Zuletzt aktualisiert: 02.08.2021, 16:05 Uhr

Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung Als PDF speichern

Frauenanteil in den Expertenkommissionen (Po. 89.458)

Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Die Antwort auf eine einfache Anfrage Hubacher (sp, BS) zur Zusammensetzung der vom Bundesrat oder den Departementschefs eingesetzten Expertenkommissionen bestätigte einmal mehr die krasse Untervertretung der Frauen in diesen wichtigen Gremien: von den 370 ständigen ausserparlamentarischen Kommissionen wurden nur gerade 15 (4%) von Frauen präsidiert, bei den Mitgliedern betrug der Frauenanteil 8 Prozent. Diese Auskunft des Bundesrates bewog Hubacher, ein in der Herbstsession überwiesenes Postulat einzureichen, welches den Bundesrat ersucht, ein Szenario vorzulegen, wie in diesen Kommissionen der Frauenanteil bis zum Jubiläumsjahr auf mindestens 25 Prozent und bis 1995 auf 50 Prozent erhöht werden könne.

Neunzehn Nationalrätinnen aus verschiedenen Parteien nutzten die Fragestunde vom 12. Juni zu einer konzertierten Aktion gegen die Untervertretung der Frauen in den Expertenkommissionen des Bundes. Bundespräsident Delamuraz sicherte zu, dass die Landesregierung in Zukunft der Steigerung des zur Zeit 4 Prozent betragenden Frauenanteils in den rund 370 ausserparlamentarischen Kommissionen vermehrt Beachtung schenken werde. Mit der Überweisung eines Postulats Hubacher (sp, BS) verlangte der Nationalrat daraufhin die Ausarbeitung von Szenarien, welche Massnahmen beschreiben, mit denen der Frauenanteil auf 25 Prozent bis zum Jahr 1991 und auf 50 Prozent bis zum Jahr 1995 erhöht werden kann.

Volksintiativen für Quotenregelungen "Männer und Frauen" und "Nationalrat 2000"

Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

In der Frage, welche Strategien entwickelt werden müssen, um den Frauenanteil in den politischen Gremien zu erhöhen, nimmt die Diskussion um eine Quotenregelung einen immer breiteren Platz ein. Für die einen ist sie die einzig erfolgversprechende Form einer konsequenten Frauenförderung, für die anderen eine krasse Missachtung der demokratischen Spielregeln, wobei die Gegner vielfach übersehen, dass Quoten in der Schweiz gerade im politischen Bereich Tradition haben. Am bekanntesten dürften dabei gewisse regionale Minderheitenquoten sein wie etwa die Bestimmung, dass dem Berner Jura ein Sitz in der kantonalen Exekutive garantiert ist.
Zwei Varianten der Quotenregelung scheinen sich anzubieten. Die gemässigtere setzt bei den Parteien an, die ermuntert werden, den Frauen auf den Wahllisten mehr Platz einzuräumen. Diesen Weg über das freiwillige Engagement möchte vorerst die Eidg. Kommission für Frauenfragen gehen, die in einem umfangreichen Bericht ("Nehmen Sie Platz, Madame") zum Schluss kam, der Hauptgrund für die Untervertretung der Frauen liege im Auswahlverfahren der Parteien. Als weiteren Grund nannte sie das Verhalten der Wählerinnen und Wähler und erst an dritter Stelle die Schwierigkeit, geeignete Kandidatinnen zu finden. Die Kommission appellierte deshalb an die Parteien, Frauen vermehrt in guter Position auf die Wahllisten zu setzen. Sollte der Frauenanteil bei den Wahlen von 1991 nicht auf mindestens 30% ansteigen, will sie eine strengere Form der Quotierung ins Auge fassen.

Die zweite, radikalere Form der Quotenregelung sieht eine Quotierung der Gremien vor. Hier setzen zwei im Nationalrat in der Form der allgemeinen Anregung eingereichte parlamentarische Initiativen ein: diejenige der SP-Fraktion, die erreichen möchte, dass bis zum Jahr 2003 kein Geschlecht mehr mit weniger als 40% im Nationalrat vertreten sein darf, und jene der SP-Abgeordneten Leutenegger Oberholzer, die bis zum Jahr 2001 ebenfalls eine Mindestquote von 40% Frauen in allen wichtigen eidgenössischen Gremien (Parlament, Bundesrat, Bundesgericht) anstrebt. In dieselbe Richtung weisen auch zwei Volksinitiativen. Die PdA lancierte im Sommer unter dem Titel "Männer und Frauen" ein ausformuliertes Volksbegehren mit dem Inhalt, dass nach einer Übergangsfrist von 10 Jahren in allen politischen Behörden mit fünf Mitgliedern oder mehr mindestens 40% Frauen vertreten sein müssen. Im Herbst wurde bekannt, dass sich verschiedene frauenpolitische Gruppierungen zusammentun wollen, um unter dem Titel "Nationalrat 2000" eine Initiative zu lancieren, die eine hälftige Vertretung der Geschlechter in der Grossen Kammer anvisiert.

Bestrebungen zu einer gesetzlichen Verankerung des Frauenanteils in politischen Gremien mittels Quotenregelungen scheinen vorderhand wenig Chancen zu haben. Bereits im Januar des Berichtsjahres hatten verschiedene Frauenorganisationen die Volksinitiative "Nationalrat 2000" lanciert, welche eine hälftige Vertretung der Geschlechter in der grossen Kammer und die getrennte Wahl von Frauen und Männern auf separaten Listen jeder Partei anstrebte. Ende Jahr wurde das Vorhaben jedoch bereits wieder aufgegeben. Als Gründe für das Nichtzustandekommen der Initiative wurden Schwierigkeiten bei der Unterschriftensammlung, der Mittelbeschaffung und beim Aufbau regionaler Komitees und Gruppen genannt. Recht sang- und klanglos wurde Ende Jahr auch die Unterschriftensammlung für die beiden PdA-Initiativen "Männer- und Frauen" und "Gleiche Rechte in der Sozialversicherung" abgebrochen.

Die beiden von Frauenorganisationen bzw. der PdA lancierten Volksinitiativen "Nationalrat 2000" und "Frauen und Männer", welche ebenfalls Quoten für politische Gremien verlangten, kamen nicht zustande. Die für "Nationalrat 2000" gesammelten rund 30 000 Unterschriften wurden der Bundeskanzlei in Form einer Petition eingereicht.

Volksinitiative der PdA für eine bessere Vertretung der Frauen in den Behörden (1990-1991)

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Am 4. September begann die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative der PdA, welche verlangt, dass bei allen Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden der Anteil der Angehörigen des gleichen Geschlechts nicht mehr als 60% ausmachen darf. Der Initiativtext lässt offen, mit welchen Wahlverfahren dieses Ziel erreicht werden soll. Er hält als Übergangsbestimmung lediglich fest, dass dieser Verfassungsartikel auf den 8. März 2000 in Kraft treten wird, und dass in sachlich begründeten Fällen während zehn Jahren ein Abweichen von dieser Norm erlaubt sein soll.

Die beiden im Vorjahr lancierten Volksinitiativen für eine bessere Vertretung der Frauen in den Behörden sind nicht zustandegekommen. Die Unterschriftensammlung für die von Frauenverbänden lancierte Initiative "Nationalrat 2000" musste im November eingestellt werden, nachdem lediglich rund 25 000 Personen unterzeichnet hatten. Dieser Misserfolg war eingestandenermassen zu einem guten Teil auf die ungenügende Organisation und den mangelnden Einsatz der Initiantinnen zurückzuführen. Obwohl die Unterschriftensammlung für die PdA-Initiative für eine 40%-Quote in allen Behörden ähnlich harzig vonstatten ging, wurde ihr Scheitern erst vor Ablauf der Sammelfrist bekanntgegeben.

Verschiedene Vorstösse für Frauenquoten in den eidgenössischen Gremien (Pa.Iv. 90.241; Pa.Iv. 90.242; Pa.Iv. 91.400)

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Auch das männerdominierte Parlament tut sich mit der Frage einer Quotenregelung schwer. Da ihrer Ansicht nach Quotenregeln nicht das geeignete Instrument zur Förderung der Gleichstellung der Frauen sind, empfahl die vorberatende Kommission des Nationalrates zwei parlamentarische Initiativen der Grünen Leutenegger Oberholzer (BL) und der SP-Fraktion, welche Quoten für Parlament, Bundesbehörden und Expertengremien verlangt hatten, zur Ablehnung. Mit zwei Postulaten regte die Kommission aber einen Bericht zur Quotenregelung und eine bessere Vertretung der Frauen in ausserparlamentarischen Kommissionen an. Ebenfalls nichts wissen wollte eine andere Kommission, welcher die parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion auf Abschaffung des Ständerates zur Vorberatung zugeteilt worden war, von der parlamentarischen Initiative ihrer Kommissionsminderheit, welche Quoten im Ständerat anstrebte. Die Kommission argumentierte, eine derartige Quotenregelung würde nicht nur das aktive und passive Wahlrecht, sondern auch die Souveränität der Kantone gravierend einschränken.

In der Januarsession befasste sich der Nationalrat mit drei 1990 eingereichten parlamentarischen Initiativen zur Verbesserung der Vertretung der Frauen in den Behörden. Die erste (Pa Iv. 91.400) verlangte, dass sich die Ständeratsabordnungen der Vollkantone aus je einem Mann und einer Frau zusammensetzen müssen. Der Rat lehnte diesen Vorstoss mit 77 zu 39 Stimmen ab; er begründete seinen Entscheid vor allem mit dem Argument, dass Quotenregelungen bei Volkswahlen undemokratisch seien.
Eine zweite, von Nationalrätin Leutenegger (gp, BL) eingereichte parlamentarische Initiative (Pa. Iv. 90.241) forderte, dass in beiden Parlamentskammern, im Bundesrat, im Bundesgericht und in den ausserparlamentarischen Kommissionen kein Geschlecht mit einem Anteil von weniger als 40% vertreten sein soll; gleiches, allerdings auf den Nationalrat beschränkt, forderte auch eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion (Pa. Iv. 90.242).
Die vorberatende Kommission beantragte zwar Ablehnung dieser Vorschläge, wollte aber mit zwei Postulaten den Initiantinnen entgegenkommen. Mit dem einen wollte sie den Bundesrat auffordern, für Expertenkommissionen analog zu den Bestimmungen über die Berücksichtigung der sprachlichen Minderheiten eine Regelung zugunsten der Frauen zu schaffen. Mit dem anderen wurde von der Regierung eine generelle Abklärung der Realisierbarkeit und der Auswirkungen von geschlechtsspezifischen Quotenregelungen für die eidgenössischen Behörden erbeten. Wie gross der Argwohn der Ratsmehrheit gegen jede Art von Frauenquoten ist, zeigte sich bei den Abstimmungen im Plenum: Nachdem sich der Nationalrat gegen die beiden parlamentarischen Initiativen ausgesprochen hatte, lehnte er auf Antrag von Moser (ap, AG) und Steffen (sd, ZH) ohne Diskussion auch die beiden Kommissionspostulate (Po. 91.3036 und Po. 91.3037) ab.

In der Januarsession lehnte der Nationalrat mit deutlichem Mehr drei parlamentarische Initiativen ab, welche eine angemessenere Vertretung der Frauen in den eidgenössischen Gremien anstrebten, nämlich die Initiative einer Kommissionsminderheit für Männerquoten im Ständerat (Pa. Iv. 91.400), jene von Leutenegger Oberholzer (gb, BL) für Frauenquoten bei den Bundesbehörden (Pa. Iv. 90.241) sowie jene der SP-Fraktion für mehr Frauen im Parlament (Pa. Iv. 90.242). Auf Antrag der Nationalräte Steffen (sd, ZH) und Moser (ap, AG) wurden ebenfalls zwei Postulate der vorberatenden Kommission zurückgewiesen, welche den Bundesrat beauftragen wollten, Frauenquoten bzw. geschlechtsspezifische Quotenregeln für Bundesbehörden zu prüfen.

Ablehnung einer geschlechterspezifischen Quotenregelung für den Berner Stadtrat an der Urne (1995)

Als erste Legislative der Welt könnte sich der Berner Stadtrat einer geschlechterspezifischen Quotenregelung unterziehen. Er hiess nämlich überraschend eine SP-Motion gut, welche verlangt, dass im Stadtrat höchstens 60% der Sitze vom selben Geschlecht besetzt werden dürfen. Die Annahme des Vorstosses bedeutet aber noch nicht die Umsetzung in die Realität, sondern nur, dass die Exekutive eine entsprechende Vorlage ausarbeiten muss, die dann erneut dem Stadtrat und schliesslich dem Volk vorgelegt werden wird.

Dass solche Ansinnen in der Bevölkerung nur wenig Rückhalt geniessen, wurde spätestens im September klar, als in der Stadt Bern eine zuvor noch vom Stadtparlament knapp gutgeheissene Quotenregelung von knapp 68% der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger überraschend deutlich abgelehnt wurde. Die Vorlage war von den regierenden Rot-Grün-Mitte-Parteien unterstützt, von den bürgerlichen und den Rechtsparteien aber vehement bekämpft worden. Diese bezeichneten die Einführung von Geschlechterquoten als verfassungswidrige und undemokratische Zwängerei.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)

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Die Forderung nach einer Geschlechterquote für politische Institutionen erhielt nach der Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat neuen Auftrieb. Namentlich von grünen Parlamentarierinnen wurden die Vorarbeiten für die Lancierung eines neuen Volksbegehrens vorangetrieben. Im September begann die Unterschriftensammlung für die Initiative "Für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)". Sie verlangt generell eine "angemessene" Vertretung der Frauen in den Institutionen und Verwaltungen auf Bundesebene. Im einzelnen wird festgehalten, dass der Bundesrat mindestens drei Frauen zählen muss, dass bei den Nationalratswahlen in keinem Wahlkreis (d.h. Kanton) die Differenz zwischen der Zahl der männlichen und der weiblichen Abgeordneten mehr als eins betragen darf, und dass die Vollkantone je eine Frau und einen Mann in den Ständerat zu delegieren haben. Im Gegensatz zur ersten, nicht zustandegekommenen Initiative "Nationalrat 2000" wird die konkrete Ausgestaltung der Wahlprozeduren dem Gesetzgeber überlassen. (Zu den parlamentarischen Vorstössen aus dem Vorjahr siehe hier.)

Die 1993 im Anschluss an die Nichtwahl von Christiane Brunner zur Bundesrätin lancierte Volksinitiative „Für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)“ konnte im Frühjahr eingereicht werden, nachdem die knapp 110'000 Unterschriften nicht ganz ohne Mühe zustandegekommen waren.

Die Volksinitiative "für eine angemessene Vertretung der Frauen in allen eidgenössischen Behörden (Initiative 3. März)" kam mit 109'713 beglaubigten Unterschriften knapp zustande. Das Volksbegehren verlangt eine proportionale Vertretung der Frauen in allen Bundesbehörden und in der allgemeinen Bundesverwaltung, im Parlament, im Bundesgericht, in den Regiebetrieben des Bundes sowie an den eidgenössischen Hochschulen. Sie geht auf den 3. März 1993 zurück, als das Parlament anstelle der offiziellen SP-Kandidatin, der Genfer Nationalrätin Christiane Brunner, den Neuenburger SP-Nationalrat Francis Matthey in den Bundesrat wählen wollte.

Im März legte der Bundesrat seine Botschaft zur 1995 eingereichten Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“ vor. Er empfahl eine Ablehnung dieses Begehrens ohne Gegenvorschlag. Als Hauptargument führte er an, dass mit Quotenvorschriften die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger übermässig eingeschränkt würde. Daneben rief er auch in Erinnerung, dass weltweit für keine demokratisch vom Volk gewählte Behörde ein gesetzlicher Geschlechterquotenanspruch besteht. In seiner Antwort auf eine Interpellation Langenberger (fdp, VD) (97.3105) gab der Bundesrat bekannt, dass sich der Anteil der Frauen in Expertenkommissionen des Bundes von 8 Prozent (1989-92) auf 28 Prozent gesteigert hat.

Der Bundesrat beantragte dem Parlament, die Volksinitiative "für eine gerechte Verteilung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)" abzulehnen sowie auf einen Gegenvorschlag zu verzichten. Er befand, die Initiative sei zu rigide, unverhältnismässig und ein allzu offensichtlicher Verstoss gegen die Wahlfreiheit. Die Situation der Frauen in den Behörden der Schweiz sei nicht so unbefriedigend, dass dermassen starre und absolute Quoten notwendig wären. Mit seiner Einschätzung stellte er sich gegen das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann. Dieses beurteilte die Initiative als einen wichtigen Vorschlag. Quoten seien ein Mittel, um die Gleichstellung der Frauen innert nützlicher Frist zu realisieren.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats fasste ihre Beschlüsse zur sogenannten Quoteninitiative, welche eine zahlenmässig ausgeglichene Vertretung der Geschlechter im Parlament, im Bundesrat und im Bundesgericht fordert. Die Initiative selbst lehnte sie mit den gleichen Argumenten wie der Bundesrat ab: die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger bei der Bestellung des Parlaments würde damit unzulässig eingeschränkt. Aus der Überzeugung, dass eine rasche Verbesserung des Frauenanteils im Nationalrat (1995: 21,5%) wünschbar ist und es dazu staatlicher Massnahmen bedarf, beschloss jedoch die SPK, der Initiative wenigstens einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser sieht vor, dass bei den nächsten drei Nationalratswahlen auf den gemischtgeschlechtlichen Listen die Frauen mindestens einen Drittel aller Kandidaturen ausmachen sollen. Reine Männerlisten wären nur zugelassen, wenn sie mit einer Frauenliste gleicher Bezeichnung verbunden sind. Dieser Eingriff ins Vereinsrecht ist nach Ansicht der Kommission zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots der Verfassung in Kauf zu nehmen. In einer Vernehmlassung hatten sich die FDP, die CVP, die SP und die GP – die beiden letzteren allerdings nur als Minimallösung – für diesen Vorschlag ausgesprochen; SVP, LP, SD und EDU lehnten ihn ab. Auswirkungen dieser neuen Regel verspricht sich die SPK bei denjenigen Parteien (v.a. SVP, FPS und SD) resp. Kantonen, wo es die Frauen bisher schwer hatten, nominiert zu werden (gesamtschweizerisch hatte der Frauenanteil an den Kandidierenden bereits 1995 34,9% betragen). Die Kommission beantragte dem Plenum zusätzlich, die Beratung der Volksinitiative zu verschieben und die Behandlungsfrist um ein Jahr bis auf März 2000 zu verlängern. Dieser Aufschub würde es erlauben, die Initiative in Kenntnis der Resultate der vorgeschlagenen Listenquoten zu beurteilen.

Der Bundesrat äusserte sich skeptisch zu diesem Gegenvorschlag, der ohne Einbettung in andere, von den Parteien zu ergreifende Massnahmen wenig bringen werde. Er wies zudem das Parlament darauf hin, dass ein allfälliger Beschluss bis spätestens am 20. März 1999 definitiv verabschiedet sein müsste, um bereits bei den Nationalratswahlen 1999 zur Anwendung zu gelangen.

Der Nationalrat stimmte gegen den Widerstand der SVP, der LdU/EVP, der FP und einer Mehrheit der FDP-Fraktion mit 87 zu 57 Stimmen für den Kommissionsvorschlag der Listenquoten und auch für eine Fristverlängerung für die Volksinitiative. In der Detailberatung zur Listenquotenregelung war ein Antrag Roth (sp, GE), die Quote von 33% auf 50% zu erhöhen, mit 66:59 Stimmen abgelehnt worden. Im Ständerat stiess das Vorgehen des Nationalrats auf Widerstand. Auf Empfehlung seiner SPK beschloss der Rat, auf die parlamentarische Initiative der grossen Kammer erst dann einzutreten, wenn diese als Erstrat auch zur Volksinitiative Stellung bezogen hat. Das Hauptargument für den Antrag der SPK bestand darin, dass die Bundeskanzlei zu bedenken gegeben hatte, dass es angesichts der Referendumsdrohung aus terminlichen Gründen nicht möglich sein werde, die Listenquote bereits für die Nationalratswahlen vom Herbst 1999 vorzuschreiben. Die Verlängerung der Behandlungsfrist für das Volksbegehren um ein Jahr wurde gutgeheissen.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hielt an ihrem im Vorjahr vom Plenum gutgeheissenen Vorhaben fest, der Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“ (Quoteninitiative) einen indirekten Gegenvorschlag (99.403) entgegen zu setzen. Dieser sah einen obligatorischen Frauenanteil von mindestens 30% auf gemischtgeschlechtlichen Listen für die Nationalratswahl vor. Da sich im Vorjahr der Ständerat geweigert hatte, darauf einzutreten bevor der Nationalrat zur Initiative selbst Stellung genommen hat, legte die Kommission ihr Projekt nun nochmals vor. Allerdings musste sie aus terminlichen Gründen ihr Projekt insofern abändern, als es nur noch für die Wahlen 2003 und 2007 Gültigkeit haben soll, nicht aber für die Wahlen vom Herbst 1999.

Im Nationalrat sprachen sich die SP und die Grünen sowohl für die Volksinitiative als auch für die parlamentarische Initiative (Gegenvorschlag) aus. Die CVP und die EVP/LdU-Fraktion unterstützten immerhin noch die parlamentarische Initiative (Listenquoten), während alle anderen Fraktionen beide Vorschläge ablehnten (allerdings empfahl auch die Freisinnige Vallender (AR) im Namen einer Minderheit ihrer Fraktion die Zustimmung zu den Listenquoten). In der Gesamtabstimmung lehnte der Rat die Initiative mit 98:56 Stimmen ab, äusserst knapp sprach er sich anschliessend auch gegen die parlamentarische Initiative aus (76:75). Der Ständerat lehnte die Volksinitiative mit 34:5 Stimmen ab. Die immer noch pendente ursprüngliche parlamentarische Initiative des Nationalrats vom Herbst 1998 für Listenquoten (98.429) lehnte er mit 25:11 Stimmen ab, worauf auch der Nationalrat dieses Geschäft aus der Traktandenliste strich.

Am 12. März entschieden Volk und Stände über die Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“, die sogenannte Quoteninitiative. Von den Parteien empfahlen lediglich die SP, die Grünen, die PdA und die CSP ein Ja. Bei den bürgerlichen Parteien sprach sich auch keine nationale Frauensektion für das Ja aus; diejenige der CVP gab immerhin die Stimme frei. Stimmfreigabe beschloss auch der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen. Nach einer kaum existenten Kampagne wurde die Initiative mit einem Nein-Stimmenanteil von 82% deutlich verworfen. Das beste Ergebnis erzielte sie mit 31% resp. 26% Ja-Stimmen in den Stadtkantonen Genf und Basel; in Appenzell Innerrhoden kam sie auf ganze 7%, und auch in der Mehrheit der anderen Deutschschweizer Kantone blieb sie unter 15%. Gemäss der Vox-Analyse war sie von den Männern deutlicher abgelehnt worden als von den Frauen (89% resp. 72%). Die Sympathisanten der SP waren in der Frage hälftig gespalten.


Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“
Abstimmung vom 12.3.2000

Beteiligung: 42,2%
Ja: 346'313 (18,0%) / 0 Stände
Nein: 1'580'859 (82,0%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, GP, PdA, CSP; SGB, CNG, Katholischer Frauenbund.
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, EVP (1*), FP, SD, EDU, Lega; Economiesuisse (Vorort), SGV.
– Freigabe: Bund Schweiz. Frauenorganisationen.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Pa.Iv. Robert zur Volkswahl des Bundesrates (Pa.Iv. 93.412)

Dossier: Vorschläge für eine Volkswahl des Bundesrates

Die Ersatzwahl löste auch eine Reihe von parlamentarischen Initiativen zum Prozedere der Bundesratswahl aus. So verlangten Robert (gp, BE) und Hämmerle (sp, GR) die Volkswahl mit einer Quotenregelung für die Sprachregionen und — zumindest Hämmerle — auch für die Geschlechter. Diese Quoten möchte auch Gross (sp, ZH) einführen. Er will die Wahl jedoch weiterhin der Bundesversammlung überlassen, schlug aber die Einführung des Proporzsystems vor.

Der Nationalrat lehnte auf Antrag seiner Staatspolitischen Kommission ebenfalls die beiden parlamentarischen Initiativen Hämmerle (sp, GR) (93.418) und Robert (gp, BE) für eine Volkswahl des Bundesrates - mit Quoten für Geschlechter und Sprachgebiete - mit deutlichem Mehr ab. Die Kommission begründete ihren Antrag einerseits mit den technischen Problemen, die bei der Erfüllung der Quoten auftreten würden. Zusätzlich formulierte sie aber auch Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen einer Volkswahl auf die politische Kultur. Sie befürchtete insbesondere, dass damit die Personalisierung der Politik und der Trend zu populistischen Propagandakampagnen noch verstärkt würden.

Bundesbeschluss über die Wählbarkeit in den Bundesrat: Beseitigung der Kantonsklausel für die Bundesratswahl (BRG 93.452)

Am besten stehen die Realisierungschancen für die Forderung nach einer Revision der Verfassungsvorschrift, welche verlangt, dass nicht zwei amtierende Mitglieder der Landesregierung aus dem selben Kanton stammen dürfen. In Form von parlamentarischen Initiativen verlangten die LdU/EVP-Fraktion, sowie die Nationalräte Ruf (sd, BE) (93.410) und Wanner (fdp, SO) (93.403), dass maximal zwei Bundesräte aus dem gleichen Kanton kommen dürfen; der Genfer Ducret (cvp) postulierte gar die Streichung des Verfassungsartikels.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats kam zum Schluss, dass dieses Problem sofort gelöst werden sollte. Um das Verfahren abzukürzen, formulierte sie im Einklang mit den erwähnten Initianten eine eigene parlamentarische Initiative mit dem Antrag, den entsprechenden Verfassungsartikel 96, Absatz 1, Alinea 2 BV ersatzlos zu streichen. In der Begründung zu ihrer Forderung führte sie aus, dass die im letzten Jahrhundert wichtigen Konfliktlinien zwischen den Kantonen, namentlich zwischen den katholischen einerseits und den drei grossen protestantischen (Zürich, Bern und Waadt) andererseits, weitgehend verschwunden seien. Zudem könne davon ausgegangen werden, dass die Bundesversammlung als Wahlbehörde von sich aus dafür sorgen werde, dass es nicht zu einer massiven und dauerhaften Übervertretung einzelner Kantone kommen werde. Die Erfahrung bei der Berücksichtigung der verschiedenen Sprachregionen mache deutlich, dass es dazu keiner geschriebener Vorschriften bedürfe. Im Ständerat hatte Schiesser (fdp, GL) mit einer parlamentarischen Initiative ebenfalls die Streichung der Kantonsklausel verlangt (93.407). Der Rat gab dieser Initiative mit relativ knappem Mehr Folge, allerdings mit dem Vorbehalt, dass dieser Entscheid nur bedeute, dass die Frage von der Staatspolitischen Kommission im Rahmen der Regierungsreform überprüft werden soll.

Der Bundesrat veröffentlichte seine Stellungnahme zum Vorschlag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats, die Verfassungsbestimmung, wonach nicht zwei Mitglieder der Landesregierung aus dem selben Kanton stammen dürfen, ersatzlos zu streichen. Er sprach sich gegen diese Neuerung aus. Dabei stützte er sich vor allem auf eine Vernehmlassung, welche ergeben hatte, dass sich von den nicht deutschsprachigen Kantonen nur gerade Genf dafür ausgesprochen hatte. Die Nationalratskommission zog aus der Vernehmlassung gegenteilige Schlüsse. Da eine deutliche Mehrheit der Kantone die Neuerung begrüsst hatte, beschloss sie, dem Plenum die Streichung der Kantonsklausel zu beantragen.

Trotz dem negativen Urteil des Bundesrats hielt die Staatspolitische Kommission des Nationalrats an ihrem Vorschlag für eine ersatzlose Streichung der Verfassungsbestimmung, wonach nicht zwei Mitglieder der Landesregierung aus demselben Kanton stammen dürfen, fest. Obwohl die Sprecher der Fraktionen der SP und der FDP dem Problem keine Dringlichkeit zuerkennen wollten, und diejenigen der CVP und der LP föderalistische Einwände vorbrachten, beschloss der Nationalrat Eintreten und stimmte der Streichung der Kantonsklausel mit 61:48 Stimmen zu. Der Ständerat lehnte hingegen die Neuerung mit 28:9 Stimmen ab. Immerhin milderte er seinen Entscheid insofern, als er die Behandlungsfrist der 1993 überwiesenen parlamentarischen Initiative Schiesser (fdp, GL) (93.407), welche den Auslöser der Reform gebildet hatte, verlängerte. Die Volkskammer beschloss in der Folge, das Geschäft zu sistieren und abzuwarten, ob das Anliegen im Rahmen der geplanten Totalrevision der Verfassung oder der angestrebten umfassenden Regierungsreform berücksichtigt wird.

Der Ständerat pflichtete dem Beschluss des Nationalrats bei, die Diskussion der Aufhebung der Verfassungsklausel, wonach nicht zwei Bundesräte aus demselben Kanton stammen dürfen, vorläufig zu sistieren. Die entsprechenden parlamentarischen Initiativen von Schiesser (fdp, GL) (93.407) resp. der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats sollen erst dann wieder aktiviert werden, wenn das Anliegen nach Abschluss der Totalrevision der Bundesverfassung oder einer umfassenden Regierungsreform noch nicht erledigt ist.

Die Beseitigung der sogenannten Kantonsklausel war für den Ständerat weiterhin kein dringliches Anliegen. Er hatte zwar 1993 mit der Überweisung einer parlamentarischen Initiative Schiesser (fdp, GL) der Reform grundsätzlich zugestimmt. Auf Antrag seiner Staatspolitischen Kommission (SPK) beschloss er nun, die Frist für die Ausarbeitung einer konkreten Vorlage um weitere zwei Jahre zu verlängern. Er drückte dabei die Hoffnung aus, dass sich die Neuerung in ein umfassenderes Projekt zur Regierungsreform würde einbauen lassen. Die Verfassungskommission des Ständerates möchte die Kantonsklausel auf jeden Fall nicht im Rahmen der laufenden Verfassungstotalrevision streichen, da diese materielle Neuerung die Grenzen einer „Nachführung“ sprengen würde. Ihr diesbezüglicher Entscheid fiel mit 10 zu 1 Stimmen deutlich aus.

Für den Fall, dass diese Verfassungsänderung von Volk und Ständen abgelehnt würde, forderte der Nationalrat den Bundesrat mit einem von Lauper (cvp, FR) eingereichten Postulat auf, die Definition des Begriffs Kantonszugehörigkeit auch für Personen, die keine eidgenössischen oder kantonalen Mandate ausüben, gesetzlich präzis zu definieren. Damit soll vermieden werden, dass Personen dank kurzfristigen Wohnsitzänderungen wählbar werden.

Das Parlament beschloss im Berichtsjahr die Beseitigung der sogenannten Kantonsklausel für die Zusammensetzung der Landesregierung. Der Nationalrat strich zuerst im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung (96.091) die Kantonsklausel. Der Ständerat lehnte dies jedoch ab, da diese Neuerung über die angestrebte Verfassungsnachführung hinausgehen würde. Der Nationalrat beschloss daraufhin, seine parlamentarische Initiative aus dem Jahr 1993 (ersatzlose Streichung der Kantonsklausel), für welche der Ständerat 1995 Nichteintreten beschlossen hatte, wieder zu reaktivieren. Der Ständerat konnte sich allerdings mit einer ersatzlosen Streichung der Kantonsklausel nicht einverstanden erklären. Er lehnte zwar den Nichteintretensantrag seiner Kommissionsmehrheit, welche die Frage erst im Rahmen der Staatsleitungsreform behandelt sehen wollte, deutlich ab. Er beschloss aber, dass die Bundesversammlung bei der Wahl auf die „angemessene“ Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen Rücksicht zu nehmen habe. Die von der Kommissionsmehrheit zusätzlich vorgeschlagene und namentlich von welschen Sprechern verteidigte Norm, dass die Bundesräte aus mindestens fünf verschiedenen Kantonen stammen müssen, fand hingegen vor dem Plenum keine Gnade. Der Nationalrat akzeptierte die neue Formel und lehnte einen Antrag Fankhauser (sp, BL), der darin auch noch die Geschlechter erwähnt haben wollte, mit 91:75 Stimmen ab; in der kleinen Kammer war zuvor ein identischer Antrag Brunner (sp, GE) mit 31:8 Stimmen ebenfalls abgelehnt worden. In der Schlussabstimmung fand der neue Verfassungsartikel im Nationalrat mit 144 gegen 37 (bürgerliche) Stimmen Zustimmung, im Ständerat mit 35:1 Stimmen.

Am 7. Februar stimmten Volk und Stände mit deutlichem Mehr der Beseitigung der sogenannten Kantonsklausel in der Verfassung für die Zusammensetzung der Landesregierung zu. Nur gerade die Kantone Wallis und Jura lehnten die neue Verfassungsbestimmung ab. In der sehr bescheiden geführten Kampagne bildete sich zwar – als Gegenpol zu dem aus rund 90 nationalen Parlamentariern der Bundesratsparteien gebildeten befürwortenden Komitee – auch ein aus Politikern aller politischer Lager gebildetes Gegenkomitee. Sein Hauptargument war, dass diese Reform nur ein erster Schritt zu einem Abbau der föderalistischen Garantien zugunsten der kleinen Kantone darstelle. Sei dieser Schritt einmal gemacht, würden auch weitere, wie die Übervertretung der bevölkerungsschwachen Kantone im Ständerat und das Ständemehr bei obligatorischen Volksabstimmungen unter Beschuss geraten. Viel Geld für Inserate war aber nicht vorhanden und die Debatten, soweit sie überhaupt stattfanden, verliefen äusserst zahm. Von den politischen Parteien hatten alle die Ja-Parole beschlossen. Immerhin gab es mit der Nein-Parole der SVP des Kantons Zürich auch eine prominente Gegenstimme. Herzensblut vergoss allerdings auch die Zürcher SVP nicht für die Beibehaltung der Kantonsklausel. Gegen die Reform sprachen sich auch die Waadtländer Liberalen und einige Sektionen der FDP und der CVP in der Westschweiz und im Tessin


Bundesbeschluss über die Wählbarkeit in den Bundesrat
Abstimmung vom 7. Februar 1999

Beteiligung: 38,0%
Ja: 1'287'081 (74,7%) / 18 6/2 Stände
Nein: 436'511 (25,3%) / 2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, FDP (4*), CVP (2*), SVP (6*), LP (1*), LdU, EVP, FP, SD (1*), EDU, PdA; SGB.
– Nein: Lega.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Die Zustimmung fiel mit einem Ja-Anteil von fast 75% klar aus. Mit Ausnahme von Jura und Wallis stimmten alle Kantone zu; in den kleineren (NE, FR, AI, AR, Innerschweiz, GL, GR) sowie im Tessin lag der Ja-Stimmen-Anteil allerdings unter dem Landesmittel. Die grössten Ja-Mehrheiten ergaben sich in Genf, Zürich und Basel-Stadt mit über 80%.

Ablehnung der Einführung einer Quotenregelung im Kanton Luzern an der Urne (1993)

Bei der Abstimmung über eine Totalrevision der Staatsverfassung im Kanton Luzern konnte sich erstmals das Stimmvolk an der Urne zur Einführung einer Quotenregelung äussern. Alle Luzerner Frauenorganisationen, ein überparteiliches Komitee sowie die Linksparteien hatten eine paritätische Zusammensetzung des Verfassungsrates verlangt. Im Namen der Wahlfreiheit sprach sich die FDP klar, die CVP knapp dagegen aus. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger lehnten die Quotenregelung mit 68% Neinstimmen deutlich ab.

Ungültigerklärung der kantonalen Solothurner Volksinitiative für eine Quotenregelung (1997)

Im Kanton Solothurn wurde unter dem Titel "Initiative 2001" ebenfalls ein Volksbegehren eingereicht, welches verlangt, dass Frauen und Männer entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in den kantonalen Behörden vertreten sein sollen. Obgleich der Anteil der Frauen im Solothurner Kantonsrat nach den Wahlen von 1993 34% und damit die zweithöchste Frauenquote in einem Schweizer Kantonsparlament erreicht hat, befand das Initiativkomitee, welchem vor allem Frauen aus dem links-grünen Spektrum angehören, die Frauen seien weiterhin krass untervertreten; nur der Weg über gesetzliche Quoten führe zu einer raschen Veränderung der Verhältnisse.

Der Regierungsrat des Kantons Solothurn erachtete die im Vorjahr eingereichte "Initiative 2001", welche eine gleich starke Vertretung der Frauen und Männer in allen Behörden des Kantons verlangte, als verfassungswidrig, da sie mit dem Diskriminierungsverbot kollidiere, die Männer benachteilige, und den Grundsatz des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts verletze. Der Kantonsrat folgte dieser Argumentation und erklärte die Initiative für ungültig, worauf die Initiantinnen Beschwerde beim Bundesgericht einreichten.

Die Richter in Lausanne stützten einen Entscheid des Solothurner Kantonsrates, der im Vorjahr eine Initiative, welche Quoten in den kantonalen Behörden verlangte, für ungültig erklärt hatte. Sie wiesen die Stimmrechtsbeschwerde der Initiantinnen mit der Begründung ab, starre Quoten bedeuteten faktisch eine Sperre für Kandidaten des anderen Geschlechts und seien deshalb unverhältnismässig. Männer würden einzig ihres Geschlechtes wegen diskriminiert; sie könnten über längere Zeit nicht mehr für Ämter kandidieren. Dies sei ein schwerer Eingriff in die verfassungsmässige Garantie des Wahl- und Stimmrechts. Zwar zeigten einige der sieben Bundesrichter durchaus Sympathien für die Quote als spezielle Form der Frauenförderung. Es überwog aber das Argument, das öffentliche Interesse an frei wählbaren Personen sei grösser.

Ungültigerklärung der kantonalen Urner Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen"

Das Urner Kantonalparlament erklärte Anfang Juni die von der Grünen Bewegung Uri eingereichte kantonale Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen" für ungültig, weil sie Bundesrecht verletze. Die Initiative verlangte, dass alle Behörden und Kommissionen, die vom Volk gewählt oder durch gewählte Organe bestimmt werden, annähernd zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt sein müssen. Jedes Geschlecht sollte jedoch mindestens zu einem Drittel vertreten sein.

Das Bundesgericht nahm zu einer Beschwerde gegen die 1997 durch den Urner Landrat (Parlament) erfolgte Ungültigkeitserklärung einer kantonalen Volksinitiative für eine Frauenquote für die Behörden Stellung. Es bestätigte dabei sein Urteil aus dem Vorjahr zu einer ähnlichen Solothurner Initiative, dass generelle Wahlquoten im Widerspruch zur Bundesverfassung stehen, da sie bei durch das Volk gewählten Behörden einer Einschränkung des freien und gleichen Wahlrechts gleichkommen würden. Geschützt wurden hingegen diejenigen Teile der Initiative, welche Quoten für Kommissionen und Behörden, die nicht direkt vom Volk gewählt werden, sowie für die Wahllisten der Parteien fordern.

Vorstoss für eine Frauenquote im Bundesrat (Pa.Iv. 04.410)

Dossier: Frauenanteil im Bundesrat

Die Bundesratswahlen vom 10. Dezember des Vorjahres mit der Abwahl von Ruth Metzler und der Nichtwahl der Freisinnigen Christine Beerli gaben der Forderung nach einer fixen Geschlechterquote für die Zusammensetzung der Regierung wieder einen gewissen Auftrieb. Die SP-Fraktion reichte im Nationalrat eine parlamentarische Initiative für mindestens drei Sitze für jedes Geschlecht ein. Die SPK empfahl, diesem Vorstoss keine Folge zu geben.

Der Umstand, dass die Frauen aus den Bundesratswahlen 2003 als die grossen Verliererinnen hervorgingen, weckte die seit dem Frauenstreik von 1994 etwas eingeschlafene „Frauen-Power“ in der Politik wieder. Anfang Jahr beschlossen die Frauengruppierungen der im Parlament vertretenen Parteien, regelmässige Treffen durchzuführen. Daraus ging ein „Memorandum 10. Dezember“ hervor, in welchem die Frauen unter anderem einen höheren Frauenanteil in Bundesrat und Parlament sowie in kantonalen Exekutiven und Legislativen und eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit forderten. Bis in bürgerliche Kreise hinein wurde die Idee einer (allenfalls zeitlich begrenzten) Einführung von Frauenquoten für den Bundesrat als zumindest bedenkenswert eingestuft. Die SP reichte eine entsprechende parlamentarische Initiative ein, die von der vorberatenden Kommission wegen der zusätzlichen Einschränkungen bei der Wahl in den Bundesrat klar abgelehnt und im Berichtsjahr vom Plenum noch nicht behandelt wurde.

Auf Antrag seiner SPK beschloss der Nationalrat mit 84 zu 74 Stimmen, der parlamentarischen Initiative der SP-Fraktion für eine neue Verfassungsbestimmung, welche jedem Geschlecht mindestens drei Sitze im Bundesrat zusichert, keine Folge zu geben. Die SPK begründete ihren Ablehnungsantrag vor allem damit, dass eine solche Vorschrift die Auswahlmöglichkeiten zu stark einschränken würde. Dies sei umso mehr der Fall, als auf die bestehenden und von der Kommissionsmehrheit als wichtiger erachteten Verfassungsvorgaben über die sprachliche und regionale Ausgewogenheit nicht verzichtet werden soll.

Auf Antrag seiner SPK beschloss der Nationalrat mit 84 zu 74 Stimmen, der parlamentarischen Initiative der SP-Fraktion für eine neue Verfassungsbestimmung, welche jedem Geschlecht mindestens drei Sitze im Bundesrat zusichert, keine Folge zu geben. Die SPK begründete ihren Ablehnungsantrag vor allem damit, dass eine solche Vorschrift die Auswahlmöglichkeiten zu stark einschränken würde. Dies sei umso mehr der Fall, als auf die bestehenden und von der Kommissionsmehrheit als wichtiger erachteten Verfassungsvorgaben über die sprachliche und regionale Ausgewogenheit nicht verzichtet werden soll.

Gesetzliche Neuordnung der Expertenkommissionen (BRG 07.071)

Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Die Bundeskanzlei gab im Dezember einen Vorentwurf für eine Neugestaltung der Regeln über die Einsetzung, Wahl und Arbeit der ausserparlamentarischen Kommissionen (so genannte Expertenkommissionen) in die Vernehmlassung. Im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) soll die Pflicht verankert werden, diese Kommissionen periodisch auf ihre Notwendigkeit, Aufgaben und Zusammensetzung hin zu überprüfen. Oberstes Ziel der Reform ist eine Straffung des Kommissionswesens und eine verbesserte Transparenz. Der Nationalrat lehnte eine Motion Mörgeli (svp, ZH) (Mo. 05.3515) ab, welche eine jährliche Überprüfung dieser Kommissionen verlangt hatte. Bereits im Frühjahr hatte der Bundesrat bekannt gegeben, dass aufgrund einer ersten Sichtung auf rund jede Dritte der insgesamt 230 Expertenkommissionen verzichtet werden könnte.

Der Bundesrat legte dem Parlament seine Vorschläge für eine Neugestaltung der Regeln über die Einsetzung, Wahl und Arbeit der ausserparlamentarischen Kommissionen (so genannte Expertenkommissionen) vor. Er beantragte insbesondere, im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) festzuhalten, dass der Bundesrat diese Kommissionen alle vier Jahre auf ihre Notwendigkeit, Aufgaben und Zusammensetzung überprüft. Darüber hinaus soll er auch mehr Kompetenzen für eine laufende Anpassung der Kommissionen an sich verändernde Bedürfnisse erhalten. Um dem neuen Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung, aber auch Datenschutzanforderungen zu genügen, soll die Verpflichtung zur Offenlegung von Kosten, Entschädigungen und Interessenverflechtungen neu im Gesetz verankert werden. Der Ständerat nahm einige kleinere, auch vom Bundesrat nicht bestrittene Änderungen vor und hiess die Vorlage einstimmig gut.

Der Nationalrat hiess als Zweitrat die Neugestaltung der Regeln über die Einsetzung, Wahl und Arbeit der ausserparlamentarischen Kommissionen (so genannte Expertenkommissionen) gut. In Abweichung von der kleinen Kammer beschloss er, dass für die Einsetzung von Kommissionen und die Wahl ihrer Mitglieder immer der Gesamtbundesrat zuständig ist und er diese Aufgabe nicht an die Departemente delegieren kann. Damit soll der Bundesrat in seiner Funktion als Führungsorgan gegenüber den einzelnen Departementen gestärkt werden. Der Ständerat übernahm in der Differenzbereinigung diese Version. Ein Antrag der Linken im Nationalrat, anstelle einer „ausgewogenen“ Vertretung der Geschlechter eine Mindestquote von 40 Prozent vorzuschreiben, scheiterte.

Adäquate Vertretung von Frauen und Sprachregionen im Bundesrat (Pa.Iv. 09.481)

Dossier: Frauenanteil im Bundesrat

Die Idee einer adäquaten Vertretung von Minderheiten fand sich in Forderungen nach einer spezifischen Regierungszusammensetzung wieder. Im Vorfeld der Bundesratsersatzwahlen war über den Frauenanteil und insbesondere über die Tessiner und Westschweizer Vertretung debattiert worden. Weder die parlamentarische Initiative Rennwald (sp, JU), die eine verbindliche Frauen- und Sprachgruppenvertretung gefordert hatte, noch eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) (Pa. Iv. 09.445), die auf eine Mindestanzahl Bundesratsmitglieder aus der lateinischen Schweiz zielte, hatten im Nationalrat eine Chance. Jegliche Art von Quoten wurden in der grossen Kammer abgelehnt.

Geschlechterquote von 40% in der Bundesverwaltung (Po.12.3801)

Dossier: Chancengleichheit von Frau und Mann in der Bundesverwaltung
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Ein Postulat Yvonne Feri (sp, AG), das einen Bericht über unterstützende Massnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter verlangte, um eine Geschlechterquote von 40 Prozent in der Bundesverwaltung zu erreichen, wurde mit 94 (bürgerlichen) zu 73 (links-grünen) Stimmen abgelehnt. Die Ratsmehrheit folgte den Argumenten von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die das Postulat zur Ablehnung empfahl, weil die Forderung ohne den Bereich Verteidigung bereits erfüllt sei. 2013 hätte der Frauenanteil ohne VBS und Grenzwachtkorps 43.3 Prozent betragen. Der Sollwert liege bei 44 bis 48 Prozent. Diese Zahl strebe man auch in Kaderpositionen an, wo der Frauenanteil nach wie vor tiefer sei.

Lors de la session d’été le Conseil national a rejeté un postulat de la députée Feri (ps, AG), qui demandait au Conseil fédéral un rapport sur les mesures de soutien en faveur de l’égalité des sexes au sein de l’administration fédérale. La conseillère se base sur le plan d’action du canton de Vaud pour recommander l’institution d’un quota de femmes dans l’administration fédérale. Le Conseil fédéral a proposé de rejeter le postulat, arguant que l’égalité des sexes avait été inscrite dans les sept lignes directrices du programme de législature 2011-2015, dans le cadre duquel la plupart des mesures préconisées par la députée Feri étaient étudiées. La conseillère fédérale Eveline Widmer-Schlumpf a ajouté que si l’on exceptait le corps des gardes-frontières ainsi que le DDPS, le pourcentage de femmes dans l’administration fédérale atteignait plus que les 40% visés par Madame Feri. La chambre du peuple a suivi l’avis du Conseil fédéral et rejeté le postulat à 94 voix contre 73.

Représentation plus équilibrée des sexes au Parlement (Iv.pa. 17.430)

Dossier: Frauenanteil im Parlament

La conseillère nationale Arslan Sibel (basta, BS) a déposé une initiative parlementaire pour une représentation plus équilibrée des sexes au Parlement. Elle propose de modifier la loi sur les droits politiques (LDP), de telle sorte que les listes des candidats au Conseil national comptent au moins un tiers d'hommes et un tiers de femmes. Dans le passé, bien que la question de l'égalité avait été discutée lors de la modification de la loi, aucun acte concret n'avait suivi. La parlementaire rappelle que le Conseil national est censé représenter le peuple suisse. Or, les femmes forment la majorité de la population suisse et n'occupent que 65 sièges (32,5%) dans les rangs de la chambre du peuple. Comme la Confédération et les cantons n'ont à ce jour pas pris de mesures pour promouvoir la parité hommes-femmes, la représentante bâloise espère que la Confédération exécute le mandat constitutionnel (article 8 Cst) visant à assurer l'égalité des sexes.
Lors de l'examen préalable, la CIP-CN ne donne pas suite à l'initiative par 18 voix contre 5 et 1 abstention. La commission répète les arguments mobilisés lors d'interventions visant l'instauration de quotas (98.429 et 99.403), qui avaient rencontré une forte opposition. Premièrement, la mesure serait difficilement applicable dans les petits cantons. Deuxièmement, la liberté des partis politiques de composer leur liste serait restreinte. Finalement, il y aurait le risque que les candidates deviennent des "bouche-trous", figurant en fin de liste pour remplir les quotas. La majorité des membres de la commission estime qu'il revient aux partis politiques de remédier à cette problématique. Une minorité se positionne en faveur d'une contrainte légale. Elle relève que la liberté de vote ne serait pas restreinte, puisque l'initiative parlementaire ne propose que des quotas de candidats sur les listes et non pas un quota d'élus. L'initiative parlementaire est donc transmise au Conseil national.

Par 133 voix contre 52 et 2 absentions, le Conseil national décide de ne pas donner suite à l'initiative parlementaire visant une représentation équilibrée des sexes au Parlement. Il partage donc l'avis de la majorité des membres de la CIP-CN. Seuls les Verts et les socialistes ont soutenu la demande de Sibel Arslan (basta, BS).

Ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten (Pa.Iv. 19.460 und Pa.Iv. 19.440)

Dossier: Frauenanteil im Parlament

Es müsse den Parteien überlassen werden, wie sie ihre Wahllisten organisierten, begründete die Mehrheit der SPK-NR ihren Entscheid, den beiden parlamentarischen Initiativen für eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten keine Folge zu geben. Irène Kälin (gp, AG) forderte in ihrem Vorstoss (Pa. Iv. 19.440) eine Änderung der politischen Rechte dahingehend, dass eine paritätische Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten festgeschrieben werden soll. Da nicht alle Parteien Frauen förderten, stagniere der Anteil von Frauen in kantonalen und kommunalen Parlamenten sowie in der nationalen Legislative bei 30 Prozent. Zudem sei der Frauenanteil im Ständerat und in vielen kantonalen Exekutiven «beschämend tief». Jürg Grossen (glp, BE) forderte Anreize für eine ausgeglichenere Vertretung der Geschlechter auf den Wahllisten: Fraktionsbeiträge sollten nur an jene Parteien in vollem Umfang ausbezahlt werden, die Frauen und Männer gleichberechtigt auf ihre Listen setzen (Pa. Iv. 19.460).
Beide Vorstösse waren noch vor den eidgenössischen Wahlen eingereicht worden. Der Erfolg der Frauen bei eben diesen Wahlen dürfte zur ablehnenden Mehrheit der SPK-NR beigetragen haben. Freilich sorgte eine starke Kommissionsminderheit – beide Vorstösse wurden mit 15 zu 10 Stimmen zur Ablehnung empfohlen – dafür, dass die beiden Initiativen im Rat diskutiert werden. Es brauche Druck, damit sich alle Parteien für gleichberechtigte politische Vertretung einsetzten.

Die beiden parlamentarischen Initiativen, mit denen eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten gefordert wurde (Pa.Iv. 19.440 von Irène Kälin (gp, AG) sowie Pa.Iv. 19.460 von Jürg Grossen (glp, BE)), wurden in der Herbstsession 2020 vom Nationalrat gemeinsam beraten. Die SPK-NR hatte mit je 15 zu 10 Stimmen beantragt, den beiden Initiativen keine Folge zu geben. In der Debatte machten sich die Initiantin und der Initiant für ihre Anliegen stark. Die eidgenössischen Wahlen 2019 hätten gezeigt, dass es eine Rolle spiele, wie viele Frauen auf den Wahllisten vertreten seien. Der neue Frauenanteil in der grossen Kammer von etwas über 40 Prozent entspreche praktisch dem Anteil von Frauen auf den Listen, so Irène Kälin. 40 Prozent sei zwar besser als 30 Prozent – der Anteil vor den eidgenössischen Wahlen 2019 – aber eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter sei damit nach wie vor nicht Realität, obwohl dies von der Verfassung gefordert werde. Auch Jürg Grossen hob den Anstieg des Frauenanteils nach den Wahlen hervor, betonte aber auch, dass die weibliche Hälfte der Bevölkerung «im Bundeshaus nach wie vor deutlich untervertreten» sei. Die Erfahrung zeige zudem, dass der Frauenanteil rasch wieder erodiere, wenn die Forderung von Parität nicht umgesetzt werde oder dauernd wieder erkämpft werden müsse. Dabei seien nicht fixe Quoten anzustreben, sondern Anreize zu schaffen: Nur noch jene Parteien sollen Fraktionsbeiträge erhalten, die hinsichtlich Geschlecht mit ausgewogenen Wahllisten antreten. Marianne Binder-Keller (cvp, AG) nahm für die Kommission Stellung und bezeichnete die beiden Anlegen als «mutierte Varianten bereits abgelehnter Vorstösse, die Quoten auf Wahllisten forderten». Sie wies darauf hin, dass sie als Frau gerade aus Gleichstellungsüberlegungen gegen «diese Form von Kandidierendenobligatorium» sei. Die beiden Initiativen würden implizieren, dass Frauen nicht in der Lage seien, sich selber durchzusetzen. Frau sein, sei kein Programm und es wäre ja dann auch die Frage, was passieren würde, wenn es eine Mehrheit von Frauen im Parlament gebe. Die Mehrheit der Kommission sei überdies nicht der Meinung, dass Gleichstellung heute verhindert werde. Es werde ja niemand an einer Kandidatur gehindert und letztlich sei es der Souverän, dem zugetraut werden dürfe, dass er nicht auf die Wahl von Frauen verzichte, «nur weil sie Frauen sind». Hingegen sehe es die Mehrheit der Kommission als «undemokratische Einmischung», wenn den Parteien vorgeschrieben würde, wen sie bei Wahlen nominieren müssten. Fraktionsbeiträge von der Gestaltung der Listen abhängig zu machen, erachte die SPK-NR zudem als sachfremd, zentralistisch und unliberal.
Wie zu erwarten war, wurden die beiden Vorstösse von den geschlossenen Fraktionen der SP und der GP sowie zumindest bei der Initiative Grossen auch von der Mehrheit der GLP unterstützt. Die 80 Stimmen (gegen 114 Gegenstimmen) bei der parlamentarischen Initiative Kälin bzw. die 83 Stimmen (gegen 109 Gegenstimmen) bei der Initiative Grossen – beide Male ohne Enthaltungen – reichten aber nicht aus und die Anliegen wurden versenkt. Über die Lager der Initiantin und des Initianten hinaus vermochten die Anliegen praktisch nicht zu mobilisieren, insbesondere nicht bei den Nationalrätinnen des bürgerlichen Lagers: Nur Céline Amaudruz (svp, GE) und Marianne Streiff-Feller (evp, BE) unterstützten den Vorschlag von Jürg Grossen und Jacqueline de Quattro (fdp, VD) die Idee von Irène Kälin.