Mehr als ein Jahrzehnt nach der Aufnahme eines Artikels über den Umweltschutz in die Bundesverfassung machte sich das Parlament an die Konkretisierung dieses Anliegens. Die Volkskammer setzte sich als Prioritätsrat während sieben Verhandlungstagen mit dem neuen Umweltschutzgesetz auseinander. Dass sich allein an der Eintretensdebatte 42 Redner beteiligten, mag allerdings nicht ausschliesslich auf die Umstrittenheit der Materie, sondern auch auf die Direktübertragung durch das Fernsehen zurückzuführen sein. Nur gerade die äusserste Linke (Herczog, poch, ZH) und Rechte (Oehen, na, BE) beantragten erfolglos die Rückweisung mit dem Auftrag, eine verschärfte Version vorzulegen. Die Ratsmehrheit beurteilte den Vorschlag der vorberatenden Kommission als politisch tragbaren Kompromiss und lehnte in der Folge sowohl die Aufnahme von wesentlich strengeren Bestimmungen als auch eine Verwässerung des Gesetzes ab. So sprach sich der Rat gegen die Erhebung von Lenkungsabgaben aus, welche den Verursachern von Umweltbelastungen aufzuerlegen wären. Dieses anerkanntermassen effiziente und systemkonforme Instrument soll gemäss Bundesrat Hürlimann in einer zweiten Phase eingeführt werden. Ebensowenig durchzusetzen vermochten sich aber auch die Abänderungsvorschläge einer der Industrie nahestehenden Parlamentariergruppe, als deren Wortführer sich Blocher (svp, ZH), Coutau (pl, GE), Eisenring (cvp, ZH), Früh (fdp, AR) und Tochon (cvp, GE) profilierten. So unterlag etwa der Antrag, Umweltschutzbestimmungen nach ihrer wirtschaftlichen Tragbarkeit auszurichten, der Erwähnung des allgemeineren Verhältnismässigkeitsprinzips. Die vom Freisinnigen Stucky (ZG) im Namen seiner Fraktion beantragte Streichung der Umweltverträglichkeitsprüfung vermochte ebenfalls nicht durchzudringen.
Keinen Erfolg hatte im weitern die Opposition gegen die Einführung der Verbandsbeschwerde, welche anerkannten Umweltschutzorganisationen das Beschwerderecht gegen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung getroffene Entscheide einräumt. Das vom Nationalrat in der Schlussabstimmung mit 119 : 24 Stimmen verabschiedete Gesetz – die Liberalen und einzelne Vertreter der andern bürgerlichen Parteien lehnten es als zu weitgehend ab – stellt eine etwas verschärfte Fassung des bundesrätlichen Entwurfs dar. Seine wesentlichen Elemente sind die Verankerung des Verursacher- und des Vorsorgeprinzips, die Begrenzung von Umweltbelastungen durch den Erlass von höchstzulässigen Emissions- und Immissionsgrenzwerten für die Bereiche Luft und Lärm, sowie die Regelung der Abfallentsorgung. Auf Antrag der vorberatenden Kommission fand ein zusätzlicher Abschnitt über den Schutz des Bodens vor ausserordentlichen Belastungen durch Schadstoffe Aufnahme. Im weitern beschloss das Parlament die Bildung einer beratenden Kommission für Umweltschutz und räumte dem EDI die Beschwerdeberechtigung gegen kantonale Verfügungen ein.