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Grundlagen der Staatsordnung
Rechtsordnung
Le Conseil fédéral prescrit des directives concernant le traitement des données personnelles dans l'administration — Discussions sur les procédés utilisés lors du recensement fédéral — Nouvelles tentatives visant à introduire le droit de vote des adolescents et des femmes dans divers cantons — Controverses au sujet de la procédure à suivre pour une réforme des conditions de naturalisation — Les troubles des jeunes continuent à préoccuper les forces de l'ordre de plusieurs grandes villes — Aggravation du terrorisme arménien — Nouvelles tentatives pour renforcer la coopération entre les polices cantonales de sécurité — Le gouvernement annonce un projet d'article constitutionnel sur le commerce des armes et des munitions — Le renforcement des dispositions pénales en matière d'actes de violence est accepté par le parlement, mais se heurte au référendum — Les Chambres approuvent la loi sur l'entraide internationale en matière pénale.
Grundrechte
In einer Zeit andauernder innenpolitischer Spannungen erfordert die Erhaltung oder gar Erweiterung der Grundrechte besondere Anstrengungen. In der Praxis des Bundesgerichts wird seit den 60er Jahren eine Tendenz festgestellt, den Bereich der persönlichen Freiheit gegenüber dem Staat auszudehnen. Die weitere Entwicklung erscheint jedoch ungewiss [1]. Sozialdemokratische Juristen glauben sogar in der Zürcher Justiz seit 1980 einen rückläufigen Trend erkennen zu können; in Präventivverhaftungen, in Einschränkungen der Verteidigerrechte bei Krawallprozessen und in der Bestrafung von blossen Zuschauern bei Ausschreitungen sehen sie eine Gefährdung des Rechtsstaates [2]. Anderseits lässt die Tatsache, dass von den Beschwerdemöglichkeiten allgemein mehr Gebrauch gemacht wird, ein gesteigertes Empfinden der Bürger für Rechtsverletzungen annehmen [3].
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Die umsichtige Vorbereitung einer eidgenössischen Gesetzgebung über den Datenschutz zog sich länger hin als erwartet. Deshalb erliess der Bundesrat im Frühjahr Richtlinien für die Handhabung von Daten durch die Bundesverwaltung. Darin wurden Aufbewahrung und Weitergabe an das Bestehen einer Rechtsgrundlage geknüpft und ein Anspruch der Betroffenen auf Auskunft über gespeicherte Daten anerkannt. Grenzen findet der Datenschutz an den Erfordernissen des Verwaltungsablaufs und der Rechtspflege sowie an internationalen Vereinbarungen. Die Organe des Bundes sind gehalten, bei der Erteilung von Aufträgen an andere Gemeinwesen oder an Private den Schutz der Daten sicherzustellen. Für den privatrechtlichen Bereich wurde die Frage aufgeworfen, wieweit auch Wirtschaftsunternehmen Betroffenen gegenüber zur Auskunft über gesammelte Daten verpflichtet werden sollten [4].
Die erhöhte Sensibilität für den Schutz der Persönlichkeitssphäre hatte Ende 1980 in bisher nicht bekanntem Ausmass zu Widerständen gegen die eidgenössische Volkszählung geführt. Dies gab Anlass zu Vorstössen bei den Bundesbehörden, in denen eine Benützung der kommunalen Einwohnerkontrollen für die Bevölkerungsstatistik empfohlen wurde, damit man auf das kostspielige und die Diskretion nicht immer wahrende Einsammeln von Fragebogen durch Hilfspersonal verzichten könne. Bundesrat Hürlimann stellte für 1990 ein zeitgemässeres Verfahren in Aussicht [5]. Ein Bürger aus Littau (LU), der seinen Bogen zwar ausgefüllt, aber bei einem Anwalt hinterlegt hatte und deshalb von der kantonalen Justiz gebüsst worden war, erzielte mit einer Beschwerde beim Bundesgericht einen Freispruch [6].
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Stimmrecht
Die Bestrebungen, das Stimmrecht bereits den 18jährigen zu gewähren, wurden fortgesetzt, erlitten aber neue Niederlagen. In den Kantonen Basel-Stadt und Luzern scheiterten entsprechende Vorstösse, die vom Parlament gutgeheissen worden waren, in der Volksabstimmung. In Basel, wo die eidgenössische Vorlage von 1979 eine gute Annahme gefunden hatte, sprach man von einer Trendumkehr und schrieb diese den Jugendunruhen zu. Tatsächlich war aber in beiden Kantonen die Zahl der Gegner gegenüber 1979 nicht angewachsen, sondern mit der Stimmbeteiligung auch die Zahl der Befürworter zurückgegangen [7].
Für die volle Durchsetzung des Frauenstimmrechts, dessen Einführung auf Bundesebene sich zum zehnten Mal jährte [8], wurden weitere Schritte unternommen. Der Grosse Rat von Appenzell Innerrhoden beschloss wie schon 1973, der Landsgemeinde die volle politische Gleichberechtigung der Frau zu empfehlen. Eine Repräsentativumfrage ergab allerdings weder bei den Männern noch bei den Frauen eine Mehrheit. für die Neuerung [9]. In Graubünden, wo das Frauenstimmrecht auf Gemeindeebene noch nicht obligatorisch ist, entschloss sich die Regierung, die letzten Männerbastionen mit einer Gesetzesänderung zu bezwingen [10]. Ein hauptsächlich von sozialdemokratischer Seite unterstützter Vorstoss, den Kantonen und Gemeinden die politische Gleichberechtigung der Frau durch eine Bestimmung der Bundesverfassung vorzuschreiben, wurde vom Bundesrat ablehnend beantwortet [11].
Die Frage eines kantonalen und kommunalen Stimmrechts für Ausländer, die im Vorjahr durch Petitionen der italienischen Einwandererorganisationen neu aufgeworfen worden war, beschäftigte die Parlamente mehrerer Kantone. Neuenburg, das den Ausländern in den Gemeinden seit dem letzten Jahrhundert politische Rechte gewährt, verkürzte nun die Wartefrist nach der Niederlassung. Im Kanton Jura; wo eine ähnliche Regelung besteht, verlangte eine Motion gar die Einführung der Wählbarkeit von Ausländern. In Solothurn wurde die Regierung mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragt; die übrigen Entscheide fielen negativ aus [12].
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Bürgerrecht
Die Bemühungen um eine Reform auf dem Gebiet des Bürgerrechts haben sich in Verfahrensstreitigkeiten verwickelt, hinter denen freilich Prioritätsprobleme stehen. Das EJPD, das sich schon seit langem mit der Materie befasst, strebt eine möglichst breite Neuordnung an; sie soll sowohl die Einbürgerung von Flüchtlingen, Staatenlosen und in der Schweiz aufgewachsenen Kindern von Einwanderern erleichtern wie auch jede Ungleichheit der Geschlechter bei der Zuerkennung des Bürgerrechts an Ehegatten oder Nachkommen von Schweizern beseitigen. Dazu bedarf es einer neuen verfassungsrechtlichen Grundlage. Seit 1979 ist nun der Verwaltung in der Bürgerrechtsfrage eine parlamentarische Konkurrenz erwachsen, die auf eine raschere Verwirklichung von Teillösungen hinzielt. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich am ehesten für Neuerungen, die keine Verfassungsänderung erfordern. Darüber aber, was nach dem geltenden Verfassungsrecht zulässig ist und was nicht, gibt es keine einheitliche Doktrin. Schon 1979 wurde die Meinung vertreten, aufgrund einzelner Bestimmungen der Bundesverfassung könne den Kindern einer Schweizerin unter allen Umständen das Bürgerrecht gewährt werden. Seit der Annahme des Verfassungsgrundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau wird nun, namentlich von der Linken, überhaupt jede rechtliche Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts als verfassungswidrig und ihre Beseitigung als geboten betrachtet.
Bei der Behandlung von mehreren parlamentarischen Initiativen im Nationalrat stiessen die verschiedenen Auffassungen aufeinander. Der Rat folgte dem bereits 1980 bekanntgegebenen Antrag seiner vorberatenden Kommission, vorerst in Art. 44, Abs. 3 BV der Bundesgesetzgebung freie Hand zu geben, wie sie die Bürgerrechtsfrage für Kinder aus einer Ehe mit nur einem schweizerischen Partner regeln will. Der Bundesrat wandte sich vergeblich dagegen, dass man nur einen Teil der Bürgerrechtsreform Volk und Ständen zum Entscheid vorlege und damit eine umfänglichere Neuordnung gefährde. Mit dem Hinweis auf das ungewisse Schicksal einer solchen gab die Volkskammer dem kleineren Schritt den Vorzug; ein sozialdemokratischer Vorschlag, die Neuerung durch eine blosse Gesetzesrevision einzuführen, erschien dagegen zu kühn [13].
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Öffentliche Ordnung
Die grösste Belastung der öffentlichen Ordnung bildeten 1981 weiterhin die Jugendunruhen in verschiedenen Grossstädten, auf die wir auch in anderem Zusammenhang eingehen werden [14]. Am schwersten wurde erneut Zürich betroffen, wo sich Demonstrationen mit Sachbeschädigungen (Brandanschläge, Zerstörungen an Schaufenstern und Fahrzeugen, Sprayanschriften) sowie Zusammenstösse mit der Polizei durch das ganze Jahr hindurchzogen. Vom Beginn der Unruhen am 30. Mai 1980 bis Ende April 1981 gab es nach Angaben der Zürcher Stadtpolizei 60 Konfrontationen und Schäden in der Höhe von rund 15 Mio Fr. Bereits im Februar schätzte man die Zahl der Verletzten auf 500, darunter 85 Polizeibeamte und zahlreiche Unbeteiligte [15]. An den meisten Manifestationen waren bloss relativ kleine Gruppen beteiligt; nur in der ersten Jahreshälfte kam es zu Ansammlungen mit mehr als 500 Teilnehmern. Die Polizei verschärfte trotz Protesten ihre Bewilligungspraxis, und zwar auch gegenüber Veranstaltungen, die nicht von der Jugendbewegung ausgingen, und griff in der Regel bei unbewilligten Demonstrationen ein [16]. So wurden nach einer Erklärung des Regierungsrates von den Anfängen bis Ende August 3874 Personen festgenommen, 2294 von ihnen allerdings nur für eine Kontrolle. Im Januar 1982 sprach ein Zürcher Staatsanwalt von 850 Strafuntersuchungen gegen Krawallteilnehmer. Klagen über Brutalitäten beim Einsatz der Ordnungskräfte veranlassten auch Strafverfahren gegen Polizisten; im Oktober 1981 zählte man deren 164. Während aber bis zum Ende des Sommers bereits über 100 Verurteilungen (meist bedingte Freiheitsstrafen oder Bussen) gegenüber Störern der Ordnung vorlagen, wurde eine solche gegen einen ihrer Hüter erstmals im November ausgesprochen. Namentlich von Anwälten wurde kritisiert, dass die Gerichtsbehörden dieser zweiten Kategorie von Angeklagten nicht die gleiche Aufmerksamkeit schenkten wie der ersten [17].
Weniger dicht folgten sich die Zwischenfälle in Basel und Bern, wo die Polizei zurückhaltender operierte. Die Sachschäden waren aber auch in diesen beiden Städten beträchtlich, und es fehlte gleichfalls nicht an Klagen über polizeiliche Übergriffe [18]. Anderswo blieben Zusammenstösse und Zerstörungen vereinzelt [19].
Die für die Aufrechterhaltung der Ordnung Verantwortlichen standen weiterhin unter einem doppelten Druck. Während gesellschaftskritisch engagierte Kreise und Befürworter einer grösseren Toleranz auf Zurückhaltung gegenüber den Demonstranten drangen, forderten namentlich bürgerliche Parteien und geschädigte Gewerbetreibende ein forscheres Durchgreifen [20]. Stärker als zuvor traten Gruppen von meist jugendlichen Schlägern in Erscheinung, die mit Gewalt gegen Demonstranten vorgingen, wozu deren Verfemung einen gewissen Anreiz bot. Klagen über ein passives, ja kooperatives Verhalten von Polizeiorganen gegenüber solchen «Rockers» oder «Faschos» wurden verschiedenenorts geäussert, von den Behörden aber zurückgewiesen [21].
Die von den Unruhen verursachten Zerstörungen belasteten auch die Versicherungsgesellschaften. Obwohl diese zur Deckung entsprechender Schäden nicht verpflichtet sind, gewährten sie zunächst den Versicherungsschutz. Sie erwirkten aber durch eine Eingabe an das zuständige Bundesamt die Genehmigung für eine besondere Krawallversicherung; auf Anfang 1982 trat dieses neue Instrument in Kraft [22].
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Gleichfalls ernstlich, wenn auch in wesentlich anderer Weise, wurde die öffentliche Ordnung erneut durch die Tätigkeit ausländischer Terroristen betroffen. Mit einer für die Schweiz ungewohnten Intensität setzten armenische Untergrundgruppen ihre Anschläge fort. Hatten diese anfänglich Vertretern des türkischen Staates gegolten, der für die Verfolgung und Vertreibung der Armenier in der Frühzeit des Jahrhunderts verantwortlich gemacht wurde, so richteten sie sich seit 1980 direkt gegen die Schweiz und gegen schweizerische Niederlassungen im Ausland. Dies hing offensichtlich mit den Massnahmen der schweizerischen Justiz und Polizei gegen die Attentäter zusammen. Der Höhepunkt fiel mitten in die Sommersaison: an vier aufeinanderfolgenden Tagen explodierten Bomben in vier verschiedenen Zentren und forderten ein Todesopfer und über 30 Verletzte [23]. Zu Anfang des Jahres hatte der unerklärte Bombenkrieg das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) veranlasst, ausserordentlicherweise einmal Haftbedingungen in einem schweizerischen Gefängnis zu überprüfen. Es war dazu von einer armenischen Geheimorganisation aufgefordert worden, welche behauptete, man habe in Genf verhaftete Armenier gefoltert. Der von der Genfer Staatsanwaltschaft veröffentlichte Bericht des IKRK stellte keine entsprechenden Tatbestände fest [24]. Anschläge im Zusammenhang mit der westeuropäischen Terrorszene waren nicht zu verzeichnen. Immerhin liess die Bundesanwaltschaft verlauten, dass man infolge der Inhaftierung deutscher Terroristen in der Schweiz mit Befreiungs- und Freipressungsaktionen rechne. Sie unterschied jedoch deutlich zwischen dem kleinen Kreis von Personen, die mit dem Terrorismus sympathisieren, und der Jugendbewegung [25].
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Jugendunruhen und intensiverer ausländischer Terrorismus boten Anlass, die Bemühungen um eine gesamtschweizerische Zusammenfassung der Sicherheitskräfte, die Ende 1978 am Referendum gescheitert waren, wieder aufzunehmen. Die interkantonale Kooperation erwies sich erneut als ein unsicherer Weg, lehnten doch die Urner Stimmbürger im April den Beitritt ihres Standes zum Zentralschweizerischen Polizeikonkordat ab [26]. Mitte Juli forderte der Pressedienst der SVP die Landesregierung auf, einen neuen Anlauf zu versuchen, und kurz vor dem Nationalfeiertag bekundete Bundespräsident Furgler im Fernsehen eine entsprechende Bereitschaft [27]. Noch vor Jahresende wurde diese in der Antwort auf eine Interpellation der SVP-Fraktion präzisiert : das EJPD sei beauftragt, mit den Kantonen Möglichkeiten einer Schliessung der sicherheitspolizeilichen Lücken zu besprechen. Ob für den Schutz der öffentlichen Ordnung eine Bundes- oder eine Konkordatslösung getroffen werden solle, liess der Bundesrat offen ; inoffiziell verlautete, dass die zweite Variante im Vordergrund stehe. Von sozialdemokratischer Seite wurde gegen eine Neuauflage der Busipo entschieden Front gemacht [28].
Inzwischen war man verschiedenenorts bestrebt, die kantonale oder die lokale Polizei zu verstärken. Zur Begründung wurde in erster Linie die Zunahme der Kriminalität geltend gemacht [29]. Auch im nicht von Krawallen betroffenen Kanton Genf sah man eine Erhöhung der Bestände vor; zugleich beabsichtigte man hier, polizeiliche Kontrollmassnahmen, die sich bisher nur auf gerichtliche Anerkennung stützen konnten, gesetzlich zu verankern. Obwohl das neue Gesetz von den Sozialdemokraten unterstützt wurde, ergriffen verschiedene Linksgruppen das Referendum [30].
Die Verwirklichung eines landesweiten kriminalpolizeilichen Informationssystems (KIS) auf elektronischer Grundlage rückte in weitere Ferne. Die im EJPD vorgenommene Überprüfung, die namentlich die rechtlichen Aspekte des Projekts betraf, liess wesentliche Änderungen erforderlich erscheinen. Die waadtländische Regierung sah sich dadurch veranlasst, ihren Beitritt zurückzunehmen, um so mehr als sie mit den übrigen nicht-deutschsprachigen Kantonen (ohne Jura) den Aufbau eines regionalen Systems hatte vereinbaren können [31]. Die Vorbereitungen für eine einheitliche Regelung des inländischen Waffenhandels gediehen dagegen einen Schritt weiter. Der Bundesrat erklärte im Herbst in seinem Zwischenbericht über die Regierungsrichtlinien die Sache für dringlich und kündigte an, er werde noch in der laufenden Legislaturperiode die erforderliche Verfassungsgrundlage unterbreiten. Es wurde bekannt, dass nach dem vorgesehenen Gesetz das Waffentragen — mit Ausnahme von Jagd und Schiessanlässen — bewilligungspflichtig werden solle und ebenso jeder Waffenkauf. Für Ausländer ist eine besondere Ausweispflicht geplant, für Waffen mit besonderer Wirkungskraft (Serienfeuer usw.) ein Verbot [32].
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Strafrecht
Der Fortgang der Revision des Strafrechts hat zu ganz ungleichartigen Frontbildungen geführt. Während die Vorschläge der Kommission Schultz zur Reform der sexualrechtlichen Normen eine breite konservative Opposition herausforderten — wir kommen in anderem Zusammenhang darauf zurück [33] —, verhärtete sich der Widerstand von links gegen die von der gleichen Expertenkommission vorbereitete Verschärfung der Bestimmungen gegen Gewaltverbrechen. Nachdem der Nationalrat den Empfehlungen der Experten weitgehend zugestimmt hatte, tat dies nun — trotz Einwänden der Sozialdemokraten — auch der Ständerat, allerdings mit einigen Milderungen und Präzisierungen. Im Differenzenbereinigungsverfahren schloss sich die grosse Kammer im wesentlichen der kleinen an [34]. Schon vor dem Ende der parlamentarischen Beratungen hatte jedoch der Vorstand der SPS ein Referendum angekündigt und sich vor allem dagegen gewandt, dass die Vorbereitung bestimmter Verbrechen und die öffentliche Aufforderung zu gewalttätigen Vergehen strafbar erklärt würden; dies verleite zu polizeilicher Willkür und Gesinnungsschnüffelei [35]. Es bildete sich auch ein Referendumskomitee aus verschiedenen kleineren Linksgruppen, die 1978 die Busipo-Vorlage bekämpft hatten [36]. Wirksame Verstärkung erhielten die Opponenten durch einen entsprechenden Entscheid der Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, der sich seinerzeit gegenüber der Busipo neutral verhalten hatte; hier wurde befürchtet, dass gewerkschaftliche Kampfmassnahrnen kriminalisiert werden könnten, was von Befürwortern der Vorlage bestritten wurde [37]. Die neuen Strafrechtsartikel stiessen aber auch in bürgerlichen Kreisen auf Gegner. So riefen die Jungliberalen zu einer bürgerlichen Referendumsaktion auf, der sich die Junge SVP und der St. Galler Landesring anschlossen [38]. Ausserdem versuchte der Tessiner Grosse Rat das Kantonsreferendum zu aktivieren und erliess einen Appell für den Zusammenschluss der für eine solche Aktion nach der Verfassung erforderlichen acht Stände [39].
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Angesichts neuer Selbstmordfälle in Strafanstalten wurde nach einer Intensivierung der psychologischen Betreuung der Häftlinge gerufen. Dass diese in der Regel besonderen Fachleuten vorbehalten bleibt, gab in Kreisen des Bewachungspersonals Anlass zur Forderung, an den Betreuungsaufgaben beteiligt zu werden [40]. Um über die Einrichtungen und Wirkungen des Strafvollzugs eine bessere Ubersicht zu gewinnen, verordnete der Bundesrat die Durchführung von statistischen Probeerhebungen. Sodann wurde eine Schweizerische Stiftung für die Hilfe an Straffällige und ihre Familien gegründet, die den Häftlingen und den Entlassenen mit zinslosen Darlehen aus finanzieller Verschuldung heraushelfen und damit ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtern soll. Um die Resozialisierung schon in der Gefangenschaft zu fördern, schlug der Verein zur Abänderung der Strafpraxis, eine Gefangenengewerkschaft, die Bildung von Wohngemeinschaften im Strafvollzug vor [41].
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Durch Nachgeben des Ständerates bei letzten Differenzen konnte das vom Bundesrat 1976 vorgelegte Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen endlich verabschiedet werden. Die Schweiz sieht sich nun in der Lage, mit anderen Staaten auch über die Zusammenarbeit bei Fällen von Steuerbetrug vertragliche Vereinbarungen zu treffen. Im Vordergrund stehen zwei Konventionen des Europarates, denen erst wenige Staaten beigetreten sind [42]. Am Schweizerischen Juristentag wurden die Probleme der internationalen Rechtshilfe aus der unterschiedlichen Sicht des EJPD und des Rechtskonsulenten einer Grossbank beleuchtet. Dabei trat nicht zuletzt die Spannung zwischen der von der Schweiz bezeugten Kooperationsbereitschaft bei der Verbrechensbekämpfung und ihrer Zurückhaltung gegenüber einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Steuerbereich zutage [43].
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[1] Vgl. Vat., 228, 2.10.81; ferner Bund, 204, 2.9.81; 248, 23.10.81.
[2] TA, 214, 16.9.81. Das Bundesgericht hat inzwischen seinerseits den Anschluss an eine friedensbedrohende Zusammenrottung auch ohne Beteiligung an Gewaltakten für strafbar erklärt (NZZ, 54, 6.3.82).
[3] Vgl. SGT, 165, 18.7.81; ferner SPJ, 1978, S. 23.
[4] Richtlinien: BBl, 1981, I, S. 1298 fl.; vgl. dazu NZZ, 143, 24.6.81; 148, 30.6.81. Wirtschaftsunternehmen: NZZ, 93, 23.4.81. Vgl. ferner Berichte von Tagungen auf dem Mont-Pèlerin (JdG, 96, 27.4.81; 97, 28.4.81; Referate in Revue économique et sociale, 39/1981, S. 284 ff.) und in St. Gallen (NZZ, 273, 24.11.81). Auch der Kanton VD gab sich nun ein Datenschutzgesetz (vgl. unten, Teil II, 1e).
[5] Widerstände: 24 Heures, 28, 4.2.81; Bund, 39, 17.2.81. Vorstösse: Direktion des Innern von ZH (NZZ, 103, 6.5.81); Interpellation Dillier (cvp, OW) im StR (Amtl. Bull. StR, 1981, S. 389 f. ; hier auch BR Hürlimann ). Vgl. auch BaZ, 20, 24.1.81; NZZ, 107, 11.5.81; ferner SPJ, 1980, S. 118 f.
[6] Vat., 132, 10.6.81; 237, 13.10.81; NZZ, 54, 6.3.82. Nach dem Erlass von Datenschutzbestimmungen für die Bundesverwaltung und für Littau liess der Verweigerer die Weiterleitung des Fragenbogens an das Bundesamt für Statistik zu.
[7] Basel-Stadt: BaZ, 136, 15.6.81. Luzern: LNN, 278, 30.11.81. Vgl. dazu unten, Teil Il, 1b sowie SPJ, 1980, S.16.
[8] Für Jubiläumsveranstaltungen und Jubiläumsartikel vgl. 7LM, 33, 2.2.81; Bund, 29, 5.2.81; BaZ, 31, 6.2.81; Presse vom 7. u. 9.2.81.
[9] Grosser Rat: SGT, 275, 24.11.81. Umfrage: NZZ, 253, 31.10.81. Vgl. auch TA, 273, 24.11.81 sowie SPJ, 1973, S. 12 f. ; 1980, S. 16 f. Die Landsgemeinde verweigerte am 25.4.1982 den Frauen die politische Gleichstellung erneut (Presse vom 26.4.82).
[10] SGT, 239, 13.10.81; NZZ, 282, 4.12.81. Am Jahresende besassen noch 20 Gemeinden kein Frauenstimmrecht (vgl. dazu NZZ, 285, 8.12.81).
[11] Motion Vannay (sp, VS), vom NR 1981 noch nicht behandelt ( Verhandl. B. vers., 1981, II, S. 75; Bund, 193, 20.8.81).
[12] Neuenburg: TLM, 175, 24.6.81. Jura: TLM,121, 1.5.81. Solothurn: SZ, 93, 23.4.81. Negative Entscheide: Bund, 35, 12.2.81 (BE); Suisse, 134, 14.5.81 (FR); SGT, 247, 22.10.81 (SG). Vgl. dazu SPJ, 1980, S. 17 sowie unten, Teil II, 1b.
[13] Zur Vorgeschichte vgl. SPJ, 1978, S. 17; 1979, S. 19; 1980, S. 17. Standpunkt der NR-Kommission: BBl, 1980, II, S. 1424 ff ; Amtl. Bull. NR, S. 967 ff. Standpunkt des BR: BBl, 1981, I, S. 1172 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1981, S. 982 ff. Standpunkt der SP-Fraktion : ebenda, S. 974 f. Der NR erfüllte und erweiterte das Anliegen der Initiative Weber (fdp, UR) und setzte die Behandlung der Initiative Christinat (sp, GE) für eine blosse Gesetzesrevision aus; den Inhalt der Initiative Pagani (cvp, TI) für die selbständige Einbürgerung eines einzelnen ausländischen Ehegatten überwies er als Motion (Amtl. Bull. NR, 1981, S. 967 ff.).
[14] Vgl. unten, Teil I, 7d (Jugendpolitik), ferner SPJ, 1980, S. 17 ff. u. 137 ff.
[15] Konfrontationen und Schäden: NZZ, 121, 27.5.81; 123, 30.5.81. Verletzte: TA, 37, 14.2.81.
[16] Grössere Demonstrationen: NZZ, 20, 26.1.81; 26, 2.2.81; 68, 23.3.81; Vr, 79, 24.4.81. Proteste: Vr, 16, 23. 1.81 u. 131, 9.7.81 (SP); 237, 7.12.81 (Verein pro AJZ). Vgl. auch unten, Teil I, 7d (Jugendpolitik).
[17] Festnahmen und Verfahren : NZZ, 234, 9.10.81; 263, 12.11.81; Bund, 18, 23.1.82. Klagen gegen Polizei: Vr, 32, 16.2.81. Kritik an Gerichtsbehörden: Bund, 242, 16.10.81; TA, 243, 20.10.81.
[18] Zu den polizeilichen Methoden vgl. BaZ, 144, 24.6.81 (Basel) und Bund, 198, 26.8.81 (Bern). Klagen gegen Polizei in Basel : BaZ, 134,12.6.81; 146, 26.6.81; 153, 4.7.81; 242, 16.10.81; 280, 30.11.81. Entsprechende Klagen in Bern: BaZ, 167, 21.7.81; TW, 224, 25.9.81.
[19] Erwähnt seien Jugendunruhen in Lausanne (24 Heures, 20, 26.1.81; 68, 23.3.81), Luzern (LNN, 39, 17.2.81), St. Gallen (Bund, 155, 7.7.81), Winterthur (NZZ, 201, 1.9.81) und Biel (Suisse, 340, 6.12.81), ferner Zusammenstösse mit Umweltschützern (TLM, 95, 5.4.81) und Hausbesetzern (JdG, 278, 28.11.81) in Genf sowie Demonstrationen gegen die kommerzielle Waffenausstellung W'81 in Winterthur (Ldb, 146-148, 29.6.-1.7.81; Vr, 127, 3.7.81) sowie einzelne Anschläge im Berner Jura (TLM, 63,4.3.81; 186, 5.7.81; 280, 7.10.81).
[20] Zürich : TA, 23, 29.1.81 und NZZ, 214, 16.9.81 (FDP) ; NZZ, 105, 8.5.81 und 120, 26.5.81 (SVP) ; NZZ, 196, 26.8.81 (Gewerbetreibende). Basel: BaZ, 157, 9.7.81.
[21] Zürich : Vr, 79, 24.4.81; 148, 3.8.81. Basel : BaZ, 105, 7.5.81; 145, 25.6.81; 263, 10.11.81. Bern : TW, 108, 11.5.81. Genf: 24 Heures, 238, 14.10.81; 239, 15.10.81; JdG, 241, 16.10.81.
[22] BaZ, 31, 6.2.81; NZZ, 39, 17.2.81; 205, 5.9.81.
[23] NZZ, 169, 24.7.81; 191, 20.8.81; Ww, 31, 29.7.81; TLM, 22, 22.1.82.
[24] JdG, 7, 10.1.81; 22, 28.1.81; 24 Heures, 7, 10.1.81. Das IKRK nimmt Gefangenenschutzfunktionen üblicherweise nur in kriegführenden oder durch schwere innere Spannungen belasteten Staaten wahr. Die Intervention in Genf scheint zur Abwendung weiterer Attentate erfolgt zu sein (TA, 6, 9.1.81).
[25] NZZ, 151, 3.7.81; vgl. auch SGT, 170, 24.7.81. Zur Inhaftierung deutscher Terroristen vgl. SPJ, 1978, S. 17; 1979, S. 21. Die Tötung eines kroatischen Emigranten in Zürich und Sprengstoffvergehen von Kroaten wurden als Anzeichen einer terroristischen Tendenz gedeutet (Gesch.ber., 1981, S.144 ; NZZ, 293, 17.12.81). Über innenpolitisch bedingte Terrorakte vgl. unten, Teil I, 6a (Kernenergie).
[26] LNN, 80, 6.4.81; vgl. SPJ, 1980, S. 19.
[27] SVP-Pressedienst, 28, 15.7.81; BaZ, 176, 31.7.81 (Furgler). Vgl. dazu SPJ, 1978, S. 18 f.
[28] Interpellation: Amtl. Bull. NR, 1981, S. 1778; vgl. dazu BaZ, 240, 14.10.81. Vgl. auch kritische Kommentare in BZ, 164, 17.7.81; 24 Heures, 166, 20.7.81.
[29] Der Kanton BE beschloss eine schrittweise Vergrösserung der Bestände (Bund, 210, 9.9.81); Neueinstellungen sind in Zürich bei der Stadtpolizei bereits vorgenommen worden (NZZ, 199, 29.8.81) und wurden für die Kantonspolizei erwogen (NZZ, 166, 21.7.81).
[30] JdG, 35, 12.2.81; 219, 21.9.81; Suisse, 283, 10.10.81; vgl. unten, Teil II, le. Auch die Zürcher Regierung legte ein umfassendes Polizeigesetz vor (TA, 303, 31.12.81).
[31] Gesch. ber., 1981, S. 147; Suisse, 295, 22.10.81; 296, 23.10.81; TLM, 296, 23.10.81. Vgl. auch Interpellationen Bäumlin (sp, BE) und Jaggi (sp, VD) im NR (Amtl. Bull. NR, 1981, S. 853 f. bzw. 1762 f.), ferner SPJ, 1980, S.19 f.
[32] Zwischenbericht: BBl, 1981, III, S. 665 ff.; vgl. unten, Regierung. Gesetzesinhalt: Ww, 45, 4.11.81; Woche, 9, 6.11.81; SZ, 272, 20.11.81; TLM, 343, 9.12.81. Vgl. dazu SPJ, 1980, S. 20.
[33] Vgl. unten, Teil I, 7d (Familienpolitik) sowie SPJ, 1980, S. 21.
[34] Amtl. Bull. StR, 1981, S. 273 ff, 372 ff. u. 434 f.; Amtl. Bull. NR, 1981, S. 958 ff., 1184 f. u. 1391; BBl, 1981, III, S. 231 ff. Vgl. SPJ, 1980, S. 20 f. Vom StR wurde z.B. statt öffentlicher Aufforderung zur «Gewalttätigkeit» nur öffentliche Aufforderung zu «Vergehen mit Gewalttätigkeit » strafbar erklärt. Die SP-Vertreter stimmten zum Teil gegen die Revision, zum Teil enthielten sie sich der Stimme (TA, 235, 10.10.81).
[35] TW, 214, 14.9.81. Der Parteitag der SPS billigte am 17./18.11. einhellig den Referendumsantrag (Suisse, 292, 19.10.81).
[36] NZZ, 235, 10.10.81. Beteiligt waren u.a. die Jungsozialisten, die SAP, die POCH und die nationale Koordination der AKW-Gegner (vgl. auch Woche, 8, 30.10.81).
[37] Presse vom 13.10.81; vgl. auch Woche, 8, 30.10.81; NZZ, 253, 31.10.81; 24 Heures, 254, 2.11.81; Gewerkschaftliche Rundschau, 73/1981, S. 345 ff. Der SGB arbeitete mit der SPS und den Demokratischen Juristen der Schweiz zusammen, nicht aber mit den übrigen Linksgruppen.
[38] Jungliberale und Junge SVP: Woche, 10, 13.11.81; BaZ, 272, 20.11.81. LdU von SG: SGT, 296, 18.12.81. Vgl. auch Aufruf eines überparteilichen bürgerlichen Komitees (NZZ, 288, 11.12.81).
[39] CdT, 289, 17.12.81.
[40] Selbstmorde: TA, 162, 16.7.81. Betreuung: TLM, 211, 30.7.81. Bewachungspersonal: NZZ, 223, 26.9.81; TA, 231, 6.10.81 (Berufskonferenz der im VPOD organisierten Aufseher und Werkmeister).
[41] Probeerhebungen: AS, 1981, S. 955 ff. Stiftung: NZZ, 168, 23.7.81; TLM, 204, 23.7.81. Wohngemeinschaften: Vat., 33, 10.2.81.
[42] Gesetz: Amtl. Bull. StR, 1981, S. 75 f.; BBl, 1981, I, S. 791 ff; vgl. SPJ, 1976, S. 19; 1980, S. 21. Verträge: BaZ, 166, 20.7.81. Vgl. ferner G. Daetwyler, Der Terrorismus und das internationale Strafrecht (unter Berücksichtigung des neuen Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus [ETUI von 1977), Zürich 1981.
[43] P. Schmid u.a., «L'entraide judiciaire internationale en matière pénale », in Zeitschrift für schweiz. Recht, N.F., 100/1981, II, S. 247 ff.; W. de Capitani, «Internationale Rechtshilfe. Eine Standortbestimmung», ebenda, S. 305 ff. Vgl. dazu NZZ, 225, 29.9.81.
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