Auswirkungen der prekären Arbeitsformen auf die soziale Sicherheit

Obgleich sich die sogenannt prekären Arbeitsformen (Teilzeit- und Temporärarbeit) bei den Arbeitnehmern steigender Beliebtheit erfreuen, stehen Sozialpolitiker und Gewerkschaften diesem Trend eher reserviert gegenüber, da sie für die Betroffenen Einbussen bei der Karriere und im Bereich der Sozialversicherungen – zum Beispiel durch Nichterreichen des Koordinationsabzugs bei der 2. Säule – befürchten. Auch das Bundesamt für Konjunkturfragen warnte davor, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit die in den Gesamtarbeitsverträgen verankerten Sicherheiten unterlaufen könnte, weil sich im Zuge der Individualisierung die vielen grundlegend verschiedenen Modelle nicht mehr für alle verbindlich regeln liessen.

Forderung der GP zum Umbau der zweiten Säule

Im Hinblick auf die anstehende Revision des Gesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) forderte die GPS einen Umbau der zweiten Säule. Sie will den Koordinationsabzug abschaffen, der die Einkommenslimite festlegt, ab der die zweite Säule obligatorisch ist, und der Personen mit kleinem Einkommen benachteiligt. Gleichzeitig soll das Steuerprivileg für die überobligatorische Altersvorsorge begrenzt werden. Die Partei schlug weiter vor, ein Prozent der Pensionsgelder künftig in einen Fonds einzuzahlen, aus dem Risikokapital für kleinere und mittlere Unternehmen bereitgestellt wird. Die Pensionskasse soll zudem neu frei wählbar sein, um es den Versicherten zu erlauben, jene Kasse zu wählen, welche die Gelder nach sozialen und ökologischen Kriterien investiert.

ILO-Übereinkommen Nr. 174 und Nr. 175

Wegen mehr oder weniger gewichtigen Differenzen zur nationalen Gesetzgebung verzichtete der Bundesrat darauf, dem Parlament die beiden ILO- Übereinkommen Nr. 174 zur Verhütung von industriellen Störfällen und Nr. 175 über die Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten zur Ratifikation vorzulegen. Das Parlament nahm lediglich den entsprechenden Bericht des Bundesrates zur Kenntnis. Die Zurückhaltung des Bundesrates beruhte in erster Linie auf dem Umstand, dass die schweizerische Gesetzgebung zwischen dem Schutz der Bevölkerung und jenem der Arbeitnehmenden vor Störfällen unterscheidet. Die Regelungen, welche die Schweiz in diesem Bereich getroffen hat, entsprechen im ersten Fall dem Übereinkommen (Störfallverordnung), nicht aber bezüglich des Schutzes der Arbeitnehmenden (Verordnung über die Unfallverhütung). Beim Übereinkommen Nr. 175 ist es vor allem der Koordinationsabzug bei der zweiten Säule, welcher dazu führt, dass Voll- und Teilzeitarbeitnehmende nicht vollumfänglich gleich behandelt werden können. Gemäss konstanter Praxis ratifiziert die Schweiz internationale Abkommen erst dann, wenn die Bestimmungen intern erfüllt sind. Ein Postulat der Kommission des Nationalrates mit der Bitte, die Verordnungen im Störfallbereich dahingehend zu ändern, dass die Konvention Nr. 174 ratifiziert werden kann, wurde - gegen den Antrag einer Kommissionsminderheit - vom Plenum knapp gutgeheissen.

Besserstellung von Teilzeitarbeitenden in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge (Pa.Iv. 97.414)

Wer Teilzeit leistet, soll in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge nicht länger benachteiligt werden. Die Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit unterstützte zwei parlamentarische Initiativen mit diesem Ziel. Eine Initiative Roth Bernasconi (sp, GE ) verlangte, dass auch Teilzeitarbeitende, die weniger als 12 Stunden pro Woche für den gleichen Arbeitgeber arbeiten, der obligatorischen Nichtberufsunfallversicherung unterstellt werden (Pa. Iv. 97.411). Mit ihrer Initiative wollte Zapfl (cvp, ZH) erreichen, dass der Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge dem Beschäftigungsgrad angepasst wird. Heute ist erst der Jahreslohn, der 23 880 Fr. übersteigt, dem Obligatorium der beruflichen Vorsorge unterstellt. Das führt beispielsweise dazu, dass Teilzeitarbeitende, welche mehrere Stellen innehaben, nicht oder nur ungenügend versichert sind, und dass Ehepartner, welche die Rollenteilung praktizieren, viel tiefere Altersrenten erhalten als traditionelle Familien, in denen der Mann vollzeitbeschäftigt ist.

Für eine Besserstellung der Teilzeitarbeitenden im Bereich der Sozialversicherungen sprach sich der Nationalrat aus. Mit 92 zu 66 Stimmen nahm er eine parlamentarische Initiative Zapfl (cvp, ZH) an, welche den Koordinationsabzug im Rahmen der beruflichen Vorsorge proportional zum Beschäftigungsgrad senken will. Damit sollen auch jene Teilzeitbeschäftigten, die pro Jahr weniger als 23 880 Fr. (Ansatz 1998) verdienen, ihren Anspruch auf die Aufnahme in die betrieblichen Pensionskassen geltend machen können. Mit 86 zu 72 hiess der Rat zudem eine parlamentarische Initiative Roth (sp, GE) gut, die verlangt, dass Arbeitnehmende, die wöchentlich weniger als 12 Stunden arbeiten, auch bei Nichtbetriebsunfällen obligatorisch für Taggelder und Renten versichert sind.

In Erfüllung einer parlamentarischen Initiative Roth (sp, GE) nahm der Bundesrat eine Änderung der Verordnung über die Unfallversicherung vor, welche die Stellung der Teilzeitarbeitenden verbessert. Neu sind Beschäftigte, die mindestens acht Stunden pro Woche beim gleichen Arbeitgeber angestellt sind, obligatorisch nicht nur gegen Berufs- sondern auch Nichtberufsunfälle versichert. Bisher lag die Grenze bei zwölf Stunden.

Der Nationalrat verlängerte stillschweigend die Frist für die Umsetzung einer 1998 angenommenen parlamentarischen Initiative Zapfl (cvp, ZH), die eine Anpassung des Koordinationsabzugs an den Beschäftigungsgrad verlangt; dieses sozialpolitische Anliegen, bleibt also auf der Tagesordnung. Der Ständerat lehnte hingegen mit 17 zu 11 Stimmen eine Motion Berger (fdp, NE) (Mo. 00.3255) für eine tiefere Eintrittsschwelle in die Pensionskassen auf Antrag des Bundesrates ab. Bundesrätin Dreifuss verwies auf das diesbezügliche negative Ergebnis der Vernehmlassung. Sie sprach sich auch gegen eine Umwandlung in ein Postulat aus, da die nötigen Abklärungen getroffen worden seien für ein Problem, das in gleichstellungs- und sozialpolitischer Hinsicht tatsächlich bestehe. Sie meinte lakonisch, der Bundesrat habe getan, was er habe tun können, und es sei nun am Parlament, hier allenfalls eine andere politische Weichenstellung vorzunehmen.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)

Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Parallel zur Vernehmlassung über die 11. AHV-Revision eröffnete der Bundesrat auch jene über die 1. BVG-Revision. Bei den Beratungen zum BVG (1976 bis 1982) war sich der Gesetzgeber bewusst gewesen, dass das Ziel der 2. Säule (Fortführung der gewohnten Lebenshaltung im Alter) nur in Etappen zu erreichen ist, weshalb das Gesetz selber den Auftrag zur periodischen Revision enthält. Die erste Überarbeitung hätte eigentlich 1995 durchgeführt werden sollen (zehn Jahre nach Inkrafttreten), verzögerte sich aber vor allem wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage. Partiell wurde das Gesetz aber schon für die Lösung drängender Probleme (Freizügigkeit, Wohneigentumsförderung, Ausweitung der Insolvenzdeckung) abgeändert. Die nun vorgelegten Revisionsvorschläge betreffen die Koordination mit der AHV insbesondere in den Bereichen Rentenalter und flexible Pensionierung, die Konsolidierung des Obligatoriums der 2. Säule und die Weiterentwicklung des Systems, wobei der Bundesrat den beiden ersten Punkten Priorität einräumt. Für sie präsentierte er konkrete Lösungsvorschläge. Neben technischen Änderungen betrifft dies vor allem das gleiche Rentenalter für Mann und Frau, die Flexibilisierung des Rentenalters, das BVG-Obligatorium ab dem 22. Lebensjahr sowie die Einführung einer Witwerrente. Als grundsätzlich wünschenswert erachtet der Bundesrat den gezielten Leistungsausbau für kleine und mittlere Einkommen (inklusive den zwingenden Teuerungsausgleich auf den Altersrenten) sowie die bessere Berücksichtigung der Anliegen der Teilzeitarbeitenden (Abschaffung oder Proportionalisierung des Koordinationsabzuges), doch soll die Vernehmlassung hier erst zeigen, ob und inwieweit ein Konsens über diese Weiterentwicklung besteht. Die diesbezüglichen Modelle sind nur materiell umschrieben; für sie liegt noch kein Gesetzestext vor.

Die Vernehmlassung zur 1. BVG-Revision zeigte mehrheitlich Zustimmung zum Revisionsvorhaben an sich, doch wurden die konkreten Vorschläge des Bundesrates sehr kontrovers beurteilt. Die Landesregierung beschloss deshalb, die Vorlage aus Kostengründen auf die Koordination mit der AHV sowie auf Konsolidierungselemente zu beschränken. Die von ihm ursprünglich noch als wünschenswert bezeichneten sozialpolitischen Anliegen, die er nicht näher ausgeführt hatte, die aber insbesondere die Stellung der Teilzeitarbeitenden und der Personen mit niedrigem Einkommen (in beiden Fällen vor allem Frauen) hätten verbessern sollen, waren damit in der Vorlage nicht mehr enthalten.

Am 1. März verabschiedete der Bundesrat die seit langem erwartete Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (1. BVG-Revision) zuhanden des Parlaments. Die Revision dient der finanziellen Konsolidierung und einer optimalen Durchführung. Ferner stellt sie die Koordination mit den Massnahmen der 11. AHV-Revision her. Hauptpunkte der bundesrätlichen Botschaft sind die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre, die Einführung eines flexiblen Rentenalters (mit versicherungstechnischer Kürzung ohne soziale Abfederung), die Senkung des Umwandlungssatzes zur Sicherstellung der Renten bei verlängerter Lebenserwartung unter gleichzeitiger Erhöhung der Altersgutschriften, die Begrenzung des überobligatorisch versicherbaren Lohnes auf das Fünffache des oberen Grenzbetrags des Obligatoriums, die Einführung einer Witwerrente sowie eine Verbesserung der paritätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmenden. Die Teuerungsanpassung der laufenden Renten soll nicht zwingend vorgeschrieben, die Entscheide jedoch transparenter ausgestaltet werden. Die vom Bundesrat anfänglich noch als wünschenswert bezeichneten sozialpolitischen Anliegen (Besserstellung von Teilzeitarbeitenden und von Personen mit niedrigem Einkommen) waren aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse nicht mehr in der Vorlage enthalten.

Fachleute bemängelten, auch mit dieser Revision werde die Transparenz für die Versicherten noch zu wenig ausgebaut. Der Pensionskassenverband kritisierte die Begrenzung des versicherbaren Einkommens. Auf den überobligatorischen Bereich der Pensionskassen entfallen über CHF 30 Mrd., CHF 5 Mrd. mehr als die ganze AHV beansprucht. Dies veranlasste Nationalrat und CNG-Präsident Fasel (csp, FR) zu verlangen, der überobligatorische Teil der 2. Säule („Goldgrube für Gutverdienende“ und „Tummelplatz für Steueroptimierer“) müsse redimensioniert werden und die freiwerdenden Gelder über die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV abgeschöpft werden. Mit einem Abbau des überobligatorischen Teils um 10% könnte die Ruhestandsrente 62 in der AHV problemlos finanziert werden.

Die SGK des Nationalrates nahm Ende Januar die Beratung der 1. BVG-Revision in Angriff. Sie beschloss, eine Subkommission mit dem Auftrag einzusetzen, zusätzlich zu den Vorschlägen des Bundesrates Lösungen für ein Obligatorium für Teilzeitarbeitende und Arbeitnehmende mit tiefem Einkommen sowie für eine bessere Transparenz bei den Vorsorgeeinrichtungen zu erarbeiten. Diese Zielsetzungen entsprachen mehreren vom Plenum bereits verabschiedeten Vorstössen, insbesondere einer parlamentarischen Initiative Zapfl (cvp, ZH) von 1998. Die Subkommission schlug vor, die Eintrittsschwelle für die obligatorische Unterstellung unter das BVG von heute CHF 24'720 zu halbieren; damit würden 35,2% der erwerbstätigen Männer und 49,7% der Frauen zusätzlich in der beruflichen Vorsorge versichert.

Nach intensiven und sorgfältigen Vorarbeiten, welche die zuständige Kommission (SGK) und vor allem deren Subkommission unter der Führung von Nationalrätin Egerszegi (fdp, AG) in Zusammenarbeit mit der Verwaltung geleistet hatte, befasste sich der Nationalrat in der Sondersession im April an zwei Sitzungstagen mit der 1. BVG-Revision. Während sich der Bundesrat aufgrund der Resultate der Vernehmlassung im wesentlichen auf eine Systemkonsolidierung und die Anpassung an die veränderten demografischen Gegebenheiten beschränkt hatte, fügte der Nationalrat wesentliche weitergehende Elemente ein. Ausgehend von der Feststellung, dass heute Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug (beide CHF 24'720) rund ein Drittel aller Erwerbstätigen (Personen mit geringen Einkommen, Teilzeitarbeitende) von der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausschliesst, schlug die Kommission eine Absenkung der Eintrittsschwelle auf CHF 12'360 vor, verbunden mit einem lohnprozentualen Koordinationsabzug. Egerszegi argumentierte, man könne nicht einerseits in der AHV die Witwenrenten kürzen, ohne den arbeitenden Frauen im Gegenzug die Möglichkeit zu geben, sich eine zweite Säule aufzubauen. Sie verwies auch auf einen Bericht der OECD, der das Schweizer Drei-Säulen-Modell zwar gelobt, aber auch feststellt hatte, dass im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen und bei den Teilzeitarbeitenden – zumeist Frauen – ein Engpass besteht. Eine von Gewerbeverbandsdirektor Triponez (fdp, BE) angeführte Minderheit, die vor allem die Unterstützung der SVP fand, wollte überhaupt keine Öffnung, da diese die Wirtschaft, insbesondere die KMU, in unzulässigem Ausmass belaste, scheiterte aber deutlich, ebenso wie eine Minderheit aus der SP-Fraktion, die eine Senkung der Eintrittsschwelle auf CHF 6180 verlangte. Gegen die Kommissionsmehrheit setzte sich schliesslich mit 90 zu 81 Stimmen ein Antrag Suter (fdp, BE) durch, die Eintrittsschwelle auf CHF 18'540 zu senken, ebenfalls kombiniert mit einem lohnprozentualen Koordinationsabzug sowie mit dem Einbezug der bei mehreren Arbeitgebern erzielten Einkommen. Suter begründete seinen Antrag damit, Personen mit Einkommen von wenig mehr als CHF 1000 pro Monat hätten während ihrer Erwerbstätigkeit kein Interesse an Pensionskassenabzügen; zudem würde ihr Einbezug dazu führen, dass ihr Ersatzeinkommen zusammen mit der AHV höher ausfallen könnte als ihr letztes versichertes Gehalt. Mit der Lösung Suter würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit zusätzlichen CHF 600 Mio. belastet; der Antrag der Mehrheit hätte sie CHF 865 Mio. gekostet.

Infolge dieser Beschlüsse waren die Differenzen über die Höhe des Umwandlungssatzes, einer der ursprünglichen Hauptstreitpunkte, praktisch ausgeräumt. Weil der Koordinationsabzug generell gesenkt und flexibel ausgestaltet werden soll, müssen die Renten aufgrund der höheren Lebenserwartung weniger stark gesenkt werden. Der Rat beschloss einen Umwandlungssatz von heute 7,2 auf 6,8%. Widrig (cvp, SG) beantragte vorerst, dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrates zu folgen und den Satz auf 6,65% zu senken, zog seinen Antrag aber im Lauf der Diskussionen zurück. Durchsetzen konnte sich hingegen ein vom rechtsbürgerlichen Lager unterstützter Minderheitsantrag Meyer (cvp, FR), die Absenkung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes vorzunehmen. Die Kommission hatte sich für 15 Jahre ausgesprochen, Rechsteiner (sp, BS) sogar für 20 Jahre plädiert, da seiner Auffassung nach die Längerlebigkeitsreserven der Pensionskassen und Sammelstiftungen zu einem für die Übergangsgeneration sozialverträglicheren Tempo reichen würden. Im Namen des Bundesrates setzte sich Bundesrätin Dreifuss ebenfalls für zehn Jahre ein, damit möglichst rasch wieder für alle Versicherten der gleiche Umwandlungssatz gilt. Durch die Senkung des Koordinationsabzugs konnte auf höhere Altersgutschriften als Ausgleich für die Rentenkürzungen verzichtet werden, womit eine Verteuerung der Arbeit der älteren Erwerbstätigen abgewendet wurde.

Viel zu reden gab die mangelnde Transparenz, die vor allem bei den Gewinnen herrscht, welche die Sammelstiftungen (Banken und Versicherungen), bei denen rund die Hälfte aller Erwerbstätigen versichert sind, in den Jahren des Börsenbooms erzielt haben. Egerszegi (fdp, AG) wies darauf hin, dass die Kommission auf Fragen nach den Verwaltungskosten, nach der Berechnung von Überschussbeteiligungen und der Rendite der angelegten Gelder keine befriedigende Auskunft erhalten habe, auch nicht vom Bundesamt für Privatversicherungen, welches seine Pflichten in diesem Bereich vernachlässigt habe. Aus diesen Gründen fügte der Nationalrat Bestimmungen in die Vorlage ein, welche die Sammelstiftungen in Zukunft zu mehr Trasparenz verpflichten. Auch gegen Missbräuche bei den Einkäufen in Pensionskassen ging der Rat vor. Um zu verhindern, dass Topmanager steuerprivilegierte Pensionszahlungen in Millionenhöhe erhalten, wurde die Obergrenze für BVG-versicherbare Einkommen auf CHF 741'600 festgelegt. Der Bundesrat hatte eine Obergrenze von CHF 370'000 vorgeschlagen, fand damit aber nur die Unterstützung der SP und der Grünen. Die 1. BVG-Revision wurde in der Gesamtabstimmung mit 129 zu 11 Stimmen gutgeheissen. Die Nein-Stimmen kamen alle von der SVP.

In der Wintersession verwarf der Ständerat im Eilzugstempo – die gesamte Beratung der sehr komplexen Vorlage dauerte nur gerade zwei Stunden – die Beschlüsse des Nationalrates grösstenteils. Bei der Eintrittsschwelle und dem versicherten Lohn entschied er mit 30 zu 8 Stimmen, beim geltenden Recht zu bleiben. Vergeblich appellierte Bundesrätin Dreifuss an die kleine Kammer, der Lösung des Nationalrates, die sie als „genial“ bezeichnete, zu folgen. Somit blieb die berufliche Vorsorge den kleinen Einkommen bis CHF 25'320 (Stand 2003) vorerst verschlossen. Hauptargument war, die Öffnung bringe den kleineren Einkommen kaum etwas, belaste die Wirtschaft aber schwer. Auch auf das Zusammenrechnen mehrerer Löhne aus verschiedenen parallelen Arbeitsverhältnissen wurde verzichtet. Mit der vom Nationalrat vorgenommenen Absenkung des Umwandlungssatzes auf 6,8% war der Ständerat einverstanden, doch folgte er bei der Staffelung der Altersgutschriften dem Bundesrat. Als Resultat des Wirbels um die Senkung des Mindestzinssatzes beschloss er, wesentlich detaillierter vorzuschreiben, wie der Bundesrat bei der Festlegung des Mindestzinssatzes vorzugehen hat. Zudem vertiefte und präzisierte er die Transparenzbestimmungen des Nationalrates.

Nicht nur beim AHV-Gesetz, sondern auch bei der BVG-Revision widersetzte sich der Nationalrat dem Ständerat und hielt an seinem Bestreben fest, die Situation der Personen mit niedrigem Einkommen zu verbessern. Er bekräftigte seinen Willen, tiefen Löhnen den Zugang zur 2. Säule zu erleichtern; davon betroffen sind v.a. Frauen und Teilzeitbeschäftigte. Die Kommission hatte grundsätzlich am Beschluss des Vorjahres festhalten wollen, die Eintrittsschwelle sofort auf CHF 18'990 zu senken, hatte aber, um die Erhöhung der Altersgutschriften für ältere Arbeitnehmer zu vermeiden, auf ihre ursprüngliche Idee eines flexiblen, lohnabhängigen Koordinationsabzuges verzichtet. Gegen diese Auffassung setzte sich mit 91 zu 71 Stimmen ein Antrag Rechsteiner (sp, BS) durch, der die Unterstützung der SVP fand, die sich von der Wirtschaftsverträglichkeit des neuen Modells überzeugen liess. Demnach sollte, unter Beibehaltung des flexiblen Koordinationsabzugs, die heutige Eintrittsschwelle von CHF 25'320 so lange eingefroren werden, bis der Indexstand (Lohnentwicklung und Teuerung) so weit angehoben ist, dass dieser Betrag real drei Viertel einer maximalen AHV-Rente (heute CHF 18'990) entspricht. So wären kleine Einkommen während einer Dauer von 10 bis 20 Jahren schrittweise ins BVG „hineingewachsen“. Als Hauptargumente für seine Lösung nannte Rechsteiner die vorderhand ausbleibende Belastung der Wirtschaft sowie einen höheren Nutzen für die Versicherten. Im Namen der FDP warnte Triponez (BE) dagegen vor weiteren Leistungsverbesserungen; sein Antrag, beim Status quo zu bleiben, wurde mit 92 zu 70 Stimmen abgelehnt.

Im Berichtsjahr wurden die Revisionen von AHV und BVG stets gleichzeitig behandelt; davon erhoffte man sich mehr politischen Handlungsspielraum. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit im EDI sprach sich Bundesrat Couchepin gegen eine Öffnung der 2. Säule für tiefere Einkommen aus. Er erklärte, er sei in diesem Bereich grundsätzlich nicht zu neuen Leistungen bereit, solange das ganze System nicht stabilisiert sei.

Entgegen seinen Beschlüssen des Vorjahres trat der Ständerat auf das Absenken der Eintrittsschwelle ein. Das Zeichen zum Rückzug gab Beerli (fdp, BE). Nachdem sie in der ersten Lesung noch vehement dagegen referiert hatte, befürwortete sie den Wechsel nun mit einer neuen Begründung: Das von beiden Räten bereits beschlossene Absenken des Umwandlungssatzes von 7,2 auf 6,8% bringe ohne flankierende Massnahmen eine Rentenkürzung von rund 6%; eine sofortige Senkung der Eintrittsschwelle führe faktisch zu einer Beitragserhöhung der bereits Versicherten, weshalb deren Renten gehalten werden könnten. Gegen eine Senkung sprachen sich die Vertreter der SVP sowie Forster (fdp, SG) aus. Ihr Antrag auf Beibehaltung geltenden Rechts wurde mit 25 zu 7 Stimmen abgelehnt. Das Modell Rechsteiner wurde als in späteren Jahren für die Wirtschaft zu belastend sowie durch die Beibehaltung des flexiblen Koordinationsabzugs als für die älteren Arbeitnehmer als zu ungünstig für deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt erachtet, weshalb der Ständerat dem im Nationalrat unterlegenen neuen Modell der Kommission (sofortige Senkung der Eintrittsschwelle auf CHF 18'990) zustimmte, worauf sich die grosse Kammer diesem Beschluss anschloss. Als auch noch eine geringfügige Differenz in der Einigungskonferenz ausgeräumt worden war, konnte die Vorlage in der Herbstsession definitiv verabschiedet werden. Im Nationalrat wurde die Revision mit 156 zu 30 Stimmen (vorwiegend aus der SVP), im Ständerat einstimmig gutgeheissen.

Der Bundesrat entschied, die im Vorjahr verabschiedete 1. BVG-Revision in drei Schritten in Kraft zu setzen. Er folgte damit dem Willen des Parlaments, das eine rasche Umsetzung verlangt hatte, damit die Versicherten wieder Vertrauen in diesen arg gebeutelten Zweig des Sozialversicherungssystems fassen. Die Massnahmen bezüglich grösserer Transparenz traten bereits auf den 1. April in Kraft. Sie betreffen die Verstärkung der paritätischen Verwaltung bei den Sammelstiftungen, die Vereinheitlichung der Normen der Rechnungsführung, die Verpflichtung für die Versicherer, eine separate Rechnung für die von ihnen betriebenen Sammelstiftungen zu führen sowie eine Informationspflicht der Versicherer gegenüber den Sammelstiftungen. Für den Fall einer Auflösung von Versicherungsverträgen zwischen Versicherern und Vorsorgestiftungen gibt es neu Bestimmungen, die den Interessen der Versicherten und ihren Vorsorgeguthaben besser Rechnung tragen. Die Pensionskassen hatten bis Ende 2004 Zeit, ihre Reglemente und Infrastrukturen an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen.

Die zweite Etappe der Revision wurde auf den 1.1.2005 in Kraft gesetzt. Mit Ausnahme der Bestimmungen über den Begriff der beruflichen Vorsorge und den Einkauf wurden damit alle in der 1. BVG-Revision vorgenommenen Änderungen umgesetzt. In den entsprechenden Verordnungen legte der Bundesrat die Grundsätze fest, die eine Vorsorgeeinrichtung bei einer Liquidation zu berücksichtigen hat, insbesondere bezüglich der Verteilung der Reserven. Ferner wurden die Grundsätze präzisiert, welche die Verwalter der Vorsorgeeinrichtung bei der Vermögensanlage und -verwaltung zu beachten haben. Zentrale Elemente dieses zweiten Pakets sind die schrittweise Senkung des Umwandlungssatzes von 7,2 auf 6,8%, um der höheren Lebenserwartung der Versicherten Rechnung zu tragen, sowie das Absenken der Eintrittsschwelle und des Koordinationsabzugs; damit wird auch tieferen Einkommen der Eintritt in die berufliche Vorsorge ermöglicht.

Der Nationalrat überwies eine Motion (03.3438) des Ständerates, die verlangt, dass der Umwandlungssatz auf seine technischen Grundlagen überprüft und soweit erforderlich den realen Voraussetzungen angeglichen werden soll.

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)

Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters

Nach dem Scheitern der 11. AHV-Revision im Jahr 2010 und einigen eher technischen Anpassungen im Folgejahr ging das Dossier per Jahresbeginn 2012 an den neu gewählten Bundesrat Alain Berset über. Der Sozialdemokrat kündigte an, die Probleme der 1. und 2. Säule gemeinsam in einer umfassenden Strategie behandeln zu wollen. Grosse Beachtung in der Öffentlichkeit fanden die Forderung Bersets nach einem gleichen Rentenalter von 65 Jahren für Männer und Frauen. Kontrovers diskutiert wurde zudem auch der Vorschlag einer bürgerlichen Allianz, rasch eine Schuldenbremse für die AHV einzuführen.

Im Vorjahr hatte Innenminister Berset angekündigt, die Probleme der ersten und zweiten Säule gemeinsam in einer umfassenden Reformstrategie angehen zu wollen. Im Berichtsjahr schritt der entsprechende Prozess voran und erzielte unter dem offiziellen Titel „Altersvorsorge 2020“, inoffiziell auch „Rentenstrategie 2020“, grosse Aufmerksamkeit in Medien und Öffentlichkeit. 2020 bezeichnet das Jahr, in dem die Reform voraussichtlich wirksam werden soll, denn ungefähr ab diesem Zeitpunkt werden für die AHV rote Zahlen erwartet. Im November 2012 hatte der Bundesrat die sogenannten „Leitlinien“ für die Reform publiziert. Ziel sind demnach die „Erhaltung des Leistungsniveaus der ersten und der zweiten Säule, die finanzielle Konsolidierung der Altersvorsorge und die Steuerung der Kosten der Ergänzungsleistungen zur AHV und IV“. Mit den Leitlinien wurde der Auftrag an das Eidgenössische Departement des Innern erteilt, bis Mitte des Berichtsjahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Die inzwischen angelaufenen Diskussionen in der Öffentlichkeit brachten zwar verschiedenste Vorschläge, primär jedoch grosse Divergenzen zwischen den beteiligten Akteursgruppen zu Tage.

Im Juni präsentierte Bundesrat Berset die Eckwerte der Reform. Das generelle Rentenalter soll ersetzt werden durch ein sogenanntes „Referenzalter“ von 65 Jahren, das für die erste und zweite Säule sowie für Männer und Frauen gelten soll. Angesichts der Schwierigkeit, ältere Arbeitnehmende im Arbeitsmarkt zu integrieren, sei eine Erhöhung nicht zu rechtfertigen, so das Papier. Jedoch sollen mehr Anreize gesetzt werden, auch tatsächlich bis ins Alter von 65 Jahren zu arbeiten. Zudem soll der Zeitpunkt der Pensionierung flexibilisiert werden: Ein Vorbezug ab 62 Jahren bzw. ein Aufschub bis zum Alter von 70 Jahren, verbunden mit entsprechenden Rentenkürzungen bzw. -zustüpfen, soll ermöglicht werden, ebenso ein schrittweiser Rückzug mit einer AHV-Teilrente, wie in der beruflichen Vorsorge bereits möglich. Zur Finanzierung der AHV sieht der Bundesrat die Notwendigkeit von höheren Einnahmen, welche er über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal zwei Prozentpunkte erreichen will. Auf diesem Weg würden auch die Rentner selbst zu den Einnahmeerhöhungen beitragen, was bei einer Anhebung der Lohnbeiträge nicht der Fall sei. Ein Teil der Mehreinnahmen soll verwendet werden, um Personen, die früh ins Arbeitsleben eingestiegen sind und wenig verdient haben, eine Frühpensionierung zu erleichtern – von dieser Massnahme würden insbesondere Frauen profitieren. Einsparungen soll eine Abschaffung der Witwenrente für kinderlose Frauen und eine Senkung derselben für verwitwete Mütter und Väter von 80% auf 60% der Altersrente bringen. Im Gegenzug werden die Waisenrenten von 40% auf 50% erhöht. Die Bevorteilung Selbständigerwerbender gegenüber Arbeitnehmenden bei den AHV-Beiträgen soll aufgehoben werden. Zur Sicherung der langfristigen Stabilität der AHV wird eine Schuldenbremse in Form eines zweistufigen Interventionsmechanismus geplant. Die erste Stufe soll dabei ausgelöst werden, wenn der Bestand des AHV-Ausgleichsfonds einen Schwellenwert von 70% der jährlichen AHV-Ausgaben unterschreitet. Zudem wird eine Teilentflechtung von AHV- und Bundesfinanzen vorgeschlagen. Derzeit wird ein fixer Anteil von knapp 20% der AHV-Ausgaben durch Bundesgelder aus der Alkohol- und Tabaksteuer sowie aus allgemeinen Bundesmitteln gedeckt. Im Gegensatz zu den Einnahmen des Bundes sinkt dieser Anteil bei schwacher Konjunktur nicht, mit der demografischen Entwicklung steigt er real an. Damit belastet er den Bundeshaushalt. Zukünftig soll nur noch die Hälfte des Bundesbeitrages fix sein, die andere Hälfte soll sich nach den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer richten. In der zweiten Säule erachtet der Bundesrat den heute geltenden Umwandlungssatz von 6,8% als deutlich zu hoch. Er soll daher in vier Schritten auf noch 6% gesenkt werden. Um trotz der Senkung das Leistungsniveau zu erhalten, will der Bundesrat den Koordinationsabzug neu regeln, um einen grösseren Teil des Einkommens zu versichern, was vor allem Geringverdienenden und Teilzeitarbeitenden zugutekommen würde. Weiter will er die Beiträge der Arbeitnehmenden mittleren Alters erhöhen, bei einer Übergangsgeneration Kapital aus dem Sicherheitsfonds einschiessen und allenfalls den Beginn der Einzahlung für die Altersvorsorge vor das aktuell geltende 25. Lebensjahr setzen. Um das Vertrauen in die zweite Säule zu stärken, will der Bundesrat die Transparenz bei den Lebensversicherern, welche Sammelstiftungen für KMU betreiben, erhöhen und den Anteil der Erträge, welche die Stiftungen an die Versicherten auszahlen müssen, anheben.

Bei der Präsentation seiner Rentenstrategie betonte der Bundesrat die Wichtigkeit einer globalen Reform der Altersvorsorge, um die verschiedenen Massnahmen aufeinander abstimmen zu können. Mit der vorgeschlagenen Reform würden tiefere Renten oder ein generell höheres Rentenalter vermieden, wofür jedoch die erwähnten Zusatzeinnahmen vonnöten seien. Damit sei die Reform ehrgeizig, aber ausgewogen – die Vergangenheit habe gezeigt, dass reine Sparvorlagen jeweils spätestens an der Urne scheiterten, wohingegen die präsentierte Vorlage im Parlament und beim Volk mehrheitsfähig sei, so Innenminister Berset. Bereits zeichnete sich ab, dass das Parlament die Vorlage im Wahljahr 2015 beraten wird; eine Konstellation, welche sich als schwierig herausstellen könnte. Eine Volksabstimmung ist für 2018 oder 2019 geplant, wobei die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über ein Gesamtpaket mit den nötigen Gesetzen und der Verfassungsänderung zur Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes zu befinden haben werden. So soll eine einseitige Annahme nur der Reform, nicht aber deren Finanzierung oder umgekehrt verhindert werden.

Die Reaktionen auf die vorgestellte Strategie waren äusserst durchzogen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund lehnte sie schlichtweg ab und bezeichnete die vorgesehene Senkung des BVG-Umwandlungssatzes als „grösste Rentensenkung aller Zeiten“. Zudem sei eine Senkung im Grunde gar nicht zwingend nötig. Auch die Erhöhung des Frauenrentenalters kritisierte der Gewerkschaftsbund scharf. Travail.Suisse sah den Rückzug des Bundes aus der AHV-Finanzierung als unhaltbar an, zeigte aber Verständnis für die Senkung des Umwandlungssatzes und lobte die dafür vorgesehenen Kompensationsmassnahmen. Der Gewerbeverband dagegen lehnte grundsätzlich die Stossrichtung der Reform ab: Diese basiere einseitig auf Einnahmeerhöhungen. Die Leistungen der Sozialwerke müssten aber deren finanzieller Situation angepasst werden und nicht umgekehrt. Der Schweizerische Arbeitgeberverband drückte seine Zustimmung zur Flexibilisierung des Rentenalters aus, forderte aber weitere Massnahmen, um dieses effektiv zu erhöhen. Nur bei einer Heraufsetzung auf 67 Jahre sei auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer akzeptierbar. Auf Seite der Parteien kritisierten die Bürgerlichen die geplanten Mehreinnahmequellen und die fehlende Erhöhung des Rentenalters, gleichzeitig forderten sie mehr Tempo bei der Durchsetzung von Reformen und sprachen sich für ein Vorziehen einzelner Elemente aus. Die SP zeigte verhaltene Zustimmung zur Reform, wiederholte aber ihre Forderung, die Harmonisierung des Rentenalters von Mann und Frau sei zwingend mit Lohngleichheit zu verknüpfen. Zudem wehrte sich die Partei gegen einen Interventionsmechanismus in der AHV, der automatisch die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung sistieren könnte. Im Verlaufe des Herbsts präsentierten verschiedene Akteure eigene Vorschläge für eine Reform der Altersvorsorge, so der Gewerbeverband, der sich für eine automatische Anhebung des Rentenalters bei einer starken Lücke im AHV-Ausgleichsfonds aussprach, und der Arbeitgeberverband, der eine Aufsplittung der Vorlage verlangte, um das seiner Ansicht nach vorprogrammierte Scheitern der gesamten Reform zu verhindern. Im November schickte der Bundesrat den Vorentwurf für die Reform der Altersvorsorge in die Vernehmlassung. Diese dauert bis März 2014.

Die Vernehmlassung zur Reform der Altersvorsorge 2020 dauerte bis Ende März 2014. Am Vernehmlassungsverfahren beteiligten sich alle Kantone, alle grösseren Parteien, die eingeladenen Spitzenverbände der Wirtschaft und diverse Organisationen von Versicherten und Versicherern. Insgesamt gingen 168 Stellungnahmen ein. Ein Grossteil äusserte sich unter anderem zur Revision als Ganzes, wovon rund drei Viertel deren grundsätzliche Stossrichtung – eine gemeinsame Betrachtung der 1. und 2. Säule – begrüssen. Dazu gehören die bürgerlichen Mitteparteien mit Ausnahme der FDP und eine Mehrheit der Kantone, wobei einige jedoch starke Kostenfolgen befürchten. Der Freisinn beurteilt die Reform äusserst kritisch: Umfangreichen Mehreinnahmen stünden nur geringe Einsparungen gegenüber. Damit sei die Reform chancenlos. Ein ausgewogener Kompromiss hätte dagegen Erfolgschancen. Die SVP lehnt die Stossrichtung der Reform aus ähnlichen Überlegungen dagegen grundsätzlich ab und schlägt eine Aufteilung in drei Pakete vor. Arbeitgeberverband, Economiesuisse und Gewerbeverband kritisierten das Paket als überladen und zu stark auf Mehreinnahmen fokussierend; erstere forderten eine Erhöhung des Rentenalters, um die Rentenhöhe erhalten zu können. SP und Grüne sowie der Gewerkschaftsbund plädierten für eine Stärkung bzw. Erhaltung der 1. Säule; die Interessen der Versicherten müssten im Mittelpunkt stehen. Der Gewerkschaftsbund lehnt zudem eine Staffelung der Reform explizit ab, ebenso jegliche Erhöhungen des Rentenalters und die Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule. Weiter bemängelten linke Parteien, Gewerkschaften und Frauenorganisationen, die Einsparungen fielen einseitig zulasten der Frauen aus.
Die im Vernehmlassungsverfahren geäusserten Standpunkte entsprachen weitgehend den bereits zuvor öffentlich bezogenen Positionen. Die stark divergierenden Forderungen der verschiedenen Akteure führten rasch zur Befürchtung, die Reform werde im Parlament scheitern und damit weitere kostbare Zeit für eine Neuaufgleisung der Altersvorsorge ungenutzt verstreichen. Im Juni entschied der Bundesrat, das Reformpaket voranzutreiben und noch im Jahr 2014 eine Botschaft auszuformulieren. Dabei sollten einige kleinere Korrekturen zum Vernehmlassungsentwurf vorgenommen werden: Die Mehrwertsteuer-Erhöhung zugunsten der AHV soll auf maximal 1,5 anstelle von 2 Prozentpunkten beschränkt werden, die bereits seit 1999 erhobenen MWSt.-Anteile für die AHV sollen an diese zweckgebunden und der Bundesbeitrag im Gegenzug entsprechend gesenkt werden, und der Koordinationsabzug im obligatorischen Teil der 2. Säule soll abgeschafft werden. Der Bundesrat gab jedoch an, er wolle sich in der Botschaft in weiten Teilen an den Vorentwurf halten, was umgehend auf Kritik stiess. So soll insbesondere an der Behandlung der Reformen der 1. und 2. Säule in einem einzigen Paket festgehalten werden, ebenso an der Abschaffung von Witwenrenten für Frauen ohne minderjährige Kinder. In der Folge war in der Presse zunehmend von einer drohenden Rückweisung der Vorlage durch das Parlament an den Bundesrat die Rede, damit dieser sie in einzelne, kleinere Pakete aufteilen würde. Mitte November wurde bekannt, dass der Entwurf zuerst in den Ständerat kommen würde, was Innenminister Bersets Wunsch entsprechen dürfte. Während die rückweisungswilligen Parteien SVP, FDP und BDP im Nationalrat mehrheitsfähig sind, dürfte im Ständerat die in dieser Sache kompromissbereitere CVP eine Schlüsselrolle spielen. Zudem äusserten sich verschiedene Ständeratsmitglieder der Mitteparteien skeptisch gegenüber einer diskussionslosen Rückweisung, welche zu unnötigen Verzögerungen führen würde. Nichtsdestotrotz erklärten diverse Medien die Reformvorlage bereits für gescheitert, sprachen sich doch auch die bürgerlichen Sozialpolitikerinnen und -politiker im Ständerat für eine Auftrennung der Reform in ihre Bestandteile aus, wobei sie diese jedoch selbst vornehmen und nicht dem Bundesrat überlassen wollten. Einer ebenfalls Mitte November publizierten repräsentativen Umfrage zufolge, welche GfS Bern im Auftrag von Pro Senectute duchgeführt hatte, würden sich 62% der Stimmberechtigten (Stichzeitpunkt Ende September bzw. Anfang Oktober 2014) deutlich oder eher für die Rentenreform aussprechen und nur 28% klar oder eher dagegen.

Mitte November 2014 publizierte der Bundesrat seine Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 2020. Die Botschaft enthält im Wesentlichen zwei Bestandteile: Einerseits, auf Gesetzesebene, den Entwurf zum Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 mit 15 einzelnen Gesetzen, in der späteren Parlamentsdebatte als Entwurf 1 bezeichnet. Andererseits, auf Verfassungsebene, den Entwurf zum Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, Entwurf 2 genannt. Bundesgesetz und Bundesbeschluss sind dabei voneinander insofern abhängig, als sie nur gemeinsam angenommen werden und in Kraft treten können.

Die Vorlage enthält neun Kernpunkte. Der erste ist der Übergang von einem fixen Rentenalter zu einem so genannten Referenzalter, das für Männer und Frauen bei 65 Jahren liegt und bei dem weder Rentenkürzungen noch -zuschüsse anfallen. Der tatsächliche Rückzug aus dem Erwerbsleben soll zukünftig flexibel gestaltet und zwischen 62 und 70 Jahren angesetzt werden können. In der beruflichen Vorsorge ist eine schrittweise Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf noch sechs Prozent bei gleichzeitigen Ausgleichsmassnahmen zur Erhaltung des Leistungsniveaus vorgesehen. Im Rahmen dieser Ausgleichsmassnahmen soll der Koordinationsabzug abgeschafft werden, um den gesamten Jahreslohn zu versichern, und die Altersgutschriftensätze sollen angepasst werden. Weiter soll in der beruflichen Vorsorge die Transparenz und Aufsicht verbessert und die Erträge privater Lebensversicherer fairer zwischen Anbietern und Versicherten aufgeteilt werden. An der Einschränkung der AHV-Witwenrente für Frauen, die minderjährige oder pflegebedürftige Kinder haben, hielt der Bundesrat in seinem Entwurf fest. Weiter sollen in der AHV die Beitragssätze von Angestellten und Selbstständigerwerbenden vereinheitlicht werden, und in der beruflichen Vorsorge soll das Mindestjahreseinkommen um einen Drittel auf CHF 14'000 gesenkt werden, um mehr Arbeitnehmende obligatorisch in die zweite Säule einzubinden. Zur Sicherung der AHV sieht der Bundesrat Mehreinnahmen aus einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,5 Prozentpunkte vor. Die Erhöhung der Steuer soll in zwei Schritten vorgenommen werden und bis ins Jahr 2030 gelten. Zudem soll in der AHV, wie bereits in der Vergangenheit von diversen parlamentarischen Vorstössen gefordert, ein Interventionsmechanismus etabliert werden, der als Schuldenbremse dient. Damit soll die Liquidität des AHV-Fonds sichergestellt werden. Eine Intervention wird dann ausgelöst, wenn der Vermögensstand des Ausgleichsfonds unter 70% einer Jahresausgabe fällt. Nicht zuletzt sollen mit der Reform die Finanzflüsse zwischen dem Bund und der AHV vereinfacht werden, wobei der Bund weiterhin proportional zu den AHV-Ausgaben beiträgt und damit die demographisch bedingten Mehrkosten mitträgt.

Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf hatte der Bundesrat damit, wie zuvor bereits angekündigt, nur wenige Änderungen vorgenommen. Entsprechend blieben unmittelbare heftige Reaktionen auf die Botschaft aus, jedoch wurden die Monate bis zur Parlamentsdebatte für intensive Diskussionen in Medien und Öffentlichkeit genutzt. Insgesamt wurde der Reformentwurf, wie zuvor auch schon der Vernehmlassungsentwurf, von Journalistinnen und Experten mehrheitlich kritisch bis klar negativ beurteilt. Es war von „Luftschloss" (NZZ), „Realitätsverweigerung" und „Science-Fiction" (BAZ) sowie von einem „Ungetüm" (Weltwoche) die Rede. Weiterhin wurde die Reform als überladen bezeichnet, oft auch als nicht nachhaltig. Letzteres begründet sich insbesondere dadurch, dass in der AHV die Zusatzeinnahmen über die Mehrwertsteuer nur befristet bis ins Jahr 2030 gelten sollen, danach die Kosten aber weiter steigen werden und dass in der beruflichen Vorsorge der angestrebte gesenkte Mindestumwandlungssatz immer noch höher ist, als es bereits heute der versicherungstechnischen Realität entspricht. Ein grosses Thema war die Lastenverteilung, welche die Reform zwischen den Generationen vornimmt. Im Januar 2015 publizierte die Universität Freiburg im Breisgau eine in Zusammenarbeit mit der UBS erstellte Studie zum Thema. Diese zeigt, dass die Reform bei der AHV die so genannte Nachhaltigkeitslücke nicht vollständig schliesst und dass ein grosser Teil der Sanierung zulasten junger und noch ungeborener Generationen geht, während ältere Arbeitnehmende und bereits Pensionierte nur mit kleinen Einbussen rechnen müssen. Bei den heutigen Zahlen, so die Studie, würden sämtliche in der Schweiz lebenden Menschen, egal welchen Alters, aktuell oder zukünftig mehr aus der AHV beziehen, als sie in ihrem Leben in Form von Beiträgen und Steuern einzahlen. Diese Modellrechnung verdeutliche das Ausmass der Umverteilung zulasten künftiger Generationen. Die Forschenden machten auch auf die systemwidrige Umverteilung von Aktiven zu Rentnern in der zweiten Säule aufmerksam, welche durch die Reform nur teilweise behoben wird. Weiterhin kontrovers diskutiert wurde auch die Auswirkung der Reform auf die Situation der Frauen. Im Februar 2015 publizierte das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV ein Faktenblatt zum Thema. Darin werden jene Änderungen aufgezählt, welche spezifisch die Frauen betreffen. Dazu gehört insbesondere das um ein Jahr auf 65 erhöhte Rentenalter, welches jedoch auch zu höheren Renten in der zweiten Säule für Frauen führe. Witwenrenten sollen in Zukunft nur noch jene Frauen neu zugesprochen bekommen, welche Kinder mit einer Berechtigung für Waisenrenten haben, womit eine Abkehr vom Modell des männlichen Familienernährers erfolgt. Einerseits sei kinderlosen Frauen eine eigene Erwerbstätigkeit zuzumuten, so das BSV, andererseits verbessere eine solche generell den Zugang der Frauen zu den Sozialversicherungen. Mit der Senkung der Eintrittsschwelle in der beruflichen Vorsorge werden zukünftig mehr Teilzeiterwerbstätige in der zweiten Säule versichert und damit anspruchsberechtigt, was insbesondere Frauen betrifft. Nebst weiteren erwähnten Änderungen versäumte es das BSV nicht, auf die bestehende starke Umverteilung in der AHV zugunsten der weiblichen Versicherten hinzuweisen. Diese ist auf die im Vergleich zu den Männern tieferen Löhne und Beiträge der Frauen bei gleichzeitig ungefähr gleich hohen Renten zurückzuführen. In der beruflichen Vorsorge wiederum sei trotz der tieferen Renten für Frauen keine Benachteiligung auszumachen, so das Amt. Vielmehr seien die bestehenden Unterschiede ein Resultat der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Zeit des Einzahlens, als verheiratete Frauen kaum erwerbstätig waren. Die Aussagen des Bundesamtes blieben nicht unwidersprochen. So kritisierten SP-Exponentinnen, die Reform bringe ausschliesslich für erwerbstätige Frauen Vorteile, wobei eine Erwerbstätigkeit aufgrund der familiären Situation nicht allen Frauen zumutbar sei. Weiter wurde die Befürchtung geäussert, dass die Absenkung der Eintrittsschwelle in die zweite Säule das Angebot an Teilzeitstellen schmälern könnte, da Teilzeitarbeitende dadurch für die Arbeitgeber teurer würden. Ein solcher Rückgang würde speziell Frauen treffen, welche einen grossen Teil der Teilzeitarbeitsstellen besetzen.

Bis zum Beginn der Parlamentsdebatte wurden Vermutungen darüber angestellt und diskutiert, wie einzelne Parteien und Ratsmitglieder sich verhalten und stimmen würden. So gaben schon früh einzelne Fraktionsmitglieder der SP bekannt, die Reform letztlich inklusive der umstrittenen Erhöhung des Rentenalters für Frauen annehmen zu wollen, sofern die bürgerlichen Parteien nicht eine reine Abbauvorlage daraus machten. Die Gewerkschaften ihrerseits sprachen sich deutlich gegen eine Erhöhung des Frauenrentenalters sowie gegen die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes aus. Im Dezember 2014 stellte sich die Grünliberale Bundeshausfraktion hinter das Reformvorhaben. Auch die CVP sprach sich für die Altersvorsorge 2020 aus mit dem Hinweis, eine anders ausgestaltete Reform mit mehr Leistungsabbau wäre nicht mehrheitsfähig. Die SVP lehnte die Vorlage ab, und auch die FDP zeigte sich sehr kritisch. Dennoch wurde schon früh vermutet, die Vorlage werde im Erstrat, dem Ständerat, eine Mehrheit finden. Eine Rolle spielte dabei auch das Timing: So bemerkten Journalisten und Expertinnen, dass die Standesvertreter es sich kurz vor den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2015 nicht würden leisten können, eine wichtige und nötige Reform bachab zu schicken.

Ende März 2015 begann der parlamentarische Prozess zur Reform der Altersvorsorge 2020 mit der Beratung in der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats. Entgegen früheren Forderungen, die Reform an den Bundesrat zurückzuweisen, damit dieser sie in zwei Pakete aufspalte, beschloss die Kommission einstimmig, dem Plenum Eintreten zu empfehlen. Die Detailberatungen zogen sich von April bis August, wobei die SGK-SR im Mai eine Sondersitzung ansetzte und Mitte August teils in Anwesenheit des Sozialministers Berset tagte. Die Zeit drängte, denn aus mehreren Gründen schien es wichtig, die Vorlage noch im September 2015 ins Plenum bringen zu können. Einerseits kann nur so verhindert werden, dass aufgrund der auslaufenden IV-Zusatzfinanzierung die Mehrwertsteuer per Ende 2017 gesenkt würde, bloss um kurze Zeit später bei Inkrafttreten der Reform wieder erhöht zu werden – ein aufwändiger und teurer Vorgang, und damit ein möglicher Grund für die Wirtschaftsverbände, die Reform entschlossen zu bekämpfen. Andererseits, so zumindest die Darstellung in der Presse, setzten sich vier gestandene Sozialpolitikerinnen und -politiker aus den Mittefraktionen im Ständerat dafür ein, die Reform noch vor den Wahlen zu beraten, da sie bei diesen nicht mehr antraten und entsprechend nach der Herbstsession aus dem Rat ausscheiden würden. Es handelte sich dabei um Urs Schwaller (cvp, FR), Verena Diener (glp, ZH), Felix Gutzwiller (fdp, ZH) und Doris Fiala (fdp, ZH). Nicht zuletzt bestand das Gefühl eines generellen Zeitdrucks angesichts der negativen Entwicklungen in der ersten und zweiten Säule.

Am 17. August präsentierte die Kommission die Ergebnisse der Beratung in einer Medienkonferenz. Nach rund 45 Stunden Beratungszeit hatte sie die Reform letztlich einstimmig mit 9 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Der Erhöhung des Rentenalters für Frauen stimmte die Kommission zu, und sie verkürzte dabei den Anpassungszeitraum von sechs auf vier Jahre. Die punktuelle Erhöhung des Referenzalters für Frauen sah die SGK eingebettet in allgemeine Bestrebungen zur Flexibilisierung des Zeitpunktes des Altersrücktritts. Die Änderungen bei den Witwen- und Waisenrenten lehnte die Kommissionsmehrheit dagegen ab, womit gegenüber dem Bundesratsentwurf Einsparungen in der Höhe von CHF 340 Mio. wegfallen. Sie folgte dem Bundesrat bei der Senkung des BVG-Umwandlungssatzes auf 6 Prozent. Jedoch entwarf die Kommission ganz andere Ausgleichsmassnahmen als jene, die die Regierung vorgesehen hatte: Nur ein Teil des Ausgleichs sollte über die berufliche Vorsorge geschehen, so die Idee, der andere Teil soll über die AHV abgewickelt werden. Der Grundsatzentscheid dazu war in der Kommission einstimmig mit drei Enthaltungen gefallen. Konkret soll der Koordinationsabzug in der zweiten Säule nur leicht gesenkt und nicht gestrichen werden, dafür sollen alle neuen AHV-Renten um CHF 70 aufgestockt und der Plafond für Ehepaar-Renten in der AHV von 150 auf 155% einer Einzelrente erhöht werden. Zudem sollen die Altersgutschriften in der beruflichen Vorsorge gegenüber dem Entwurf des Bundesrats erhöht und anders gestaffelt werden. Der Beitragsbeginn soll von aktuell 25 auf 21 Jahre gesenkt werden. Auf einen Interventionsmechanismus in der AHV, eine Schuldenbremse, welche bei der Unterschreitung eines Schwellenwerts zu automatischen Beitragserhöhungen und Leistungseinschränkungen führen würde, wollte die Kommission verzichten. Bezüglich der Finanzierung der Reform sah die Ständeratskommission im Gegensatz zum Bundesrat eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um nur ein anstelle von 1,5 Prozent vor. Die Anpassung sollte zudem in drei Schritten erfolgen. Die Ausgabenerhöhungen bei der AHV sollten innerhalb dieser finanziert werden, und zwar mit 0,3 Lohnprozenten, die je hälftig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmende zu verteilen sind. Die vom Bundesrat vorgesehene Senkung des Bundesanteils in der AHV-Finanzierung lehnte die Kommission ab. Aus der Vorlage streichen wollte die SGK-SR ebenso die beiden bundesrätlichen Vorschläge, den Vorbezug der AHV-Rente für Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen abzufedern und die AHV-Beiträge für Selbstständige und Arbeitnehmende zu vereinheitlichen sowie die für erstere sinkende Beitragsskala abzuschaffen. Eine zusätzliche Belastung der Selbstständigerwerbenden um CHF 330 Mio., wie sie der ursprüngliche Entwurf verursacht hätte, wollte die Kommissionsmehrheit nicht hinnehmen. Grundsätzlich verfolgte die SGK-SR mit dem Verzicht auf verschiedene vom Bundesrat vorgesehene Anpassungen das Ziel, die Reform als ganze zu entlasten. Insgesamt waren zu den Mehrheitsanträgen der Kommission 13 Minderheitsanträge eingegangen, über welche das Ständeratsplenum zu entscheiden hat.

In Medien und Öffentlichkeit wurde der von der Kommission des Nationalrats vorgesehene Ausbau bei der AHV als grosse Überraschung aufgenommen. Auch die geplante Finanzierung über eine Erhöhung der Lohnbeiträge kam unerwartet. Die Rede war von einer Mitte-Links-Allianz aus CVP und SP, welche die Vorlage geprägt und sich gegenseitig das Einbringen zentraler Inhalte des Parteiprogramms in die Reform ermöglicht habe – die Erhöhung der AHV-Renten bei der SP, die Besserstellung der Ehepaare bei der CVP. Gleichzeitig schien klar, dass die Reform Bersets mit dem Entscheid der ständerätlichen Kommission eine erste Hürde genommen hatte. Insbesondere die geplante Erhöhung der AHV-Renten führte jedoch zu Kritik: Damit würden die Einsparungen, welche durch die Erhöhung des Frauenrentenalters entstehen, gleich wieder aufgebraucht, so bürgerliche Exponenten. Weiterhin wurde von verschiedener Seite angemerkt, die Reform sichere die Finanzierung der Altersvorsorge bloss bis ins Jahr 2030, nicht jedoch darüber hinausgehend.

In der Herbstsession 2015 stand die Debatte zur Reform der Altersvorsorge 2020 als wichtigstes Traktandum im Sessionsprogramm des Ständerates. Die kleine Kammer hatte über 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge (Entwurf 1) sowie über den Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Entwurf 2; Verfassungsebene) zu bestimmen. Die SGK-SR hatte zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen und brachte 13 Minderheitsanträge ins Plenum. Die Debatte zog sich über drei Tage.

Die Eintretensdebatte behandelte beide Entwürfe gemeinsam. Da Eintreten vollkommen unbestritten war, diente dieser Teil der Debatte den Angehörigen der kleinen Kammer und dem Sozialminister dazu, ausführlich ihre Haltung für die anschliessend stattfindende Detailberatung darzulegen. Die Sprechenden betonten unisono die hohe Wichtigkeit und auch Dringlichkeit der anstehenden Reform. Vor dem Hintergrund, dass die AHV das wichtigste Sozialwerk der Schweiz ist und die Vorlage Millionen Menschen im Land betreffen wird, wurde die Reform als die wichtigste seit Jahren bezeichnet, ja als Garantie zur Erhaltung des Generationenfriedens. Obwohl periodische Anpassungen bei der Altersvorsorge notwendig seien, war seit 20 Jahren keine AHV-Reformvorlage mehr erfolgreich. Entsprechend riefen die Kantonsvertreterinnen und -vertreter dazu auf, verantwortungsvoll zu handeln, die ideologischen Schützengräben zu verlassen und ein Scheitern der komplexen Vorlage an der Urne zu verhindern.

Auch die Kommissionssprecherin Maury-Pasquier (sp, GE) und der Kommissionssprecher Schwaller (cvp, FR) betonten die Wichtigkeit der Vorlage aufgrund des demografischen Wandels. Obwohl die Kommission zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen hatte, bleibe das Ziel identisch: Eine Stabilisierung der Altersvorsorge bis ins Jahr 2030. In der Kommissionsdebatte seien die Gemeinsamkeiten grösser gewesen als die Differenzen und der Entscheid für ein finanziell ausgeglichenes Gesamtpaket war einstimmig gefallen.

Die sozialdemokratische Fraktion im Rat erklärte, die Revision müsse in ihrer Gesamtheit auf die Bedürfnisse der Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen abgestimmt sein, um an der Urne zu bestehen. Für diese Bevölkerungsgruppen seien die erste und zweite Säule von hoher Wichtigkeit. Während beide Entwürfe, jener des Bundesrats und jener der Kommission, das Ziel eines ausgeglichenen Stands des AHV-Fonds im Jahr 2030 erreichten, schwäche der Vorschlag des Bundesrates die AHV, während jener der SGK-SR sie stärke. Dies komme insbesondere Personen mit tiefem Einkommen zugute. Als einzige Verschlechterung bei der AHV sei im Kommissionsentwurf die Erhöhung des Rentenalters der Frauen übrig geblieben. Die Erhöhung der AHV für Ehepaare und für alle neu Pensionierten bezeichneten die SP-Abgeordneten als Herzstück der Vorlage. Die fixe Erhöhung stärke dabei die soziale Komponente der AHV, und eine Ansiedlung der Kompensationsmassnahmen in der AHV statt in der beruflichen Vorsorge sei kostengünstiger. Eine Erhöhung der AHV-Renten sei schon alleine deshalb notwendig, weil die Renten in den letzten 35 Jahren gegenüber der Lohnentwicklung in Rückstand geraten seien, so die Genossen. Insgesamt sei die Vorlage solide, da Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen, und sie sei transparent und verständlich und somit mehrheitsfähig.

Einen ganz anderen Standpunkt vertraten wenig überraschenderweise die Sprecherinnen und Sprecher der FDP-Liberalen Fraktion. Nachdem sie diverse Vorteile der Vorlage herausgestrichen hatten, erläuterten sie die Gründe für ihre Ablehnung eines AHV-Ausbaus. Dieser funktioniere nach dem Giesskannenprinzip, was angesichts der starken Bevölkerungsalterung nicht finanzierbar sei. Anstatt wie ursprünglich vorgesehen die AHV zu stabilisieren, werde sie durch diesen Ausbau destabilisiert. Das Ausbauvorhaben sei dem Umstand geschuldet, dass man mit der Vorlage implizit zwei hängigen Volksinitiativen – „AHV plus" der SP und „Gegen die Heiratsstrafe" der CVP – habe entgegenkommen wollen. Der fixe Ausbau um CHF 70 stehe bei einer Sanierungsvorlage quer in der Landschaft, eine „Heiratsstrafe", die es zu kompensieren gälte, existiere summa summarum gar nicht. Nicht zuletzt wäre eine Erhöhung ausschliesslich der Neurenten ohnehin ungerecht. In klassisch-liberaler Manier wurde auch angemerkt, eine Erhöhung der Lohnbeiträge würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft schwächen. Ganz grundsätzlich, so die Ausführungen, sollten die erste und die zweite Säule nicht vermischt werden und Kompensationen für Kürzungen grundsätzlich in der selben Säule vorgenommen werden.

Auf Seiten der kleinen Mitteparteien zeigte sich Uneinigkeit: Während Verena Diener Lenz (glp, ZH) sich insgesamt mit der Vorlage zufrieden zeigte, kritisierte Werner Luginbühl (bdp, BE) insbesondere den Verzicht der Kommission auf einen Interventionsmechanismus. Beide Räte hätten einem solchen mehrmals zugestimmt. Insgesamt sei die Vorlage zu wenig nachhaltig und um eine Erhöhung des Rentenalters führe letztlich kein Weg herum.

Die Sprecher der SVP-Fraktion betonten, die Reform müsse zwar referendumsfest sein, man könne dem Volk jedoch keinen Sand in die Augen streuen. Für Spezialwünsche sei in der Vorlage kein Platz. Zwar sei der Entwurf der Kommission gegenüber jenem des Bundesrats bereits schlanker, jedoch gefährde der vorgesehene Ausbau der AHV deren Stabilität und sei darüber hinaus nicht notwendig, da die anderen vorgesehenen Massnahmen die durch die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes verursachten Rentenkürzungen kompensieren würden. Entsprechend sei auch eine Erhöhung der Lohnbeiträge, welche aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage ohnehin nicht vertretbar sei, nicht vonnöten, so die Volkspartei. Die Sprecher befürworteten zudem die Angleichung des Rentenalters von Mann und Frau. Diese sei gemäss neuen Umfragen in der Bevölkerung akzeptiert.

Die CVP-EVP-Fraktion schliesslich, grösste Fraktion im Ständerat, hatte am Kommissionsentwurf in entscheidender Position mitgearbeitet und erklärte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Da das Konzept ausgewogen sei, könne es auch an der Urne akzeptiert werden. Die Sozialeinrichtungen würden mit dem vorliegenden Entwurf stabilisiert und die Renten gesichert. Damit entstehe für die Arbeitgeber auch wichtige Planungssicherheit. Insgesamt, so die Sprecher, sei der Vorschlag der Kommission zudem um CHF 250 Mio. günstiger als jener des Bundesrats.

Am Ende der Eintretensdebatte führte Bundesrat Berset in einem langen Plädoyer noch einmal die aktuelle Problemlage, die Eckwerte und Ziele der Reform, die Unterschiede zwischen dem Entwurf des Bundesrates und jenem der Kommission, sowie die Haltung des Bundesrates gegenüber dem Vorschlag der Kommission aus. Es handle sich hier tatsächlich um eine Reform des Bundesrates, und nicht um eine „Reform Berset", wie in den Medien oft dargestellt, beantwortete der Innenminister eine Frage, die zuvor gestellt worden war. Der Gesamtbundesrat habe sich seit dem Jahr 2012 intensiv mit der Materie beschäftigt. In den wichtigsten Punkten, so der Sozialminister, sei die vorberatende Kommission nun auch dem Entwurf des Bundesrates gefolgt. Diese seien insbesondere die Behandlung der ersten und zweiten Säule in einer einzigen Vorlage und der Erhalt des Rentenniveaus. Die wichtigsten Unterschiede sah er bei der Kompensation durch eine Erhöhung der AHV und bei der Anhebung der Mehrwertsteuer bloss um einen statt 1,5 Prozentpunkte. Während er sich mit dem ersten Punkt anfreunden könne, führte Berset aus, wäre eine stärkere Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung des Bundesbeitrags an die AHV aus Sicht des Bundesrates erstrebenswerter. Insgesamt drückte Berset jedoch seine Zufriedenheit mit der Arbeit der Kommission und der Haltung des Rates aus, wonach es nicht nur zu „versuchen" gelte, die Altersvorsorge zu reformieren, sondern dies auch tatsächlich gelingen müsse. In diesem Sinne empfahl der Bundesrat Eintreten, und der Ständerat folgte ohne Gegenantrag.

Nachdem Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen worden war, begann noch am selben Tag die Detailberatung. Zuerst wurde Entwurf 1 behandelt, der die 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge enthält. Erster Diskussionspunkt war die Angleichung des Rentenalters für Männer und Frauen. Der Rat beschloss gegen eine Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die das Rentenalter der Frauen bei 64 Jahren belassen wollte, die Rentenalter auf 65 anzugleichen, den Angleichungsprozess direkt bei Inkrafttreten der Reform zu beginnen und diesen auf drei Jahre zu beschränken. Der Entscheid fiel mit 37 zu 8 Stimmen. Damit hatte auch ein Teil der SP-Fraktion die Erhöhung des Frauenrentenalters als Kompromiss mitgetragen. Gegen eine weitere Minderheit Rechsteiner, die den Umwandlungssatz im obligatorischen Teil der zweiten Säule hatte bei 6,8 Prozent belassen wollen, beschloss die kleine Kammer, den Satz auf 6 Prozent zu senken. 37 Ratsmitglieder sprachen sich für die Senkung aus, 7 dagegen. In der Frage des Koordinationsabzuges folge der Rat seiner Kommission einstimmig und ohne Enthaltungen.

Am 15. September 2015, so die späteren Pressereaktionen, setzte sich im Ständerat eine Mitte-Links-Allianz durch. SVP und FDP hofften nun auf den Nationalrat für eine Korrektur, hiess es. Als erstes Traktandum fällte die kleine Kammer nämlich einen Grundsatzentscheid und beschloss die von ihrer Kommission vorgesehene Erhöhung der AHV-Neurenten – einerseits eine lineare Erhöhung um CHF 70, andererseits die Erhöhung der Ehepaarrenten von 150 auf 155 Prozent einer Maximalrente. Der Entscheid fiel mit 21 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung gegen den Willen einer rechts-bürgerlichen Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH), die die Erhöhung hatte streichen wollen. Eine sozialdemokratische Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die eine Erhöhung für alle Renten statt nur der Neurenten gefordert hatte, wurde dagegen zurückgezogen. In der weiteren Debatte folgte der Rat diskussionslos seiner Kommissionsmehrheit darin, die Lohnbeiträge für die AHV um 0,3 Punkte anzuheben, welche je hälftig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verteilen sind. Eine Minderheit Rechsteiner hatte eine Anhebung um 0,5 Punkte gefordert, eine Minderheit Gutzwiller wehrte sich gegen eine Anhebung der Lohnbeiträge.

Entsprechend dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit beschloss der Rat, die AHV-Beitragssätze für Angestellte und Selbstständigerwerbende zwar anzunähern, jedoch nicht ganz zu vereinheitlichen. Er blieb auch bei der sinkenden AHV-Beitragsskala für Selbstständige mit kleinem Einkommen. Eine Minderheit Rechsteiner hatte die sinkende Skala abschaffen wollen, eine Minderheit Gutzwiller wollte dem Vorschlag des Bundesrates folgen. Eine weitere Differenz zum Bundesratsentwurf entstand, indem der Ständerat mit 25 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen seiner Kommissionsmehrheit folgte und jegliche Änderungen bei den Witwen- und Witwerrenten sowie den Waisenrenten strich. Die Kommissionssprecherin erklärte, nach ausführlicher Diskussion habe die Kommission die Änderungen als verfrüht klassiert. Weiter strich die kleine Kammer auf Antrag ihrer Kommission und gegen eine sozialdemokratische Minderheit Bruderer (sp, AG) mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung die vom Bundesrat vorgesehene Flexibilisierung des Altersrücktritts für Personen, welche bereits früh in die AHV einbezahlt und insgesamt ein tiefes Einkommen erzielt haben. Gemäss aktueller Rechtslage fliessen vor dem 21. Altersjahr bezahlte AHV-Beiträge nicht in die Rentenberechnung ein; die Flexibilisierung wäre gemäss der Minderheitssprecherin mehrheitlich Frauen zugute gekommen. Auch in der Frage der Höhe der Bundesbeiträge zur AHV folgte der Ständerat seiner Kommission und beliess diese einstimmig auf der ursprünglichen Höhe, während der Bundesrat eine Senkung vorgesehen hatte. Ebenfalls einstimmig verzichtete der Rat auf die Einführung eines zweistufigen Interventionsmechanismus in der AHV mit automatischen Stabilisierungsmassnahmen. Er erhöhte aber den Schwellenwert für die Verpflichtung zu nicht-automatischen politischen Massnahmen von einem Stand des AHV-Fonds bei 70% einer Jahresausgabe auf 80% einer Jahresausgabe. Die Übergangsbestimmungen für die Anhebung des Referenzalters der Frauen beschloss die kleine Kammer gemäss Antrag ihrer Kommission mit 26 zu 11 Stimmen bei drei Enthaltungen, womit der Übergang innerhalb von drei Jahren vollzogen wird.

Nachdem die Gesetzesänderungen zur Reform der AHV beraten waren, wandte sich der Ständerat der Reform der beruflichen Vorsorge zu. Er führte auf Antrag seiner Kommission einen neuen Artikel ein, welcher es Personen, die nach ihrem 58. Altersjahr arbeitslos werden, ermöglicht, ihre Einzahlungen in die zweite Säule fortzuführen. Die weitere Beratung verlief unkontrovers, mit Ausnahme einer Bestimmung über die Evaluation der beruflichen Vorsorge, bei der die kleine Kammer vom Bundesrat vorgesehene Kompetenzen für das Bundesamt für Statistik wieder strich. Argumentiert wurde mit Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten. Die Sitzung schloss am Mittag und wurde am Morgen des Folgetages wieder aufgenommen. Zu reden gab dabei insbesondere noch die „Legal Quote", jenen Anteil der Erträge in der beruflichen Vorsorge, den ein Lebensversicherer seinen Versicherten mindestens auszahlen muss. Nach geltendem Recht beträgt die Quote 90% und die Kommissionsmehrheit beantragte, daran festzuhalten. Der Bundesrat hatte eine Anhebung auf 92% vorgesehen, und eine Minderheit Egerszegi (fdp, AG) beantragte, dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied mit 28 zu 15 Stimmen gemäss dem Antrag seiner Kommission.

Damit war die Beratung der Bundesgesetze im Ständerat abgeschlossen und es blieb die Verfassungsbestimmung zur Anpassung des Mehrwertsteuersatzes. Eintreten war obligatorisch. Gemäss Vorschlag des Bundesrates sollte die Mehrwertsteuer gestaffelt um 1,5 Punkte angehoben werden. Die Kommissionsmehrheit beantragte eine ebenfalls gestaffelte Erhöhung um bloss einen Prozentpunkt. Der erste Erhöhungsschritt soll dabei mit dem Ende der Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung über die Mehrwertsteuer zusammenfallen, womit der Satz faktisch gleich bleibt. Ein zweiter Erhöhungsschritt soll dann im Jahr 2021 zusammen mit der Angleichung des Referenzalters von Mann und Frau vollzogen werden. Eine Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH) verlangte eine Erhöhung um nur insgesamt 0,9 Prozentpunkte, eine Minderheit Stöckli (sp, BE) eine Anhebung um 1,5 Prozentpunkte. Letztere wurde im Laufe der Debatte zurückgezogen. Der Antrag der Kommissionsmehrheit obsiegte schliesslich gegenüber jenem der Minderheit Gutzwiller mit 27 zu 17 Stimmen ohne Enthaltung. Anschliessend bevorzugten die Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertreter den Antrag ihrer Kommissionsmehrheit gegenüber jenem des Bundesrates mit 42 zu einer Stimme bei einer Enthaltung.

In der Gesamtabstimmung sprachen sich 29 Ständeratsmitglieder für die Annahme des Entwurfes aus, fünf dagegen, bei 10 Enthaltungen. Das Resultat bestätigte den Eindruck, dass sich Mitte-links im Rat durchgesetzt hatte: Während sämtliche Vertreterinnen und Vertreter von CVP, SP, GP und GLP für die Vorlage stimmten, kamen aus der FDP bloss zwei Ja-Stimmen, aus der SVP gar keine. Die Enthaltungen verteilten sich gleichmässig auf die FDP-Liberale- und die SVP-Fraktion sowie den BDP-Vertreter.

Rund ein Jahr, nachdem sich der Ständerat ausführlich mit der Reform der Altersvorsorge 2020 beschäftigt hatte, lag der Ball beim Nationalrat. Die Aufmerksamkeit war gross, das SRF übertrug die Eintretensdebatte live. Nationalrat Aeschi (svp, ZG) stellte einen Antrag, die Vorlage in verschiedenen Teilen zu beraten und damit dem Volk die Möglichkeit zu geben, einzeln zu den Reformelementen Stellung zu nehmen. In einem ersten Paket sollen demnach die gemäss dem Antragsteller unbestrittenen Elemente wie die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre oder die Flexibilisierung des Referenzalters behandelt werden. Die übrigen Fragen sollten an die Kommission zurückgewiesen werden, die diese in einem zweiten und dritten Massnahmenpaket weiterführen sollte. Nach dem „voraussehbaren Nein an der Urne” – so der Antragsteller – wüsste man sonst wieder nicht, welche Elemente das Volk befürworte, respektive ablehne. Der Freiburger Nationalrat Jean-François Steiert (sp, FR) hingegen argumentierte, dass durch diese „Salamitaktik” das Rentenalter der Frauen angehoben würde, ohne dass ihre durchschnittlich um CHF 250'000 tiefere Rente kompensiert werde. Dies könne lediglich durch die Behandlung der Vorlage als Gesamtpaket verhindert werden. Der Nationalrat lehnte den hauptsächlich von Parlamentarierinnen und Parlamentariern der SVP unterstützten Antrag Aeschi mit 54 zu 129 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) ab.

Die Eintretensdebatte war geprägt von der Abstimmung zur AHVplus-Initiative, die nur Tage zuvor mit 41 zu 59 Prozent abgelehnt worden war. Insbesondere wurde darüber gestritten, ob dieses „Nein” als allgemeine Ablehnung einer Erhöhung der AHV-Rente – als welche sie zum Beispiel Bruno Pezzatti (fdp, ZG) oder Lorenz Hess (bdp, BE) darstellten – verstanden werden kann oder nicht. In der Detailberatung, bei der die Vorlage in sieben thematischen Blöcken behandelt wurde, schuf der Nationalrat zahlreiche Differenzen zum Ständerat. Im ersten Block wurden insbesondere das Referenzalter und die Flexibilisierung des Rentenalters sowie die Bestimmungen zur Berechnung der AHV-Rente behandelt. Besonders umstritten war hier die Frage der Erhöhung des Referenzalters für Frauen. Zwei Minderheiten Feri (sp, AG) beantragten dem Nationalrat, auf diese Erhöhung zu verzichten, was die Antragstellerin damit begründete, dass Männer beim flexiblen Rentenalter bevorzugt würden, weil Frauen ihr Leben lang unbezahlte Arbeit leisteten und für die bezahlte Arbeit schlechter entlohnt würden. Dies solle durch die Beibehaltung des Referenzalters von 64 Jahren für Frauen anerkannt werden. Der Nationalrat entschied sich jedoch mit 137 zu 57 Stimmen (0 Enthaltungen) für die Angleichung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre, wobei sich – im Unterschied zum Ständerat – die SP- und Grünen-Fraktionen geschlossen gegen die Erhöhung aussprachen.

Im zweiten Block unterschieden sich die Mehrheiten im Nationalrat mehrmals von denjenigen im Ständerat: So beschloss der Nationalrat, Personen mit Anrecht auf Altersrenten keine Kinderrenten auszuzahlen sowie Witwen- und Witwerrenten nur noch auszubezahlen, wenn eine Person ein Kind mit Anspruch auf Waisenrente hat. Die Waisenrenten an Pflegekinder schränkte er insofern ein, als sie in Zukunft nur noch ausbezahlt werden, wenn die Pflegekinder ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben.

Hitzig diskutiert wurde vor allem der dritte Block, in dem sich der Nationalrat der Zusatzfinanzierung der AHV, dem Interventionsmechanismus und dem Bundesbeitrag – gemäss Ruth Humbel (cvp, AG) die Kernpunkte der Vorlage – widmete. Den Bundesbeitrag legte der Nationalrat bei 20 Prozent der jährlichen Ausgaben der Versicherung fest, während sich der Ständerat noch für den bisherigen Betrag von 19.55 Prozent ausgesprochen hatte. Diese Erhöhung machte eine Abstimmung zur Schuldenbremse nötig, wobei das qualifizierte Mehr erreicht wurde. Anschliessend folgten die Abstimmungen zum Sargnagel der Vorlage, wie es wiederum Ruth Humbel formuliert hatte: dem Interventionsmechanismus. Zur Überwachung des finanziellen Gleichgewichts lagen verschiedene Massnahmen vor. So stand eine Zustimmung zum Beschluss des Ständerats – also zu einer einstufigen Verpflichtung zu nicht-automatischen Stabilisierungsmassnahmen, wenn der Stand des AHV-Ausgleichsfonds unter 80 Prozent einer Jahresausgabe sinken sollte – (Mehrheit der SGK-NR), eine Ergänzung dieses einstufigen Vorgehens durch einen automatischen Solidaritätsbeitrag der Rentner und Rentnerinnen sowie durch eine temporäre Beitragserhöhung (Minderheit I Humbel), eine Ergänzung durch eine automatische Erhöhung des Referenzalters pro Kalenderjahr um 6 Monate auf maximal 24 Monate (Minderheit III de Courten (svp, BL)) sowie eine gänzliche Streichung des Interventionsmechanismus (Minderheit II Weibel (glp, ZH)) zur Debatte. Der Einzelantrag Pezzatti (fdp, ZG) sah zudem vor, den Interventionsmechanismus in eine separate Vorlage auszulagern, um die Gesamtvorlage nicht zu gefährden. Die Minderheit II (Weibel), geschlossen unterstützt von der BDP und GLP, war gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag chancenlos (180 zu 14 Stimmen). Dieser unterlag jedoch genauso wie die Minderheiten I (Humbel, unterstützt von SP, GPS, CVP und BDP) und III (de Courten, unterstützt von der SVP) dem Mehrheitsantrag (grösstenteils unterstützt von FDP und SVP). Vor die Wahl gestellt, den Interventionsmechanismus im Rahmen der Altersvorsorge 2020 oder in einer separaten Vorlage umzusetzen, entschied sich der Nationalrat grossmehrheitlich für letztere Option und nahm den Einzelantrag Pezzatti mit 187 zu 9 (GLP- oder CVP-) Stimmen an. Als letzte Frage dieses Blocks wurde die maximal mögliche Höhe der Anhebung der Mehrwertsteuersätze behandelt. Hier schwankten die Vorschläge zwischen 0.3 Prozentpunkten (Minderheit II Frehner (svp, BS)), 0.6 Prozentpunkten (Mehrheit der SGK-NR) und 1 Prozentpunkt (Ständerat, Minderheit I Humbel). Der Nationalrat entschied sich für den Mittelweg und schuf mit der Erhöhung um 0.6 Prozentpunkte erneut eine Differenz zum Ständerat.

Der vierte Block umfasste Massnahmen in der zweiten Säule, konkret den Mindestumwandlungssatz und die Ausgleichsmassnahmen im BVG. Dabei pflichtete der Nationalrat dem Erstrat mit 141 zu 51 Stimmen (3 Enthaltungen) gegen den Willen der SP und der Grünen deutlich bei und senkte den Mindestumwandlungssatz von 6.8 auf 6 Prozent. Um eine Kompensation des tieferen Umwandlungssatzes innerhalb des BVG zu ermöglichen, entschied sich der Nationalrat relativ knapp zur Abschaffung des Koordinationsabzugs (100 zu 89 Stimmen bei 7 Enthaltungen) sowie für eine Reduktion der gestaffelten Altersgutschriften auf zwei Ansätze (25-44: 9%, 45-Referenzalter: 13.5% des versicherten Lohns). Letztere soll zusätzlich der Diskriminierung älterer Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken. Hingegen verzichtete er trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf eine Garantie des Leistungsniveaus der Übergangsgeneration (Personen über 40 (Bundesrat) respektive 50 Jahren (Ständerat)) im Rahmen des Sicherheitsfonds.

Im fünften Block standen die Ausgleichsmassnahmen in der AHV sowie der Ehepaarplafonds zur Debatte. Bei der Höhe der Vollrenten sprach sich der Nationalrat für die Beibehaltung des geltenden Rechts aus und schuf damit eine gewichtige Differenz zum Ständerat, der die Altersrente als Kompensation für die Reduktion des Umwandlungssatzes um 70 Franken erhöhen wollte. Auch die Erhöhung des Ehepaarplafonds von 150 auf 155 Prozent (Ständerat, Minderheiten I (Humbel) und IV (Feri)) respektive auf 160 Prozent (Minderheit II Humbel), die sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern im Nationalrat als Reaktion auf die Volksinitiative gegen die Heiratsstrafe empfunden wurde, lehnte die grosse Kammer ab. Um dem Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern gerecht zu werden, hatte die Mehrheit der SGK-NR zudem vorgeschlagen, die Summe der Erwerbseinkommen der Frauen mit einem Zuschlag zu belegen, „der dem nach objektiven Kriterien nicht erklärbaren Anteil am allgemeinen Lohnunterschied entspricht”. Dies scheiterte jedoch am Widerstand von FDP.Die Liberalen und SVP sowie vereinzelten anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern.

Der sechste Block beinhaltete institutionelle Massnahmen, der siebte Block weitere zu klärende Details. Hier entschied sich der Nationalrat unter anderem dafür, Risikobeiträge nach individuellen Grundsätzen zu berechnen (139 zu 53 bei 1 Enthaltung), während der Ständerat einen Passus zu kollektiven Grundsätzen ergänzt hatte. Des Weiteren lehnte der Nationalrat eine Erhöhung der Beiträge der Selbständigerwerbenden mit 129 zu 65 Stimmen ab.

In den Gesamtabstimmungen zu den drei Vorlagen (Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020, Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und Bundesbeschluss über die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts der AHV) zeigten sich nur die FDP.Die Liberalen und die Grünliberalen mit allen drei Vorlagen einverstanden. Die Reform der Altersvorsorge 2020 lehnten die Fraktionen der SP und der Grünen in der Gesamtabstimmung ab, da der Nationalrat gemäss Silvia Schenker (sp, BS) in den letzten Tagen ein Massaker angerichtet habe. Auch bei der CVP- und BDP-Fraktion fand die Vorlage kaum noch Zustimmung, ein Grossteil von ihnen enthielt sich der Stimme. Die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Mehrwertsteuererhöhung hingegen wurde von einer Minderheit der SVP-Fraktion abgelehnt, die meisten übrigen SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier enthielten sich zusammen mit denjenigen der SP und der Grünen der Stimme. Am umstrittensten war der Bundesbeschluss zum finanziellen Gleichgewicht der AHV, bei dem es um den Interventionsmechanismus ging: Hier standen sich 99 Ja-Stimmen aus der SVP-, FDP- und GLP-Fraktion und 90 Nein-Stimmen aus der SP-, CVP-, GPS- und Teilen der BDP-Fraktion gegenüber. Somit entschied sich der Nationalrat auch hier insgesamt knapp für die zuvor beschlossenen Änderungen.

Im Dezember 2016 startete der Ständerat das Differenzbereinigungsverfahren zur Reform der Altersvorsorge 2020. Zuvor hatte die SGK-SR die Differenzen zwischen den Räten und vor allem die finanziellen Auswirkungen der Vorlagen von Stände- und Nationalrat in einem Bericht, einem Faktenblatt sowie einer Kostenübersicht ausführlich untersucht und diskutiert. Die Positionen zwischen Ständerat und Nationalrat unterschieden sich in den verbliebenen Differenzen so stark, dass sie sich im Laufe der vier Runden des Differenzbereinigungsverfahrens trotz angeregter Diskussionen nur bei wenigen Punkten einigen konnten: Der Nationalrat gab vor der Einigungskonferenz sein Beharren auf den Interventionsmechanismus auf, da dieser im Ständerat gänzlich chancenlos war. Zudem verzichtete die grosse Kammer darauf, die Witwen- und Kinderrenten zu streichen oder zu reduzieren und beliess den Bundesbeitrag an die AHV bei den vom Ständerat geforderten 19.55 Prozent. Im Gegenzug pflichtete die kleine Kammer dem Nationalrat bei der Erhebung von AHV-Beiträgen im Falle eines Vorbezugs von AHV-Renten bei. Mit Ausnahme des Interventionsmechanismus waren somit die wichtigsten Fragen der Vorlage vor der Einigungskonferenz noch immer offen.

Die zentralen Differenzen zwischen den Räten fanden sich bei den Ausgleichsmassnahmen sowie der Zusatzfinanzierung. Während der Nationalrat die Senkung des Mindestumwandlungssatzes innerhalb der zweiten Säule ausgleichen wollte, bestand die kleine Kammer auf einer Erhöhung der AHV-Rente um 70 Franken für alle Neurentnerinnen und Neurentner sowie auf einer Erhöhung des Ehepaarplafonds von 150 auf 155 Prozent. Bei der Zusatzfinanzierung bestand der Nationalrat auf einer Mehrwertsteuererhöhung von 0.6 Prozent, der Ständerat bevorzugte eine Erhöhung um 1 Prozent. Eine Übereinkunft dazu erwies sich in der Einigungskonferenz als schwierig. Nach langen, hitzigen Diskussionen über verschiedene alternative Modelle entschied sich eine knappe Mehrheit der Einigungskonferenz bezüglich der Ausgleichsmassnahmen für den Vorschlag des Ständerats. Auch bezüglich der Zusatzfinanzierung lagen verschiedene Szenarien der Mehrwertsteuererhöhung zwischen 0.6 Prozent und 1 Prozent vor, hier fand der nationalrätliche Vorschlag mehr Zuspruch. Insgesamt verabschiedete die Einigungskonferenz ihren Antrag mit 14 zu 12 Stimmen und somit äusserst knapp.

Vor den entscheidenden Abstimmungen präsentierten Konrad Graber (cvp, LU) und Ruth Humbel (cvp, AG) im Namen ihrer Kommissionen den Antrag der Einigungskonferenz in den Räten. Als Einigung oder gar als Kompromiss empfanden aber weder Alex Kuprecht (svp, SZ) noch Thomas de Courten (svp, BL) als Vertreter der Minderheit der Einigungskonferenz deren Antrag. Beide kritisierten insbesondere die fehlende Bereitschaft der Koalition zwischen Linken und CVP, trotz mehreren neuen Modellen von ihren gemachten Positionen abzurücken. Das Resultat sei ein Rentenausbau, der das Ziel der Rentenreform klar übersteige und die AHV nicht stabilisiere. Stattdessen würden die Lasten auf die folgenden Generationen verschoben, eine Zweiklassengesellschaft zwischen Neu- und Altrentnern geschaffen sowie die Finanzsysteme der ersten und zweiten Säule vermischt. Nach zahlreichen weiteren Voten in beiden Räten, welche die bisherigen Positionen noch einmal unterstrichen, war es dann nach über zweijähriger Parlamentsarbeit soweit: Der Ständerat nahm den Antrag der Einigungskonferenz mit 27 zu 17 Stimmen ohne Enthaltungen an. Die Aufmerksamkeit richtete sich jedoch hauptsächlich auf den anschliessend abstimmenden Nationalrat, wo sich ein regelrechter Abstimmungskrimi oder Politthriller – wie es tags darauf in der Presse zu lesen war – abspielte. Nachdem Denis de la Reussille (pda, NE) aus der PdA, Roberta Pantani (lega, TI) und Lorenzo Quadri (lega, TI) aus der Lega sowie die GLP-Fraktion zugesichert hatten, die Reform zu unterstützen, hätte die Ausgangslage nicht knapper sein können. Schliesslich stimmte eine kleinstmögliche Mehrheit von 101 zu 91 Stimmen bei 4 Enthaltungen der Vorlage zu, wodurch das qualifizierte Mehr erreicht werden konnte. Dieses war nötig geworden, weil der AHV-Zuschlag von 70 Franken sowie die Erhöhung des Ehepaarplafonds der Ausgabenbremse unterlagen. Bei den Schlussabstimmungen gab es keine Überraschungen mehr, doch da eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ein obligatorisches Referendum nach sich zieht, werden Volk und Stände abschliessend über die Reform der Altersvorsorge 2020 entscheiden.

Neben dem obligatorischen Referendum zur Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, kündigten verschiedene Gruppierungen, allen voran die Westschweizer Gewerkschaften, ihr Interesse an der Ergreifung eines fakultativen Referendums zur Reform der Altersvorsorge 2020 an. So seien mit der Erhöhung des Frauenrentenalters und der Senkung des Umwandlungssatzes zwei Änderungen enthalten, die man nicht akzeptieren könne. Nach kurzer Zeit wurde jedoch deutlich, dass die Westschweizer Gewerkschaften nicht auf eine breite Unterstützung hoffen konnten und das Referendum mehrheitlich alleine würden stemmen müssen. Unterstützt wurden sie lediglich von vereinzelten linken Organisationen, zum Beispiel von der Genfer SP-Kantonalsektion. Gegen Ende der Unterschriftensammlung engagierten sich auch die Zeitschriften K-Tipp und Saldo. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie verhindern wollten, dass auf dem Stimmzettel ausschliesslich von der AHV die Rede sei und dadurch das vollständige Ausmass der Revision unterschätzt würde. Zwar kritisierten auch weitere linke Kreise die Vorlage, allen voran die Gewerkschaften, dennoch sprachen sich die Delegierten der Unia, von VPOD, des SGB sowie von Travai.Suisse knapp für die Reform aus. Dabei wurden die unterschiedlichen Positionen der Linken in der Deutsch- und Westschweiz deutlich. Um diese verschiedenen Positionen zu vereinen, beschloss die SP eine Urabstimmung durchzuführen, bei der sich 90 Prozent der teilnehmenden SP-Mitglieder für die Reform aussprachen. Ungeachtet dieser Urabstimmung beschlossen die Juso kurze Zeit später die Nein-Parole und unterstützten das linke Referendumskomitee.

Gespalten zeigten sich wie bereits im Parlament auch die Bürgerlichen. FDP und SVP sowie breite Wirtschaftskreise inklusive Economiesuisse, dem Gewerbeverband und dem Arbeitgeberverband sprachen sich gegen die Reform aus, setzten dem linken Referendumskomitee jedoch kein bürgerliches Pendant entgegen. Unter dem Namen „Generationenallianz” bewarben sie aber gemeinsam die Ablehnung der Reform. Die anderen bürgerlichen Parteien, allen voran die CVP und BDP, warben für die Annahme der Vorlage. Unterstützt wurden sie von zahlreichen Westschweizer Verbänden, unter anderem vom Westschweizer Wirtschaftsverband Centre Patronal. Im Laufe der Kampagne sprachen sich unter anderem auch der Bauernverband, Eveline Widmer-Schlumpf als neue Präsidentin der Pro Senectute, Pro Senectute selbst sowie weitere Seniorenverbände für die Reform aus. Gespalten zeigten sich die Versicherungen: Während Helvetia und Axa Winterthur, der Pensionskassenverband Asip sowie der Verwaltungsratspräsident des AHV-Fonds die Reform befürworteten, hielten sich die anderen Versicherer bedeckt.

Da die Berichterstattung zur Vorlage nach dem Showdown im Parlament im März 2017 bis zum Abstimmungstermin im September 2017 nie wirklich abriss, beleuchteten die Medien jedes Detail der Vorlage und insbesondere des Abstimmungskampfes. So wurde ausführlich über die Positionen der verschiedenen Parteien, Verbände, Vereine und Interessengruppen, aber auch über einzelne Abweichler innerhalb der verschiedenen Akteursgruppen berichtet. Diskutiert wurden die Gefahr für die Reform durch das erforderliche Ständemehr sowie die Konsequenzen für die Reform, falls nur eine der beiden Vorlagen angenommen würde. Ausführlich beschrieben wurden die Aktivitäten der Jungparteien, die trotz geringem Budget mit viel Engagement versuchten, die jüngeren Stimmbürger zu mobilisieren und zu überzeugen. So engagierte sich zum Beispiel die Junge CVP mit einer eigenen Pro-Kampagne im Internet und mit Standaktionen, während die Jungfreisinnigen mit Aktionstagen, Plakaten und Videos für ein Nein warben. Zudem erhielten die Befürworter mit Ruth Dreifuss, Walter Andreas Müller und Beni Thurnheer prominente Unterstützung. Dieses Engagement ausserhalb des bezahlten Raums wurde auch durch eine Auswertung der Inseratekampagne durch Année Politique Suisse verdeutlicht. Diese ergab, dass Anzahl und Reichweite der Inserate zur Altersvorsorge entgegen der betont grossen Relevanz der Vorlage nur durchschnittlich gross waren, was die Komitees mit ihren knappen Budgets erklärten.

Ebenfalls sehr engagiert zeigte sich Bundesrat Berset, der nicht müde wurde, die Wichtigkeit der Reform zu betonen. Dieses starke Engagement vor allem auch in Zusammenhang mit seinen Warnungen vor den drastischen Folgen eines Neins brachten ihm jedoch viel Kritik ein. Hinzu kam eine breite Kritik am Abstimmungsbüchlein, das ausschliesslich die Referendumsführer, also die Westschweizer Gewerkschaften, zu Wort kommen liess, nicht aber die bürgerlichen Gegner der Vorlage. Grund dafür war, dass bei obligatorischen Referenden Minderheitenpositionen keine eigenen Seiten erhalten und bei fakultativen Referenden nur die Referendumskomitees. Darüber hinaus war vor allem inhaltliche Kritik am Abstimmungsbüchlein zu vernehmen, so seien die Darstellungen des Bundesrates fehlerhaft und unvollständig. Doch nicht nur zur Informationspolitik des Bundesrates, auch bezüglich der Argumentationen beider Lager wurden im Laufe der Kampagne vermehrt kritische Stimmen laut. Kritisiert wurde, dass beide Seiten nicht mit offenen Karten spielten und wichtige Argumente gezielt verschwiegen.

Inhaltlich drehte sich die Berichterstattung vor allem um die Frage, ob die AHV schneller in ernsthafte finanzielle Probleme gerate, wenn man die Reform annehme oder wenn man sie ablehne. Beide Seiten gaben zu, dass in Zukunft weitere Reformen nötig sein werden, uneinig war man sich jedoch darüber, bei welchem Abstimmungsergebnis dies dringender der Fall sei. Auch bezüglich den Gewinnern und Verlierern der Reform war man sich uneins. Sowohl Befürworter als auch Gegner betonten, dass alleine ihre Position die Situation der Jungen und der Frauen verbessern würde.

Aufgrund der knappen, ungewöhnlichen Ausgangslage mit Spaltungen innerhalb der linken und bürgerlichen Parteien war schliesslich unklar, welches Lager tendenziell in Führung lag. Wirklich Licht ins Dunkel konnten auch die Vorumfragen nicht bringen. Manchmal ergaben sie einen Vorsprung der Befürworter, manchmal der Gegner, aber grösstenteils machten sie relativ knappe Zwischenresultate zwischen den beiden Lagern aus. Entsprechend knapp gingen die Abstimmungen schliesslich auch aus. Mit 2357 Stimmen mehr bei 50.0 Prozent und 11 5/2 Standesstimmen lehnte das Stimmvolk die Mehrwertsteuererhöhung ab. Leicht deutlicher fiel die Entscheidung zur Reform der Altersvorsorge 2020 aus, die mit 52.7 Prozent abgelehnt wurde. Nach über zweijähriger Ausarbeitung der Reform wird das Parlament somit bei der Revision der Altersvorsorge von vorne beginnen müssen.


Abstimmung vom 24. September 2017

Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer:
Beteiligung: 46.8%
Ja: 1`254`675 (50,0%) / Stände: 9 1/2
Nein: 1`257`032 (50,0%) / Stände: 11 5/2

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP, EDU
-Nein: SVP, FDP


Reform der Altersvorsorge 2020:
Beteiligung: 46,7%
Ja: 1`186`079 (47,3%)
Nein: 1`320`830 (52,7%)

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP
-Nein: SVP, FDP, EDU, PdA

Teilzeitbeschäftigte. BVG-Leistungen statt Sozialhilfe (Pa.Iv. 11.482)

Die Problematik der fehlenden BVG-Leistungen bei Teilzeitarbeit wollte Christa Markwalder (fdp, BE) 2011 mit einer parlamentarischen Initiative angehen. Teile eine Person ihre hundertprozentige monatliche Arbeitszeit auf drei Arbeitgeber auf, erhalte sie bis zu einem Einkommen von CHF 70'000 keine Pensionskassen-Beiträge, rechnete die Initiantin vor. Daher solle der Koordinationsabzug zukünftig in Prozenten des Arbeitspensums festgelegt werden. Zudem sollen die Teilzeitarbeitenden zukünftig nur von einer oder einem Arbeitgebenden versichert werden und die übrigen Arbeitgebenden ihre Beiträge an die entsprechende Vorsorgeeinrichtung überweisen.
Im Herbst 2012 gab die SGK-NR der parlamentarischen Initiative mit 22 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge und reichte gleichzeitig eine Kommissionsmotion mit dem Auftrag an den Bundesrat ein, im Rahmen der Altersvorsorge 2020 Massnahmen zur Besserstellung von Teilzeitangestellten und Arbeitnehmenden mit tiefen Einkommen bei der Altersvorsorge zu präsentieren.
Anfang 2013 verweigerte die SGK-SR der parlamentarischen Initiative jedoch mit 8 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) die Zustimmung: Zwar sei eine Besserstellung der Teilzeitangestellten wichtig, dazu solle aber eine Lösung im Zusammenhang mit der Altersvorsorge 2020 gesucht werden, betonte sie.

Nachdem die SGK-NR ihre Beschlussfassung zur parlamentarischen Initiative Markwalder (fdp, BE) bezüglich der fehlenden BVG-Leistungen bei Teilzeitarbeit im Januar 2017 auf nach der Abstimmung zur Altersvorsorge 2020 verschoben hatte, stellte sie im Februar 2018 fest, dass der Handlungsbedarf bei den Teilzeitarbeitenden noch immer besteht. Das erneute Folgegeben solle daher auch ein Zeichen an die Sozialpartner sein, dass sie diesen Aspekt bei der Erarbeitung der neuen Reform der beruflichen Vorsorge berücksichtigen sollten, erklärte die Kommission in ihrem Bericht.
Stillschweigend und diskussionslos gab der Nationalrat der parlamentarischen Initiative in der Sommersession 2018 Folge.

Besserer Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen (Mo. 12.3974)

Die Räte behandelten eine Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) über den Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen. Der Vorstoss beauftragt die Regierung, im Rahmen der anstehenden AHV- und BVG-Revision Massnahmen zu treffen, um die Situation der betreffenden Arbeitnehmenden sowohl in Bezug auf die berufliche Vorsorge als auch auf die gesamte Altersvorsorge zu verbessern. Nachdem der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession ohne Diskussion angenommen hatte, beantragte in der Herbstsession im Ständerat eine Minderheit Jenny (svp, GL) ihre Ablehnung mit der Begründung, Teilzeit arbeitende Personen mit mehreren Arbeitgebern seien oft gar nicht an einer beruflichen Vorsorge interessiert und die von der Motion verlangte Lösung würde für die Unternehmen einen unverhältnismässig grossen Aufwand mit sich bringen. Angesichts der deutlichen Mehrheitsverhältnisse wurde der Minderheitsantrag jedoch schliesslich zurückgezogen und die kleine Kammer überwies die Motion.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)

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Zusammenfassung
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BVG-Reform (BVG 21; BRG 20.089)

Im Anschluss an die Ablehnung der Altersvorsorge 2020 an der Urne beauftragte der Bundesrat die Sozialpartner mit der Ausarbeitung einer neuen Pensionskassenreform. Im Juli 2019 präsentierten der Arbeitgeberverband, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund ihren Vorschlag, der unter anderem eine Reduktion des Umwandlungssatzes von 6.8 Prozent auf 6 Prozent, im Umlageverfahren finanzierte Rentenzuschläge für die am stärksten betroffenen Jahrgänge sowie eine Halbierung des Koordinationsabzugs enthielt. Der Bundesrat nahm an diesem Entwurf keine Änderungen mehr vor, er traf jedoch nur in linken Kreisen auf Zustimmung, während bürgerliche Kreise breite Kritik übten und verschiedene Alternativvorschläge präsentierten. Das Parlament nahm in der Folge zahlreiche Änderungen am Entwurf vor, obwohl der Bundesrat davor warnte, dass die Reform dadurch bei einer allfälligen Referendumsabstimmung einen schweren Stand haben werde. So sollte der Koordinationsabzug neu nicht mehr als Fixbetrag, sondern prozentual als 20 Prozent des versicherten Lohns festgelegt werden. Die Eintrittsschwelle wurde gesenkt, zudem sollen zukünftig nur noch zwei statt wie bisher vier verschiedene, altersabhängige Beitragssätze für die berufliche Vorsorge existieren. Insgesamt sollte so mehr individuelles Pensionskassenvermögen angespart werden, um die Senkung des Umwandlungssatzes auf 6 Prozent auszugleichen. Für ungefähr die Hälfte der Versicherten der ersten 15 Jahrgänge nach Inkrafttreten der Änderung wurde ein lebenslanger Rentenzuschlag geschaffen, der teilweise über den Sicherheitsfonds, teilweise durch die Vorsorgeeinrichtungen finanziert wird. Die links-grünen Parteien und die Gewerkschaften ergriffen das fakultative Referendum, da sie befürchteten, dass zukünftig trotz höherer Beiträge tiefere Renten anfallen, und da sie weiterhin die Frauenrenten als zu gering und die Verwaltungskosten der Pensionskassen als zu hoch erachteten. Somit wurde nach der AHV-Revision 2022 im Jahr 2024 auch über die Pensionskassenreform abgestimmt. Mit 32.9 Prozent Ja-Stimmenanteil lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die BVG 21-Reform an der Urne überraschend deutlich ab.


Chronologie
Diskussionen über eine neue Reform
Reformvorschlag der Asip
Reformvorschlag der Sozialpartner
Kritik am Vorschlag der Sozialpartner
Vernehmlassung zum Vorschlag der Sozialpartner
Weiterer Alternativvorschlag
Botschaft zum BVG 21
Behandlung durch den Nationalrat
Rückweisung an die Kommission durch den Ständerat
Behandlung durch den Ständerat
Differenzbereinigungsverfahren, Einigungskonferenz und Schlussabstimmungen
Zustandekommen des fakultativen Referendums


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Résumé
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Réforme de la prévoyance professionnelle (LPP 21; MCF 20.089)
(Traduction: Chloé Magnin)

Suite au rejet dans les urnes de la prévoyance vieillesse 2020, le Conseil fédéral a chargé les partenaires sociaux d'élaborer une nouvelle réforme des caisses de pension. En juillet 2019, l'Union patronale suisse, Travail.Suisse et l'Union syndicale suisse ont présenté leur proposition, qui comprend notamment une réduction du taux de conversion de 6.8 pour cent à 6 pour cent, des suppléments de rente financés par répartition pour les classes d'âge les plus touchées et une réduction de moitié de la déduction de coordination. Le Conseil fédéral n'a pas apporté de modifications à ce projet, mais seuls les milieux de gauche l'ont approuvé, alors que les milieux bourgeois ont émis de fortes critiques et présenté diverses alternatives. Par la suite, le Parlement a apporté de nombreuses modifications au projet, bien que le Conseil fédéral ait averti que la réforme aurait ainsi du mal à convaincre lors d'un éventuel référendum. Ainsi, la déduction de coordination ne doit plus être définie comme un montant fixe, mais comme un pourcentage de 20 pour cent du salaire assuré. Le seuil d'entrée a été abaissé, et il n'y aurait à l'avenir que deux taux de cotisation différents pour la prévoyance professionnelle en fonction de l'âge, au lieu de quatre actuellement. Au total, cela devrait permettre d'accumuler davantage de fonds de pension individuels afin de compenser la baisse du taux de conversion à 6 pour cent. Pour environ la moitié des assurés des 15 premières années suivant l'entrée en vigueur de la modification, un supplément de rente à vie serait créé, financé en partie par le fonds de garantie et en partie par les institutions de prévoyance. Les partis gauche-verts et les syndicats ont saisi le référendum facultatif, craignant qu'à l'avenir, les rentes soient moins élevées, malgré des cotisations plus importantes. Aussi, ils continuent de considérer les rentes des femmes comme trop faibles et les frais administratifs des caisses de pension comme trop élevés. Ainsi, après la révision de l'AVS en 2022, la réforme des caisses de pension sera également soumise au vote en 2024.

Chronologie
Discussions pour une nouvelle réforme
Proposition de réforme par l'Asip
Proposition de réforme des partenaires sociaux
Critique à la proposition des partenaires sociaux
Consultation de la proposition des partenaires sociaux
D'autres alternatives
Message sur la LPP 21
Traitement par le Conseil national
Renvoi à la commission du Conseil des Etats
Traitement par le Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences, Conférence de conciliation et votes finaux
Aboutissement du référendum facultatif
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Während der Bundesrat dabei war, die neuste Reform der AHV auszuarbeiten, gab er im März 2018 bekannt, dass sich der Arbeitgeberverband und der Gewerkschaftsbund zu ergebnisoffenen Diskussionen über Massnahmen zur Reform der beruflichen Vorsorge bereit erklärt hätten. Ein entsprechendes Initialtreffen fand unter Anwesenheit von Gesundheitsminister Berset im April 2018 statt; anschliessend hatten die Sozialpartner ein Jahr Zeit, um – ähnlich wie sie es zuvor beim Unfallgesetz getan hatten – einen Vorschlag für die Revision des BVG zu präsentieren. Einig waren sie sich bereits zu diesem Zeitpunkt darüber, dass der Umwandlungssatz von 6.8 Prozent zu hoch sei; 5-6 Prozent galten gemäss Medien zu diesem Zeitpunkt als realistisch. Pro CHF 100'000 an Alterskapital sollen somit jährlich nicht mehr CHF 6800 ausbezahlt werden, sondern höchstens CHF 6000. Übereinstimmung bestand auch bereits darin, dass das Rentenniveau trotz Senkung des Umwandlungssatzes beibehalten werden soll, insbesondere da vor allem Versicherte aus dem Tieflohnsektor bei Pensionskassen versichert sind, deren Leistungen nicht über das Obligatorium hinausgehen und die entsprechend ihren Umwandlungssatz nicht stärker senken können. Die Gewerkschaften verlangten überdies, dass die Möglichkeiten der Pensionskassen anbietenden Lebensversicherungen, Gewinn auszuschütten, reduziert werden, da diese gemäss Tagesanzeiger zusammen jährlich zwischen CHF 600 Mio. und CHF 700 Mio. Gewinn machten und durch eine Reduktion des Umwandlungssatzes stark entlastet würden. In dieser Ausarbeitungsphase der Reform erschienen auch immer wieder Berichte in der Presse zu der durch die berufliche Vorsorge geschaffenen Umverteilung von jungen zu älteren Versicherten. Eine Auswertung der OAK BV führte der Öffentlichkeit vor Augen, dass der umverteilte Betrag in den letzten fünf Jahren auf CHF 6-7 Mrd. pro Jahr angestiegen war.

Im Mai 2019, kurz vor der Abstimmung über die STAF, präsentierte der Pensionskassenverband Asip einen eigenen Reformvorschlag zur Reform der beruflichen Vorsorge: Dieser sah eine Senkung des Umwandlungssatzes bis 2021 von 6.8 auf 5.8 Prozent sowie Kompensationsmassnahmen zum Erhalt der Renten vor: Demnach würden Versicherte bereits mit 20 statt mit 25 Jahren für die Altersvorsorge zu sparen beginnen. Zudem würden die Altersgutschriften, also die Sparbeiträge der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden nach Alter gestaffelt erhöht (25-34-Jährige: von 7% auf 9%, 35-44-Jährige: von 10% auf 12%, 45-54-Jährige: von 15% auf 16%, 55+: bleibt bei 18%). Das Frauenrentenalter würde auf 65 Jahre erhöht und der Koordinationsabzug – also der Teil des Lohns, der schon durch die AHV versichert ist – würde zukünftig prozentual erfolgen. Zudem wären Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration von 1956 bis 1965 nötig. Insgesamt würden diese Massnahmen jährlich CHF 2.1 Mrd. kosten.
Weiteren Druck für eine Reform baute eine Studie von Swisscanto auf, die aufzeigte, dass Personen, die heute einer Pensionskasse beitreten, in 40 Jahren eine um 28 Prozent tiefere Rente erhalten als Personen, die der Pensionskasse vor 10 Jahren beigetreten sind. In Übereinstimmung mit dieser Studie forderte die BDP anfangs Juli 2019, dass Junge früher mit Sparen beginnen und ab einem Alter von 18 Jahren 10 Prozent ihres Lohns für die Altersvorsorge einsetzen sollten. Dieser Vorschlag wurde für seine ausschliesslich langfristige Wirkung kritisiert: Er würde frühestens in 40 Jahren Wirkung zeigen, wenn die jetzigen Jungen ins Pensionsalter kämen.

Im Juli 2019 übergaben die Sozialpartner dem Bundesrat schliesslich ihren Vorschlag zur Reform der beruflichen Vorsorge. Diesen unterstützten der Arbeitgeberverband, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund, nicht aber der Gewerbeverband, der gleichentags einen eigenen Vorschlag präsentierte. Die Sozialpartner sahen vor, den Umwandlungssatz von 6.8 auf 6 Prozent zu senken und dadurch den umverteilten Betrag um die Hälfte zu reduzieren. Damit es nicht zu Renteneinbussen kommt, was das Risiko einer Ablehnung durch das Volk an der Urne stark vergrössern würde, sollen Altersgutschriften im Umlageverfahren entsprechend der AHV geschaffen werden, die über Beiträge von 0.5 Prozent des Jahreseinkommens finanziert werden. Für die kommenden Generationen soll dann der Bundesrat festlegen können, ob diese ebenfalls von einem Rentenzuschlag profitieren können sollen oder nicht. Die Anhebung der Altersgutschriften soll in zwei Schritten auf 9 Prozent und 14 Prozent erfolgen. Zudem sollte der Koordinationsabzug halbiert werden, wovon vor allem Teilzeitangestellte und damit überdurchschnittlich häufig Frauen profitieren würden. Diese Massnahmen würden Mehrkosten von CHF 2.7 Mrd. pro Jahr mit sich bringen.
Der Gewerbeverband kritisierte insbesondere die Finanzierung des Rentenzuschlags durch Altersgutschriften, da es damit wie bei der AHV zu einer Umverteilung innerhalb der beruflichen Vorsorge komme. Bisher hätten die Versicherten in den Pensionskassen jeweils ihre eigenen Renten finanziert, eine solche Regelung wäre folglich systemwidrig, erklärte zum Beispiel Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands. Dies sei «ein erster Schritt in Richtung Einheitskasse oder Volksrente», betonte er. Stattdessen sollen die Altersgutschriften entsprechend dem Vorschlag der Asip schneller und stärker angehoben werden. Insgesamt würde dieser Vorschlag CHF 1.5 Mrd. kosten.

Während die meisten Parteien den Vorschlag des Arbeitgeberverbandes und der Gewerkschaften unterstützten – die FDP kritisierte zwar die Umverteilung ebenfalls, Josef Dittli (fdp, UR) erklärte jedoch, dass seine Partei die Vorlage deshalb kaum ablehnen würde –, sprach sich die SVP für den Vorschlag des Gewerbeverbands aus. Einig waren sich die Parteien darin, dass die Reformbemühungen diesmal nicht scheitern dürften. Nur wenige Tage später war jedoch auch letztere Einigkeit verschwunden: Immer häufiger meldeten sich Stimmen, die erklärten, dass ein Nichtstun womöglich besser sei als die von den Sozialpartnern vorgeschlagene Reform. So liege der Umwandlungssatz auch nach der Reform noch deutlich zu hoch – angemessen seien heute etwa 5 Prozent. Da die Pensionskassen mit überobligatorischen Leistungen ihren Umwandlungssatz bereits gesenkt hätten, würde eine Reduktion des Mindestumwandlungssatzes die bestehende Umverteilung nicht mehr stark reduzieren. Stattdessen schaffe die Reform aber eine neue Umverteilung, indem die Jungen durch ihre Altersgutschriften die Rentenzuschläge der Übergangsgeneration finanzierten, selbst aber nicht mit einem garantierten Rentenzuschlag rechnen könnten, da dieser zu einem späteren Zeitpunkt durch den Bundesrat festgelegt werden würde. Somit würde sich gemäss einigen Beobachtern die kurzfristige Umverteilung von Jung zu Alt durch die Reform sogar noch verstärken. Trotz dieser Kritik gab Gesundheitsminister Berset bekannt, dass er den Vorschlag der Sozialpartner möglichst unverändert in die Vernehmlassung schicken werde.

Nachdem der Kompromiss der Sozialpartner zur Reform der beruflichen Vorsorge im Juli 2019 anfänglich mehrheitlich auf zurückhaltendes Wohlwollen gestossen war, wurde die Kritik an den Reformplänen schon bald darauf immer lauter. So berichtete etwa der Tages-Anzeiger im September darüber, dass «namhafte Pensionskassenverantwortliche» den neu zu schaffenden Rentenzuschlag kritisierten. Da niemand den Kompromiss der Sozialpartner torpedieren wolle, sei diese Kritik nur hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, berichtete der Tages-Anzeiger weiter.
Dies änderte sich aber mit der Zeit deutlich: Immer häufiger berichteten die Medien über immer neue Kritikerinnen und Kritiker: Angefangen mit dem Verband Scienceindustries und dem Verband der Chemie- und Pharmaindustrie kamen bald diverse Branchenverbände des Arbeitgeberverbands sowie der Versicherungsverband hinzu. Ende März 2020 berichtete die NZZ, dass sich in der Zwischenzeit zahlreiche gewichtige Branchen des Arbeitsgeberverbandes gegen das Modell der Sozialpartner ausgesprochen hätten, darunter Verbände aus Chemie und Pharma, Banken, Detailhandel, Bau, Versicherungen, Gastgewerbe, Informatik und Telekommunikation sowie der Hotellerie. Gewichtige befürwortende Mitglieder des Arbeitgeberverbands machte die Zeitung nur noch im Verband der Maschinenindustrie Swissmem aus. Der Arbeitgeberverband verwies jedoch auch auf die Unterstützung verschiedener Mitgliederverbände aus dem Gewerbe, wenn auch deren Dachverband zu den grössten Kritikern gehörte und einen eigenen Vorschlag präsentiert hatte.

Im Zentrum der Kritik stand der Rentenzuschlag, den Mitglieder der Übergangsgeneration erhalten sollten, weil ihr Umwandlungssatz reduziert würde, sie aber nicht mehr genügend Zeit hätten, um zusätzliches Altersguthaben anzusparen. Einerseits wurde kritisiert, dass hier mit dem Umlageverfahren ein systemfremdes Element ins BVG-System eingefügt werde. Andererseits sei es nicht nötig, allen Versicherten diesen Rentenzuschlag auszubezahlen: Sowohl Versicherte in Pensionskassen, die ihre technischen Parameter bereits angepasst hätten und deren Versicherte entsprechend nicht mit Renteneinbussen rechnen müssten, als auch Personen mit hohen Einkommen, die diesen Zuschlag nicht nötig hätten, sollten davon ausgenommen werden. Ebenfalls diskutiert, wenn auch deutlich weniger hitzig, wurde über die Höhe des Koordinationsabzugs, dessen Reduktion verschiedene Gruppierungen als zu gross erachteten. Umstritten war in den Medien aber auch die Frage der tatsächlichen Höhe der Ersatzquote, also des Anteils des vorherigen Einkommens, den man nach der Pensionierung erhält. Die Bundesverfassung sieht vor, dass 1. und 2. Säule zusammen «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» ermöglichen sollen (Art. 113a BV). Dies wird gemeinhin als 60 Prozent des letzten Einkommens verstanden. Nun erklärte das Beratungsunternehmen C-Alm in einer Studie, dass man bei der Schaffung des BVG in den 1980er Jahren angenommen habe, dass die Verzinsung der Altersguthaben etwa dem prozentualen Lohnwachstum entsprechen würde; seither habe die Verzinsung das Lohnwachstum aber durchschnittlich um 1.2 Prozent übertroffen. Und selbst zukünftig würde eine im Vergleich zum Lohnwachstum um 0.7 Prozent höhere Verzinsung erwartet. Damit liege die Ersatzquote für die berufliche Vorsorge bei 41 Prozent und damit ebenfalls deutlich höher als vorgesehen. Zusammen mit der AHV-Rente komme man damit deutlich über 60 Prozent. Zudem sei die Kaufkraft der Renten heute höher und sie würden für einen um 30 Prozent längeren Zeitraum ausbezahlt als früher.
Diese positive Einschätzung der Rentensituation teilte der Pensionierungs-Barometer 2019, eine Studie des VZ Vermögenszentrums, nicht. Die Studie zeigte, dass sich die durchschnittliche Rente der 1. und 2. Säule eines 65-Jährigen mit einem Einkommen über CHF 100'000 bis 2018 im Vergleich zu 2002 deutlich verringert habe: 2002 habe sie 62 Prozent seines Einkommens betragen, 2018 nur noch 55 Prozent – und liege damit unter dem gemäss Ersatzquote nötigen Anteil von 60 Prozent. Diese Werte dürften sich weiter verschlechtern, betonten die Studienautoren. Zwar sei der Absolutbetrag der Renten dank dem AHV-Teuerungsausgleich leicht gestiegen, berücksichtige man aber den Teuerungsausgleich bei den Löhnen, erhalte man ein «klares Minus». Zukünftig würden die Renten vermutlich so stark sinken, dass man auch absolut weniger Rente erhalte als früher. Damit habe auch die AHV für die Rentnerinnen und Rentner an Bedeutung gewonnen: 2002 sei sie für ein Drittel der Gesamtrente verantwortlich gewesen, 2019 für die Hälfte.

Bei den Befürwortenden konzentrierten sich die Medien vor allem auf den Arbeitgeberverband, der sich vehement für das Sozialpartnermodell einsetzte; allen voran der Präsident des SAV, Valentin Vogt, verteidigte den Vorschlag in verschiedenen Zeitungsinterviews. Der SAV wehrte sich unter anderem gegen die oben genannte Studie von C-Alm, die den «Sozialpartnerkompromiss schlecht[rede]». C-Alm hatte die Kosten des Sozialpartnermodells jährlich auf CHF 3.25 Mrd. berechnet, während die Kosten der Modelle von Asip (CHF 2.1 Mrd.) und dem Gewerbeverband (CHF 1.3 Mrd.) deutlich tiefer zu liegen kamen. Diese Zahlen seien falsch, zumal die Studienautoren sich an den Zahlen der Altersvorsorge 2020 orientiert hätten, bei der es mehr Betroffene der Übergangsgeneration gegeben hätte als beim Sozialpartnerkompromiss, betonte der Arbeitgeberverband. Obwohl C-Alm diese Anschuldigung zurückwies, musste es seine Kostenschätzung für das Sozialpartnermodell gemäss dem Tages-Anzeiger kurze Zeit später auf CHF 3.05 Mrd. und damit auf dieselbe Zahl, die der Bundesrat zuvor angegeben hatte, reduzieren. Der Arbeitgeberverband hingegen ging für sein Modell weiterhin von Kosten in der Höhe von CHF 2.7 Mrd. aus, genauso hoch wie er auch die Kosten beim Asip-Modell schätzte. Denn auch die Rückstellungen der Pensionskasse, mit denen die Asip den Rentenzuschlag finanzieren wollte, müssten als Kosten ausgewiesen werden, begründete er die Differenz zu den CHF 2.1 Mrd., welche C-Alm für das Asip-Modell ausgewiesen hatte. Auch den Vorwurf der Medien, einzelner Parteien und unter anderem auch von SGK-NR-Präsidentin Ruth Humbel (cvp, AG), wonach kaum noch Mitglieder des Verbands hinter dessen Vorschlag stünden, wies der Arbeitgeberverband vehement zurück; ausser vier Mitgliederverbänden stehe die grosse Mehrheit der 95 Verbände hinter der Lösung. Die Tatsache, dass neben dem SAV vor allem linke Parteien und Gewerkschaften das Sozialpartnermodell öffentlich lobten, wertete die NZZ als Hinweis darauf, dass der Arbeitgeberverband den «Gewerkschaften auf den Leim gekrochen» sei.

Anfang Februar waren sich schliesslich die Medien grösstenteils einig, dass der Vorschlag der Sozialpartner, den der Bundesrat in der Zwischenzeit in die Vernehmlassung geschickt hatte, im Parlament kaum noch Chancen auf Erfolg haben werde: Die SVP hatte sich schon von Anfang an dagegen ausgesprochen, zumal das gemäss Fraktionspräsident Aeschi (svp, ZG) der Anfang der Verschmelzung von AHV und zweiter Säule wäre. In der Zwischenzeit hatte auch die FDP-Fraktion beschlossen, die Umlagekomponente im BVG abzulehnen, weil sie systemfremd sei. Den «Todesstoss», wie es die Sonntagszeitung formulierte, versetzte dem Sozialpartnermodell schliesslich die CVP Mitte Februar, als sich ihre Bundeshausfraktion gegen das Umlageverfahren in der 2. Säule aussprach. Somit blieben einzig noch die GLP, die das Umlageverfahren zwar nicht unterstützte, sich aber zur Schaffung einer mehrheitsfähigen Reform einer entsprechenden Diskussion nicht verschliessen wollte, sowie die linken Parteien offen für den Sozialpartnervorschlag. Damit hatte dieser noch vor Ende der Vernehmlassung die Mehrheit im Parlament verloren.

In der Zwischenzeit hatten nach dem Gewerbeverband und der Asip verschiedene Gruppierungen neue Modelle präsentiert. So taten sich der Baumeisterverband, die Swiss Retail Federation sowie der Verband «Arbeitgeber Banken», also Verbände aus dem Hoch- und Tieflohnbereich, zur Allianz des «vernünftigen Mittelwegs» zusammen. Die dem Arbeitgeberverband angehörenden Verbände schlugen ein neues Modell vor, das einen Umwandlungssatz von 6 Prozent und einen Rentenzuschlag beinhaltete, der jedoch von den Pensionskassen durch ihre Rückstellungen beglichen werden sollte. Der Koordinationsabzug sollte weniger stark gesenkt werden und die Jungen sollten bei entsprechendem Lohn bereits ab einem Alter von 20 Jahren mit der Einzahlung in die Pensionskasse beginnen.
Anfang Febraur 2020 schlug auch die CVP eine alternative Finanzierung für den Rentenzuschlag vor, nämlich durch Reserven des Bundes oder durch ausserordentliche Gewinne der SNB. Letzterer Vorschlag fand einigen Anklang, zumal er zuvor bereits von verschiedenen Seiten angetönt worden war. Gleichzeitig würde er jedoch mit ähnlichen Forderungen für die AHV kollidieren (etwa mit den Initiativen des SGB für eine 13. AHV-Rente oder des Bunds der Steuerzahler) oder mit einer Motion von Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 18.4327). Kritisch zeigte sich unter anderem Hans-Ulrich Bigler gegenüber diesem Vorschlag, da dieser die Unabhängigkeit der SNB in Frage stelle. Alex Kuprecht (svp, SZ) schlug hingegen vor, dass die SNB zumindest ihre durch die Negativzinsen entstandenen Gewinne auf die Altersguthaben zurückzahlen könne und sie dies am besten gleich selber vorschlagen solle.
Auch die bürgerlichen Jungparteien der BDP, CVP, EVP, FDP, GLP und SVP beteiligten sich mit einem eigenen Modell an der Ideensammlung. Demnach solle der Umwandlungssatz gesenkt und gleichzeitig an die Lebenserwartung und Renditeerwartungen geknüpft werden. Der Rentenzuschlag solle durch eine einmalige Erhöhung des Altersguthabens der Übergangsgeneration durch den Bund kompensiert werden. Das fixe Rentenalter solle abgeschafft und stattdessen entsprechend einer Motion der BDP an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Der Koordinationsabzug solle gestrichen, das Pensionskasseneintrittsalter auf 18 Jahre gesenkt und die Altersgutschriften für alle Altersstufen vereinheitlicht werden.

Diese Modelle kritisierte wiederum der Arbeitgeberverband: Sie alle erfüllten die Anforderungen des Bundesrates, wonach es nicht zu Renteneinbussen kommen dürfe, nicht, sagte Martin Kaiser, Leiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband. Einzig das Sozialpartnermodell stelle dies sicher. Die Kritik, wonach vom Rentenzuschlag auch Personen profitierten, die diesen aufgrund ihrer hohen Einkommen gar nicht nötig hätten, konterte er damit, dass nur Personen, die mindestens die Hälfte des Guthabens in Rentenform beziehen, diesen Zuschlag erhalten sollten – was implizit vor allem die weniger einkommensstarken Personen betreffe.

Zwischen Dezember 2019 und Mai 2020 führte der Bundesrat eine aufgrund der ausserordentlichen Lage verlängerte Vernehmlassung zur Reform der beruflichen Vorsorge durch. Daran beteiligten sich alle Kantone, acht im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahleiche Verbände und Gewerkschaften. Wie bereits zuvor in den Medien zu vernehmen gewesen war, stellten der Pensionskassenverband ASIP sowie der Schweizerische Baumeisterverband, Swiss Retail Federation und Arbeitgeber Banken eigene Reformmodelle vor, die insbesondere eine stärkere Reduktion des Umwandlungssatzes beinhalteten und von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt wurden (etwa dem SGV, Swissbanking, GastroSuisse, ICT Switzerland und verschiedenen Pensionskassen).

Die Mehrheit der Kantone (AR, BE, BS, FR, GE, GL, JU, LU, NE, SH, VD, VS) unterstützte die Stossrichtung der Vorlage, einige lehnten sie jedoch wegen dem vorgeschlagenen Rentenzuschlag insgesamt ab (BL, NW, OW, SG, SZ, ZG, ZH). Der Rentenzuschlag stellte sich denn auch nicht unerwartet als grösster Streitpunkt der Vorlage heraus: Von den Kantonen sprachen sich 14 ausdrücklich dagegen (AI, BE, GL, BL, GR, NE, NW, OW, SZ, TI, UR, VS, ZG, ZH) und acht ausdrücklich dafür aus (AG, BS, JU, LU, SO, SH, TG, VD). Auch die bürgerlichen Parteien BDP, CVP, EVP, FDP und SVP befürworteten die Reform, insbesondere die Senkung des Umwandlungssatzes, lehnten aber den Rentenzuschlag ab. Verschiedene bürgerliche Jungparteien störten sich insbesondere daran, dass die entsprechende Umverteilung auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung und der zukünftigen Generationen geschehe. Umgekehrt nannten die SP und die Grünen die Erhaltung der bisherigen Rentenhöhe – und somit den Rentenzuschlag – als Bedingung für ihre Zustimmung zur Senkung des Umwandlungssatzes. Seitens Verbände erfuhr der bundesrätliche Vorschlag Unterstützung von seinen Urhebern, dem Arbeitgeberverband, dem Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse, während diverse andere Verbände wegen dem Rentenzuschlag die Alternativmodelle bevorzugten.
Deutlich weniger umstritten als der Rentenzuschlag und die Senkung des Umwandlungssatzes war die Senkung des Koordinationsabzugs, die alle Teilnehmenden guthiessen. Umstritten war jedoch die Höhe der Senkung. So schlugen beispielsweise BDP, CVP und EVP eine Senkung auf 40 Prozent des AHV-Lohns, aber einen maximalen Abzug von CHF 21'330 vor, die SVP und der Kanton St. Gallen befürworteten eine Senkung bis zur Eintrittsschwelle (CHF 21'330) und die SP und die Grünen bevorzugten eine vollständige Abschaffung des Koordinationsabzugs. Auch bezüglich der Staffelung der Altersgutschriften gab es zahlreiche unterschiedliche Vorschläge, wobei sich viele Vernehmlassungsteilnehmende einen Sparbeginn ab dem 20. Altersjahr wünschten.

Nach dem Ende der Vernehmlassung zur Reform der beruflichen Vorsorge wurde ein neuer, auf dem Vorschlag des Pensionskassenverbands ASIP beruhender Alternativvorschlag präsentiert, dem sich in der Folge verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende, darunter ASIP, der SGV und der SVV, anschlossen. Wie beim Kompromiss der Sozialpartner, aber im Unterschied zum ASIP-Vorschlag, sollte der Mindestumwandlungssatz auch im Alternativvorschlag von 6.8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt werden (ASIP: 5.8%). Um der Reduktion des Altersvermögens durch die Senkung des Umwandlungssatzes zu begegnen, sollen die Versicherten zukünftig ab einem Alter von 20 Jahren für die berufliche Vorsorge sparen, wobei der Altersgutschriftssatz zwischen 20 und 34 Jahren bei 9 Prozent, bis 44 Jahren bei 12 Prozent und anschliessend bis zur Pensionierung bei 16 Prozent liegen soll. Damit würde deutlich mehr Geld angespart als mit dem Vorschlag der Sozialpartner (575% verglichen mit 460%), die Altersgutschriften wären aber weniger stark abgestuft als beim ASIP-Vorschlag. Anstelle einer Halbierung des Koordinationsabzugs (Sozialpartner: CHF 12'443 Abzug) sollte dieser wie beim ASIP-Vorschlag auf 60 Prozent des AHV-Lohnes gesenkt werden, aber maximal CHF 21'330 betragen.
Der von den Sozialpartnern vorgeschlagene Rentenzuschlag sollte durch eine Garantie des Rentenniveaus der ersten zehn Jahrgänge nach der Revision ersetzt werden, jedoch nur für diejenigen Personen, deren überobligatorische Leistungen nicht über eine Mindesthöhe hinausgehen. Ob diese Rentengarantie zentral über den Sicherheitsfonds oder dezentral durch die Versicherten und Arbeitgebenden der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung finanziert werden soll, wurde offengelassen. Der Bundesrat schätzte die Kosten dieses Vorschlags auf jährlich CHF 1.7 Mrd. (Vorschlag der Sozialpartner: CHF 2.9 Mrd., Vorschlag ASIP: CHF 2.1 Mrd.), worin jedoch die Kosten für die Rentengarantie noch nicht enthalten sind. Gemäss Bundesrat kann das Rentenniveau mit diesem Modell bis zu einem Lohnniveau von rund CHF 40'000 erhalten oder gar verbessert werden, bei höheren Löhnen kommt es zu Renteneinbussen, die mehr als 13 Prozent betragen könnnen.

Ende November 2020 legte der Bundesrat seine Botschaft zur Reform der beruflichen Vorsorge vor, welche er in Anlehnung an die AHV-Reform «BVG 21» getauft hatte. Dabei entschied er sich, trotz der breiten, in der Vernehmlassung geäusserten Kritik am Kompromissvorschlag der Sozialpartner an eben diesem festzuhalten. Die Hauptziele der Reform bestünden darin, den Mindestumwandlungssatz zu senken und gleichzeitig das Rentenniveau auf dem heutigen Stand zu sichern, hielt der Bundesrat fest. Diese Ziele könnten mit dem Modell der Sozialpartner in grösserem Ausmass erreicht werden als mit den anderen vorgeschlagenen Modellen, welche er in der Botschaft ebenfalls ausführlich vorstellte. So könne das Rentenniveau mit dem Vorschlag der Sozialpartner für Personen bis zu einem BVG-versicherten Jahreslohn von CHF 60'000 gleichbehalten, für Personen mit tiefen Löhnen und Teilzeitangestellte gar verbessert werden. Personen mit höheren Löhnen müssten mit Renteneinbussen von bis zu 8 Prozent rechnen, was jedoch noch immer deutlich weniger sei als bei den Alternativvorschlägen.
Zudem sei der Reformvorschlag durch eingehende Verhandlungen zwischen Spitzenverbänden der Arbeitnehmenden und dem Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) entstanden, während die alternativen Modelle von Arbeitnehmerverbänden und Versichertenorganisationen nicht unterstützt würden. Keine Chance sprach der Bundesrat einer Reformvorlage zu, welche einzig Kompensationsmassnahmen an die direkt von der Senkung des Mindestumwandlungssatzes Betroffenen beinhaltet. Stattdessen brauche es auch eine Anpassung der beruflichen Vorsorge an die Entwicklung im Erwerbsverhalten. Schliesslich reagierte er auch auf die Kritik, wonach der Rentenzuschlag systemfremd sei: Tatsächlich gebe es im BVG-System durchaus Umlagefinanzierung, nämlich in der Querfinanzierung der auszubezahlenden Renten durch die tiefere Verzinsung der Guthaben der aktiven Versicherten (oder durch zusätzliche Beiträge der aktiven Versicherten und der Arbeitgebenden) bei Vorsorgeeinrichtungen mit wenigen überobligatorischen Leistungen.
Der Bundesrat nahm somit keine Änderungen gegenüber der Vernehmlassungsvorlage vor, da er befürchtete, dass punktuelle Änderungen des Kompromissvorschlags dessen Unterstützung gefährden würden. Damit wies die Reform der beruflichen Vorsorge folgende Eckpunkte auf: Der Mindestumwandlungssatz soll von 6.8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt werden. Dies mache Ausgleichsmassnahmen notwendig, wenn bei den neuen Renten keine Renteneinbussen entstehen sollen: Durch die Halbierung des Koordinationsabzugs und durch die Vereinfachung der Sätze für die Altersgutschriften soll das Alterssparen verstärkt werden, zudem soll ein Rentenzuschlag von CHF 100 bis CHF 200 pro Monat für künftige Rentnerinnen und Rentner, der durch eine Erhöhung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge um 0.5 Prozentpunkte finanziert werden soll, die Altersrente von Neurentnern aufbessern. Dies würde jährlich durchschnittlich Kosten von CHF 2.7 Mrd. verursachen.
Die Medien sahen diesen Entscheid der Regierung kritisch. Als «absturzgefährdet» bezeichnete etwa die NZZ das Reformprojekt und auch der Tages-Anzeiger sprach ihm ob der zahlreichen ablehnenden Voten in der Vernehmlassung keine grossen Erfolgschancen zu.

Als Erstrat behandelte der Nationalrat in der Wintersession 2021 die Pensionskassenreform BVG 21. Thomas de Courten (svp, BL) und Benjamin Roduit (mitte, VS) stellten dem Rat die Vorlage und insbesondere die Änderungsanträge der SGK-NR an der bundesrätlichen Version vor. Der Bundesrat hatte in der Botschaft den von den Sozialpartnern – dem SAV, dem SGB und Travail.Suisse, nicht aber vom Gewerbeverband – ausgearbeiteten Entwurf übernommen. Die Kommissionsmehrheit erachtete aber insbesondere den darin enthaltenen Rentenzuschlag als «nicht zielführend» und als Eingriff in die Selbstständigkeit der Vorsorgeeinrichtungen, wie de Courten erläuterte. Statt einem Zuschlag «nach dem Giesskannenprinzip» sollen nur die Renten einer Übergangsgeneration und von Personen «im und nahe beim BVG-Obligatorium gezielt verbessert werden». Daneben lagen verschiedene Minderheitsanträge mit Alternativmodellen zum Rentenzuschlag vor. Doch nicht nur im umstrittensten Aspekt, dem Rentenzuschlag, auch in zahlreichen weiteren Punkten wollte die Kommissionsmehrheit vom Vorschlag der Sozialpartner bzw. dem Entwurf der Regierung abweichen.
Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen hoben in der Folge insbesondere die Relevanz der Revision hervor, zeigten sich aber bezüglich der Gründe für diese Relevanz und damit auch bezüglich der von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Massnahmen gespalten. Die Mitte, die FDP und die SVP unterstützten in ihren Voten die Kommissionsmehrheit. Für sie war eine Senkung des Umwandlungssatzes dringend, wie etwa Ruth Humbel (mitte, AG) für die Mitte betonte. Man anerkenne die Wichtigkeit von Ausgleichsmassnahmen, diese müssten jedoch auf eine Übergangsgeneration beschränkt sein, erklärte Albert Rösti (svp, BE). Regine Sauter (fdp, ZH) verlangte überdies, dass die Massnahmen «innerhalb des Systems der zweiten Säule» vorgenommen werden, und sprach sich damit gegen das von den Sozialpartnern vorgeschlagene Umlageverfahren in der zweiten Säule aus. Eine Mitteposition nahm die GLP ein: Melanie Mettler (glp, BE) betonte die Wichtigkeit einer Revision, welche anschliessend eine Volksabstimmung übersteht, weil eine erneute Abstimmungsniederlage nicht nur die «teuerste Variante ist, sondern auch diejenige, die am meisten Vertrauensverlust verursacht». Deshalb werde die GLP ein Kompromissmodell zu den Ausgleichsmassnahmen präsentieren. Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) zeigte sich für die Grünen vom Mehrheitsmodell enttäuscht und bezeichnete dieses gar als «Pfusch», zumal es das Hauptziel der Vorlage – ein Ende der sinkenden Realrenten – im Gegensatz zum Sozialpartnermodell nicht erfülle. Auch Pierre-Yves Maillard (sp, VD) verwies für die SP darauf, dass die Renten 2025 bei gleichem Kapital 20 Prozent niedriger sein werden als noch 2010. Man habe in den Diskussionen zwischen den Sozialpartnern zugunsten eines Kompromisses auf viele nötigen Massnahmen verzichtet – mit ihrem Vorschlag gehe die Kommissionsmehrheit aber viel zu weit: «Mesdames et Messieurs des partis bourgeois, vous allez trop loin!» Man werde eine solche Vorlage nicht akzeptieren, betonte auch Katharina Prelicz-Huber und stellte bereits vor der Detailberatung eine Referendumsdrohung in den Raum. Auch Gesundheitsminister Berset verteidigte in der Folge ausführlich den Kompromiss der Sozialpartner. «Wenn irgendjemand hier denkt, dass es möglich sein wird, in einer so komplexen Materie ohne die Sozialpartner eine Mehrheit zu finden, dann wünsche ich viel Glück.» Eintreten war in der Folge unbestritten.

Im ersten Block behandelte der Rat vor allem Fragen zu den versicherten Einkommen und zum Sparprozess. Die Kommissionsmehrheit hatte hier vorgeschlagen, die Eintrittsschwelle, ab der Einkommen bei der Pensionskasse versichert sind, fast zu halbieren (neu: CHF 12’548), der Bundesrat und eine Minderheit de Courten wollten diese bei ihrem bisherigen Wert belassen (CHF 21’510). Mit der Beibehaltung der bisherigen Eintrittsschwelle wolle man die Personen mit tieferen Einkommen nicht durch BVG-Abgaben belasten, begründete Albert Rösti den Minderheitsantrag. Die Kommissionsmehrheit erachtete eine Senkung jedoch gerade für Personen mit Teilzeitanstellungen und niedrigen Pensen als relevant und setzte sich mit dieser Ansicht mit 141 zu 49 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen den Widerstand des Grossteils der SVP-Fraktion durch. Auch die Forderung, dass sich Arbeitnehmende mit verschiedenen Arbeitgebenden obligatorisch versichern müssen, wenn ihr Gesamteinkommen die Eintrittsschwelle übersteigt, nahm die Ratsmehrheit gegen den Willen einer Mehrheit der SVP-Fraktion an und schuf damit die ersten zwei Differenzen zum bundesrätlichen Vorschlag.
Zusammen mit der Eintrittsschwelle wollte die Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Bundesrat auch den koordinierten Lohn (und damit den Koordinationsabzug) senken. Statt wie bisher zwischen CHF 25'095 und CHF 86'040 sollten zukünftig Einkommen zwischen CHF 12'443 und CHF 85'320 versichert werden – der Koordinationsabzug würde somit annähernd halbiert. Zwei Minderheiten I Roduit und II de Courten wünschten sich einen anteilsmässigen Koordinationsabzug von 40 Prozent (Roduit) respektive 60 Prozent (de Courten), wobei der Koordinationsabzug in der Höhe begrenzt wäre, während eine Minderheit III Mettler vollständig auf den Koordinationsabzug verzichten wollte. Albert Rösti erachtete den Vorschlag de Courtens als Kompromiss zwischen dem bisherigen und dem von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen System. Erwerbstätigkeit müsse versichert sein, «egal, in welchem Erwerbsmodell sie erfolgt», begründete hingegen Melanie Mettler ihren Antrag. Die Kommissionsmehrheit setzte sich in den Abstimmungen gegen die Minderheitsanträge durch, wobei die Minderheiten nur bei der SVP-Fraktion (Minderheit II) respektive bei der GLP- und bei Teilen der FDP.Liberalen-Fraktion (Minderheit III) Anklang fanden.
Auch die Frage, ab wann sich junge Menschen für das Alter versichern müssen, war umstritten. Bisher lag die entsprechende Altersgrenze bei 24 Jahren. Während über den Versicherungsbeginn für Tod und Invalidität ab 17 Jahren kaum Worte verloren wurden, lagen zahlreiche Anträge zum Beginn des Alterssparens vor: Die Kommissionsmehrheit wollte diese Grenze auf 19 Jahre senken, während Minderheiten I Roduit und II Gysi (sp, SG) diese bei 20 respektive 24 Jahren ansetzen wollten. Durch eine Vorverlegung des obligatorischen Sparprozesses und eine Erhöhung der Altersgutschriften für Junge, wie sie ebenfalls geplant waren, würden Junge gleich doppelt belastet, kritisierte Barbara Gysi erfolglos. Die Kommissionsmehrheit setzte sich mit 122 zu 71 Stimmen und 126 zu 67 Stimmen gegen die SP, Grüne und Teile der Mitte durch. Und wie von Barbara Gysi befürchtet, erhöhte der Rat in der Folge tatsächlich auch die Altersgutschriften für Junge. Bisher waren diese in vier Stufen gestaffelt, wobei ab 55 Jahren die höchsten Altersgutschriften bezahlt werden mussten. Bundesrat und Kommissionsmehrheit sahen nun nur noch zwei Altersstufen vor (BR: 25-44 und ab 45, Kommissionsmehrheit: 20-44 und ab 45), um die Gefahr einer Entlassung für die älteren Arbeitnehmenden zu verringern. Hierzu lagen vier Minderheitsanträge vor, wobei Minderheiten Gysi und Roduit tiefere Altersgutschriften für Junge, Minderheiten de Courten und Aeschi (svp, ZG) bereits einen früheren Anstieg der Erhöhung der Altersgutschriften forderten. Erneut setzte sich der Vorschlag der Kommissionsmehrheit jedoch durch.

Im zweiten Block debattierte der Rat über die zentralen Fragen der Revision, den Mindestumwandlungssatz und die Ausgleichsmassnahmen. Neben Diskussionen und Anträgen über die Häufigkeit und Breite begleitender Berichte zur Senkung des Mindestumwandlungssatzes stellte Stefania Prezioso (egsols, GE) auch einen Einzelantrag, den Umwandlungssatz statt auf 6 Prozent (von 6.8 Prozent) nur auf 6.4 Prozent zu senken. Galt dieser Aspekt bisher weitgehend als unbestritten, begründete sie ihren Antrag nun mit der verbesserten Situation der Pensionskassen, aber auch mit einer Verlangsamung des Anstiegs der Lebenserwartung. Unterstützt wurde sie von der SP- und der Grünen Fraktion, wie etwa Barbara Gysi betonte: Man habe den Sozialpartnerkompromiss mitgetragen, aber wenn die Ratsmehrheit von diesem abweiche, sei man nicht mehr zu einer so starken Senkung des Umwandlungssatzes bereit. Über die SP und die Grünen hinaus fand der Antrag jedoch keine Zustimmung und wurde vom Nationalrat abgelehnt.
Bezüglich der Ausgleichsmassnahmen lagen dem Nationalrat vier Entwürfe vor: Die Kommissionsmehrheit wollte die Ausgleichsmassnahmen einer Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen zugänglich machen, wobei die Zuschüsse nach Alterskategorien abgestuft werden sollten (65-61 Jahre: CHF 2400 jährlich, 60-56 Jahre: CHF 1800, 55-51 Jahre: CHF 1200). Finanziert werden sollten die Ausgleichsmassnahmen durch eine einmalige Einlage der Vorsorgeeinrichtung zum Zeitpunkt des Altersrücktritts und durch Zuschüsse des Sicherheitsfonds, welche dieser während 15 Jahren bei den Vorsorgeeinrichtungen erhebt. Eine Minderheit I de Courten wollte die vom Bundesrat beantragten Ausgleichsmassnahmen gänzlich streichen und stattdessen den in eine Altersrente umzuwandelnden Anteil des Altersguthabens während zehn Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes im ersten Jahr um 13 Prozent und anschliessend jeweils um 1.3 Prozentpunkte weniger pro Jahr erhöhen. Eine Minderheit II Mettler wollte wie angekündigt «den Anliegen beider politischer Lager Rechnung» tragen. Mit ihrem Vorschlag sollte das Rentenniveau für zwei Drittel der Versicherten erhalten werden, aber nur für 20 Jahrgänge: So sollte der monatliche Zuschlag, der für den ersten Jahrgang CHF 200 beträgt, jeweils um CHF 10 pro Jahrgang reduziert werden. Während 20 Jahren wären dafür Beiträge über 0.3 Prozent des versicherten Lohns nötig. Eine Minderheit III Maillard beantragte schliesslich, dem Bundesrat zu folgen und für alle zukünftigen BVG-Rentnerinnen und -Rentner Ausgleichsmassnahmen zu schaffen. Denn durch den Ausschluss der wohlhabenden Arbeitnehmenden von den Ausgleichsmassnahmen trügen diese auch nicht mehr zu deren Finanzierung bei, kritisierte Pierre-Yves Maillard die übrigen Modelle. Die Höhe der Zuschläge sollte nur bereits für die nächsten 15 Jahre festgelegt werden, finanziert würden die Zuschläge durch einen Beitrag von 0.5 Prozent des massgebenden Lohns im Umlageverfahren.
Unterstützung fanden die Minderheitsanträge nur bei den Fraktionen der SVP (Minderheit I de Courten), bei der SP und den Grünen (Minderheit III Maillard) respektive bei der SP, den Grünen und der GLP (Minderheit II Mettler) – sie alle wurden folglich zugunsten des Mehrheitsantrags verworfen. In der zentralen Frage der Vorlage entschied sich der Nationalrat somit, vom Vorschlag des Bundesrates und der Sozialpartner abzuweichen.
Abgelehnt wurde in der Folge auch ein Minderheitsantrag Meyer (sp, ZH), der – in Übereinstimmung mit der Regelung zur AHV 21 – den Rentenzuschlag bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht berücksichtigen wollte, da sonst «die Menschen mit tiefen Löhnen am Ende des Monats nicht mehr Geld zur Verfügung haben würden» als bisher, wie Yvonne Feri (sp, AG) erläuterte. Auch dieser Antrag fand jedoch über die SP, die Grünen und die GLP hinaus keine Zustimmung.

Im dritten Block standen noch diverse Detailfragen an, hier dominierten vor allem links-grüne Minderheitsanträge. Erfolglos verlangte etwa eine Minderheit Prelicz-Huber Erziehungs- und Betreuungsgutschriften wie in der AHV, eine Minderheit Meyer setzte sich für die Beibehaltung der Möglichkeit zur Weiterversicherung des Lohns für Personen ab 58 Jahren bei einer Lohnreduktion um die Hälfte ein und eine Minderheit Gysi wollte eine Definition von missbräuchlichen Tarifen für Todesfall- und Invaliditätsleistungen festlegen lassen. Erfolgreich war lediglich eine Minderheit Prelicz-Huber mit 112 zu 80 Stimmen gegen einen Antrag der Kommissionsmehrheit, mit dem der bisherige Steuerabzug von Beiträgen an die Altersvorsorge von CHF 6’900 auf CHF 10'000 erhöht werden sollte. Zustimmung hatte der Mehrheitsantrag bei Mitgliedern der SVP und der FDP erhalten.
In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die BVG 21-Reform mit 126 zu 66 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gut. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP und der Grünen.

Im Mai 2022 präsentierte die SGK-SR ihre Anträge zur BVG 21-Reform. Sie weiche damit «deutlich» von den Vorschlägen der Sozialpartner und des Bundesrates sowie des Nationalrates ab, betonte sie. Demnach sollen Versicherte einer Übergangsgeneration von 20 Jahrgängen einen Rentenzuschlag erhalten, wenn sie ihre Altersleistungen zu mindestens 75 Prozent als Rente beziehen. Bei einem Jahreseinkommen bis zur 3.5-fachen maximalen AHV-Altersrente (etwa CHF 100'000) erhalten sie den vollen Zuschlag, der CHF 2'400 jährlich für die ersten fünf Jahrgänge und CHF 1'800, CHF 1'200 und CHF 600 jeweils für fünf weitere Jahrgänge beträgt. Versicherte mit Jahreslohn zwischen der 3.5- und 5-fachen Maximalrente erhalten einen degressiv abgestuften Zuschlag, Versicherte mit mehr als einer 5-fachen Maximalrente erhalten keinen Zuschlag. Dadurch würden 70 Prozent der Arbeitnehmenden in Genuss des vollen und 12 Prozent in den Genuss des reduzierten Zuschlags kommen. Finanziert werden soll der Zuschlag über den Sicherheitsfonds, der den Vorsorgeeinrichtungen die Kosten des Zuschlags vergütet, gleichzeitig von ihnen aber auch Beiträge erhebt.
Doch nicht nur bei den umstrittenen Rentenzuschlägen für die Übergangsgeneration sah die Kommissionsmehrheit Differenzen zu Bundesrat und Nationalrat vor, sondern auch bei den dauerhaften Regelungen. Bei der Eintrittsschwelle schlug sie mit 60 Prozent einen Kompromiss zwischen Bundesrat (75%) und Nationalrat (44%) vor, während sie beim Koordinationsabzug auf einen bereits mehrfach vorgeschlagenen Systemwechsel setzte: Statt diesen wie bisher (CHF 25'095) oder von Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagen (CHF 12'548) auf einen fixen Wert festzulegen, sollte er zukünftig bei 15 Prozent des AHV-Lohnes liegen. Im Gegenzug wollte die Kommissionsmehrheit den minimalen koordinierten Jahreslohn bei CHF 3'585 belassen – Bundesrat und Nationalrat hatten diesen aufheben wollen. Die Altersgutschriften sollten wie beim Bundesratsmodell erst ab 25 Jahren beginnen – der Nationalrat wollte deren Beginn auf 20 Jahre senken –, waren ansonsten aber mit den von Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagenen Modellen identisch. Insgesamt würden somit gleich hohe Altersgutschriften ohne Zinsen anfallen wie beim Bundesratsmodell (460%), aber deutlich weniger als beim Nationalratsmodell (505%).

Noch bevor dieser Vorschlag in der Sommersession 2022 im Ständeratsplenum behandelt werden konnte, berichteten die Medien, dass er stark «absturzgefährdet» sei (Aargauer Zeitung) und von SVP, Mitte und Teilen der FDP.Liberalen nicht unterstützt werde, da sie die Rentenzuschläge als zu grosszügig erachteten. Selbst Josef Dittli (fdp, UR), der den Vorschlag grosszügigerer Zuschläge in den Kommissionsberatungen eingebracht hatte, nannte diese nach Bekanntwerden ihrer Kosten – CHF 25.2 Mrd. verglichen mit CHF 9.1 Mrd. bei der nationalrätlichen Version – «vermutlich» zu grosszügig. Der Blick berichtete denn auch, dass verschiedene Gegnerinnen und Gegner des Entwurfs der SGK-SR, etwa der Pensionskassenverband Asip oder Vertretende der Hochlohnbranche, stark gegen diesen Vorschlag und für denjenigen des Nationalrats lobbyierten. Insgesamt sprach man dem Kommissionsvorschlag für die in der Sommersession 2022 anstehende Beratung somit kaum Erfolgschancen zu und rechnete damit, dass sich mangels Alternativen wohl bereits der nationalrätliche Vorschlag durchsetzen würde.

Bis zum Beginn der ständerätlichen Beratung hatte sich die Ausgangslage jedoch bereits wieder geändert. Am Vortag der Behandlung hatte Josef Dittli in einem Einzelantrag ein neues Konzept für die Ausgleichsmassnahmen eingereicht, das grösstenteils auf dem nationalrätlichen Vorschlag beruhte – also beispielsweise ebenfalls 15 Übergangsjahrgänge vorsah. Abweichend davon sollten jedoch alle Personen einen Zuschlag erhalten, deren Vorsorgevermögen unter dem zweieinhalbfachen Grenzbetrag (also unter CHF 215'100) liegt. Damit könnten im Gegensatz zum Nationalrat auch Versicherte mit tiefen Renten einen Zuschlag erhalten, «die einen gewichtigen Anteil ihres Sparkapitals im Überobligatorium angesammelt haben», was gemäss Dittli insbesondere Frauen betreffe. Dennoch vergrössere man damit den Beziehendenkreis aber weniger stark als beim Vorschlag der SGK-SR. Personen mit Vorsorgevermögen über dieser Schwelle erhielten entsprechend der Regelung des Nationalrats dann einen Zuschlag, «wenn der daraus entstehende Betrag die reglementarische Altersrente übersteigt». Damit entstünden Kosten von CHF 11.9 Mrd., profitieren würden 37 bis 47 Prozent der Arbeitnehmenden, beim Vorschlag der SGK-SR wären es 88 Prozent und bei demjenigen des Nationalrats 35 bis 40 Prozent. Finanziert werden soll dieser Zuschlag durch Beiträge, welche der Sicherheitsfonds bei den Vorsorgeeinrichtungen entsprechend ihrer versicherten Löhne – nicht der Austrittsleistungen wie beim Vorschlag des Nationalrats – erhebt.
Er habe diesen Antrag eingereicht, weil er in verschiedenen Gesprächen realisiert habe, dass weder das Bundesratsmodell noch der Vorschlag der Kommissionsmehrheit mehrheitsfähig seien, erläuterte Dittli. Die Version des Nationalrats, welche folglich mangels Alternativen wohl gesiegt hätte, sei aber «vor dem Volk absturzgefährdet». Isabelle Chassot (mitte, FR) erachtete den Antrag Dittlis als «base de discussion intéressante», weshalb sie die Rückweisung des Geschäfts an die Kommission und die Beratung der Auswirkungen des Antrags Dittli im Verhältnis zu den bisherigen Modellen verlangte. Nach einer sehr ausführlichen Eintretensdebatte, bei der alle Sprechenden die Wichtigkeit der Revision betonten, sprach sich der Ständerat mit 28 zu 15 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für Rückweisung an die Kommission aus. Abgelehnt wurde dieser Antrag insbesondere von Mitgliedern der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion – unter anderem auch von Josef Dittli, der die von der Verwaltung kurzfristig erarbeiteten Berechnungen zu seinem Vorschlag als für eine Debatte im Plenum ausreichend erachtete.

Nach der Rückweisung an die Kommission war die Reform «BVG 21» des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge in der Wintersession 2022 erneut für den Ständerat traktandiert. In drei Sitzungen habe sich die SGK-SR entsprechend dem Rückweisungsantrag nochmals über die verschiedenen Kompensationsmodelle für die Übergangsgeneration – gemäss zahlreichen Sprechenden das «Herzstück der Vorlage» – gebeugt. Allgemein geht es beim Zuschlag darum, dass die Reduktion der Neurenten um 12 Prozent, die durch die Senkung des Umwandlungssatzes entsteht, für die ersten Jahrgänge, die das Rentenalter erreichen, abgefedert werden. Dazu, wie diese Personen unterstützt werden sollen, lagen nun drei verschiedene Konzepte (und vier spezifische Vorschläge) vor, deren Unterschied gemäss Kommissionssprecher Erich Ettlin (mitte, OW) vor allem in der Finanzierung – über Lohnprozente oder über Beiträge der versicherten Personen – und in der Frage bestand, ob die Rentenbeziehenden einen monatlichen Zuschuss zu ihrer Rente oder eine einmalige Einlage in ihr Vorsorgekapitel erhalten. Die Kommissionsmehrheit entschied sich für eine leicht angepasste Version des ehemaligen Einzelantrags Dittli (fdp, UR), die im Vergleich zur Version der Kommissionsmehrheit vor der Sommersession deutlich weniger Begünstigte und deutlich tiefere Kosten aufwies. Gleichzeitig lagen drei Minderheitsanträge vor.

Der Entwurf des Bundesrates, der auf dem Kompromiss der Sozialpartner beruhte, wurde im Ständerat von einer Minderheit III Rechsteiner (sp, SG) vertreten. Demnach sollen alle Versicherten der Übergangsgeneration (15 Jahrgänge) anfänglich einen Rentenzuschlag zwischen CHF 100 und CHF 200 monatlich erhalten, wobei dieser Zuschlag von ihrem Alter – nicht aber von ihrem Einkommen – abhängt. Allenfalls soll der Zuschlag auch für weitere Generationen weitergeführt werden können. Finanziert werden soll er durch einen neuen Abzug vom AHV-pflichtigen Lohn in der Höhe von 0.5 Prozent. Kritisiert wurde das Modell vor allem dafür, dass Beiträge im Umlageverfahren systemfremd seien, dass es zu teuer sei und dass auch Personen mit einem hohen Vorsorgekapital einen Zuschlag erhielten. Minderheitensprecher Rechsteiner bewarb das Modell unter anderem damit, dass AHV und Pensionskassen bereits heute ihr in der Bundesverfassung festgehaltenes Ziel, «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen könnten und darum eine Kompensation für alle Versicherten der Übergangsgeneration nötig sei. Zudem stellte Rechsteiner einen Eventualantrag: Bei einem Entscheid für ein anderes Modell sollte der Ständerat auf die Senkung des Umwandlungssatzes verzichten.

Das Modell des Nationalrats beruhte auf der Idee, dass eigentlich nur die obligatorisch Versicherten (ungefähr 14 Prozent aller Versicherten) von einer Senkung des Umwandlungssatzes betroffen seien – bei den überobligatorisch Versicherten gebe es ja bereits jetzt eine Mischrechnung zwischen obligatorischem und überobligatorischem Vorsorgevermögen, wie Alex Kuprecht (svp, SZ), dessen Minderheit die nationalrätliche Version mehrheitlich aufnahm, argumentierte. Demnach sollen diejenigen Personen, deren zukünftige Rente tiefer liegt als gemäss aktuellem Gesetz, diese Differenz in Form einer einmaligen Kapitaleinlage beim Erreichen des Rentenalters erhalten. Konkret erhielten dadurch 35 bis 40 Prozent der Versicherten eine Ausgleichszahlung. Finanziert werden sollte diese über die Vorsorgeeinrichtungen durch Verlustreserven und durch zusätzliche Beiträge der BVG-Versicherten sowie ihrer Arbeitgebenden. Minderheitensprecher Damian Müller (fdp, LU) widersprach der Darstellung Kuprechts, wonach nur rein obligatorisch versicherte Personen von der Änderung des Umwandlungssatzes betroffen wären: Bei denjenigen, die über eine überobligatorische Versicherung verfügen, werde zukünftig ein immer grösserer Teil des Überobligatoriums zur Deckung der Kosten des Obligatoriums eingesetzt, bis der Umwandlungssatz auf Ersterem bei 0 Prozent liege. Verschiedene Sprechende kritisierten das Modell ebenfalls dafür, dass es zu geringe Kompensationen an zu wenige Personen beinhalte.

Ein neues Modell, beruhend auf dem ehemaligen Minderheitsantrag Dittli, verfolgten die Kommissionsmehrheit sowie die Minderheit II Müller Damian. Beide wollten den Kreis der Personen, die von einem Zuschlag profitieren, gegenüber dem nationalrätlichen Vorschlag vergrössern und gegenüber demjenigen des Bundesrates verkleinern. Die beiden Vorschläge setzten dazu auf das Vorsorgekapital der Versicherten bei Renteneintritt: Solange dieses unter einem Schwellenwert liegt (Kommissionsmehrheit: zweieinhalbfacher Grenzbetrag = CHF 215'000; Minderheit Müller: vierfacher Grenzbetrag = CHF 344'160), erhält die Person den vollen, nach dem Alter abgestuften Zuschlag, bis zu einem zweiten Schwellenwert (Kommissionsmehrheit: fünffacher Grenzbetrag = CHF 430'000; Minderheit Müller: sechsfacher Grenzbetrag=CHF 516'000) einen degressiv abnehmenden Zuschlag. Damit sollten Schwelleneffekte vermieden werden. Dadurch erhielten 25 Prozent (Bundesrat) respektive 40 Prozent (Minderheit II) der Versicherten einen vollen und 25 Prozent (Bundesrat) respektive 20 Prozent (Minderheit II) der Versicherten einen abgestuften Zuschlag. Die Minderheit II verlangte überdies einen Zuschlag für 20 Jahrgänge (Bundesrat: 15 Jahrgänge) sowie einen Mindestbezugsanteil für die Rente von 75 Prozent, während die übrigen Modelle einen Rentenbezug von mindestens 50 Prozent verlangten. Finanziert werden sollten die Zuschläge durch einen Abzug auf dem erweitert koordinierten Lohn von anfänglich 0.24 Prozent (Bundesrat) respektive 0.3 Prozent (Minderheit II). Minderheitssprecher Rechsteiner kritisierte insbesondere den Mehrheitsvorschlag dafür, dass dadurch noch immer zu wenige Versicherte von einem Zuschlag profitieren könnten und erachtete stattdessen den Minderheitsantrag II als «am wenigsten schlecht».

Zusammenfassend unterschieden sich die vier Modelle insbesondere im Anteil der betroffenen Versicherten sowie in den Kosten: Beim Bundesratsmodell und der Minderheit III Rechsteiner sollten 100 Prozent der Versicherten eine Kompensation bei Kosten von insgesamt CHF 29.7 Mrd. erhalten (kumuliert bis ins Jahr 2045), bei der Minderheit II Müller 60 Prozent der Versicherten für CHF 16.8 bis 17.1 Mrd., bei der Kommissionsmehrheit 50 Prozent der Versicherten für CHF 11.7 Mrd. und bei der Minderheit I Kuprecht 35 bis 40 Prozent der Versicherten für CHF 9.7 Mrd. Die Version, welche die Mehrheit der SGK-SR noch vor der Sommersession 2022 empfohlen hatte, wäre 88 Prozent der Versicherten (70% voller Zuschlag, 18% reduzierter Zuschlag) zugutegekommen und hätte CHF 25.2 Mrd. gekostet. In der Folge setzte sich der Mehrheitsantrag gegen alle drei Minderheiten durch (Minderheit I: 34 zu 9 Stimmen; Minderheit II: 24 zu 19 Stimmen; Minderheit III: 28 zu 15 Stimmen). Mit 30 zu 12 Stimmen lehnte der Ständerat gleich darauf auch den Eventualantrag der Minderheit Rechsteiner auf einen Verzicht auf die Senkung des Umwandlungssatzes ab. Bereits in allen vier Vorschlägen enthalten war ein vom Bundesrat geschaffener, aber vom Nationalrat abgelehnter Anspruch auf einen Rentenzuschlag für Personen, welche eine Invalidenrente einer Vorsorgeeinrichtung beziehen.

Obwohl das Modell der Kurzfristkompensation im Ständerat sehr umstritten war und gemäss den Parlamentarierinnen und Parlamentariern bei einem möglichen Urnengang stark über Annahme oder Ablehnung der Vorlage mitentscheiden könnte, waren gerade auch die Bestimmungen zur Langfristkompensation, mit denen die Senkung des Umwandlungssatzes für diejenigen Personen abgemildert werden soll, die noch länger zu arbeiten haben, sehr zentral. Auch hier nahm der Ständerat zahlreiche Änderungen am nationalrätlichen Entwurf vor.
So schlug die Kommission zum Beispiel bei der Eintrittsschwelle einen Zwischenweg zwischen den Versionen des Bundesrates (CHF 21'510, wie bisher) und des Nationalrates (CHF 12'548) vor, wie es Kommissionssprecher Ettlin (mitte, OW) formulierte. Die Eintrittsschwelle sollte demnach bei CHF 17'208 zu liegen kommen, zumal Personen mit sehr kleinen Einkommen nicht immer froh seien, wenn sie darauf noch BVG-Beiträge zahlen müssten. Stillschweigend folgte der Ständerat hier seiner Kommission und entschied in der Folge auch, dass junge Leute erst ab 25 Jahren – und nicht wie vom Nationalrat vorgeschlagen bereits ab 20 Jahren – Beiträge für die berufliche Vorsorge bezahlen müssen. Umstrittener waren hingegen die Änderungen beim Koordinationsabzug. Hier schlug die Kommissionsmehrheit einen Systemwechsel von einem fixen zu einem prozentualen Wert vor: Statt wie bisher CHF 25'095 oder wie vom Nationalrat vorgeschlagen CHF 12'443 sollte der Koordinationsabzug neu 15 Prozent eines Jahreslohns bis CHF 85'320 betragen. Dadurch könne man die Problematik lösen, dass Versicherte mit mehreren Stellen den Koordinationsabzug mehrmals bezahlen müssten und gleichzeitig die Geringverdienenden besserstellen, warb Kommissionssprecher Ettlin für diesen Vorschlag. Eine Minderheit Müller wollte hingegen dem Nationalrat folgen und den heutigen Abzug halbieren. Dies sei administrativ einfacher und günstiger, während Geringverdienende trotzdem gegenüber heute bessergestellt würden. Zudem bleibe die Rente bei einem Einkommen unter jährlich CHF 50'000 auch mit dem Vorschlag der Mehrheit unter der EL-Grenze, während die Versicherten und ihre Arbeitgebenden gleichzeitig deutlich höhere Lohnabzüge für die BVG-Beiträge bezahlen müssten. In der Folge lieferten sich Ruedi Noser (fdp, ZH) und Maya Graf (gp, BL) ein Streitgespräch zur Frage, ob es beim Mehrheitsantrag ein Problem sei, dass der AHV-Lohn der Mitarbeitenden erst im Februar oder März des nächsten Jahres feststeht und somit während des Jahres unklar ist, ob eine Person tatsächlich entsprechende Beiträge leisten muss und wie hoch diese ausfallen werden. Gesundheitsminister Berset verwies auf die stärkere Betroffenheit der Frauen, bei denen ein Drittel der Arbeitnehmenden Netto-Jahreslöhne unter CHF 36'000 aufwiesen – bei den Männern seien es 10 Prozent. Wie der Minderheitensprecher kritisierte auch er, dass der Vorschlag der Kommissionsmehrheit den koordinierten Lohn und somit die BVG-Beiträge gerade bei Personen mit solch tiefen Einkommen gegenüber heute auf das Sechsfache erhöhen würde. Es sei zwar wichtig, den Koordinationsabzug zu senken, «mais [...] il doit être supportable pour les personnes directement concernées». Mit 34 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit.

Darüber hinaus nahm der Ständerat zahlreiche weitere, unbestrittene Änderungen vor. Unter anderem pflichtete er dem Bundesrat sowie dem Nationalrat bei und schuf anstelle der bisherigen vier Stufen der Altersgutschriften neu zwei Stufen in der Höhe von 9 und 14 Prozent. Die einzige Differenz zum Nationalrat blieb hier in der Frage, wann junge Erwachsene mit dem Alterssparen beginnen müssen. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den BVG-21-Entwurf mit 25 zu 10 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen und Enthaltungen stammten grösstenteils von Mitgliedern der SP und der Grünen.

Die Medien konzentrierten sich drei Monate nach der Annahme der AHV21 an der Urne vor allem auf die Folgen der Revision für die Frauen. Hier waren sie sich jedoch nicht einig, ob die Frauen als häufiger Teilzeiterwerbstätige gegenüber heute genügend bessergestellt oder gar benachteiligt würden. Ganz allgemein zeigten sich die Medien unsicher, ob die Vorlage in dieser Form an der Urne durchzubringen wäre.

In der Frühjahrssession 2023 bereinigte das Parlament die Pensionskassenreform BVG 21. Zwar hatten sich National- und Ständerat in den zentralen Fragen des Umwandlungssatzes und der Schaffung eines Rentenzuschlag für 15 Jahrgänge bereits zuvor geeinigt, noch immer waren jedoch zahlreiche Fragen offen, etwa zur Ausgestaltung des Rentenzuschlags, zum Koordinationsabzug oder zur Eintrittsschwelle.

Einen Grossteil der offenen Differenzen klärte der Nationalrat gleich In der ersten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens, darunter die meisten offenen Fragen zum Rentenzuschlag. Auf dem Tisch lagen drei verschiedene Konzepte: Der Bundesrat wollte «möglichst alle[n] Versicherten einen Rentenzuschlag» gewähren, während der Nationalrat den Zuschlag auf die «unmittelbar von der Senkung des Umwandlungssatzes [B]etroffen[en]» beschränken wollte, wie Kommissionssprecher de Courten (svp, BL) zusammenfasste. Der Ständerat hatte hingegen eine Ausweitung auf 50 Prozent der Versicherten vorgeschlagen, abhängig von der Höhe ihres Sparkapitals. Finanziert würde dies teilweise über den Sicherheitsfonds, wobei der Bundesrat während fünfzehn Jahren den Beitragssatz festlegen würde. Diese drei Konzepte lagen auch in der nationalrätlichen Debatte vor, wobei der Nationalrat schliesslich der Kommissionsmehrheit folgte und sich für den Vorschlag des Ständerats entschied. Damit konnte das Grundkonzept des Rentenzuschlags bereinigt werden.
Zudem klärte die grosse Kammer zahlreiche weitere Fragen, etwa zur Ausgestaltung eines Berichts zum Mindestumwandlungssatz alle fünf Jahre, zur Pensionierung mit 58 Jahren oder zum Sparbeginn: Hier hatte der Nationalrat mit 20 Jahren ursprünglich einen früheren Start des Alterssparens vorgesehen als Bundesrat und Ständerat mit 25 Jahren, folgte dann aber durch Ablehnung eines Minderheitsantrags Silberschmidt (fdp, ZH) ebenfalls dem Zweitrat.

In der darauffolgenden Beratungsrunde fällte der Ständerat eine weitere grosse Entscheidung: Er bereinigte die Differenz zum Koordinationsabzug. Waren bisher die ersten CHF 25'725 des Jahreslohns nicht in der zweiten Säule versichert, da diese bereits von der AHV abgedeckt wurden, soll der Koordinationsabzug zukünftig 20 Prozent des Jahreslohns bis CHF 85'320 betragen – der koordinierte Lohn beträgt somit 80 Prozent bis CHF 85'320 Jahreslohn. Der Nationalrat hatte ursprünglich gemäss dem bundesrätlichen Vorschlag den bisherigen Abzug halbieren wollen, war dann aber dem Vorschlag des Ständerats nach einem prozentualen Abzug gefolgt und hatte diesen von 15 auf 20 Prozent erhöht. Diesen Kompromissvorschlag nahm der Ständerat nun an und bereinigte damit diese Differenz. Neu sind damit folglich Mehrfachbeschäftigte deutlich früher in der beruflichen Vorsorge versichert als bisher.

Der Nationalrat verzichtete sodann auf einen Ausbau der Möglichkeit zur Weiterversicherung des bisherigen Verdienstes. Gemäss geltendem Recht war eine solche Weiterversicherung für Personen ab 58 Jahren bei einer maximalen Anstellungsreduktion bis 50 Prozent möglich. Der Nationalrat hatte vorgeschlagen, sie auf Personen über 30 Jahren und eine 75-prozentige Reduktion auszudehnen, was dem Ständerat zu weit ging. Nachdem dieser mehrfach an seiner ablehnenden Haltung festgehalten hatte, willigte der Nationalrat schliesslich ein und strich den Ausbau aus dem Entwurf.

Nachdem der Ständerat in der letzten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens nur eine kleine Differenz bereinigt hatte, musste für die zwei grossen verblieben Fragen eine Einigungskonferenz einberufen werden. Offen war einerseits die Frage nach der sogenannten Eintrittsschwelle, also dem Jahreseinkommen, ab dem man in die berufliche Vorsorge einzahlen muss. Im geltenden Recht lag diese bei CHF 22'050, der Nationalrat war diesbezüglich in seinen Vorschlägen zwischen CHF 12'548 und dem Bundesratsmodell geschwankt, während der Ständerat eine Eintrittsschwelle von CHF 17'208 bevorzugte. Die Einigungskonferenz entschied sich schliesslich für den letzten Vorschlag des Nationalrats von CHF 19'845, gemäss SGK-SR-Sprecher Ettlin (mitte, OW) aufgrund des ansonsten erwarteten «Widerstand[s] von Gewerbe und gewerbenahen Kreisen». Somit sollten 100'000 Personen mehr versichert werden als bisher, mit dem ständerätlichen Vorschlag wären es total 200'000 Personen mehr gewesen.
Zudem entschied sich die Einigungskonferenz, auf eine Möglichkeit zum Einkauf in die obligatorische Vorsorge, wie sie der Ständerat neu hatte schaffen wollen, zu verzichten. Die kleine Kammer hatte damit gemäss Erich Ettlin Personen mit niedrigeren Einkommen zu einem höheren Pensionskassenvermögen verhelfen wollen, zumal diese ja nicht über das Vermögen verfügten, um sich in den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge einzukaufen. Mit 106 zu 57 Stimmen (bei 24 Enthaltungen; Nationalrat) und 32 zu 7 Stimmen (bei 3 Enthaltungen; Ständerat) sprachen sich beide Kammern für Annahme des Antrags der Einigungskonferenz aus. Die ablehnenden Stimmen stammten in beiden Räten von Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion, die Enthaltungen im Nationalrat aus den Fraktionen der SP, der Grünen, der SVP und der Mitte.

In den Schlussabstimmungen nahm der Nationalrat die BVG 21-Reform mit 113 zu 69 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) und der Ständerat mit 29 zu 8 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an. Die ablehnende Position von SP- und Grünen-Fraktionen wurde im Nationalrat abschliessend auch von drei Mitgliedern der SVP- und einem Mitglied der Mitte-Fraktion unterstützt.

Die Medien diskutierten gegen Ende der Debatte zur Reform insbesondere über deren Chancen in einer zu erwartenden Referendumsabstimmung. In der Zwischenzeit hatten neben den links-grünen Parteien und den Gewerkschaften, die schon im Laufe der Beratung mehrfach mit dem fakultativen Referendum gedroht hatten, auch der Bauernverband und GastroSuisse Kritik an der Revision geäussert. Während die linken Kreise insbesondere die höheren Einzahlungen für tiefere Renten, die weiterhin zu tiefen Frauenrenten und die zu hohen Verwaltungsgebühren kritisierten, ging die Reform den gewerblichen Kreisen zu weit. Sie befürchteten zu hohe Kosten für die Unternehmen.

Am 21. Juli 2023 bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen des fakultativen Referendums gegen die Pensionskassenreform BVG 21. Das Komitee «BVG-Referendum» hatte Ende Juni gemäss eigenen Aussagen und medial viel beachtet über 141'000 Unterschriften eingereicht, von denen aber wohl ein Teil nicht beglaubigt war. So gab die Bundeskanzlei bekannt, dass 77'932 (beglaubigte) Unterschriften gegen die Reform eingereicht worden seien, von denen 77'732 gültig waren. Somit werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Jahr 2024 abschliessend über die Reform entscheiden.

Studie zum Gender Pension Gap (2019)

Im Dezember 2019 veröffentlichte Swiss Life eine ausführliche Studie zum Gender Pension Gap, beruhend auf Sozialversicherungsdaten des Jahres 2012. Darin verdeutlichte sich einmal mehr der grosse Unterschied zwischen den Altersrenten der Männer und Frauen. Demnach erhielten Frauen durchschnittlich über alle drei Säulen der Altersvorsorge hinweg eine um einen Drittel tiefere Rente als Männer, was in etwa CHF 20'000 pro Jahr entspreche. 90 Prozent der Differenz stammte aus der beruflichen Vorsorge (2. Säule), in der Frauen aus verschiedenen Gründen deutlich schlechter fahren als Männer. Einerseits weisen Frauen einen durchschnittlich um über 20 Prozent tieferen Anstellungsgrad auf als Männer. Dadurch erhalten sie durchschnittlich weniger Lohn und bezahlen folglich weniger Beiträge. Der Koordinationsabzug ist zudem vom Anstellungsgrad unabhängig, so dass Frauen anteilsmässig deutlich weniger Geld ansparen können als Männer. Zudem fallen die Löhne der Frauen auch häufiger unter die Eintrittsschwelle der beruflichen Vorsorge, wodurch ihre Löhne in der beruflichen Vorsorge manchmal gar nicht versichert sind. Schliesslich bestehen noch immer Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern; Frauen erhalten durchschnittlich 18 Prozent weniger Lohn als Männer. Inwiefern dieser Unterschied auf strukturelle Faktoren oder Diskriminierung zurückzuführen ist, bleibt umstritten.
Deutlich geringer als in der beruflichen Vorsorge sei der Geschlechterunterschied bei der AHV, weist die Studie aus, «da dort die Abhängigkeit von jahrzehntelang angespartem Vermögen wegen Witwenrente, Anrechnung von Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, Splitting des Erwerbseinkommens» sowie Minimal- und Maximalrente weniger gross sei.
Am grössten ist der Gender Pension Gap gemäss der Studie von Swiss Life zwar bei Verheirateten, dort zeigten sich dessen Folgen aber häufig weniger stark, weil die Ehepartner ihre Einkommen zusammenlegen würden. Besonders stark ins Gewicht fielen die Geschlechterunterschiede stattdessen bei geschiedenen Rentnerinnen, von denen entsprechend rund ein Drittel EL beziehe. Auch bei Konkubinatspartnerinnen, die sich über längere Zeit um die Kinder kümmerten, falle die Differenz bei einer Trennung entsprechend deutlich aus.
Der Bericht zeigte jedoch auch eine Verbesserung der Situation auf. So sei die Erwerbsquote der Frauen zwischen 1996 und 2017 um fast 10 Prozent gestiegen und betrage nun durchschnittlich 60 Prozent. Der Gender Pension Gap habe sich demnach von 50 Prozent auf 40 Prozent reduziert; nach wie vor erhielten Männer somit aber deutlich höhere Renten als Frauen.