Grundlagen der Staatsordnung
Institutionen und Volksrechte
Die Genferin Ruth Dreifuss wurde als Nachfolgerin für den zurückgetretenen Bundesrat Felber gewählt, nachdem der zuerst gewählte Sozialdemokrat Matthey auf Druck seiner Partei auf das Amt verzichtet hatte. — Der Bundesrat schlug zu seiner Entlastung die Schaffung von zusätzlichen Staatssekretärposten vor. — Das Parlament beschloss, auf den vollständigen Teuerungsausgleich für das Bundespersonal zu verzichten. — Der Nationalrat stimmte der Einrichtung einer elektronischen Abstimmungsanlage zu. — Die Einreichung von sogenannten Jux-Listen bei den Nationalratswahlen soll erschwert werden. — Der Nationalrat sprach sich für ein Verbot von rückwirkenden Bestimmungen bei Volksinitiativen aus.
Die Forderung nach einer Geschlechterquote für politische Institutionen erhielt nach der Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat neuen Auftrieb. Namentlich von grünen Parlamentarierinnen wurden die Vorarbeiten für die Lancierung eines neuen Volksbegehrens vorangetrieben. Im September begann die Unterschriftensammlung für
die Initiative "Für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)". Sie verlangt generell eine "angemessene" Vertretung der Frauen in den Institutionen und Verwaltungen auf Bundesebene. Im einzelnen wird festgehalten, dass der Bundesrat mindestens drei Frauen zählen muss, dass bei den Nationalratswahlen in keinem Wahlkreis (d.h. Kanton) die Differenz zwischen der Zahl der männlichen und der weiblichen Abgeordneten mehr als eins betragen darf, und dass die Vollkantone je eine Frau und einen Mann in den Ständerat zu delegieren haben. Im Gegensatz zur ersten, nicht zustandegekommenen Initiative "Nationalrat 2000" wird die konkrete Ausgestaltung der Wahlprozeduren dem Gesetzgeber überlassen
[1].
In einer Abstimmung unter Namensaufruf lehnte es der Nationalrat ab, der in eine Petition umgewandelten nicht zustandegekommenen Volksinitiative für eine geschlechtsparitätische Besetzung des Nationalrats ("Nationalrat 2000") Folge zu geben. Im Zusammenhang mit der Ersatzwahl in den Bundesrat reichte Nationalrätin Bär (gp, BE) auch eine parlamentarische Initiative ein, welche für beide Geschlechter eine "angemessene Vertretung im Bundesrat" fordert
[2].
In seiner Antwort auf eine Frage Gonseth (gp, BL) gab Bundeskanzler Couchepin bekannt, dass im Rahmen der Neubestellung des Grossteils der insgesamt 255
ausserparlamentarischen Kommissionen der Anteil der weiblichen Mitglieder auf 16% angestiegen sei
[3].
Regierung
Am 13. Januar gab der Chef des EDA, der Neuenburger
René Felber (sp), bekannt, dass er aus gesundheitlichen Gründen nach fünfeinhalbjähriger Amtszeit auf Ende März zurücktreten werde. Der abtretende Bundesrat wurde allgemein für sein europapolitisches Engagement und für sein Bestreben, die Aussenpolitik dem Volk näher zu bringen, gewürdigt
[4].
In den Spitzen der vier Bundesratsparteien herrschte Einigkeit, dass der
frei werdende Sitz bei der SP verbleiben sollte. Ebenso unumstritten war, dass, gerade nach der Majorisierung der französischsprachigen Schweiz in der EWR-Abstimmung vom 6. Dezember 1992, wieder eine Person aus dieser Sprachregion gewählt werden sollte, wobei der Kanton Waadt infolge des Sitzes von J.-P. Delamuraz allerdings ausschied. Die Leitung der SP selbst machte rasch deutlich, dass es ihr sehr wichtig sei, eine Frau in die Landesregierung zu bringen. Mit diesen Vorgaben war die Auswahl bereits stark eingeengt. Die im Herbst 1991 in den Nationalrat gewählte Genferin
Christiane Brunner war die einzige sozialdemokratische Politikerin, welche diese regionalen Voraussetzungen erfüllte und gleichzeitig auch ausserhalb ihres eigenen Kantons bekannt war. Die 46jährige Juristin hatte erstmals im Sommer 1991 als eine der Hauptinitiantinnen des Frauenstreiks landesweit auf sich aufmerksam gemacht und war Ende 1992 zur Präsidentin des SMUV gewählt worden. Sie wurde von der Genfer SP-Sektion für den Bundesrat portiert
[5].
Während die Kantonalparteien der SP noch über allfällige Nominationen diskutierten, publizierten einige Medien schon Meinungsumfragen, welche Brunner mit grossem Vorsprung an der Spitze der Popularitätsliste sahen. Unmittelbar nach der ersten Nennung von möglichen Kandidierenden befasste sich die Boulevardzeitung Blick auch bereits mit deren Privatleben und warnte, dass die Tatsache, dass Brunner geschieden sei, nicht zu einer "Schlammschlacht" führen dürfe. Zu einer "
Schlammschlacht" kam es dann allerdings nicht wegen ihres Familienlebens, sondern wegen eines anonymen Briefs, in welchem mit der Veröffentlichung von kompromittierendem Material aus dem Privatleben im Falle einer Wahl Brunners gedroht wurde. Bei aller Empörung über derartige anonyme Erpressungen zitierten namentlich die elektronischen Medien diese Anschuldigungen ausführlich, und CVP-Präsident Schmid (cvp, AI) verlangte im ersten Eifer eine "Unbedenklichkeitsüberprüfung". Überzeugender reagierte Brunner selbst, indem sie an einer Medienkonferenz die Anwürfe zurückwies und bekanntgab, dass sie eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung und übler Nachrede eingereicht habe
[6].
Neben Brunner wurden aber auch männliche Kandidaten ins Spiel gebracht. Als einziger verblieb schliesslich der von der Neuenburger SP vorgeschlagene Regierungs- und Nationalrat Francis Matthey. Der
Vorstand der SPS beschloss mit 80 Stimmen,
Brunner zu portieren ; neun hatten für
Matthey votiert, ein Antrag auf eine Doppelkandidatur wurde nicht gestellt. Matthey erklärte, dass er vor der Annahme einer allfälligen Wahl durch die Bundesversammlung zuerst mit der Fraktion und der Partei Rücksprache nehmen würde. In der für die Nomination schlussendlich zuständigen SP-Fraktion entfielen 32 Stimmen auf Brunner als offizielle Kandidatin und 10 auf Matthey; mit 27 gegen 13 Stimmen wurde von einer Doppelkandidatur abgesehen
[7]. Die Fraktionen der drei bürgerlichen Bundesratsparteien verzichteten darauf, eine Wahlempfehlung abzugeben; die Ansprüche der SP und der französischsprachigen Schweiz blieben aber unbestritten
[8].
Am
3. März schritt die Vereinigte Bundesversammlung zur Wahl. Im ersten Wahlgang fielen bei einem Mehr von 120 Stimmen deren 117 auf Matthey und bloss 101 auf Brunner. Im zweiten Wahlgang wurde
Matthey mit 130 Stimmen gewählt, Brunner erhielt deren 108. Matthey erklärte darauf, dass er wie angekündigt erst nach
Rücksprache mit seiner Fraktion über die Annahme dieser Wahl entscheiden wolle. In dieser Aussprache votierten die Fraktionsmitglieder für eine Nichtannahme und für eine Konsultation der Parteibasis. Nachdem Matthey die Bundesversammlung um eine längere Bedenkzeit gebeten hatte, beschloss diese, in einer Woche wieder zusammenzutreten, um den Entscheid Mattheys entgegenzunehmen
[9].
Die Reaktionen auf diese
zweite Nichtwahl einer offiziellen SP-Kandidatin — 1983 hatte das Parlament anstelle von Lilian Uchtenhagen Otto Stich gewählt — fielen sehr heftig aus. Bereits während des Wahlaktes demonstrierten rund 500 Frauen vor dem Bundeshaus für die Wahl Brunners. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen sprachen empört von Affront und männlicher Machtpolitik. Andere Frauen sahen einen Teil der Verantwortung auch bei der SP, welche an der zwar von den Medien unterstützten, im Parlament aber offensichtlich nicht mehrheitsfähigen Alleinkandidatur Brunners festgehalten hatte
[10].
Die Mitglieder der SP reagierten rasch und heftig. Von einer Reihe von Sektionen wurde die Parteileitung aufgefordert, an der Kandidatur Brunner festzuhalten und im Falle einer erneuten Nichtwahl aus der Regierung auszutreten. Einzig die SP des Kantons Neuenburg sprach sich für eine Wahlannahme Mattheys aus. Die bereits als neue Kandidatin gehandelte SP-Fraktionschefin Ursula Mauch (AG) gab bekannt, dass sie auf keinen Fall kandidieren werde, um den zweiten Bundesratssitz der Westschweiz nicht zu gefährden
[11].
Hingegen tauchte der bereits in den Vorabklärungen gefallene Name von
Ruth Dreifuss wieder auf. Die 53jährige Sekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds ist französischer Muttersprache und in Genf aufgewachsen; infolge ihrer beruflichen Tätigkeit war sie aber seit gut zwanzig Jahren in Bern wohnhaft. Sie hatte dort auch bereits im städtischen Parlament gesessen und auf der SP-Nationalratswahlliste figuriert, aber noch kein kantonales politisches Amt ausgeübt. Damit galt nach dem Garantiegesetz der Wohnort als ausschlaggebend für die Kantonszugehörigkeit. Von verschiedener Seite wurde die Idee geäussert, dass bei einer Deponierung ihrer Schriften in Genf einer Wahl aus rechtlichen Gründen nichts entgegenstehen würde. Politisch, nicht aber vom Alter und Erscheinungsbild her, waren nach allgemeiner Einschätzung kaum Unterschiede zwischen den beiden Gewerkschafterinnen auszumachen
[12].
Die Sitzung des Vorstands der SP vom 6. März in Zürich wurde begleitet von einer rund 8000 Personen zählenden Demonstration für Brunner. Der Vorstand beschloss, dass für ihn nur die Wahl einer französischsprachigen Gewerkschafterin akzeptabel sei. Die Empfehlung an die Fraktion, an einer Alleinkandidatur Brunner festzuhalten, wurde mit 50:40 Stimmen freilich nur relativ knapp gutgeheissen. Zwei Tage später besch
loss die SP-Fraktion, sowohl Dreifuss als auch Brunner zur Wahl vorzuschlagen. Der gewählte Matthey erklärte, dass er diesen Vorschlag akzeptiere, um eine Regierungskrise zu verhindern
[13].
Am
10. März trat die Bundesversammlung erneut zusammen. Vor dem Bundeshaus demonstrierten rund 10 000 Frauen und Männer für die Wahl Brunners
[14].
Matthey erklärte, dass er die vor einer Woche erfolgte Wahl nicht annehme, da er von der SP-Fraktion nicht unterstützt werde. Für diesen nun eingetretenen Fall einer Nichtannahme hatte die SVP-Fraktion eine Verschiebung der Wahl um eine Woche vorgeschlagen. Sie begründete diesen Antrag damit, dass die zwei Tage zuvor nominierte Kandidatin Dreifuss noch zuwenig bekannt sei. Zudem könne unter diesen Begleitumständen — gemeint war damit vor allem die gleichzeitig auf dem Bundesplatz stattfindende Demonstration — eine seriöse Wahl nicht vorgenommen werden. Der auch von den Liberalen, der AP und der SD/Lega unterstützte Ordnungsantrag wurde mit 117 zu 62 Stimmen abgelehnt
[15].
Vor dem Wahlgang kam es nochmals zu einer kurzen Diskussion. Die LP gab bekannt, dass sie keine der beiden Kandidatinnen unterstützen werde, und die FDP rief zur Wahl von Ruth Dreifuss auf. Im ersten Wahlgang erhielten Brunner und Dreifuss fast gleich viele Stimmen (90 resp. 92). Deren 54 entfielen auf die freisinnige Nationalrätin Spoerry (ZH), welche daraufhin erklärte, dass sie nicht kandidiere und die Stimmen einer welschen Frau gegeben werden sollten. Auch im zweiten Wahlgang erreichte keine der Kandidatinnen das absolute Mehr; aber Dreifuss steigerte sich auf 112 Stimmen. Brunner kam noch auf deren 86; sie forderte daraufhin diejenigen, welche ihr die Stimme gegeben hatten, zur Unterstützung von Dreifuss auf.
Im dritten Wahlgang wurde Ruth Dreifuss bei einem absoluten Mehr von 96 Stimmen — die Vertreter der AP sowie ein Teil der SD/Lega-Fraktion hatten den Saal verlassen, 38 Abgeordnete legten leer ein —
mit 144 Stimmen gewählt. Sie nahm die Wahl an, womit der Kanton Genf seit 1919 erstmals wieder in der Landesregierung vertreten ist
[16].
Die am folgenden Tag vorgenommene
Departementsverteilung entsprach weitgehend den Erwartungen. Flavio Cotti wechselte ins EDA, für welches auch Koller Interesse nachgesagt worden war, und überliess damit der Neugewählten das von ihr bevorzugte Departement des Innern
[17].
Konkrete politische
Gründe für die Nichtwahl Brunners liessen sich eigentlich kaum ausmachen. Sie hatte zwar seinerzeit der GSoA-Initiative für eine Abschaffung der Armee zugestimmt, das traf aber auch auf Dreifuss zu. Sowohl bürgerliche als auch linke Kommentatoren ordneten sie — wie auch Matthey und die schliesslich gewählte Dreifuss — dem gemässigt-reformistischen Flügel innerhalb der SP zu
[18]. Dass es auch nicht um die Frage ging, ob der Bundesrat ein reines Männergremium bleiben soll, zeigte die Wahl von Ruth Dreifuss. Ausschlaggebend dürfte wohl gewesen sein, dass die jugendlich und spontan wirkende Brunner dem Rollenverständnis einer Mehrzahl der Parlamentarier nicht entsprach. Darüber hinaus zeigte der Wahlvorgang aber auch auf, dass sowohl der SP als auch den drei bürgerlichen Regierungsparteien zumindest momentan ausserordentlich viel an der Beibehaltung der sogenannten Zauberformel für die Regierungszusammensetzung gelegen war
[19].
Die Ersatzwahl für den Bundesrat hatte auch Auswirkungen auf
kantonale Wahlen. Der Anteil der in kantonale Parlamente gewählte Frauen stieg stark an: in Solothurn verdreifachte er sich auf 34%, in Neuenburg kam es zu einer Verdoppelung auf 28%, im Aargau zu einem Anstieg von 18% auf 31% und sogar das diesbezüglich besonders konservative Wallis konnte sich dem mit "
Brunner-Effekt" bezeichneten Phänomen nicht ganz entziehen und steigerte den Frauenanteil im Grossen Rat von 7% auf 11 %
[20].
Die Vereinigte Bundesversammlung wählte am 8. Dezember bei einem absoluten Mehr von 111 Stimmen Otto Stich mit deren 167 zum Bundespräsidenten für das Jahr 1994. Kaspar Villiger wurde mit 198 Stimmen zum Vizepräsidenten gewählt
[21].
Die Ersatzwahl löste auch eine Reihe von parlamentarischen Initiativen zum Prozedere der Bundesratswahl aus. So verlangten Robert (gp, BE) und Hämmerle (sp, GR) die
Volkswahl mit einer Quotenregelung für die Sprachregionen und — zumindest Hämmerle — auch für die Geschlechter. Diese Quoten möchte auch Gross (sp, ZH) einführen. Er will die Wahl jedoch weiterhin der Bundesversammlung überlassen, schlug aber die Einführung des Proporzsystems vor
[22].
Am besten stehen die Realisierungschancen für die Forderung nach einer Revision der Verfassungsvorschrift, welche verlangt, dass
nicht zwei amtierende Mitglieder der Landesregierung aus dem selben Kanton stammen dürfen. In Form von parlamentarischen Initiativen verlangten die LdU/EVP-Fraktion, sowie die Nationalräte Ruf (sd, BE) und Wanner (fdp, SO), dass maximal zwei Bundesräte aus dem gleichen Kanton kommen dürfen; der Genfer Ducret (cvp) postulierte gar die Streichung des Verfassungsartikels
[23].
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats kam zum Schluss, dass dieses Problem sofort gelöst werden sollte. Um das Verfahren abzukürzen, formulierte sie im Einklang mit den erwähnten Initianten eine eigene parlamentarische Initiative mit dem Antrag,
den entsprechenden
Verfassungsartikel 96, Absatz 1, Alinea 2 BV
ersatzlos zu streichen. In der Begründung zu ihrer Forderung führte sie aus, dass die im letzten Jahrhundert wichtigen Konfliktlinien zwischen den Kantonen, namentlich zwischen den katholischen einerseits und den drei grossen protestantischen (Zürich, Bern und Waadt) andererseits, weitgehend verschwunden seien. Zudem könne davon ausgegangen werden, dass die Bundesversammlung als Wahlbehörde von sich aus dafür sorgen werde, dass es nicht zu einer massiven und dauerhaften Übervertretung einzelner Kantone kommen werde. Die Erfahrung bei der Berücksichtigung der verschiedenen Sprachregionen mache deutlich, dass es dazu keiner geschriebener Vorschriften bedürfe
[24]. Im Ständerat hatte Schiesser (fdp, GL) mit einer parlamentarischen Initiative ebenfalls die Streichung der Kantonsklausel verlangt. Der Rat gab dieser Initiative mit relativ knappem Mehr Folge, allerdings mit dem Vorbehalt, dass dieser Entscheid nur bedeute, dass die Frage von der Staatspolitischen Kommission im Rahmen der Regierungsreform überprüft werden soll
[25].
Im Juni gab der Bundesrat seinen
Vorentwurf für eine "Regierungsreform 93" in eine kurze Vernehmlassung. Dieser als Sofortmassnahme konzipierte Vorschlag kann über eine Gesetzesrevision verwirklicht werden; die eine Verfassungsrevision voraussetzenden Vorschläge der Arbeitsgruppe Eichenberger möchte der Bundesrat erst zu einem späteren Zeitpunkt angehen. Die Reform sieht vor, dass
jeder Departementsvorsteher zu seiner Entlastung einen bis drei Staatssekretäre einstellen kann, wobei er flexibel über deren Einsatz entscheiden darf. Die Wahl soll allerdings durch den Gesamtbundesrat erfolgen. Da diese Staatssekretäre mit beratender Stimme an Bundesratssitzungen teilnehmen können, dürften sie auch im Verkehr mit dem Ausland und mit dem Parlament als Regierungsvertreter anerkannt werden. In der als Konferenz durchgeführten Vernehmlassung gaben die Bundesratsparteien ihr grundsätzliches Einverständnis zu den zusätzlichen Staatssekretären, regten jedoch eine präzisere Definition ihrer Funktion an. Die drei bürgerlichen Parteien verlangten zudem wenigstens eine Bestätigung ihrer Wahl durch das Parlament, um ihr politisches Gewicht, namentlich auch im Verkehr mit dem Ausland, zu vergrössern
[26].
In seiner Ende Oktober dem Parlament zugeleiteten Botschaft nahm der Bundesrat die verlangte Präzisierung der Aufgaben der Staatssekretäre vor. Dabei legte er fest, dass diese auch Führungsaufgaben bei der Verwaltung der Departemente oder bei der Leitung einzelner Bundesämter übernehmen sollen. Er beharrte aber darauf, ihre Wahl in vollständig eigener Kompetenz vornehmen zu dürfen; als Hauptargument gegen eine parlamentarische Bestätigung führte er die Gefahr einer Verpolitisierung von Personalentscheiden an. Für die später zu verwirklichende grundlegendere Regierungsreform folgte der Bundesrat den
Empfehlungen der Arbeitsgruppe Eichenberger, und schloss sowohl den Wechsel zu einem präsidialen System als auch zu einem parlamentarischen Konkurrenzsystem aus. Von den ursprünglich diskutierten Modellen verbleiben – zumindest für den Bundesrat – noch deren zwei in der Wahl: die Erhöhung der Zahl der Bundesräte und die Bildung einer zweistufigen Exekutive mit einem Regierungskollegium und Fachministern
[27].
Die vorberatende Kommission des Ständerates trat zwar oppositionslos auf die "Regierungsreform 93" ein, verlangte von der Verwaltung aber zusätzlich eine ausformulierte Variante mit einem parlamentarischen Bestätigungsrecht für die Wahl der Staatssekretäre
[28].
Verwaltung
In der Dezembersession des Vorjahres hatten beide Parlamentskammern mit Motionen verlangt, dass in Zeiten angespannter Bundesfinanzen und schlechter Wirtschaftslage der
Teuerungsausgleich für das Bundespersonal nicht mehr vollständig gewährt werden muss
[29]. Im Oktober legte der Bundesrat eine Botschaft vor, in welcher er die Aufhebung des im Sommer 1992 erneuerten Bundesbeschlusses über den Teuerungsausgleich beantragte und vorschlug, mit einer entsprechenden neuen Bestimmung im Beamtengesetz der Regierung die Kompetenz zur Festlegung dieses Ausgleichssatzes zu erteilen. Die Bestimmung selbst ist dabei allgemein gehalten; in der Botschaft wird aber versichert, dass die Regierung, wie vom Parlament gefordert, bei der Festsetzung des Teuerungsausgleichs auf die Bundesfinanzen und die wirtschaftliche Lage Rücksicht nehmen werde.
Mit dieser
Revision des Beamtengesetzes soll auch die 1990 vom Parlament verlangte
Flexibilisierung der Anstellungsverhältnisse bei Kaderstellen ermöglicht und die Grundlage für die Einführung einer Leistungskomponente bei Lohnerhöhungen geschaffen werden. Das wichtigste Element bei der Flexibilisierung besteht in der Ersetzung der vierjährigen Amtsdauer für die zur Zeit knapp 500 Kaderstellen der Überklasse (inkl. PTT und SBB) durch ein kündbares öffentlichrechtliches Anstellungsverhältnis. Allzuweit soll diese Flexibilisierung allerdings nach dem Willen des Bundesrates nicht gehen. Die durch eine Abgangsentschädigung im Umfang von maximal zwei Jahreslöhnen versüsste Auflösung des Dienstverhältnisses ist nur für politisch und strategisch wichtige Kaderposten vorgesehen. Bei allen übrigen soll ein Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung in anderer Funktion bestehen, wobei noch zwei Jahre lang der bisherige Lohn ausbezahlt wird
[30].
Das stark angewachsene Budgetdefizit veranlasste den Bundesrat im November zu
Sofortmassnahmen in der Frage des Teuerungsausgleichs für das Bundespersonal. Er beantragte einen dringlichen Bundesbeschluss, um bereits für das Budget 1994 ein Abweichen vom vollen Ausgleich zu ermöglichen und den für 1994 auszubezahlenden Teuerungsausgleich bei einer erwarteten Teuerung von 2,7% auf 1,7% festzusetzen. Gegen den Widerstand der Sozialdemokraten Onken (TG) und Plattner (BS) sowie der beiden Tessiner Vertreter Salvioni (fdp) und Morniroli (lega) fand dieser Antrag im Ständerat Zustimmung. Auch im Nationalrat blieben die Sozialdemokraten mit ihrem Nichteintretensantrag mit 106 zu 43 Stimmen in der Minderheit. Der Nationalrat wollte vorerst noch weiter gehen, und den Bundesrat explizit dazu ermächtigen, auf hohen Einkommensteilen keinen Teuerungsausgleich zu entrichten. Schliesslich fügte er sich aber dem Ständerat, der damit argumentiert hatte, dass diese Option bereits mit der durch ihn in den Beschluss eingeführten Bestimmung gewährleistet sei, dass soziale Aspekte zu berücksichtigen seien. Gegen den Widerstand der Linken und der Lega stimmten beide Räte der Dringlichkeitsklausel zu. Mit dem Verzicht auf den vollen Ausgleich der Teuerung folgte der Bund dem Beispiel, das mehr als die Hälfte der Kantone bereits 1992 gegeben hatten
[31].
Die
sprachliche Zusammensetzung des Personals der allgemeinen Bundesverwaltung hat sich in den letzten Jahren der Verteilung der Sprachgruppen unter den Schweizer Bürgern angepasst: die Deutschsprachigen waren im Dezember 1993 bei einem Bevölkerungsanteil von 73,4% mit einer Quote von 74,4% nur noch geringfügig übervertreten. Diese Entwicklung ist zu einem guten Teil gezielten Massnahmen bei der Rekrutierung zu verdanken. Der Nationalrat überwies eine Motion Comby (fdp, VS), welche verlangt, dass die entsprechenden Weisungen präzisiert und verbindlich erklärt werden, um den Anteil der Nichtdeutschsprachigen weiter zu verbessern
[32].
Das Parlament hatte 1989 mit der Überweisung einer Motion der PUK-EJPD die Trennung der bis jetzt in der Funktion des
Bundesanwalts vereinigten Aufgaben des öffentlichen Anklägers und des Leiters der Ermittlungen der gerichtlichen Polizei verlangt. Um dieses Ziel zu verwirklichen, schlug der Bundesrat nun eine Änderung des Gesetzes über die Bundesrechtspflege vor. Er beantragte dabei, die gerichtliche und die präventive (politische) Polizei vollständig der Bundespolizei zuzuordnen und die Bundesanwaltschaft zu einer kleinen, vom Parlament gewählten und vom Bundesrat unabhängigen Anklagebehörde des Bundes umzugestalten
[33]. Im Dezember wählte der Bundesrat
Carla del Ponte als Nachfolgerin für den auf Ende Jahr zurücktretenden Willy Padrutt zur neuen Bundesanwältin. Die Tessinerin hatte sich als kantonale Staatsanwältin einen ausgezeichneten Ruf als mutige Kämpferin gegen das internationale organisierte Verbrechen geschaffen
[34].
Die vom Nationalrat im Vorjahr überwiesene Motion, welche den Bundesrat beauftragt, die von der Verwaltung ausgeübten Tätigkeiten systematisch auf Einsparungsmöglichkeiten hin zu überprüfen, überwies der Ständerat bloss als Postulat, da seiner Ansicht nach entsprechende Aufträge bereits erteilt und rechtlich festgeschrieben worden sind
[35].
Für eine offenere Informationspolitik der Bundesverwaltung setzte sich Nationalrat Hess (cvp, ZG) ein. Mit einer Motion verlangte er die
Ersetzung des heute geltenden Vertraulichkeitsprinzips durch den Grundsatz Öffentlichkeit mit Geheimnisvorbehalt, wie ihn Schweden, Frankreich, die Niederlande, die USA, Kanada, Australien und — mit der neuen Verfassung — auch der Kanton Bern kennen. Nachdem Arnold Koller angekündigt hatte, dass der Bundesrat noch in dieser Legislatur über ein Modell für eine verbesserte Transparenz über Verwaltungsvorgänge entscheiden werde, wandelte der Rat den Vorstoss in eine Postulat um
[36].
Parlament
Nachdem das Volk im Herbst 1992 einen Ausbau der persönlichen Infrastruktur und eine Verbesserung der Entlöhnung der Parlamentarier abgelehnt hatte, beantragte das Büro des Nationalrats nun mit einer parlamentarischen Initiative eine
Erhöhung der 1990 letztmals heraufgesetzten
Beiträge an die Fraktionen um real rund 15%. Der Grundbeitrag sollte gemäss diesem Vorschlag von 50 000 auf 70 000 Fr., der Beitrag pro Mitglied von 9000 auf 12 000 Fr. steigen. Gleichzeitig sprach sich das Büro gegen eine parlamentarische Initiative Stucky (fdp, ZG) für eine Erhöhung der persönlichen Bezüge für Parlamentarier aus. Der Nationalrat lehnte einen Antrag Leuba (lp, VD), welcher lediglich den Ausgleich der Teuerung verlangt hatte, ab und verabschiedete den Beschluss mit 71:37 Stimmen. Im Ständerat fand das Anliegen weniger freundliche Aufnahme. Zuerst war ein Stichentscheid des Präsidenten erforderlich, um überhaupt auf das Geschäft eintreten zu können. Dann beschloss der Rat auf Antrag seines Büros, nur die aufgelaufene Teuerung auszugleichen. Da sich der Nationalrat diesem Entscheid fügte, erhalten die Fraktionen in Zukunft einen Grundbeitrag von 58 000 Fr. und einen Beitrag von 10 500 Fr. je Mitglied
[37].
Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat einer Motion Schmid (gp, TG) zu, die eine
Erhöhung der Vorsorgeentschädigung für Parlamentarier verlangt. Damit soll ein Manko bei der beruflichen Vorsorge ausgeglichen werden, das den Mandatsinhabern aus dem teilweisen Verzicht auf ihre ordentliche Erwerbsarbeit entsteht
[38].
Der Nationalrat hatte im Vorjahr in erster Lesung die
Einrichtung eines elektronischen Abstimmungssystems abgelehnt. Die Kommission legte zuhanden der zweiten Lesung einige Abänderungsanträge vor. So schlug sie ein technisches Verfahren vor, das sicherstellen soll, dass nicht auch für abwesende Banknachbaren und -nachbarinnen gestimmt werden kann. Sie beantragte zudem eine Erweiterung der Anwendung: Das neue System soll in der Regel für alle Abstimmungen verwendet werden. Da das bisherige Aufstehen entfällt, soll das Votum der einzelnen Abgeordneten auf einer Anzeigetafel sichtbar sein. Dabei werden sämtliche Abstimmungsergebnisse gespeichert; Namenslisten mit dem individuellen Verhalten sollen dann veröffentlicht werden, wenn dies 30 Ratsmitglieder verlangen, sowie bei Gesamt- und Schlussabstimmungen und bei Beschlüssen über die Dringlichkeitsklausel
[39].
Der Nationalrat lehnte einen von den Fraktionen der AP und der FDP sowie einem Teil der CVP unterstützten Nichteintretensantrag Ruf (sd, BE) ab, der vor allem mit den hohen Kosten und der Missbrauchsgefahr begründet wurde. In der Detailberatung wurde ein Antrag Poncet (1p, GE) knapp abgelehnt, der Interessierten Einsicht in alle gespeicherten Abstimmungsresultate geben wollte. Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung wurde in der Gesamtabstimmung mit 78:51 und in der Schlussabstimmung mit 99:67 Stimmen gutgeheissen
[40].
Der Nationalrat stimmte auch der Beschaffung eines
Funkrufsystems zu, wie es im Vorjahr ein überwiesenes Postulat Reimann (svp, AG) angeregt hatte. Mit dieser Einrichtung soll vermieden werden, dass nicht im Saal anwesende Parlamentarier wichtige Abstimmungen verpassen
[41].
Weitere Vorarbeiten für das Projekt einer
Erweiterung des Parlamentsgebäudes wurden, obwohl nach wie vor Raumknappheit besteht, vorläufig ad acta gelegt. Die damit befasste Kommission beantragte angesichts der stadtplanerischen und finanziellen Einwände, die von ihr selbst im Vorjahr eingereichte parlamentarische Initiative abzuschreiben
[42].
Ständerat Cottier (cvp, FR) und Nationalrat Engler (cvp, Al) reichten identische Motionen ein, in denen sie namentlich auch institutionelle Änderungen beim Gesetzgebungsprozess fordern. So soll beim
Kantonsreferendum die heute erforderliche Anzahl von acht beteiligten Kantonen gesenkt werden, damit beispielsweise die sechs mehrheitlich französischsprachigen Kantone eine Volksabstimmung verlangen können; zusätzlich möchten die Motionäre auch ein ähnlich ausgestaltetes Initiativrecht einführen. Vorgeschlagen wird in den Motionen auch ein Behördenreferendum, das einer qualifizierten parlamentarischen Minderheit erlauben würde, die Durchführung einer Volksabstimmung zu einem Parlamentsbeschluss zu verlangen. Schliesslich sollen bei den Parlamentsverhandlungen die Anliegen der Sprachminderheiten besser berücksichtigt werden. Deren Vertretern würde das Recht auf ein suspensives Veto eingeräumt, welches ein zusätzliches Differenzbereinigungsverfahren zur Folge hätte
[43].
Eine wesentlich weniger weit gehende
Aufwertung des Instruments der Standesinitiative beantragte die Staatspolitische Kommission des Ständerats. Dieses seit 1848 den Kantonen zustehende Vorschlagsrecht zuhanden des Parlaments hatte sich in den letzten Jahren zwar wachsender Beliebtheit erfreut, war aber vom Parlament ähnlich stiefmütterlich wie Petitionen behandelt worden. Dies hing auch damit zusammen, dass die Prozedur der parlamentarischen Behandlung nicht sehr präzis definiert war. Die Kommission schlug nun vor, die Standesinitiativen gleich zu behandeln wie parlamentarische Initiativen, mit der Ausnahme, dass die Vorprüfung, also der Entscheid, ob ihnen Folge zu leisten sei, von beiden Kammern durchgeführt werden muss. Im positiven Fall wird eine Kommission des einen Rates mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt. Nachdem auch der Bundesrat keine Einwände erhoben hatte, akzeptierten beide Ratskammern diese Neuerung oppositionslos, wobei zu Jahresende noch eine kleine Differenz bestehen blieb: der Nationalrat sprach sich für eine obligatorische, der Ständerat für eine bloss fakultative Anhörung des initiierenden Kantons aus
[44].
Die im Nachgang zu den PUK-Berichten an die Hand genommenen Arbeiten für die
Verbesserung der Oberaufsicht des Parlaments konnten abgeschlossen werden. Bei den Akteneinsichtsrechten der Delegationen der GPK wurde zwischen Bundesrat und Parlament ein Kompromiss gefunden. Letzteres verzichtete zugunsten einer Generalklausel darauf, diejenigen Fälle, in denen der Bundesrat die Herausgabe von Akten verweigern darf, auf einige, genau definierte Fälle zu limitieren
[45].
Der Ständerat nahm als Erstrat vom Leitbild für die Arbeit der neu geschaffenen Delegationen der Geschäftsprüfungskommissionen in zustimmendem Sinne Kenntnis
[46].
Die Renovationsarbeiten am Nationalratssaal boten den äusseren Anlass, die ordentliche Herbstsession zum erstenmal seit 1848 nicht in der Bundesstadt abzuhalten. Bereits früher hatte der Genfer Ziegler (sp) erfolglos gefordert, mit der Durchführung von Parlamentssitzungen ausserhalb von Bern die Ideen des Föderalismus und des nationalen Zusammenhalts zu stärken. Die Majorisierung der französischsprachigen Schweiz in der EWR-Abstimmung hatte nun die Freisinnigen Fischer (AG), Früh (AR) und Tschopp (GE) veranlasst, eine Verlegung ins Internationale Kongresszentrum in Genf anzuregen. Gegen den Antrag seines Büros, welches sich aus Kostengründen gegen diese Dislozierung des Parlaments und seines Mitarbeiterstabes wandte, stimmte das Plenum dem Vorschlag zu. Im Ständerat brauchte es den Stichentscheid des Präsidenten Piller (sp, FR), um diesen Beschluss zu bestätigen
[47]. Die
vom 20. September bis zum 8. Oktober in Genf durchgeführte Herbstsession war in ein umfangreiches Rahmenprogramm eingebettet und wurde allgemein als Erfolg gewertet
[48].
Gerichte
Nach der 1990 erfolgten Ablehnung der Revision der Bundesrechtspflege durch das Volk und der 1992 in Kraft getretenen kleinen Reform, welche auf die umstrittenen Punkte verzichtete, unternahm der Bundesrat einen neuen Anlauf. Das EJPD setzte eine
Expertenkommission für die Vorbereitung einer umfassenden Revision ein. Diese soll unter anderem auch die Opportunität der Bildung von speziellen Kammern (z.B. für Steuerfragen) und der Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit überprüfen
[49].
Volksrechte
Im Berichtsjahr wurde sechs Referenden gegen Beschlüsse der Bundesversammlung eingereicht (davon zwei gegen Beschlüsse aus dem Jahre 1992). Die Opposition kam dreimal von der linken und ebenfalls dreimal von der rechten Seite des politischen Spektrums. In den drei Fällen, wo die Volksabstimmung noch im gleichen Jahr erfolgte, setzte sich jeweils der Parlamentsbeschluss durch. Das Volk stimmte auch allen sieben Entscheidungen der Bundesversammlung zu, die ihm im Rahmen des obligatorischen Referendums vorgelegt worden sind.
Von den
sechs Volksinitiativen, die im Berichtsjahr zur Abstimmung gelangten, vermochte sich nur eine (1. August) durchzusetzen; die fünf übrigen wurden von Volk und Ständen abgelehnt (Tierschutz, Waffenplätze, Kampfflugzeuge, Alkohol- und Tabakwerbung). Da im gleichen Zeitraum sechs neue Initiativen eingereicht worden sind (Jugend ohne Drogen, Abschaffung der Direkten 'Bundessteuer, pro-EWR, gegen illegale Einwanderung, Wohneigentum und Schutz vor Gentechnologie), betrug die Zahl der zu Jahresende hängigen, d.h. eingereichten, dem Volk aber noch nicht zum Entscheid vorgelegten Volksinitiativen unverändert 16. Neu lanciert wurden im Berichtsjahr sieben Initiativen, wovon eine (pro-EWR) noch vor Jahresende eingereicht werden konnte
[50].
In seiner Antwort auf ein Postulat Caccia (cvp, TI) versicherte der Bundesrat, dass er die Weiterführung der politischen Statistik durch das Bundesamt für Statistik für notwendig erachte
[51].
Auf Antrag seiner Staatspolitischen Kommission beschloss der Nationalrat, einer parlamentarischen Initiative Rebeaud (gp, GE), welche sowohl ein Verbot für den Massenversand von Unterschriftenlisten als auch für die
Entlöhnung von Unterschriftensammlern gefordert hatte, keine Folge zu geben. Beide Vorschläge wurden als nicht praktikabel beurteilt
[52].
Im März befasste sich der Nationalrat mit
Massnahmen gegen die vor allem in grossen Kantonen als zu gross empfundene Anzahl von Listen bei den Nationalratswahlen. Da der Bundesrat in Aussicht gestellt hatte, noch im laufenden Jahr seine Vorschläge für eine Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte vorzulegen, in welcher auch dieses Thema angeschnitten würde, entschied sich der Nationalrat dafür, einer 1991 eingereichten parlamentarischen Initiative Spoerry (fdp, ZH) keine Folge zu geben. Immerhin verabschiedete er eine Motion, welche generell entsprechende Massnahmen verlangt. Da das in der Initiative Spoerry enthaltene Verbot von Listenunterverbindungen sowohl in der vorberatenden Staatspolitischen Kommission als auch im Plenum stark umstritten war, wurde es im Motionstext lediglich unverbindlich als Möglichkeit aufgeführt. Eine weniger umstrittene Motion des Nationalrats verlangte vom Bundesrat die Staffelung der für die Einreichung eines Wahlvorschlags erforderlichen Unterschriftenzahl nach der Kantonsgrösse
[53].
Am 1. September veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Teilrevision des aus dem Jahre 1976 stammenden Gesetzes über die politischen Rechte. Die Regierung stützte sich bei dieser Reform weitgehend auf Vorschläge, welche das Parlament in den letzten Jahren als Motionen oder Postulate überwiesen hatte. Grundlegende Änderungen werden jedoch keine angestrebt. Es ist insbesondere vorgesehen, gewissen Vollzugsschwierigkeiten zu begegnen, welche bei den Nationalratswahlen vor allem in den grossen Kantonen Bern und Zürich infolge der wachsenden Zahl von Listen und Kandidierenden aufgetreten waren. Engpässe wurden dabei bei der effizienten Ermittlung der Resultate ausgemacht. Probleme ergaben sich aber auch wegen der Verpflichtung der Behörden, sämtliche Listen zu drukken und zu verteilen. Der Bundesrat schlug deshalb vor, die Einreichung von sogenannten Juxlisten, welche zum vorneherein keine Wahlchancen haben, zu erschweren. Dazu soll die für die Anmeldung einer Liste erforderliche Zahl der Unterzeichner nach Kantonen abgestuft und für die grössten sechs von heute 50 auf maximal 200 erhöht werden. Zudem sollen die Verantwortlichen für Listen, welche nur eine sehr geringe Stimmenzahl erzielt haben, an den Druckkosten beteiligt werden. Unterlistenverbindungen möchte der Bundesrat in Zukunft verbieten, obwohl die Reaktion auf diesen Vorschlag in der Vernehmlassung mehrheitlich negativ ausgefallen war.
Um auf unnötige Wahlgänge zu verzichten, sollen in Kantonen mit nur einem Mandat die Nationalratswahlen auch still durchgeführt werden können. Die briefliche Stimmabgabe soll, wie sie in vielen Kantonen bereits praktiziert wird, voraussetzungslos möglich werden. Weil die grosse Flut von Listen und Kandidaturen es der Bundeskanzlei immer schwieriger machen, das Ergebnis der Nationalratswahlen vom zweitletzten Oktobersonntag bis zum Beginn der ordentlichen Wintersession Anfangs Dezember zu erwahren, möchte der Bundesrat zudem die Legislatureröffnungssession auf den Januar verschieben.
Auch im Bereich der direktdemokratischen Instrumente werden einige Änderungen vorgeschlagen. So sollen Volksinitiativen schneller behandelt werden. Während bisher dem Bundesrat und dem Parlament bei ausformulierten Begehren vier Jahre bis zum Beschluss über die Empfehlung zustanden, sollen sie neu spätestens drei Jahre nach ihrer Einreichung zur Volksabstimmung kommen. Bei Referenden schlägt der Bundesrat eine Verlängerung der Frist für das Sammeln von Unterschriften von 90 auf 100 Tage vor, will aber die Möglichkeit einer nachträglichen Beglaubigung der Unterschriften abschaffen.
Auf andere, ebenfalls vom Parlament angeregte Neuerungen, wie zum Beispiel die Offenlegungspflicht für die Finanzierung von Wahlkampagnen, die Entrichtung von Beiträgen an die Parteien für Kampagnekosten oder die Reglemetierung von Meinungsumfragen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen, verzichtete der Bundesrat in seiner Botschaft
[54].
Die Staatspolitische Kommission des
Nationalrats beantragte dem Plenum, die unbestrittenen Punkte der Vorlage bereits in der Dezembersession zu behandeln, um sie noch auf die nächsten Nationalratswahlen in Kraft treten zu lassen. Der Rat beschloss jedoch auf Antrag von Spoerry (fdp, ZH) und Iten (cvp, NW) und gegen den Widerstand der Linken und der Grünen, sich nicht auf die formalen Änderungen zu beschränken, sondern auch die umstrittenen Massnahmen gegen Juxlisten und Unterlistenverbindungen in die Beratung zu ziehen. In der Detailberatung folgte der Rat den Vorschlägen des Bundesrates sowohl für eine Erhöhung der Unterschriftenzahl für die Einreichung von Wahllisten in den grossen Kantonen als auch für die Druckkostenbeteiligung für erfolglose Listen. An dem von SP und GP bekämpften
Verbot von Unter-Unterlistenlistenverbindung hielt der Rat fest. Hingegen beschloss er auf Antrag seiner Kommission und gegen den Widerstand der AP, dass Unterlistenverbindungen für Gruppen gleichen Namens, die sich in bezug auf Geschlecht, Region oder Alter abgrenzen, weiterhin erlaubt sein sollen. Das revidierte Gesetz wurde gegen den Widerstand der SP, der GP und den Fraktionen LdU/EVP und SD/Lega zuhanden des Ständerats verabschiedet
[55].
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats veröffentlichte ihren Bericht zur parlamentarischen Initiative Zwingli (fdp, SG) für ein
Verbot von rückwirkenden Bestimmungen in Volksinitiativen. Die Kommissionsmehrheit beantragte, durch eine Revision von Art. 121 BV derartige Bestimmungen zu verbieten, da diese rechtsgültige Entscheide annullierten und damit die Rechtssicherheit gefährdeten. Eine praktisch gleich starke Minderheit sprach sich für die Beibehaltung der bisherigen liberalen Praxis aus. Ein Grund, weshalb Volksinitiativen in letzter Zeit oft mit Rückwirkungsklauseln versehen waren, bestand darin, dass sich nach Ansicht der Initianten die Behandlung ihres Begehrens ungebührlich verzögert hat. In der Kommission war der Antrag unbestritten, dass die maximale Behandlungsfrist für Volksinitiativen nicht mehr bis zum Abschluss der parlamentarischen Behandlung, sondern bis zur Volksabstimmung vier Jahre betragen soll. Der Bundesrat stellte sich in seiner Stellungnahme in bezug auf die Rückwirkung hinter den Nichteintretensantrag der Minderheit und schlug zudem vor, die Behandlungsfristen nicht auf Verfassungsstufe sondern im Rahmen der Revision des Gesetzes über die politischen Rechte zu regeln (s. oben)
[56].
Im
Nationalrat plädierten die Fraktionen der SP, der Grünen, von LdU/EVP und der SD/Lega sowie auch Bundeskanzler Couchepin im Namen des Bundesrates für Nichteintreten, blieben aber mit 95:69 Stimmen in der Minderheit. In der Detailberatung stimmte der Rat dem Verbot der Rückwirkungsklauseln zu. In bezug auf die maximale Behandlungsfrist für Initiativen beschränkte er sich darauf, in die Verfassung nur das Prinzip aufzunehmen, die Bestimmung dieser Frist jedoch dem Ausführungsgesetz zu überlassen
[57].
Die
Staatspolitische Kommission des Ständerats beschloss mit 6 zu 3 Stimmen, dem Plenum Nichteintreten auf das vom Nationalrat beschlossenen Verbot der Rückwirkung zu beantragen. Ein gewisser Handlungsbedarf ist allerdings auch für die Kommission gegeben, unter anderem auch bei der Behandlung von Initiativen, welche völkerrechtliche Verpflichtungen tangieren. Sie reichte deshalb eine Motion für eine umfassende Regelung der Gültigkeit von Volksinitiativen ein
[58].
Aus den Reihen der nationalrätlichen Gegner eines Verbots von rückwirkenden Bestimmungen wurde der Vorschlag gemacht, dass Geschäftsverkehrsgesetz dahingehend zu ändern, dass die Bundesversammlung auch Verwaltungsakte von ausserordentlicher Tragweite wieder in der Form eines referendumsfähigen allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses verabschieden kann, wie dies bis 1962 möglich war. Die Fronten im Nationalrat waren dieselben wie in der Frage des Verbots rückwirkender Bestimmungen: die bürgerliche Mehrheit lehnte die mit einer parlamentarischen Initiative Rechsteiner (sp, SG) angestrebte Erweiterung der direktdemokratischen Rechte ab
[59].
Der Nationalrat lehnte auf Antrag einer Mehrheit seiner Staatspolitischen Kommission auch die beiden parlamentarischen Initiativen Rychen und Seiler (beide svp, BE) für eine
Erhöhung der Unterschriftenzahl bei Referenden resp. Volksinitiativen ab. Hauptargument für die Initianten, die auch von den Mehrheiten der Fraktionen der FDP, der CVP und der SVP unterstützt wurden, war die Tatsache, dass seit der Einführung dieser Instrumente der geforderte Anteil der Unterzeichnenden am Total der Stimmberechtigten von 4,6% auf 1,1% (Referendum) resp. von 7,7 % auf 2,2% (Initiative) abgesunken ist
[60].
Im
Kanton Bern hiess das Volk in einer Variantenabstimmung zur neuen Kantonsverfassung die
Einführung des Konstruktiven Referendums gut. In Zukunft werden damit Referendumskomitees nicht bloss eine Volksabstimmung über einen Parlamentsbeschluss verlangen, sondern diesem auch einen konkreten Gegenvorschlag gegenüberstellen können
[61].
Im schweizerischen politischen System mit seiner Mischung aus direktdemokratischen und föderalistischen Elementen besteht die
Möglichkeit, dass bei Volksabstimmungen Volks- und Ständemehr differieren. Um dieses Risiko zu verringern, und um zudem den Machtzuwachs zu korrigieren, der sich im Laufe der Zeit zugunsten von kleinen Kantonen mit geringem Bevölkerungswachstum ergeben hat, schlug Leni Robert (gp, BE) mit einer parlamentarischen Initiative vor, dass ein Volksmehr nur durch ein qualifiziertes Ständemehr von 15,5 Kantonen zu Fall gebracht werden kann. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats lehnte diesen Vorstoss ab, da er dem in der Bundesverfassung von 1848 garantierten föderalistischen Prinzip widerspreche. Zudem besteht nach Meinung der Kommission auch kein Handlungsbedarf, sind doch bisher derartige divergierende Mehrheiten erst sechsmal vorgekommen (zuletzt 1983 beim Energieartikel). Der Nationalrat beschloss mit 99:52 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben
[62].
Der Nationalrat übernahm auch die Argumentation seiner Staatsrechtlichen Kommission, wonach es sich bei der Bestimmung von Art. 75 BV, dass für den Nationalrat nur Personen "weltlichen Standes", d.h.
keine Geistlichen wählbar sind, um ein sinnentleertes Relikt aus dem letzten Jahrhundert handle. Er stimmte oppositionslos dem Antrag zu, der im Vorjahr eingereichten parlamentarischen Initiative Sieber (evp, ZH) Folge zu geben und damit die Kommission zu beauftragen, eine Vorlage zur Streichung dieses Passus auszuarbeiten
[63].
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[1] BBl, 1993, III, S. 401 ff.; BaZ, 5.3.93; Presse vom 11.9.93. Vgl. SPJ 1992, S. 32. Zur Akzeptanz von Quotenregelungen bei den Stimmberechtigten siehe die Auswertung der UNIVOX-Umfrage durch S. Hardmeyer in Emanzipation, 1993, Nr. 10, S. 16 ff. Zur BR-Wahl siehe unten, Regierung.
[2] Petition: Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1329 ff. Bär: Verhandl. B. vers., 1993, II/III, S. 35. Zu den Vorstössen Gross (sp, ZH) und Hämmerle (sp, GR), die auch eine Sitzgarantie für Frauen fordern, siehe unten, Regierung. Vgl. SPJ 1991, S. 34.
[3] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1155. Vgl. SPJ 1992, S. 32 f.
[4] Presse vom 14.1.93. Siehe auch TAM, 20.3.93; Presse vom 31.3.93.
[5] Presse vom 14.1.93. Nomination SP-GE: Presse vom 19.1., 20.1. und 28.1.93. Von den bisherigen 99 Bundesräten hatten nur gerade drei weder dem nationalen Parlament noch einer kantonalen Regierung angehört (U. Altermatt in Lib., 13.12.93).
[6] Meinungsumfragen: z.B. 24 Heures, 22.1.93. Eheverhältnisse: Blick, 15.1.93. Anonyme Anschuldigungen: Blick, 3.2.93; Presse vom 4.2.-6.2.93; SoZ, 7.2.93. Strafanzeige: Presse vom 10.2.93; Suisse, 15.6.93. Vgl. dazu auch Lit. Duttweiler sowie Presse vom 12.6.-14.6.93.
[7] Matthey: Presse vom 14.1.-2.3.93; NZZ, 23.1.93 (Nomination). SPS: Presse vom 15.2. (Vorstand) und 20.2.93 (Fraktion).
[9] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 663 ff.; Presse vom 4.3.93.
[11] Presse vom 5.3. und 6.3.93 (SP-Basis und Mauch); Express, 5.3.93 (SP-NE).
[12] NZZ, 6.3.93. Zu Dreifuss vgl. auch Presse vom 9.3.93; Bund, 13.3.93; NQ und Suisse, 14.3.93; JdG, 19.3.93; Presse vom 20.3.93; NZZ, 2.4.93; TAM, 14.8.93.
[13] NQ, Sonntags-Blick, SoZ und Suisse vom 7.3.93; Presse vom 8.3.93. Während in Basel und Schaffhausen ebenfalls grosse Kundgebungen zugunsten Brunners stattfanden (BaZ und SN, 8.3.93), kam es in der Westschweiz nur zu vereinzelten kleineren Manifestationen (Dém., 8.3.93; NQ, 10.3.93).
[14] Das sonst während Sessionen übliche Demonstrationsverbot auf dem Bundesplatz war von den Berner Behörden in Absprache mit NR-Präsident Schmidhalter (cvp, VS) aufgehoben worden (Bund, 10.3.93).
[15] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 666 ff.; Presse vom 1.3.93. In der Geschichte des Bundesstaates war es bisher fünfmal zu einer Nichtannahme der Wahl zum Bundesrat gekommen; zum erstenmal geschah dies jetzt auf Druck einer Partei (vgl. dazu auch NZZ, 10.3.93). Von einigen Staatsrechtlern wurde die Durchführung dieser Wahl heftig kritisiert (vgl. NZZ, 1.4.93; BaZ, 17.5.93).
[16] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 666 ff.; Presse vom 1.3.93. Mit Ruth Dreifuss ist zum erstenmal eine Angehörige der jüdischen Religionsgemeinschaft in der Landesregierung vertreten.
[18] Siehe dazu beispielsweise NZZ, 14.1., 6.2. und 19.2.93; WoZ, 22.1.93; LNN, 13.2.93; TA, 18.2.93. Vgl. auch NZZ, 30.1.93 und Presse vom 10.3.93.
[19] Vgl. auch Presse vom 11.3. und 12.3.93 sowie WoZ, 12.3.93. Zu den Diskussionen um die einmal mehr gerettete Zauberformel siehe auch Bund, LNN, NZZ und TA vom 13.3.93; L. Neidhart in NZZ, 15.3.93; Y. Papadopulos in NQ, 16.3.93; NZZ, 26.3.93; P. Vollmer in Bund, 14.4.93.
[20] Siehe dazu unten, Teil I, 1e sowie Lit. Haas. Vgl. auch oben, Einleitung.
[21] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2617; Presse vom 9.12.93. Zu Stich siehe auch NQ und BaZ, 8.12.93 sowie Bund, LNN und LZ, 31.12.93. Zum Präsidialjahr von Ogi siehe Bund, 28.12.93; BaZ, 30.12.93.
[22] Verhandl. B.vers., 1993, II/III, S. 36 (Robert und Gross) resp. 37 (Hämmerle).
[23] Verhandl. B. vers., 1993, II/III, S. 35 (LdU, Wanner), 36 (Ruf) resp. 37 (Ducret).
[24] BBl, 1993, IV, S. 554 ff.
[25] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 731 ff.
[26] Presse vom 8.6., 9.7. und 19.8.93. Vgl. SPJ 1992, S. 33 f.
[27] BBl, 1993, III, S. 997 ff.; Presse vorn 26.10.93. Vgl. auch Lit. Arbeitsgruppe; K. Villiger in Documenta, 1993, Nr. 2, S. 17 ff.; Politische Rundschau, 72/1993, Nr. 3.
[29] Vgl. SPJ 1990, S. 39 und 1992, S. 36 f. Die Motion des NR fand auch im StR Zustimmung (Amtl. Bull. StR, 1993, S. 362). Diejenige des StR, welche auf die explizite Erwähnung der Berücksichtigung der sozialen Aspekte verzichtet hatte, wandelte der NR in ein Postulat um (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1178).
[30] BBl, 1993, IV, S. 512 ff.; Presse vom 22.10.93.
[31] BBl, 1993, IV, S. 249 ff.; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 851 ff., 961, 985 und 1132; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2212, 2286 ff. und 2591; BBl, 1993, IV, S. 565; AS, 1993, S. 3294; Presse vom 2.11.93. Vgl. SPJ 1992, S. 35 f. Siehe auch unten, Teil I, 5 (Voranschlag 1994). Kantone: AT, 6.1.93; NZZ, 30.10.93.
[32] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2521. Unter den im Frühjahr grösstenteils neu gewählten 3063 Mitgliedern der 255 ausserparlamentarischen Kommissionen sind die Französischsprachigen mit einem Anteil von 28% zu Lasten der Deutschsprechenden überproportional vertreten (AT, 12.8.93).
[33] BBl, 1993, III, S. 669 ff.; Presse vom 19.8.93. Vgl. SPJ 1989, S. 23 f.
[35] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 362 ff.
[36] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 981 f. Siehe auch unten, Teil I, 8c (Offizielle Informationstätigkeit) sowie Teil II, 1a (Berner Verfassung).
[37] BBl, 1993, III, S. 780 ff.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1581 ff., 2361 und 2589; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 898 ff. und 1130. Vgl. auch BaZ, 3.5.93 und SPJ 1992, S. 37 f.
[38] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 420. Vgl. SPJ 1992, S. 38.
[39] BBl, 1993, I, S. 79 ff. und 93 ff. Vgl. SPJ 1992, S. 39.
[40] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 491 ff. und 641; Bund, 19.3.93. Zu den Abstimmungen unter Namensaufruf im Berichtsjahr siehe die Tabelle im Anhang (
anhang_1993.pdf).
[41] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2176 ff.; TA, 3.12.93. Vgl. SPJ 1992, S. 39.
[42] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 466 f.; Bund, 24.2.93. Vgl. SPJ 1991, S. 42.
[43] Verhandl. B.vers., 1993, IV, S. 81 f. und 141; NZZ, 20.3.93. Vgl. dazu auch unten, Teil I, 1d (Beziehungen zwischen Bund und Kantonen).
[44] BBl, 1993, III, S. 334 ff. und 352; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 725 ff. und 1107; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2252 f.
[45] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 465 f., 1852 und 2044; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 728 f. und 793; BBl, 1993, III, S. 786 f. Vgl. SPJ 1991, S. 42 f.
[46] BBl, 1993, II, S. 297 ff.; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 391 ff.
[47] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1338 ff.; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 577 ff.; JdG und Suisse, 11.6.93; Presse vom 16.6., 18.6. und 19.6.93. Zu den Kosten siehe auch BaZ, 25.8.93; zu den Initianten JdG, 20.9.93. Ziegler: SPJ 1991, S. 45. Ziegler reichte nach der Genfer Session einen neuen Vorstoss für die Abhaltung einer Session pro Jahr ausserhalb von Bern ein (Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 133).
[48] Bund, 13.7.93; JdG, 20.7.93; TA, 6.8.93; Presse (v.a. JdG) vom 17.9.-9.10.93. Zur Renovation des Nationalratssaals siehe Bund und BZ, 23.11.93.
[49] NZZ, 22.6.93. Vgl. SPJ 1990, S. 43 f. und 1991, S. 45.
[50] Gesch.ber. 1993, S. 7 ff.; wf, Initiativen + Referenden, Zürich 1994. Zu den einzelnen Volksabstimmungen, Initiativen und Referenden siehe die Tabelle im Anhang (
anhang_1993.pdf) sowie die entsprechenden Sachkapitel.
[51] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 919 f.
[52] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 531 ff. Vgl. SPJ 1992, S. 42.
[53] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 537 ff.; Presse vom 20.3.93. Vgl. SPJ 1992, S. 42 f.
[54] BBl, 1993, III, S. 445 ff.; Presse vom 2.9.93. Vgl. SPJ 1990, S. 46 und 1991, S. 48. Zum Verzicht auf Publikationsvorschriften für Meinungsumfragen vgl. auch die Interpellation Büttiker (fdp, SO) in Amtl. Bull. StR, 1993, S. 418 ff. sowie LNN, 11.12.93. Zur brieflichen Stimmabgabe siehe auch TA, 10.11.93; NZZ, 18.11.93.
[55] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2323 ff. und 2467 ff.; Bund, 13.12. und 14.12.93.
[56] BBl, 1993, Il, S. 204 ff. und 222 ff.; Presse vom 8.4.93; Bund, 27.4.93. Vgl. SPJ 1992, S. 41 f. Siehe auch Lit. Graf und Wili.
[57] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 793 ff. und 818 ff.; Presse vom 29.4.93.
[59] BBl, 1993, II, S. 204 ff. und 222 ff.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 821 ff. Vgl. SPJ 1992, S. 42.
[60] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1293 ff. und 1342 ff.; BZ, 17.6.93; Presse vom 18.6.93. Vgl. SPJ 1992, S. 42.
[61] Vgl. dazu unten, Teil II, 1a. Siehe auch SPJ 1992, S. 41 sowie Lit. Bolz und Longchamp.
[62] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1918 ff. Bereits 1975 war ein ähnlicher Vorstoss Jaeger (Idu, SG) im NR gescheitert (SPJ 1975, S. 23). Vgl. auch BaZ, 24.6.93.
[63] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 526 ff.; NQ, 20.3.93. Vgl. SPJ 1992, S. 43 und NZZ, 16.3.93 sowie unten, Teil I, 8b (Kirchen).