Bei der Initiative «40 Waffenplätze sind genug – Umweltschutz auch beim Militär» erwies sich die generelle Auflage des künftigen Verbots weiterer Waffenplatzbauten als Fallstrick für das konkrete Anliegen des Schutzes der Landschaft von Neuchlen-Anschwilen (SG). Die Initiativgegner behaupteten, mit der Annahme der Initiative würde jede Sanierung eines alten Waffenplatzes in Zukunft ausgeschlossen, womit man der Armee die Grundlage entziehe, ihre Soldaten zeitgemäss auszubilden. Dem hielten die Initianten entgegen, gemäss Initiativtext sollten nur Erweiterungen der bestehenden Waffenplätze verboten werden, worunter eine Ausdehnung des Waffenplatzareals oder eine mit einer stärkeren Belastung der Umwelt verbundene Änderung der Nutzung gemeint sei. Die unpräzise Formulierung des Verbots künftiger Waffenplatzbauten sowie die starke Anlehnung der Initianten an die GSoA während der Abstimmungskampagne erlaubten den Initiativgegnern, auch dieses Begehren als verkappte Schwächung der Armee darzustellen und in die emotionsgeladene Atmosphäre des Abstimmungskampfes über die Flugzeugbeschaffung einzubeziehen.
Die mit über 55% Nein-Stimmen erfolgte Ablehnung fiel überraschend klar aus, hatten doch zu Jahresbeginn noch fast zwei Drittel der Stimmberechtigten ihre Sympathie für die Initiative bekundet. Diese konnte zudem recht nahtlos an die erfolgreiche Rothenthurm-Initiative von 1987 anknüpfen. Unter dem Sperrfeuer der bürgerlichen Gegnerschaft verlor sie aber zusehends an Boden und wurde schliesslich nur knapp weniger deutlich als die Flugzeugbeschaffungs-Initiative abgelehnt. Lediglich die fünf Westschweizer Kantone Genf, Waadt, Neuenburg, Freiburg und Jura, das Tessin und die beiden Basler Halbkantone stimmten dem Volksbegehren zu, der Kanton Jura mit 73.3% am deutlichsten, Freiburg mit 50.3% der Stimmen nur ganz knapp. Auffallend war, dass die Ostschweizer Kantone St. Gallen, Thurgau, beide Appenzell und Schaffhausen die Waffenplatz-Initiative – im Gegensatz zur restlichen Deutschschweiz – stärker verwarfen als die Flugzeug-Initiative.
Volksinitiative «40 Waffenplätze sind genug – Umweltschutz auch beim Militär». Abstimmung vom 6. Juni 1993
Beteiligung: 55.6%
Nein: 1'390'812 (55.2%) / 14 4/2 Stände
Ja: 1'124'893 (44.8%) / 6 2/2 Stände
Parolen:
– Nein: FDP, CVP (1*), SVP, LP, EVP, AP, SD, EDU; Vorort, SGV, SBV, CNG, VSA
– Ja: SP, LdU (3*), GP, PdA; SGB
– Stimmfreigabe: Lega
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die Vox-Analyse dieses Urnenganges zeigte bei den Motiven der Nein-Stimmenden ein deutliches Muster. Für die grosse Mehrheit der Befragten waren armeepolitische und gefühlsmässige, undifferenzierte Beweggründe mit eher armeefreundlichem Charakter ausschlaggebend. Die Behauptung der Initiativgegner, eine Annahme der Initiative würde inskünftig eine sinnvolle Modernisierung der militärischen Ausbildung verhindern, wog dabei schwerer als das Argument, mit dem Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen gelte es dringenden Ersatz für die Kaserne von St. Gallen zu schaffen. Die Begründungspalette der Ja-Stimmenden war mit drei ausgeprägten Motivgruppen etwas breiter als diejenige der Gegnerschaft. Aber auch hier überwogen jene, welche armeepolitische Überlegungen – etwa die Verkleinerung der Armee im Rahmen der Reform Armee 95 – in den Vordergrund stellten, gefolgt von jenen, die als tendenziell armeekritisch einzustufen sind. Überraschenderweise standen umweltpolitische Motive erst abgeschlagen an dritter Stelle. Anders als seinerzeit bei der Rothenthurm-Initiative war es den Initianten offenbar nicht gelungen, den Natur- und Umweltschutz zu einem zentralen Thema zu machen.