Grundlagen der Staatsordnung
Wahlen
In den Kantonen Genf und Neuenburg konnten die bürgerlichen Parteien die Mehrheit in der Regierung zurückerobern. – Im Kanton Wallis zog erstmals eine Frau in die Regierung ein. – Mit Corine Mauch (sp) erhielt die Stadt Zürich ihre erste Stadtpräsidentin. – In der Stadt Luzern fanden erstmals seit der Fusion mit Littau gemeinsame Wahlen statt.
Wahlen in kantonale Parlamente
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (
anhang_2009.pdf).
2009 fanden in
fünf Kantonen (AG, GE, NE, SO, VS) Parlamentswahlen statt. Insgesamt waren 585 Sitze zu verteilen. Den grössten Zuwachs konnten die
Grünen verbuchen. Sie gewannen 13 Sitze hinzu: Zwei in Solothurn, sechs im Aargau, vier in Neuenburg und einen in Genf. Die
SP musste dagegen insgesamt 20 Sitze abgeben. Sie verlor in allen Kantonen an Parteistärke. Die grösste Niederlage musste sie im Aargau hinnehmen (-8 Sitze). Die
SVP hielt sich auf dem Niveau des Vorjahres (+1 Sitz). Die
CVP musste neun, die
FDP acht Sitze
[1] abgeben.
In den Kantonen Solothurn (2 Sitze) und Aargau (5 Sitze) konnten die Grünliberalen neu in die Parlamente einziehen. EDU und SD sind mit je zwei Sitzen im Aargauer Parlament wieder vertreten, die BDP konnte mit vier Sitzen neu in den Grossen Rat einziehen. Die EVP musste im Aargau dagegen einen Sitz abgeben. Das rechtspopulistische „Mouvement Citoyens Genevois“ konnte in Genf seine Sitzzahl fast verdoppeln (+8 Sitze).
Von den 585 zu besetzenden Parlamentssitzen
gingen 148 an Frauen (25,3%) [2]. Nur im Kanton Solothurn nahm der Frauenanteil zu (26,0%, 2005: 22,0%). Im Wallis stagnierte der Frauenanteil bei 20,8%. In den Kantonen Genf und Neuenburg liegt er neu bei 27,0%, in Genf entspricht dies einem Rückgang von 4,0 Prozentpunkten, in Neuenburg einem Rückgang von 2,6 Prozentpunkten. Im neuen Aargauer Parlament sitzen erheblich weniger Frauen: 2005 waren 36,4% der Gewählten Frauen, 2009 nur noch 26,4%.
Der gesamtschweizerische Frauenanteil in den kantonalen Parlamenten war damit wie schon 2008 rückläufig. Ende Oktober 2009 waren 25,6% aller Sitze in kantonalen Parlamenten von Frauen besetzt (2008: 26,2%).
Im Kanton Aargau fanden die Parlamentswahlen zum letzten Mal nicht zum gleichen Termin wie die Wahl der Regierung statt
[3]. Die Sitzverteilung wurde zum ersten Mal nach dem ‚Doppelten Pukelsheim‘-Verfahren berechnet. Das bisherige Verteilungssystem war zuvor vom Bundesgericht für verfassungswidrig erklärt worden: Da das Aargauer Parlament auf die Legislaturperiode 2005-2009 hin von 200 auf 140 Sitze verkleinert worden war, wurde in kleinen Bezirken anschliessend ein zu hoher Wähleranteil benötigt, um den Sprung in den Rat zu schaffen. Es lohnte sich für die Wählerinnen und Wähler nicht mehr, ihre Stimme einer kleinen Partei zu geben. Mit dem neuen Verfahren werden die Sitze zunächst auf der kantonalen Ebene den Parteien gemäss ihren Wähleranteilen zugeordnet (Oberverteilung). Anschliessend erfolgt die Unterverteilung auf die einzelnen Bezirke. Restmandate und Listenverbindungen fallen mit dem ‚doppelten Pukelsheim‘ weg. Für die 140 Sitze bewarben sich 305 Frauen und 634 Männer, die Anzahl Kandidaturen nahm im Vergleich zu 2005 (776) stark zu. Das neue System der Sitzzuteilung begünstigte wie erwartet die kleineren Parteien: Die Grünen konnten ihre Präsenz mit neu 13 Sitzen (+6) fast verdoppeln. Grünliberale (5 Sitze) und BDP (4 Sitze) zogen neu ins Parlament ein. SD und EDU, die 2005 ihre Parlamentsvertretung verloren hatten, kehrten mit je zwei Sitzen in den Grossen Rat zurück. Die EVP konnte vom ‚doppelten Pukelsheim‘ dagegen nicht profitieren und verlor einen Sitz (neu 6 Sitze). Insgesamt sind nun 10 Parteien im Grossen Rat vertreten. Alle grossen Parteien ausser die SVP (+1,8 Prozentpunkte, neu 32,1%) verloren an Wähleranteilen. Bei der SP (-3,8 Prozentpunkte) waren die Verluste am grössten; sie musste 8 Sitze abgeben (neu 22). Die FDP verlor 4 (neu 20), die CVP 5 Sitze (neu 21). Die SVP holte 45 Sitze (-1). Stark rückläufig war der Frauenanteil, er ging von 36,4% um zehn Prozentpunkte auf 26,4% zurück. Unter den 36 neu Gewählten waren nur 9 Frauen. Die Wahlbeteiligung lag bei 31,7%
[4].
387 Personen bewarben sich für einen der 100 Sitze im Parlament des Kantons Genf. Vor den Wahlen hielten die bürgerlichen und rechten Parteien (CVP, LP, FDP, SVP und „Mouvement Citoyens Genevois“ MCG) eine deutliche Mehrheit mit 67 von 100 Sitzen. Das MCG, das 2005 erstmals ins Parlament eingezogen war, richtete sich in seiner Wahlkampagne gegen die Grenzgänger aus Frankreich. Diese nähmen den Genfern die Arbeitsplätze weg. Die Rechtspartei traf damit offenbar auf Zustimmung bei einem Teil der Bevölkerung, denn sie konnte ihre Sitzanzahl bei den Wahlen fast verdoppeln (neu 17 Sitze, +8) und war mit 14,8% die Partei mit dem dritthöchsten Wähleranteil nach den Liberalen und den Grünen. Letztere überholten mit neu 17 Sitzen (+1) erstmals die SP und waren die einzige Partei neben dem MCG, die an Parteistärke gewann (+1,5 Prozentpunkte). Die SP musste zwei Sitze abgeben (neu 15), FDP und CVP erhielten je 11 Sitze, beide verloren damit einen Sitz. Die Liberalen blieben trotz Verlusten die stärkste Partei (20 Sitze, 2005: 23). Die SVP erhielt 8,6% der Stimmen und verlor 2 Sitze (neu 9). Wie 2005 verpasste die äussere Linke das 7%-Quorum für den Einzug in das Parlament. Dies obwohl PdA und „SolidaritéS“ diesmal, anders als 2005, gemeinsam angetreten waren. Ihre Liste holte 6,4% der Stimmen. Zusammen mit der SVP hält die bürgerliche Entente aus LP, CVP und FDP im neuen Parlament eine knappe absolute Mehrheit von 51 Stimmen. SVP und Entente kooperieren jedoch nicht immer und das MCG dürfte daher zum Zünglein an der Waage werden. Da das MCG in sozialen Fragen teilweise mit der Linken stimmt, sind die Mehrheitsverhältnisse im neuen Rat unsicher. Der Frauenanteil im Parlament ging von 31,0% auf 27,0% zurück. Die Wahlbeteiligung lag bei 39,7%
[5].
Für die 115 Sitze im Neuenburger Parlament kandidierten 453 Personen auf neun Listen. FDP und LP traten nach ihrer Fusion zum ersten Mal als eine Partei zu den Wahlen an. Vor den Wahlen hielt die Linke eine knappe Mehrheit, die sie 2005 erstmals hatte erringen können. Die linksgrünen Parteien konnten nun diese Mehrheit von 58 auf 60 Sitze ausbauen. Es kam aber zu Verschiebungen innerhalb des linken Lagers: Die SP verlor 5 Sitze (neu 36), während die Grünen 4 Sitze (neu 14) und PdA/SolidaritéS 3 Sitze (neu 10) hinzugewannen. Die FDP-Liberalen errangen 41 Sitze, dies ist ein Sitz mehr als FDP und LP 2005 gemeinsam hielten. Eine Steigerung des Wähleranteils war damit jedoch nicht verbunden (-1,0 Prozentpunkt im Vergleich zum zusammengezählten Wähleranteil von FDP und LP bei den letzten Wahlen). Die SVP kam auf einen Stimmenanteil von 12,7% und verlor 3 Sitze (neu 14). CVP und EVP verpassten das 10%-Quorum deutlich. Der Frauenanteil im Parlament liegt neu bei 27% (-2,6 Prozentpunkte). Die Wahlbeteiligung betrug 37,1%
[6].
447 Personen, darunter 134 Frauen, kandidierten für einen Sitz im 100-köpfigen Solothurner Kantonsrat. Neben FDP, CVP, SP und SVP traten die Grünen und neu die Grünliberalen und die EDU an. Bei den Wahlen blieb die FDP mit 27 Sitzen (-3) stärkste Partei. Ihr Wähleranteil lag bei 26,8% (-2,3 Prozentpunkte). Grössere Verluste musste die SP hinnehmen (-4 Sitze, neu 21). Die Parteistärke der SP nahm um 4,2 Prozentpunkte auf 20,7% ab. Die SVP gewann einen Sitz hinzu (neu 18), sie steigerte ihren Wähleranteil um 1,9 Prozentpunkte auf 19,4%. Die CVP baute ihre Vertretung um zwei Sitze aus (neu 25) und überholte damit die SP, dabei profitierte sie von einer Listenverbindung mit den Grünliberalen und der EVP. Die Parteistärke der CVP ging leicht zurück (-0,6 Prozentpunkte auf 20,8%). Um zwei Sitze zulegen konnten die Grünen. Sie halten neu 6 Sitze und können somit eine eigene Fraktion bilden. Die Grünliberalen zogen mit zwei Sitzen neu in den Kantonsrat ein. Die EVP hielt ihren Sitz. Der Frauenanteil im Parlament nahm von 22,0% auf 26,0% zu. Die Wahlbeteiligung lag bei 36,8%
[7].
Bei der Neubesetzung des 130-köpfigen Walliser Parlaments konnte die CVP ihre absolute Mehrheit verteidigen. Sie musste allerdings 5 Sitze abgeben (darunter ein Sitz der CSP Oberwallis) und hält noch 68 Sitze. Ihr Wähleranteil lag bei 48,5% (-5,2 Prozentpunkte) und sank damit unter die 50%-Marke. Die SVP konnte ihre Sitzzahl verdoppeln (neu 12 Sitze, +6), sie erreichte eine Parteistärke von 11,5% (+5,1 Prozentpunkte). Die mit der LP vereinigte FDP holte 28 Sitze (2005: FDP und LP zusammen 30 Sitze), die SP 17 (-1). Einen Zuwachs verbuchte die unabhängige CSP Unterwallis mit neu 3 Sitzen (+2), die Grünen hielten ihre zwei Sitze. Der Frauenanteil im Parlament blieb unverändert bei 20,8%, die Wahlbeteiligung lag bei 54,7%
[8].
Wahlen in kantonale Regierungen
2009 fanden in vier Kantonen (GE, NE, SO, VS) Gesamterneuerungswahlen der Regierung statt
[9]. Zu
Veränderungen in der Sitzverteilung kam es in Neuenburg und in Genf. In beiden Kantonen konnten die bürgerlichen Parteien die Mehrheit zurückerobern, nachdem für eine Legislatur eine linke Mehrheit bestanden hatte. Im Kanton Genf eroberte die LP einen zweiten Sitz auf Kosten der SP, im Kanton Neuenburg holten die FDP-Liberalen einen Sitz, den zuvor die Grünen innegehabt hatten. Im Kanton Neuenburg wurde der Staatsrat stark erneuert: Vier von fünf Mitgliedern wurden ersetzt. Im Wallis (3 CVP, 1 FDP, 1 SP) und in Solothurn (2 CVP, 2 FDP, 1 SP) blieb es bei der bisherigen Sitzverteilung zwischen den Parteien. Die SVP forderte in diesen zwei Kantonen erfolglos die anderen Parteien heraus und ist weiterhin nicht in der Exekutive vertreten. Im Kanton Solothurn scheiterte zudem die SP mit dem Versuch, einen zweiten Sitz im Regierungsrat zu erobern. Alle Bisherigen wurden bestätigt. Im Wallis blieb zwar die Sitzverteilung gleich, jedoch kam es zu einer Erneuerung des Personals. Zwei CVP-Vertreter und eine SP-Vertreterin wurden neu in die Regierung gewählt.
Im Wallis zog mit Esther Waeber Kalbermatten (sp) erstmals eine Frau in die Regierung ein. In Genf ist die Regierung mit der Wahl von Michèle Künzler (gp) und Isabel Rochat (lp) nicht mehr ein reines Männergremium. Im Kanton Neuenburg sitzt weiterhin eine Frau in der Regierung, Gisèle Ory (sp) trat die Nachfolge von Bernard Soguel (sp) an, die zurückgetretene Sylvie Perrinjaquet (fdp) wurde durch einen Mann ersetzt. Im Kanton Solothurn blieb der Frauenanteil in der Regierung ebenfalls unverändert, mit Esther Gassler ist eine Frau in der Exekutive vertreten. Insgesamt hielten die Frauen Ende 2009 33 von gesamtschweizerisch 156 Sitzen in kantonalen Regierungen (21,2%).
Bei der Gesamterneuerungswahl der Regierung traten die Bisherigen Charles Beer (sp), Mark Muller (lp), David Hiler (gp), Pierre-François Unger (cvp) und François Longchamp (fdp) erneut an. Robert Cramer (gp) und Laurent Moutinot (sp) verzichteten dagegen auf eine erneute Kandidatur. Die Grünen nominierten Michèle Künzler als Nachfolgerin von Cramer, die SP portierte Véronique Pürro, die sich im Nominationsverfahren unter anderem gegen den Genfer Bürgermeister Manuel Tornare durchsetzte. Die bürgerlichen Parteien griffen die seit 2005 bestehende linke Mehrheit in der Regierung an (2 SP, 2 GP, 1 LP, 1 CVP, 1 FDP). Für die LP kandidierte neben Muller (bisher) Isabel Rochat (neu). Am linken Rand des Parteienspektrums stellte eine kommunistische Partei drei Kandidaten auf. PdA und SolidaritéS kandidierten nicht, weil ihnen der Einzug ins Parlament bei den einen Monat zuvor stattgefundenen Wahlen nicht gelungen war. PdA und SolidaritéS verweigerten aber auch der SP und den Grünen die Unterstützung. Die SVP nominierte Yves Nidegger. Das populistische „Mouvement Citoyens Genevois“ (MCG), das bei den Parlamentswahlen einen grossen Erfolg gefeiert hatte, stellte mit ihrem Präsidenten Eric Stauffer und Mario Poggia zwei Kandidaten auf. Das Kandidatenfeld wurde komplettiert durch zwei Aussenseiterkandidaturen. Bei den Wahlen verlor die Linke ihre Mehrheit und die „Cohabitation“ mit einer linken Regierung und einem rechten Parlament endete: Gewählt wurden alle Bisherigen sowie Michèle Künzler (gp) und Isabel Rochat (lp). Die LP konnte damit einen Sitz der SP erobern. Véronique Pürro (sp) verpasste die Wahl mit einem Rückstand von gut 1200 Stimmen auf die siebtplatzierte Künzler (gp). Die beiden MCG-Kandidaten lagen auf den Plätzen neun und zehn und hatten gut 10 000 Stimmen Rückstand auf Künzler. Der SVP-Kandidat Nidegger blieb chancenlos. Mit Künzler und Rochat sind neu zwei Frauen im Genfer Staatsrat vertreten
[10].
Wie im Kanton Genf regierte auch im Kanton Neuenburg seit 2005 eine linke Mehrheit (2 SP, 1 GP, 2 FDP-Liberale). Von den Bisherigen traten Jean Studer (sp), Roland Debély (fdp) und Fernand Cuche (gp) erneut an. Bernard Soguel (sp) und Sylvie Perrinjaquet (fdp) traten zurück. Für die 5 Sitze im Neuenburger Staatsrat gab es insgesamt die sehr hohe Zahl von 30 Kandidaturen. Die SP stellte neben Studer und Ständerätin Gisèle Ory, der Favoritin für den frei werdenden SP-Sitz, mit Johanne Lebel-Calame, Sylvie Fassbind-Ducommun und Bertrand Nussbaumer drei weitere Kandidierende auf. Die FDP-Liberalen präsentierten neben ihrem Bisherigen Debély vier weitere Kandidaten, von denen keiner als Favorit erschien: Frédéric Hainard, Philippe Gnaegi, Claude Nicati und Olivier Haussener. Die SVP stellte ebenfalls fünf Kandidierende auf: Karim-Frédéric Marti, Maria Angela Guyot, Florian Robert-Nicoud, Pierre-Alain Storrer und Raymond Clottu. Die CVP nominierte drei Kandidaten, die jedoch als chancenlos betrachtet wurden und vor allem die CVP-Liste bei den Parlamentswahlen „ziehen“ sollten. PdA und SolidaritéS nominierten gemeinsam fünf Personen für den Staatsrat. Für die Grünen traten der Bisherige Cuche und zwei weitere Kandidaten an. Zudem gab es noch vier parteiunabhängige Kandidaturen. Angesichts der hohen Kandidatenzahl erstaunte es nicht, dass im ersten Wahlgang niemand das absolute Mehr erreichte. Am meisten Stimmen erhielt Jean Studer (sp) vor seiner Parteikollegin Gisèle Ory. Auf die beiden Sozialdemokraten folgten alle fünf liberal-freisinnigen Kandidaten, wobei Hainard und Nicati am besten platziert waren. Der Bisherige Debély schnitt von allen FDP-Kandidaten am schlechtesten ab und schied aus dem Rennen aus. Gesundheitsdirektor Debély war vor der Wahl wegen seiner Spitalpolitik in die Kritik geraten. Der grüne Staatsrat Fernand Cuche schnitt noch schlechter ab: Er landete hinter allen SP- und FDP-Kandidaten auf dem elften Platz. Umweltdirektor Cuche war ebenfalls im Wahlkampf heftig kritisiert worden, unter anderem wegen Mängeln bei der Schneeräumung. Der SVP-Kandidat Storrer lag hinter Cuche auf dem zwölften Platz. Nach diesem Ergebnis kam es erstmals seit 20 Jahren zu einem zweiten Wahlgang. Die Situation war aussergewöhnlich, weil weder SP noch FDP aufgrund ihrer Wähleranteile die absolute Mehrheit in der Regierung beanspruchen konnten, deren Kandidaten jedoch am besten platziert waren. Für die SP stellte sich die Frage, ob sie Johanne Lebel-Calame (die Sechstplatzierte) portieren oder den Grünen Fernand Cuche trotz seines schlechten Resultates unterstützen sollte. Im zweiten Wahlgang trat die SP (mit Studer und Ory) schliesslich zusammen mit dem Grünen Cuche an. Die FDP nominierte Hainard, Nicati und Gnaegi, die Bestplatzierten ihrer Partei aus dem ersten Wahlgang. Sie erhielt die Unterstützung der SVP. Gewählt wurden die beiden SP-Kandidaten Studer und Ory sowie die drei FDP-Liberalen Hainard, Nicati und Gnaegi. Cuche hatte einen grossen Rückstand auf letztere. Die doppelte linke Mehrheit in Parlament und Regierung endete damit und es begann eine „Kohabitationslegislatur“ mit einer bürgerlichen Mehrheit in der Regierung und einer linken Mehrheit im Parlament. Die Regierung erhielt insgesamt vier neue Mitglieder
[11].
Bei den Gesamterneuerungswahlen der Regierung des Kantons Solothurn traten alle Bisherigen – Christian Wanner (fdp), Esther Gassler (fdp), Walter Straumann (cvp), Klaus Fischer (cvp) und Peter Gomm (sp) – erneut an. Die SP nominierte neben ihrem Bisherigen Peter Gomm Christine Bigolin, mit der sie einen zweiten Sitz erobern wollte. Die Sozialdemokraten hatten vier Jahre zuvor einen Sitz an die CVP verloren. Die SVP, die bisher dreimal erfolglos zu den Regierungsratswahlen angetreten war, stellte fünf Kandidierende auf: Nationalrat Roland Borer, Colette Adam, Roman S. Jäggi, Heinz Müller und Christian Werner. Die SVP wollte mit dieser Strategie einen zweiten Wahlgang bewirken. Die Grünen unterstützten die Kandidaturen der SP. Da alle Bisherigen erneut kandidierten, war der Wahlkampf lau. Überraschend schafften alle bisherigen Regierungsräte trotz der vielen Kandidaturen die Wiederwahl bereits im ersten Wahlgang. Am meisten Stimmen erhielt Finanzdirektor Wanner (fdp) vor Fischer (cvp), Gomm (sp), Gassler (fdp) und Straumann (cvp). Die Herausforderer lagen weit zurück. Am besten schnitt unter ihnen Bigolin (sp) ab. Hinter ihr folgten die fünf SVP-Kandidierenden, von denen sich Roland Borer am besten platzierte. Die Strategie der SVP mit der Vielzahl an Kandidaturen ging nicht auf – die Stimmen verteilten sich auf verschiedene SVP-Kandidaten, so dass keiner von ihnen ein gutes Resultat erzielte
[12].
Bei den Staatsratswahlen im Kanton Wallis traten Jean-Michel Cina (cvp) und Claude Roch (fdp) erneut an. Jean-René Fournier (cvp) und Jean-Jacques Rey-Bellet (cvp) traten zurück. Die neuen Kandidaten der CVP waren Jacques Melly und Maurice Tornay. In der internen Nominierung hatten sich diese zum konservativen Lager gehörenden Kandidaten gegen den nationalen CVP-Präsidenten Christophe Darbellay und gegen Marie-Françoise Perruchoud-Massy durchgesetzt. Thomas Burgener (sp) trat ebenfalls nicht mehr an. Für die SP kandidierte neu Esther Waeber Kalbermatten, für die sich die Chance bot, als erste Frau in die Walliser Regierung einzuziehen. CVP, FDP und SP strebten keine Sitzgewinne an, sondern beschränkten sich darauf, ihre Sitze zu verteidigen und betrieben damit einen freiwilligen Proporz. Als Herausforderer der grossen Parteien traten Christlichsoziale, SVP und Grüne an. Die Oberwalliser Christlichsozialen nominierten Graziella Walker, die SVP (die erstmals zu einer Staatsratswahl antrat) Franz Ruppen und die Grünen Marylène Volpi Fournier. Als unabhängiger Kandidat trat Eric Felley, ein Journalist, an. Das Ziel seiner Kandidatur bestand vor allem darin, einen zweiten Wahlgang zu bewirken, in dem dann möglicherweise andere CVP-Kandidaten als die Nominierten zum Zug kommen könnten. Das Walliser Wahlrecht erlaubt neue Kandidaturen für einen zweiten Wahlgang. Im ersten Wahlgang erreichte niemand das absolute Mehr. Am meisten Stimmen erhielt Jean-Michel Cina (cvp) vor seinen Parteikollegen Tornay und Melly. Cina erreichte einen Stimmenanteil von rund 40%, ein für einen Walliser CVP-Kandidaten schlechtes Resultat. Auf die drei CVP-Kandidaten folgten Claude Roch (fdp) und Esther Waeber Kalbermatten (sp). An sechster Stelle lag Franz Ruppen (svp), der im Oberwallis gut abschnitt. Einen Achtungserfolg erzielten Marylène Volpi Fournier und Graziella Walker. Beide übertrafen die Wähleranteile ihrer Parteien deutlich. Sie lagen aber ca. 10 000 Stimmen hinter Waeber Kalbermatten (sp) zurück. Eric Felley erreichte das für einen zweiten Wahlgang benötigte Quorum von 8% der Stimmen. Es kam jedoch zu keinem zweiten Wahlgang, weil es keine dissidenten CVP-Kandidaten gab, die gemeinsam mit Felley antreten wollten. Zudem verzichteten Ruppen (svp), Walker (csp) und Volpi Fournier (gp) auf einen zweiten Wahlgang. Damit wurden Cina, Tornay und Melly (alle cvp), Roch (fdp) und Waeber Kalbermatten (sp) in stiller Wahl gewählt. Esther Waeber Kalbermatten zog als erste Frau in die Walliser Regierung ein
[13].
Ersatzwahlen
Nach dem Rücktritt von Markus Dürr (cvp) war im Kanton Luzern ein Sitz im Regierungsrat neu zu besetzen. Die CVP nominierte Guido Graf. Dieser erhielt die Unterstützung der FDP. Auch die SVP sicherte der CVP für die Ersatzwahl ihre Unterstützung zu. Sie forderte allerdings, dass die CVP umgekehrt die SVP bei den nächsten Gesamterneuerungswahlen unterstützen solle. Die SVP strebt an, 2011 einen Sitz in der Regierung zu erringen, in der zurzeit die CVP mit zwei Sitzen am stärksten vertreten ist. FDP und SP halten je einen Sitz, zudem sitzt mit Marcel Schwerzmann ein Parteiloser in der Regierung. Dieser hatte den SVP-Regierungsrat Daniel Bühlmann bei den Wahlen 2007 verdrängt. Graf (cvp) erhielt bei der Ersatzwahl einzig von den Grünen Konkurrenz. Diese nominierten Katharina Hubacher, die auch von der SP zur Wahl empfohlen wurde. Bei der Wahl konnte sich Graf (cvp) mit 74% der Stimmen deutlich durchsetzen
[14].
Im Kanton Obwalden kam es zu der aussergewöhnlichen Situation, dass innerhalb eines Jahres zwei Ersatzwahlen stattfanden – und dies, obwohl 2010 die Gesamterneuerungswahlen der Regierung anstehen. Zunächst war zu Beginn des Jahres der durch den Rücktritt von Hans Hofer (csp) frei gewordene Sitz zu besetzen. Für die CSP kandidierte Franz Enderli. Ein überparteiliches Komitee portierte Martha Bächler (cvp), „Frau Talammann“ (Gemeindepräsidentin) von Engelberg. Die CVP unterstützte Bächler nicht offiziell, weil sie bereits zwei Sitze in der Regierung hielt und nicht auf einen dritten Sitz Anspruch erheben wollte. Die nicht in der Regierung vertretene SP nominierte Bernadette Halter Zeier. Die SVP unterstützte Bächler (cvp) und die FDP beschloss Stimmfreigabe. Der Ausgang der Wahl erschien offen. Die CSP war bisher mit zwei von fünf Sitzen übervertreten, weshalb den anderen Kandidaturen Chancen eingeräumt wurden. Im ersten Wahlgang erreichte niemand das absolute Mehr. Martha Bächler (cvp) lag mit 4439 Stimmen an erster Stelle, 451 Stimmen vor Enderli (csp). Die SP-Kandidatin Halter erreichte nur 2504 Stimmen und zog sich zurück. Die SP kündigte an, nun Enderlis Kandidatur zu unterstützen. Im zweiten Wahlgang wurde Enderli (csp) mit 6100 Stimmen gewählt. Bächler (cvp) erhielt 4825 Stimmen. Die Sitzverteilung (2 CVP, 2 CSP, 1 FDP) blieb somit unverändert
[15].
Im September trat Regierungsrat Hans Matter (csp) überraschend zurück. Obwohl bereits 2010 Gesamterneuerungswahlen stattfinden, wäre die Zeit bis Juli 2010 für eine Stellvertretung zu lange gewesen und es musste eine Ersatzwahl stattfinden. Den Parteien blieb nur wenig Zeit für die Auswahl ihrer Kandidaten. Die CSP verteidigte ihren vakanten Sitz nicht. Die FDP nominierte Paul Federer, Gemeindepräsident von Sarnen. Die SVP trat mit Martin Odermatt, Gemeinderat in Engelberg, an. Federer (fdp) wurde mit einem knappen Vorsprung von 237 Stimmen auf Odermatt (svp) gewählt. Die FDP hält damit wieder zwei Sitze in der Obwaldner Regierung. Federer wird sich einen Monat nach seinem Amtsantritt am 1. Februar 2010 bereits der Wiederwahl stellen müssen
[16].
Nach dem Rücktritt von Heinz Albicker (fdp) war im Kanton Schaffhausen ein Sitz in der Regierung neu zu besetzen. Die FDP trat mit Christian Amsler an, um den vakanten Sitz zu verteidigen. Konkurrenz erhielt sie von der SP, die Werner Bächtold nominierte. Die Sozialdemokraten hatten 2000 ihren zweiten Sitz in der Regierung verloren und wollten diesen zurückerobern. Die SVP hätte einen anderen FDP-Kandidaten – Florian Hotz – dem offiziell nominierten Amsler vorgezogen und kündigte an, Hotz zu unterstützen. Dieser lehnte allerdings eine wilde Kandidatur ausdrücklich ab. Dennoch schaltete die SVP Wahlplakate mit Hotz‘ Namen. Ziel der SVP war, einen zweiten Wahlgang zu bewirken. Dies gelang jedoch nicht. Christian Amsler (fdp) erreichte bereits im ersten Wahlgang knapp das absolute Mehr. Er erhielt 12 005 Stimmen. SP-Kandidat Bächtold lag mit 8811 Stimmen deutlich zurück, Hotz (fdp) erhielt 2149 Stimmen. Zudem gab es eine ungewöhnlich hohe Zahl an Leerstimmen (7852). Da letztere nicht in die Berechnung des absoluten Mehrs eingehen, trugen sie aber nicht dazu bei, einen zweiten Wahlgang zu bewirken
[17].
Im Kanton Zürich fand eine Ersatzwahl für den Sitz der zurückgetretenen Rita Fuhrer (svp) statt. Es kam zu einer spannenden Nominationsphase. Angesichts der Sitzverteilung 2 SP, 2 FDP, 2 SVP, 1 CVP waren neben einer SVP-Kandidatur vor allem Kandidaturen der Grünen und der Grünliberalen naheliegend. Jedoch war klar, dass nur eine dieser Parteien antreten konnte, wenn eine Chance zum Wahlsieg bestehen sollte. Bei den Grünliberalen zeigte Martin Bäumle Interesse an einer Kandidatur. Die Grünen diskutierten die Möglichkeit, Bäumle unter der Bedingung zu unterstützen, dass dieser im Falle einer Niederlage in der Ersatzwahl bei den Gesamterneuerungswahlen 2011 nicht mehr antreten und damit eine grüne Kandidatur 2011 nicht konkurrenzieren würde. Sie beschlossen letztlich, nicht anzutreten, Bäumle (glp) aber auch nicht offiziell zu unterstützen. Die SP hatte von den Grünen eine Kandidatur gefordert. Nach dem Verzicht der Grünen sprachen sich die SP-Delegierten für eine eigene Kandidatur aus, obwohl die Sozialdemokraten bereits ihrem Wähleranteil entsprechend in der Regierung vertreten waren. Als Reaktion darauf zog sich Martin Bäumle (glp) aus dem Rennen zurück. So kam es zu einem Zweikampf SVP gegen SP. Die SP nominierte Nationalrat Daniel Jositsch. Die SVP trat mit Ernst Stocker, Stadtpräsident von Wädenswil, an. Stocker hatte SVP, FDP, CVP, EVP und EDU hinter sich, Jositsch die SP und die Grünen. Die Grünliberalen beschlossen Stimmfreigabe. Stocker (svp) schaffte die Wahl deutlich mit 173 816 Stimmen, Jositsch erzielte mit 143 089 Stimmen jedoch ein gutes Resultat. In den Städten Zürich und Winterthur lag er vor Stocker, in allen anderen Gemeinden siegte der SVP-Kandidat. Mit 45 028 war die Anzahl der Leerstimmen hoch, was darauf hinweist, dass ein Teil der Wählerschaft mit der Kandidatenauswahl unzufrieden war
[18].
Kommunale Wahlen
Nach der Fusion Luzerns mit Littau fanden erstmals gemeinsame Wahlen statt. Im neuen Parlament waren wie bisher 48 Sitze zu besetzen. 224 Personen bewarben sich für einen Sitz, darunter 44 aus Littau. Einige Parteien ergriffen Massnahmen, um eine angemessene Vertretung der Littauer im
Grossen Stadtrat sicherzustellen. SVP und FDP präsentierten je eine Liste für Luzern und Littau. Die SP führte die Littauer zuoberst auf der Liste auf. Bei den Wahlen verlor die SP drei Sitze (neu 11). Die CVP steigerte sich von 8 auf 10 Sitze. Diese Verschiebungen waren erwartet worden, da der Wähleranteil der CVP in Littau höher ist als in der Stadt Luzern. Die FDP kam auf 9 Sitze (+1). Die SVP holte nur noch 7 Sitze (-2). Die Grünen konnten ihre 8 Sitze halten (darunter ein Sitz der Jungen Grünen). Die Grünliberalen, die erstmals angetreten waren, holten auf Anhieb drei Sitze. 11 Littauer schafften die Wahl in den Grossen Stadtrat. Der Frauenanteil im neuen Parlament beträgt 43,8%
[19].
Bei den Wahlen für den
Stadtrat, die Exekutive der Stadt Luzern, traten Stadtpräsident Urs W. Studer (parteilos), Ursula Stämmer (sp), Ruedi Meier (gp) und Kurt Bieder (fdp) erneut an. Franz Müller (cvp) trat zurück. Die CVP nominierte den Littauer Stefan Roth für seine Nachfolge. Weitere Kandidierende waren Beat Stocker (parteiloser Gemeinderat aus Littau), Stefanie Wyss (Junge Grüne), David Roth (Juso) und René Kuhn (svp). Im ersten Wahlgang wurden die vier bisherigen Stadträdte Studer (parteilos), Stämmer (sp), Meier (gp) und Bieder (fdp) bestätigt. Am meisten Stimmen erhielt Urs W. Studer. Stefan Roth (cvp) verfehlte das absolute Mehr um nur 96 Stimmen. Hinter ihm folgten mit grossem Abstand Stefanie Wyss (Junge Grüne), Beat Stocker (parteilos), David Roth (Juso) und an letzter Stelle René Kuhn (svp). Beat Stocker kündigte zunächst an, für einen zweiten Wahlgang anzutreten, zog sich dann aber doch zurück. Roth (cvp) wurde in stiller Wahl gewählt. Nach der Wahl reichte SVP-Grossstadtrat Yves Holenweger Stimmrechtsbeschwerde beim Kanton ein. Er warf Stadtpräsident Studer vor, Stocker zum Rückzug seiner Kandidatur gedrängt zu haben. Studer hatte Stocker aus einer Sitzung des Stadtrats angerufen. Nach Darstellung von Stocker hatte ihn Studer unter Druck gesetzt, nicht zum zweiten Wahlgang anzutreten. Studer widersprach: Er habe gegenüber Stocker nur die Auffassung ausgedrückt, dass dessen Kandidatur chancenlos wäre. Der Regierungsrat des Kantons Luzern hiess die Stimmrechtsbeschwerde gut und ordnete eine Wiederholung des zweiten Wahlgangs an. Das Telefongespräch Studers mit Stocker sei eine unzulässige Intervention gewesen. Für den zweiten Wahlgang im September traten Stefan Roth (cvp), Stefanie Wyss (Junge Grüne) und Beat Stocker (parteilos) an. In diesem konnte sich Stefan Roth (cvp) deutlich durchsetzen. Er erhielt 10 450 Stimmen, Wyss 4153 und Stocker 2322
[20].
Kommunale Ersatzwahlen
Nach dem Rücktritt von Stadtpräsident Elmar Ledergerber (sp) waren das Amt des Stadtpräsidenten und ein Sitz in der Zürcher Exekutive neu zu besetzen. Die SP nominierte Corine Mauch als Stadtpräsidentin und als neues Mitglied des Stadtrats. Die FDP stellte für das Amt der Stadtpräsidentin Kathrin Martelli auf, Chefin des Hochbaudepartements und seit 14 Jahren Stadträtin. Die SVP trat mit Roger Liebi für einen Sitz im Stadtrat an, in dem sie seit 1990 nicht mehr vertreten ist. SVP und FDP unterstützten sich offiziell gegenseitig, führten aber keine gemeinsame Kampagne. Hinter Martelli (fdp) standen zudem CVP, EVP und Grünliberale, hinter Mauch die Grünen. Für den frei gewordenen Sitz in der Exekutive kandidierte auch Ernst Danner (evp). Im ersten Wahlgang wurde Mauch (sp) mit grossem Vorsprung in den Stadtrat gewählt. Liebi (svp) lag fast 30 000 Stimmen hinter ihr zurück. Danner (evp) erhielt nur 4842 Stimmen. Weder Mauch (sp) noch Martelli (fdp) erreichten das absolute Mehr bei der Wahl der Stadtpräsidentin. Martelli lag mit 39 408 Stimmen leicht vor Mauch, die 38 120 Stimmen holte. Gut 4000 Stimmen gingen an Vereinzelte. Die Stadtzürcher SVP war enttäuscht über das schlechte Ergebnis von Liebi, das sie auf mangelnde Unterstützung der FDP zurückführte, und entzog Martelli für den zweiten Wahlgang die Unterstützung. In diesem wurde Mauch (sp) mit deutlichem Vorsprung zur Stadtpräsidentin gewählt. Mauch holte 41 745 Stimmen, Martelli nur noch 30 851. Mauch konnte sich in allen Wahlkreisen durchsetzen. Sie ist die erste Frau im Zürcher Stadtpräsidium. Martelli (fdp) gab nach ihrer Niederlage ihren Rücktritt als Stadträtin auf die Gesamterneuerungswahlen 2010 hin bekannt
[21].
Ständeratswahlen
Nach dem Tod von Ständerat Ernst Leuenberger (sp) fand im Kanton Solothurn eine Ersatzwahl statt. Für die SP kandidierte Roberto Zanetti, der damit endgültig ins politische Rampenlicht zurückkehrte. 2005 war Zanetti aus dem Solothurner Regierungsrat abgewählt worden. Im März 2009 wurde er mit einem glanzvollen Ergebnis in den Solothurner Kantonsrat gewählt. Die SVP griff den SP-Ständeratssitz mit Nationalrat Roland Borer an. Die CVP nominierte Roland Fürst. Die FDP, die den anderen Solothurner Ständeratssitz besetzt, gab keine Wahlempfehlung ab. Im ersten Wahlgang lag Zanetti (sp) mit 35 033 Stimmen deutlich vor Fürst (cvp), der 24 630 Stimmen holte, und Borer (23 733 Stimmen). Dass Fürst vor Borer lag, war eher überraschend. Für den zweiten Wahlgang im Januar 2010 traten alle drei Parteien erneut an. Die SVP wechselte allerdings ihren Kandidaten aus und nominierte ihren Parteipräsidenten Heinz Müller. Im zweiten Wahlgang wurde Zanetti (sp) mit 29 768 Stimmen mit grossem Vorsprung gewählt. Fürst (cvp) erzielte 17 259 Stimmen, Müller (svp) 12 738. Müller schnitt somit noch schwächer ab als Borer. Zanetti siegte in acht von zehn Bezirken
[22].
Nach der Wahl von Gisèle Ory (sp) in den Regierungsrat trat diese aus dem Ständerat zurück. Somit war ein Sitz neu zu besetzen. Da niemand den Anspruch der SP auf den Sitz in Frage stellte, wurde Didier Berberat (sp) in stiller Wahl zum Nachfolger von Ory gewählt. Berberat hatte zuvor bereits 14 Jahre im Nationalrat gesessen. Er kündigte an, seinen Sitz in der Regierung der Stadt La-Chaux-de-Fonds 2010 aufzugeben
[23].
Nationalratswahlen
Nach dem Rücktritt von Werner Marti (sp) fand im Kanton Glarus eine Ersatzwahl für den einzigen Glarner Nationalratssitz statt. Die SP trat mit Christoph Zürrer an. Sie erhielt gleich von drei Parteien Konkurrenz: Die BDP nominierte ihren Parteipräsidenten Martin Landolt, die SVP Peter Rothlin und die CVP Paul Hösli. Die Wahl hatte eine besondere Bedeutung für die BDP, da ihr im Nationalrat bisher ein Sitz zur Bildung einer eigenen Fraktion fehlte. Landolt (bdp) erhielt die Unterstützung der FDP. Er konnte sich bei der Wahl mit deutlichem Vorsprung durchsetzen und erhielt 4829 Stimmen. An zweiter Stelle lag Zürrer (sp) mit 3174 Stimmen, hinter ihm folgten Rothlin (svp) mit 2954 Stimmen und Hösli (cvp) mit 1964 Stimmen. Die SP musste nach 17 Jahren den Verlust ihres Nationalratssitzes hinnehmen
[24].
Weiterführende Literatur
Krumm, Thomas, „Konkordanzdemokratie unter Konkurrenzdruck: Zu den Parlamentswahlen in der Schweiz vom 21. Oktober 2007“, in Zeitschrift für Parlamentsfragen, 2008, S. 683-701.
Ladner, Andreas, "Espace partisan et positionnement des candidats. Les élections du Conseil national de 2007", in Oscar Mazzoleni / Hervé Rayner (Hg.), Les partis politiques suisses : traditions et renouvellements, Paris (Michel Houdiard) 2009, S. 248-76.
Oesch, Daniel, „The changing shape of class voting : an individual-level analysis of party support in Britain, Germany and Switzerland“, in European Societies, 2008, S. 329-55.
Weinmann, Benjamin, Die Amerikanisierung der politischen Kommunikation in der Schweiz : Bestandesaufnahme und Experteninterviews vor dem Hintergrund der Eidgenössischen Parlamentswahlen 2007, Zürich 2009.
[1] Bei der FDP ohne Berücksichtigung der Kantone Neuenburg und Wallis, wo FDP und Liberale zum ersten Mal als fusionierte Partei antraten und ein direkter Vergleich zur letzten Wahl daher nicht möglich ist.
[2] Die Vergleiche basieren auf den vorhergegangenen kantonalen Wahlen. Später nachgerückte oder zurückgetretene Frauen wurden zur Berechnung der Frauenanteile nicht berücksichtigt.
[3] Für die Wahl der Aargauer Regierung, siehe
SPJ 2008, S. 51.
[4] Wahlen vom 8.3.09:
AZ, 9.3.09. Wahlkampf:
NZZ, 2.3.09. Wahlverfahren:
BaZ, 17.2.09.
[5] Wahlen vom 11.10.09: Presse vom 12.-13.10.09. Wahlkampf:
TG, 25.8., 9.9., 24.9., 29.9. und 7.10.09.
[6] Wahlen vom 5.4.09: Presse vom 6.4.09. Wahlkampf:
Exp., 19.1., 20.2., 24.2. und 17.3.09.
[7] Wahlen vom 8.3.09: Presse vom 9.3.09. Wahlkampf:
SZ, 6.1.09.
[8] Wahlen vom 1.3.09: Presse vom 2.3.09.
[9] Für die Wahl der Aargauer Regierung (1. Wahlgang 2008, 2. Wahlgang 2009) siehe
SPJ 2008, S. 51.
[10] Wahlen vom 15.11.09: Presse vom 16.11.09. Wahlkampf:
LT, 23.2.09;
TG, 24.2., 24.9., 29.9., 16.10., 17.10., 20.10. und 23.10.09;
NZZ, 11.11.09.
[11] Wahlen vom 5.4.09 (1. Wahlgang): Presse vom 6.4.09. Wahlkampf:
Exp., 6.1., 28.1., 7.2., 9.2., 13.2., 14.2., 16.2. und 17.2.09;
LT, 29.1.09;
NZZ, 31.3.09;
TG, 2.4.09;
TA, 3.4.09. Wahlen vom 26.4.09 (2. Wahlgang): Presse vom 27.4.09. Wahlkampf:
LT, 7.4.09;
Exp. und
TG, 8.4.09.
[12] Wahlen vom 8.3.09:
SZ, 9.3.09. Wahlkampf:
SZ, 6.1. und 6.2.09;
NZZ, 3.3.09.
[13] Wahlen vom 1.3.09: Presse vom 2.3.09;
NZZ, 4.3.09;
LT, 5.3.09. Wahlkampf:
NF, 7.1., 9.1., 10.1., 15.-17.1., 20.1., 24.1., 28.1. und 3.2.09;
NZZ, 19.2.09;
Bund, 27.2.09.
[14] Wahlen vom 27.9.09: Presse vom 28.9.09. Wahlkampf:
NLZ, 7.-10.7., 4.8., 8.8. und 4.9.09;
NZZ, 8.7.09.
[15] Wahlen vom 22.3.09 (1. Wahlgang): Presse vom 23.3.09. Wahlkampf:
NLZ, 8.1., 16.1. und 20.3.09;
NZZ, 17.3.09. Wahlen vom 19.4.09 (2. Wahlgang): Presse vom 20.4.09.
[16] Wahlen vom 29.11.09: Presse vom 30.11.09. Wahlkampf:
NLZ, 12.9., 24.9., 15.-16.10. und 20.10.09;
NZZ, 18.11.09.
[17] Wahlen vom 29.11.09: Presse vom 30.11.09;
SN, 2.12.09. Wahlkampf:
SN, 28.5., 13.8., 15.8., 2.9., 7.11., 9.11 und 19.11.09.
[18] Wahl vom 29.11.09: Presse vom 30.11.09. Wahlkampf:
NZZ, 10.9., 12.9., 22.9., 25.9., 21.10. und 12.11.09;
TA, 10.9., 22.-23.9., 7.10. und 22.10.09;
BaZ, 24.9.09.
[19] Wahlen vom 14.6.09: Presse vom 15.6.09. Wahlkampf:
NLZ, 31.1., 2.2., 5.3., 12.3. und 29.4.09.
[20] Wahlen vom 14.6.09 (1. Wahlgang): Presse vom 15.6.09. Wahlkampf:
NLZ, 8.1., 3.2., 6.-7.3., 10.3., 19.3. und 28.4.09. Wahlen vom 27.9.09 (2. Wahlgang): Presse vom 28.9.09. Wahlkampf:
NLZ, 31.7., 7.8., 20.-21.8. und 11.9.09. Stimmrechtsbeschwerde:
NZZ, 19.6.09;
NLZ, 1.7. und 11.7.09.
[21] Wahlen vom 8.2.09 (1. Wahlgang): Presse vom 9.2.09. Wahlkampf:
Bund, 3.1.09;
TA, 7.1. und 12.1.09;
NZZ, 7.1.09;
AZ, 20.1.09;
LT, 2.2.09;
NLZ, 6.2.09. Wahlen vom 29.3.09 (2. Wahlgang): Presse vom 30.3.09. Wahlkampf:
NZZ, 10.2.09;
TA, 13.2.09. Rücktritt von Martelli:
TA, 9.6.09.
[22] Wahlen vom 29.11.09 (1. Wahlgang): Presse vom 30.11.09. Wahlen vom 24.1.10 (2. Wahlgang): Presse vom 25.1.10. Kandidatenwechsel der SVP:
NZZ, 4.12.2009. Zu Zanettis Abwahl siehe
SPJ 2005, S. 51.
[24] Wahlen vom 8.2.09: Presse vom 9.2.09.