn. Neu
lanciert wurden
zwei Volksinitiativen (Renaturierung der Ufer von Gewässern, AHV-Alter 62).
Insgesamt kam es somit zu
fünf Volksabstimmungen (1 Volksinitiative und 4 fakultative Referenden). Bei 4 dieser 5 Entscheide folgten die Stimmberechtigten dem Antrag von Regierung und Parlament (2004: fünf von dreizehn)
[46].
Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat, trotz des Einspruchs von Reimann (svp, AG), dem Beitritt der Schweiz zum „
International Institut for Democracy and Electoral Assistance“ zu. Diese Stelle will weltweit die Demokratie primär durch Erfahrungs- und Wissensaustausch fördern
[47].
Zum Ausländerstimmrecht siehe oben, Teil I, 1b (Bürgerrecht und Stimmrecht).
Der Nationalrat hatte im Vorjahr eine Motion überwiesen, welche eine 2003 eingeführte Verfassungsbestimmung konkretisiert. Sie fordert, dass
Staatsverträge mit „wichtigen“ rechtsetzenden Normen oder mit Bestimmungen, deren Umsetzung eine Gesetzesrevision verlangt,
dem fakultativen Referendum unterstellt werden. Demnach sollen die gleichen Grundsätze gelten wie bei der innerstaatlichen Gesetzgebung: Als wichtig gilt ein Rechtsetzungsakt dann, wenn er nicht an die Exekutive delegiert ist (wie z.B. eine Verordnung). Der Ständerat hiess diese Motion im Berichtsjahr ebenfalls gut, nahm allerdings eine auch vom Bundesrat gewünschte Präzisierung vor. Seiner Meinung nach seien Staatsverträge nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen, wenn sie nicht wesentliche neue Rechtsetzungsakte beinhalten, sondern nur die Fortsetzung früherer, vor der Ausweitung des Staatsvertragsreferendums im Jahre 2003 eingeführter Bestimmungen zur Folge haben. Gegen den Widerstand der SVP schloss sich der Nationalrat dieser Präzisierung des Motionstextes an
[48].
Der Ende 2004 in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für die legislative Umsetzung der
allgemeinen Volksinitiative stiess auf wenig Verständnis. Er sei viel zu kompliziert, ja sogar unverständlich. Dies hat seinen Grund vor allem in den vielen Kombinationen und Konstellationen der Entscheidfindung, die bei diesem neuen Volksrecht auftreten können
[49].
Die SPK des Nationalrats sprach sich gegen eine parlamentarische Initiative Gross (sp, ZH) für die Einführung der
Gesetzesinitiative aus. Mit der vom Volk gutgeheissenen allgemeinen Volksinitiative werde es nach Ansicht der SPK in Zukunft möglich sein, ein auf Gesetzesstufe umzusetzendes Anliegen mit einer Volksinitiative zu verlangen, ohne dass dazu noch ein neues Volksrecht eingeführt werden müsse
[50].
In der Regel ist ein politisches Anliegen der parlamentarischen Mehrheit nach einer Ablehnung in einer Volksabstimmung nicht für alle Zeiten vom Tisch. Oft wird es, meist in veränderter Form, rasch wieder in den politischen Prozess aufgenommen und vom Parlament nochmals gutgeheissen. Dass die Bundesversammlung im Jahr 2003, also vier Jahre nach dem Volksnein zu einer Mutterschaftsversicherung, eine neue Version guthiess, veranlasste die SVP-Fraktion, eine Art Karenzfrist zu fordern. Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte sie, dass derartige
Parlamentsbeschlüsse dem obligatorischen Referendum zu unterstellen sind, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach einem letzten negativen Volksentscheid erfolgen. Die SPK des Nationalrats hielt gar nichts von dieser Forderung, da ein Nein zu einer Vorlage in den wenigsten Fällen heisse, dass kein Handlungsbedarf bestehe und bei einer Neuauflage in der Regel eben gerade die Haupteinwände der Gegner berücksichtigt würden. Sie beantragte einstimmig (bei sieben Enthaltungen) der Initiative keine Folge zu geben und das Plenum schloss sich dieser Empfehlung an. Auch von der SVP mochte sich niemand mehr für den eigenen Vorschlag einzusetzen
[51].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament, die
Volksinitiative „
Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“ ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Die von der Initiative verlangten massiven Einschränkungen für den Bundesrat und die Bundesverwaltung würden seiner Meinung nach eine sachliche Information der Stimmenden stark beeinträchtigen, da diese praktisch ausschliesslich auf die von Privaten verbreiteten Informationen und Behauptungen angewiesen wären. Insbesondere verbiete es die Initiative den Behörden, Stellung zu Falschaussagen zu nehmen. Damit wäre nach Ansicht des Bundesrates die freie Meinungsbildung nicht nur beeinträchtigt, sondern sogar gefährdet. Die in letzter Zeit geschaffenen verwaltungsinternen Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Gerichtspraxis habe zudem dafür gesorgt, dass sich das Engagement von Regierung und Verwaltung im Vorfeld von Volksabstimmungen in Grenzen halte und die Bürgerinnen und Bürger nicht von einer behördlichen Propagandawelle überrollt würden
[52].
Die SPK des
Ständerates folgte diesen Argumenten des Bundesrates und beantragte bei einer Enthaltung (Reimann, svp, AG), die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, was das Plenum in der Herbstsession denn auch mit 34 zu 3 Stimmen tat
[53]. Sowohl im Referat der SPK-Sprecher als auch in der Diskussion im Plenum kam allerdings zum Ausdruck, dass bei den Gegnern des Volksbegehrens ebenfalls ein gewisses Unbehagen vorhanden ist über die Rolle, welche die Behörden und dabei insbesondere die Verwaltung seit einigen Jahren in Abstimmungskampagnen spielen. Auf Antrag ihrer SPK überwies die kleine Kammer eine Motion des Nationalrats aus dem Jahre 2003 in Postulatsform. Diese verlangt gewisse
rechtliche Leitplanken für den Auftritt der Bundesstellen in Abstimmungskämpfen
[54]. Eine Mehrheit der SPK der beiden Räten war sich aber einig, dass
der Bundesrat bei allen Volksabstimmungen aktiv informieren und dabei „klar und objektiv die Haltung der Bundesbehörden“ vertreten solle. Eine entsprechende parlamentarische Initiative Burkhalter (fdp, NE) fand in beiden Kommissionen Unterstützung, wurde im Plenum aber noch nicht behandelt
[55]. Die SPK des Nationalrats beschloss zudem, der Volksinitiative einen
indirekten Gegenvorschlag gegenüber zu stellen und die Behandlung der Initiative bis zu dessen Vorliegen zu sistieren
[56].
Der Nationalrat hatte im Jahr 2002 eine parlamentarische Initiative Stamm (cvp, LU) für mehr
Fairness in Abstimmungskampagnen nicht weiter verfolgt. Ein Jahr später hatte Andreas Gross (sp, ZH) eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche in allgemeiner Form gesetzliche Vorschriften für möglichst faire Abstimmungskampagnen verlangte. Zudem sollten Vorkehrungen getroffen werden, dass die politischen Parteien in der Meinungsbildung eine wichtige Rolle spielen können. Mit dieser zweiten Forderung nahm er, in abgewandelter Form, sein Anliegen für die Offenlegung von Kampagnefinanzierungen wieder auf, das von der SPK und im Jahr 2004 auch vom Nationalrat abgelehnt worden war. Die Mehrheit der SPK des Nationalrats unterstützte den Vorstoss Gross. Dabei schien ihr insbesondere die Einräumung von Sendezeit für die Parteien in Radio und Fernsehen ein gangbares Mittel zur Stärkung der Position der Parteien in den Abstimmungskampagnen zu sein. Das Plenum gab der Initiative gegen den Widerstand der SVP Folge
[57]. Keinen Erfolg hatte im Nationalrat dagegen eine von der SP und den Grünen unterstützte parlamentarische Initiative Rechsteiner (sp, BS). Diese hatte verlangt, dass sich mehrheitlich im öffentlichen Besitz befindende Unternehmen, sowie durch Zwangsabgaben finanzierte (z.B. Krankenkassen) oder für die Grundversorgung der Bevölkerung wichtige private Firmen nicht mehr an Abstimmungskampagnen beteiligen dürfen
[58].
Nach zwei pannenfrei durchgeführten Versuchen mit der
elektronischen Stimmabgabe im Kanton Genf bewilligte der Bundesrat auch für den Kanton Neuenburg ein entsprechendes Pilotprojekt für die eidgenössischen Abstimmungen vom 25. September und vom 27. November. Als erste Deutschschweizer Gemeinden folgten an der eidgenössischen Abstimmung vom 27. November Bülach, Bertschikon und Schlieren (alle ZH). Auch hier war das Verfahren zuerst bei einer kommunalen Abstimmung getestet worden, und, als Neuerung, war es an diesen drei Orten auch möglich, das Votum telefonisch als SMS abzuschicken
[59].
Weiterführende Literatur
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Mazzoleni, Oscar / Masulin, Maurizio, „Jeunes, participation politique et participation sociale en Suisse“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2005, Nr. 2, S. 55-81.
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[1]
AB NR, 2005, S. 1493 f. Vgl.
SPJ 2004, S. 29.
[2]
AB NR, 2005, S. 1485 f.
[3] Dies im Gegensatz zu der von NR Weyeneth (svp, BE) seit langem propagierten Idee einer Listenwahl mit Streichungsmöglichkeiten (vgl. Mo. 04.3608 sowie
SPJ 2002, S. 38, v.a. FN 16).
[4] Pa. Iv. 05.444. Vgl. Presse vom 2.9.05.
[6] Presse vom 28.4.05. Zu Muralts Motiven siehe
BaZ, 28.4.05. Zu Sigg siehe auch
NZZ, 25.7.05;
TA, 27.7.05, zu Corina Casanova
NZZ, 23.5.05.
[7]
LT, 29.4.05;
Le Matin dimache, 1.5.05;
24h,
BaZ und
TG, 2.5.05;
NZZ, 3.5.05. Siehe dazu auch
TA, 11.5. und 14.5.05 sowie die Voten der Ständeräte Maissen (cvp, GR), Brändli (svp, GR) und Marty (fdp, TI) in
AB SR, 2005, S. 591 f. Zur Vertretung der Sprachminderheiten in den Spitzenpositionen der Bundesverwaltung siehe unten (Verwaltung).
[8]
BZ, 28.1.05;
TA, 21.4.05
[9]
BZ, 2.12.05;
TA, 3.12.05;
LT, 8.12.05 (GPK); Presse vom 16.12.05.
[10] Pa. Iv. 05.423;
NZZ, 26.11.05. Zur Kampagne zu Schengen siehe unten, Teil I, 2 (Europe: UE).
[11] Siehe dazu
SPJ 2004, S. 29 f.
[12]
BBl, 2006, S. 1837 ff. (pa. Iv. 04.438 und 04.449) sowie 1857 ff.
[13]
AB NR, 2005, S. 169 f. und 470;
AB SR, 2005, S. 392;
BBl, 2005, S. 2267 ff. Vgl.
SPJ 2004, S. 30.
[14]
AB NR, 2005, S. 44 ff. Vgl. auch die Interpellation Leutenegger (sp, BL) zum Stand der Gleichstellung in bundesnahen Unternehmen (
AB NR, 2005, Beilagen II, S. 216 f.)
[15]
AB NR, 2005, S. 452;
AB SR, 2005, S. 805.
[16]
AB NR, 2005, S. 950;
AB SR, 2005, S. 557 ff. (Stähelin) und 805 ff. (Häberli).
[17]
AB SR, 2005, S. 114. Vgl.
SPJ 2004, S. 112.
[18]
AB NR, 2005, S. 604 f.;
AB SR, 2005, S. 805 ff. Zu den Forderungen nach der Bildung eines Forschungs- und Bildungsdepartementes resp. der Ausgliederung der KTI aus dem BBT und die Überführung in einen dem Nationalfonds ähnlichen Status siehe unten, Teil I, 8a (Einleitung resp. Forschung).
[20] Presse vom 8.9.05;
Bund, 9.11.05.
[21] Presse vom 18.6.05;
TA, 16.8.05.
[22]
NZZ, 10.3. (Bericht) und 22.3.05 (Neukonzept des „guichet virtuel“);
TA, 20.6.05. Siehe dazu auch die Antworten des BR auf Interpellationen Amgwerd (cvp, JU) und Riklin (cvp, ZH) in
AB SR, 2005, S. 560 und Beilagen II, S. 137 ff. resp. S. 452 ff., sowie, speziell zum „guichet virtuel“ auf dem Portal www.ch.ch, die Antwort auf eine Anfrage Leutenegger (fdp, ZH) in
AB NR, 2005, Beilagen II, S. 356 f. Vgl.
SPJ 2003, S. 35.
[23]
AB NR, 2005, S. 1510.
[24]
BBl, 2005, S. 5829 ff. und 6905 f. (Korrekturen);
Bund und
NZZ, 24.9.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 31 f.
[26]
AB NR, 2005, S. 950 und Beilagen II, S. 562 f.;
AB SR, 2005, S. 591 f. Anlässlich der Beratung der vom BR unterstützten Motion Studer erklärte BR Merz, dass diese Forderung bereits in einer Weisung des BR aus dem Jahre 2003 enthalten ist, aber leider ungenügend umgesetzt werde. Vgl. allgemein dazu auch
SGT, 21.5.05.
[27]
AB NR, 2005, S. 1507 (Beilagen III, S. 239 ff.)
[28]
AB NR, 2005, S. 862 ff.;
AB SR, 2005, S. 1076 ff. Siehe dazu auch unten, Teil I, 8a (Berufsbildung).
[30]
TA, 3.9.05;
BZ, 8.9.05.
[31]
AB SR, 2005, S. 792 f.
[32] Sie lehnte auch eine gleich lautende Initiative Dupraz (fdp, GE) ab.
[33]
AB SR, 2005, S. 738 ff. und 743;
BaZ, 1.6.05.
[34]
AB NR, 2005, S. 1895. Vgl.
SPJ 2004, S. 32 f. Zum Finanzhaushaltsgesetz siehe unten Teil I, 5 (Ausgabenordnung).
[35]
AB NR, 2005, S. 944 ff. Eine Motion Huguenin (pda, VD) für die Durchführung einer Sondersession zur Behandlung der hängigen Vorstösse fand hingegen keine Mehrheit (a.a.O., S. 944 ff.).
[36]
AB SR, 2005, S. 1202 ff. Vgl.
SPJ 2002, S. 37. Dabei wurden in der Diskussion insbesondere die so genannten Parlamentarier-Ratings (Einstufung auf einer Links/Rechts-Skala aufgrund des Abstimmungsverhaltens) kritisiert, welche von Politologen seit einigen Jahren ermittelt werden.
[37]
AB NR, 2005, S. 1969 f.
[38] Siehe dazu
SPJ 2004, S. 34.
[39]
AB SR, 2005, S. 117 ff., 391, 552 f. und 664;
AB NR, 2005, S. 640 ff. und 968;
BBl, 2005, S. 4045 ff. und 4093 ff. Vgl.
SPJ 2004, S. 34.
[40]
NZZ, 27.6., 14.7., 15.7. und 22.7.05;
SGT, 30.6.05;
TA, 16.7.05. Zur Richterzahl und zur Unabhängigkeit des Bundesgerichts von BR und EJPD siehe auch Ulrich Zimmerli, „Direkter Zugang zum Parlament: Bundesrat Blocher ist nicht der Vormund des Bundesgerichts“, in
NZZ, 12.8.05.
[41]
AB NR, 2005, S. 57 ff. und 470;
AB SR, 2005, S. 664;
BBl, 2005, S. 2277 f. Vgl.
SPJ 2004, S. 34.
[42]
AB NR, 2005, S. 1541 ff.; Presse vom 6.10.05. Zum Neubau in St. Gallen siehe auch
SGT, 8.10.05.
[43]
Bund und
TA, 30.6.05. Der SR überwies die vom NR im Vorjahr gutgeheissene Motion Hofmann (sp, AG) für eine Überprüfung der Aufsichtsstruktur der Bundesanwaltschaft ebenfalls (
AB SR, 2005, S. 150 f.). Vgl.
SPJ 2004, S. 36.
[44]
BBl, 2005, S. 6621 ff.
[45] Es war die zweite von allen Ständen gutgeheissene Volksinitiative. Die andere war die 1. August-Initiative der SD im Jahre 1993 gewesen.
[46] Siehe dazu auch Andreas Gross, „Demokratiemüde oder bloss vorsichtiger?“, in
NZZ, 10.1.06.
[47]
AB SR, 2005, S. 105 ff. und 392;
AB NR, 2005, S. 471;
BBl, 2005, S. 2345. Vgl.
SPJ 2004, S. 36.
[48]
AB SR, 2005, S. 637 ff.;
AB NR, 2005, S. 1461 ff. Vgl.
SPJ 2001, S. 33 ff. und
2003, S. 39.
[49]
NZZ, 22.7.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 37.
[50] Pa.Iv. 04.458;
NZZ, 29.1.05.
[52]
BBl, 2005, S. 4375 ff. Vgl.
SPJ 2004, S. 37. Vgl. zur Entwicklung der Kampagnetätigkeit der Verwaltung auch
NZZ, 17.9.05. Die Initiative wurde vom rechtskonservativen Verein „Bürger für Bürger“ lanciert, die SVP war daran nicht direkt beteiligt, unterstützte aber die Unterschriftensammlung (
BaZ, 30.9.05).
[53]
AB SR, 2005, S. 795 ff., 804 f. und 808; Presse vom 30.9.05.
[54]
AB SR, 2005, S. 804. Vgl.
SPJ 2004, S. 40.
[57]
AB NR, 2005, S. 39 ff. Vgl.
SPJ 2002, S. 44 und
2004, S. 37.
[58]
AB NR, 2005, S. 24 ff.
[59] NE:
BBl, 2005, S. 4343 f. und 5793 f.;
Express, 23.6. und 26.9.05. ZH:
BBl, 2005, S. 5791 f.;
TA, 3.10., 31.10. und 28.11.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 37.