Zuletzt aktualisiert: 26.02.2024, 13:02 Uhr

Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren Als PDF speichern

Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» und Gegenvorschlag (BRG 89.067)

L'initiative populaire «Contre l'application abusive des techniques de reproduction et de manipulation génétique à l'espèce humaine», lancée en 1985 par le journal «Der Schweizer Beobachter», a abouti. Face à l'absence d'un cadre légal fédéral régissant les techniques de fécondation artificielle et les abus qui peuvent en découler, les initiants souhaitent que soit inscrit un nouvel article constitutionnel donnant mandat à la Confédération d'édicter des prescriptions sur les manipulations du patrimoine génétique humain et de veiller à assurer le respect de la dignité humaine et de la protection de la famille. Elle exige notamment l'interdiction de la commercialisation de la reproduction par les mères porteuses et au moyen des banques de spermes et la définition des limites légales des expériences sur les embryons. Quant aux adversaires de ladite initiative, ils la jugent superflue, l'Académie suisse des sciences médicales (ASSM) ayant déjà formulé des directives médico-éthiques pour le traitement de la stérilité par fécondation in vitro et le transfert d'embryons.

Le Conseil fédéral a chargé le DFJP d'élaborer un contreprojet direct à l'initiative populaire lancée par le périodique Beobachter «Contre l'application abusive des techniques de reproduction et de manipulation génétique à l'espèce humaine». Celle-ci vise d'une part à empêcher certaines méthodes de procréation artificielle telles la fécondation in vitro ou les mères porteuses et, d'autre part, à interdire les manipulations sur le matériel génétique humain et exige de la Confédération qu'elle édicte des prescriptions dans ces deux domaines afin d'éviter des législations cantonales disparates. En opposant un contreprojet, le Conseil fédéral a manifesté sa volonté de régler en détail ce domaine. En effet, il a reproché aux initiants d'avoir présenté un texte trop général et trop restrictif dans ses interdictions. Le gouvernement souhaite également étendre la loi aux manipulations génétiques sur les animaux et les plantes. Pour élaborer le futur message, le gouvernement s'inspirera des conclusions d'une commission d'experts (Commission Amstad) qu'il avait mandatée pour étudier les aspects sociaux, juridiques et éthiques des nouvelles méthodes de la médecine de la reproduction. Même si aucun langage commun n'a pu être trouvé, une majorité est toutefois tombée d'accord pour admettre, sous certaines réserves, la fécondation in vitro, les transferts d'embryons et le don de sperme destiné à l'insémination artificielle hétérologue. Par contre, elle a rejeté le recours aux mères porteuses et s'est prononcée pour l'interdiction de tous les procédés visant à sélectionner des embryons en fonction de leur sexe ou d'autres caractéristiques, contre les interventions sur le processus de formation des ovules ou des spermatozoïdes et l'expérimentation sur embryon. Elle a estime indispensable l'introduction d'une disposition constitutionnelle pour soumettre les techniques de procréation artificielle à des prescriptions légales afin d'éviter les abus. A peine rendues publiques, ces conclusions ont soulevé un vent de critiques, tant dans les milieux féministes qu'au sein des partisans du droit à la vie qui, tous deux, les jugent trop libérales.

Nachdem der Bundesrat im Oktober 1988 beschlossen hatte, der «Beobachter»-Initiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» einen direkten Gegenvorschlag entgegenzustellen, verabschiedete er am 18. September 1989 die entsprechende Botschaft. Darin erklärt er sich mit dem Grundanliegen der Initianten und deren meisten konkreten Forderungen einverstanden, wollte den zukünftigen Art. 24 der Verfassung aber umfassender und präziser formuliert wissen. So erschien es ihm problematisch, die Regelung auf den Humanbereich zu beschränken und den Begriff der Menschenwürde nur gerade im Zusammenhang mit der Gentechnologie in der Verfassung zu verankern. Er schlug deshalb einen Verfassungstext vor, der auch die Tier- und Pflanzenwelt einbezieht. Den Begriff der Menschenwürde wünschte er einer generellen Grundrechtsnorm vorzubehalten, wie sie in den Entwürfen zur Totalrevision der Bundesverfassung vorgesehen ist.

Den beiden ersten Punkten der Initiative stellte der Bundesrat einen Text entgegen, der Zielnorm und Gesetzgebungskompetenz definiert, aber keine ethische Würdigung enthält. Den Verbotskatalog in Absatz Drei der Initiative erachtete er als zu imperativ, und er meldete seine Bedenken an, die Gesetzgebung bereits auf Verfassungsstufe derart zu präjudizieren. Er schlug deshalb einen Regelungskatalog vor, der sich – gleich wie der Initiativtext – auf die Fortpflanzungsmedizin beschränkt, der aber die Frage nach eventuellen Verboten offen lässt. Dem Vorwurf, durch den Verzicht auf klare Vorgaben werde der Gesetzgebungsprozess – gerade auch in Anbetracht der zum Teil sehr unterschiedlichen Vorstellungen der verschiedenen politischen Parteien – lang und schwierig, begegnete er im voraus mit dem Hinweis auf die schon bestehende oder vorgesehene Gesetzgebung des Bundes in diesem Gebiet.

Als Erstrat befasste sich die kleine Kammer mit der Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen». Gleich wie der Bundesrat empfahl auch der Ständerat, die Initiative abzulehnen. Er stimmte dem Gegenvorschlag des Bundesrates zwar zu, wollte aber in stärkerem Masse die Anliegen der Initianten berücksichtigen und beschloss, im Humanbereich bereits auf Verfassungsstufe konkrete Verbote festzuschreiben. Unter anderem sollen Manipulationen am Erbgut menschlicher Keimzellen, die Beeinflussung der künstlichen Fortpflanzung mit dem Ziel, nach bestimmten Selektionskriterien besondere Eigenschaften herbeizuführen, sowie alle Arten von Leihmutterschaft untersagt werden. Gemäss dem Ständerat darf das Erbgut einer Person nur mit deren Zustimmung oder auf gesetzliche Anordnung hin untersucht, registriert oder offenbart werden, und ihr muss Zugang zu den Daten über ihre Abstammung gewährt werden. Nicht gestattet wären die Verschmelzung von menschlichem und tierischem Keim- und Erbgut sowie die Kommerzialisierung des Keim- und Erbgutes. Die pränatale Diagnostik soll weiterhin gestattet sein, ebenso die In-vitro-Fertilisation, letztere aber nur als ultima ratio, wenn die Unfruchtbarkeit nicht anders behandelt werden kann.

Die vorberatende Nationalratskommission ging noch weiter. Sie verstärkte die Bestimmungen insofern, als neben der Leihmutterschaft auch deren Vermittlung sowie die Embryonenspende untersagt werden sollen. Zudem dehnte sie auch die Grundsatzklausel aus: Der Bund hat nicht nur Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen zu erlassen, sondern auch der Würde der Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung zu tragen und die genetische Vielfalt zu schützen.

Die Kommission beschloss gleichzeitig, ihre Arbeiten an der umstrittenen Revision des Patentrechts zu sistieren bis der Nationalrat Gelegenheit habe, sich zu den Grundsätzen der Initiative und des Gegenvorschlags zu äussern. Bis dahin setzte sie auch ihre Beratungen über die Parlamentarische Initiative Ulrich (sp, SO; Pa.Iv. 89.240) aus, die Genomanalysen verbieten will. Da sich die Arbeiten des Parlaments voraussichtlich noch über einen längeren Zeitraum erstrecken werden, forderte Nationalrat Nussbaumer (cvp, SO; Po. 90.816) den Bundesrat in einem Postulat auf, den Räten einen Überbrückungsbeschluss vorzulegen.

Gleich wie im Ständerat war auch im Nationalrat die Notwendigkeit der Schaffung von Leitplanken im Bereich der Gentechnologie unbestritten. Ebenso klar war auch, dass der Rat die Beobachterinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» nicht unterstützen und sich für den vom Ständerat modifizierten bundesrätlichen Gegenvorschlag aussprechen würde. Die Vorarbeiten der nationalrätlichen Kommission hatten aber eine weitere Verschärfung der Vorlage bereits angedeutet. Ein Minderheitsantrag I – vorwiegend, aber keinesfalls ausschliesslich aus dem rot-grünen Lager – welcher für ein gänzliches Verbot der Befruchtung ausserhalb des Mutterleibes (IvF) eintrat, wurde zwar abgelehnt, dafür passierte aber ein Minderheitsantrag II, mit dem die IvF insofern eingeschränkt wird, als nur so viele Eizellen im Reagenzglas befruchtet werden dürfen, wie sofort eingepflanzt werden können, um so die Missbrauchsmöglichkeiten mit Embryonen einzuschränken und das ethische Problem der bewussten Zerstörung keimenden Lebens zu vermeiden. In der Debatte zeigten sich vor allem die CVP und die SP in der Frage der IvF zutiefst gespalten.

Die Minderheit I wollte zudem den ausser-humanen Bereich in einem separaten Verfassungsartikel regeln – und zwar bedeutend restriktiver als dies die Kompetenznorm des ständerätlichen Gegenvorschlags, welche die Nationalratskommission noch etwas ausgeweitet hatte, vorsah. Insbesondere sollten Eingriffe in das Keimplasma von Tieren und Pflanzen untersagt, die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen, abgesehen von begründeten Ausnahmen, verboten werden sowie für Lebewesen keine Erfinderpatente gelten. Obgleich das hier nahezu geschlossene rot-grüne Lager über weite Strecken von den Bauernvertretern unterstützt wurde, unterlag dieser Antrag schliesslich doch deutlich.

Der Ständerat bereinigte – nicht ganz oppositionslos – die Differenzen im Sinn des Nationalrates und überwies anschliessend einstimmig die Motion der Nationalratskommission für ein Genomanalysengesetz. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage in der kleinen Kammer klar angenommen, im Nationalrat etwas weniger deutlich, da ihr die Liberalen, welchen die einschränkenden Regelungen zu weit gingen, die Zustimmung verweigerten.

Obgleich es das Initiativkomitee lieber gesehen hätte, wenn die Bestimmungen über Tiere und Pflanzen dem Volk in einer separaten Vorlage unterbreitet worden wären, zog es sein Begehren nach einigen Wochen Bedenkzeit zurück. Es begründete seinen Entscheid damit, dass die wesentlichen Anliegen im Gegenvorschlag berücksichtigt seien und die komplexe Diskussion vereinfacht werde, wenn nur eine Vorlage zur Abstimmung gelange.

In der Abstimmung vom 17. Mai 1992 nahmen Volk und Stände den von Bundesrat und Parlament als direkten Gegenvorschlag zur inzwischen zurückgezogenen «Beobachter-Initiative» ausgearbeiteten neuen Artikel 24 der Bundesverfassung deutlich an. Fast zwei Drittel der Urnengängerinnen und Urnengänger und alle Kantone mit Ausnahme des Wallis stimmten damit der Einführung von verbindlichen Leitplanken im Bereich der Gentechnologie zu. Bisher hatte es auf Bundesebene nur Richtlinien und einige Bundesgerichtsurteile gegeben. Der neue Verfassungsartikel sieht im einzelnen vor, dass die In-vitro-Fertilisation (IvF) nur erlaubt sein soll, wenn alle anderen Methoden zur Behebung ungewollter Kinderlosigkeit versagt haben. Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind verboten, ebenso die Forschung an und der Handel mit Embryonen. Das Erbgut einer Person darf nur mit deren Zustimmung oder aufgrund gesetzlicher Anordnung untersucht oder registriert werden. Eine mit Spendersamen gezeugte Person soll Zugang zu den Daten ihrer Abstammung erhalten. Bei Tieren und Pflanzen schliesslich ist die Würde der Kreatur sowie die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt zu wahren.

Verfassungsartikel zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie (Art. 24 BV)
Abstimmung vom 17. Mai 1992


Beteiligung: 39.2%
Ja: 1'271'052 (73.8%) / 19 6/2 Stände
Nein: 450'635 (26.2%) / 1 Stand

Parolen:
— Ja: FDP, SP (2*), CVP (3*), SVP (1*), GP, LdU, EVP, PdA; SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV, VKMB, SBN, SGCI, FMH, Kath. Frauenbund
— Nein: LP (4*), AP, SD, EDU; SAG, Basler Appell gegen Gentechnologie, Behindertenorganisationen, diverse feministische Gruppen
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Dafür ausgesprochen hatten sich mit Ausnahme von AP, EDU, LP und SD alle im Parlament vertretenen Parteien, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, der Bauernverband und die Kleinbauernvereinigung, der Evangelische Kirchenbund, der Katholische Frauenbund, die Standesorganisationen von Chemischer Industrie und Medizin, die Kommission für biologische Sicherheit, der Bund für Naturschutz sowie das ehemalige Initiativkomitee, welches 1987 mit der Einreichung seines Volksbegehrens «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» die Diskussion überhaupt erst lanciert hatte.

Bekämpft wurde der Verfassungsartikel von der Liberalen Partei, welcher die neuen Regelungen bereits zu restriktiv waren. Als zu permissiv wurde er hingegen von AP, EDU, der SD und der Jungen SVP abgelehnt, ebenso von der Vereinigung «Ja zum Leben» unter der Führung des Berner EVP-Nationalrats Zwygart, von zahlreichen Frauenorganisationen wie der Ofra, der FraP und – abweichend von der Gesamtpartei – vom Vorstand der CVP-Frauen, von Behindertenvereinigungen sowie vom Basler Appell gegen Gentechnologie und der Schweizerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG).

Wie die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, wurde die Vorlage in erster Linie in grossstädtischen Agglomerationen sowie von den, jüngeren Stimmberechtigten und Personen mit höherer Schulbildung angenommen. Das liberale Gegenargument einer zu restriktiven Regelung scheint kaum eine Rolle gespielt zu haben, ganz im Gegensatz zur christlich-ethischen Opposition, welche sich bei der Ablehnung recht deutlich auswirkte. Ausgesprochen hoch war die Zustimmung im linken Spektrum. Die Gegnerschaft aus diesen Kreisen (Frauen, Behinderte, Grüne und Alternative) fand demnach keine breite Abstützung.

Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie: Entwicklung in einzelnen Kantonen (1988–1993)

Les décisions arrêtées par le Grand Conseil saint-gallois en matière de fécondation artificielle ont conduit un groupe de médecins et de patients à déposer deux recours de droit public auprès du Tribunal fédéral. Les recourants ont estimé que le parlement cantonal, en interdisant l'insémination artificielle et la fécondation in vitro, contrevenait au partage des compétences entre cantons et Confédération, la réglementation des techniques de reproduction humaine ne relevant, selon eux, non pas de la santé publique mais du droit civil et pénal. Ils ont encore ajouté que cette loi est contraire aux libertés individuelles. Les recourants ont partiellement obtenu gain de cause puisque le Tribunal fédéral a accordé l'effet suspensif en ce qui concerne la conservation des spermes autres que ceux du mari en traitement médical.

Pour sa part, le parlement de Bâle-Ville a adopté en première lecture une loi extrêmement sévère interdisant toute fécondation en dehors du ventre de la mère. Suivant en cela d'autres exemples, la clinique gynécologique de la ville de Berne a décidé la fermeture de sa banque de spermes. Si certains cantons défendent des positions restrictives, d'autres, à l'instar de celui d'Argovie, se dotent de lois sur la santé plus libérales, autorisant l'insémination artificielle et la fécondation in vitro mais interdisant toute manipulation génétique. Avec l'élaboration de lois et règlements cantonaux relatifs à la fécondation artificielle se pose la question de savoir qui des cantons ou de la Confédération est habilité à légiférer et, partant, à édicter des normes pénales dans ce domaine.

In Ermangelung einer bundesrechtlichen Regelung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin kam dem Entscheid des Bundesgerichts, den beiden staatsrechtlichen Beschwerden gegen die restriktive Politik des Kantons St. Gallen stattzugeben, wegweisende Bedeutung zu. Das Bundesgericht bejahte zwar die Kompetenz der Kantone, bis zu einer allfälligen Bundesgesetzgebung Übergangsregelungen zu treffen. Im Inhalt waren dem Bundesgericht die St. Galler Vorschriften jedoch zu eng. Insbesondere die Beschränkung der künstlichen Insemination auf die Samen des Ehemannes widersprach nach mehrheitlicher Auffassung der Richter dem ungeschriebenen Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit, doch wollten sie die heterologe Insemination nur bei Ehepaaren, nicht aber bei Konkubinatspaaren oder alleinstehenden Frauen akzeptieren. Auch im zweiten Hauptpunkt, der Frage der In-Vitro-Fertilisation (IVF), brachte das Bundesgericht Korrekturen an der St: Galler Regelung an. Es erachtete das generelle Verbot als unverhältnismässig und als Verstoss gegen die Freiheitsrechte. Die Richter wollten es aber weiterhin den Kantonen überlassen, wieweit die IVF eingeschränkt wird und ob sowohl homologe wie heterologe Insemination erlaubt sein sollen. Das Bundesgericht erachtete zudem die Bestimmungen, die künstliche Insemination allein dem Kantonsspital vorzubehalten, das Verbot von Samenbanken, von Forschung an Keimzellen und der Anwendung neuer Verfahren zur Behandlung der menschlichen Unfruchtbarkeit als unverhältnismässig. Dieser Entscheid bewog diejenigen Kantone, die ebenfalls im Sinn gehabt hatten, in diesem Bereich regelnd einzugreifen, so etwa Basel-Stadt, Solothurn und Graubünden, ihre Arbeiten vorderhand zu sistieren.

Interessant war die Entwicklung in einzelnen Kantonen deshalb, weil hier die Bevölkerung erstmals die Gelegenheit erhalten wird, ihre Meinung zur Gentechnologie an der Urne kundzutun. Der Basler Grosse Rat verabschiedete ein sehr restriktives Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin und unterstellte es mit knapper Mehrheit dem obligatorischen Referendum. Im Kanton Thurgau wurde von einem Initiativkomitee bestehend aus EVP, GP, LdU und Nationalrepublikanischer Aktion Thurgau eine Gen-Initiative eingereicht, die jegliche gentechnologischen Eingriffe in die menschlichen Keimbahnen und damit ins Erbgut verhindern will.

In Baselstadt konnte sich erstmals der Souverän in einer Abstimmung direkt zur Fortpflanzungstechnologie äussern. In der Annahme, das Bundesgericht werde sich nach Vorliegen eines positiven Volksentscheides mit der Unterstützung eines Rekurses schwerer tun als 1989 im Fall des Kantons St. Gallen, hatte der Grosse Rat im Vorjahr beschlossen, das neue, sehr restriktive Gesetz über die Reproduktionsmedizin dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. Das neue Gesetz, welches nur noch die künstliche Befruchtung im Mutterleib mit den Samenzellen des künftigen sozialen Vaters erlaubt, wurde mit 62.5 Prozent Ja-Stimmen überraschend deutlich angenommen. Nachdem das Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerden gegen die restriktive Regelung im Kanton St. Gallen gutgeheissen hatte, will die Regierung sowohl die IvF wie auch die Befruchtung mit dem Samen eines Fremdspenders wieder zulassen. Die neue Gesetzesvorlage ist nur noch in einem Punkt restriktiv, es sollen nämlich nur Ehepaare von der künstlichen Befruchtung Gebrauch machen können. Im weiteren geniessen Samenspender keine Anonymität mehr, das Kind hat das Recht, über seine Abstammung Auskunft zu erhalten.

Das umstrittene Biotechnikum wird nun doch nicht in Basel gebaut. Trotz vorliegender Baubewilligung gab Ciba-Geigy bekannt, sie habe sich angesichts der anhaltenden Opposition von WWF und «Basler Appell gegen die Gentechnologie» für einen alternativen Standort im benachbarten Elsass entschieden. Die Umweltorganisationen und ein Teil der SP kritisierten diesen Entscheid heftig, da damit in allernächster Nähe der Basler Bevölkerung eine nicht ungefährliche Anlage entstehe, deren Sicherheitsüberprüfung nun den Schweizer Behörden entzogen sei. Die bürgerlichen Parteien ihrerseits beschuldigten die Linke und die Grünen, durch ihre beharrliche Verweigerungsstrategie genau dies provoziert und ausserdem dem Werkplatz Schweiz enorm geschadet zu haben.

Nachdem seine restriktive Regelung der Fortpflanzungsmedizin 1989 vom Bundesgericht abgelehnt worden war, stimmte das St. Galler Kantonsparlament – wenn auch widerwillig – einer liberaleren Lösung zu. Die In-vitro-Fertilisation sowie die Befruchtung mit dem Samen Dritter sollen erlaubt sein, allerdings nur bei Ehepaaren. Gegen die heterologe Insemination wurde noch eine zusätzliche Barriere eingebaut: Über den Samenspender soll eine Akte angelegt werden, in welche die Eltern und das künstlich gezeugte Kind Einblick nehmen können. Weiterhin verboten bleiben im Kanton St. Gallen die künstliche Befruchtung von Eizellen zu anderen Zwecken als zur Fortpflanzung, Massnahmen zur Beeinflussung des Geschlechts oder anderer Eigenschaften des Kindes, die Leihmutterschaft und die Aufzucht befruchteter Eizellen ausserhalb des Mutterleibes. Die St. Galler Regelung wird nur solange in Kraft bleiben, bis der Bund ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat.

Der Thurgauer Kantonsrat nahm ebenfalls ein einschränkendes Gesetz zum Schutz vor bleibenden Veränderungen im menschlichen Erbgut an. Unter strafrechtlichen Androhungen sind Eingriffe in die menschliche Keimbahn und an Embryonen verboten. Auch dieses Gesetz versteht sich nur als Übergangslösung, bis das Bundesrecht den gesamten Problembereich regelt.

1991 hatte das Basler Stimmvolk mit deutlichem Mehr einem sehr restriktiven Gesetz über die Reproduktionsmedizin zugestimmt. Weil dieses Gesetz im Widerspruch zum 1992 von Volk und Ständen angenommenen Art. 24 der Bundesverfassung steht, welcher die In-vitro-Fertilisation (IvF) und die Befruchtung mit Spendersamen ausdrücklich vorsieht, erreichten neun Beschwerdeführer vor Bundesgericht mit einem unter Berufung auf die persönliche Freiheit eingereichten Rekurs, dass das Gesetz in den zentralen Punkten aufgehoben werden muss.

Positionen der Bundesratsparteien zur Gentechnologie (1990)

Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Wichtig im Hinblick auf die kommenden Weichenstellungen dürfte sein, dass sich die drei grossen Bundesratsparteien ausführlich zur Gentechnologie äusserten. Die liberalste Position nahm dabei erwartungsgemäss die FDP ein. Grundtenor ihrer zwölf Thesen war, dass die positiven Aspekte der Gentechnologie zurzeit eher unterschätzt würden. Eine deutlich restriktive Haltung vertrat demgegenüber die SP. Ihrer Ansicht nach sollte die Gentechnologie nur dort erlaubt sein, wo sie nachweislich die Lebensbedingungen vieler Menschen verbessert und jede Gefährdung von Mensch und Umwelt ausgeschlossen ist. Die CVP wollte strenger reglementieren als die FDP, aber weniger verbieten als die SP.

Konsens herrschte weitgehend in der Humangenetik, wo alle drei Parteien jede Veränderung am Erbmaterial und an frühen Keimzellen ablehnten. Die SP ging hier allerdings noch weiter und wollte jeden Zugriff auf menschliche Eizellen, also auch die In-vitro-Fertilisation und den Embryonentransfer verbieten. Bedingt ja sagten die Parteien zur pränatalen Diagnostik, zur somatischen Gentherapie und zur Genomanalyse, allerdings nur auf freiwilliger Basis und unter der Bedingung, dass diese Untersuchungen nicht als Mittel zur Auswahl von Stellenbewerbern oder zur Risikoverminderung im Versicherungswesen missbraucht würden.

Die Forschung und Anwendung der Gentechnologie bei Tieren und Pflanzen wollten die FDP und die CVP grundsätzlich zulassen, doch müssten vom Bund verbindlich geregelte Sicherheitsvorschriften und Bewilligungs- und Kontrollverfahren den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt garantieren. Die SP war auch hier zurückhaltender. Insbesondere forderte sie ein Anwendungs- und Forschungsmoratorium, um den Rückstand der Ökosystemforschung aufzuholen, sowie den Erlass eines strengen Gentechnologiegesetzes, dessen zentrale Punkte die Umkehr der Beweislast und das Verursacherprinzip sein müssten.

Verschiedene Vorstösse zur Gentechnologie (1991)

Im Anschluss an die Beratungen überwies der Rat eine Motion der vorberatenden Kommission, die den Bundesrat beauftragt, eine Vorlage zu unterbreiten, welche die Anwendung von Genomanalysen regelt und insbesondere die Anwendungsbereiche definiert sowie den Schutz der erhobenen Daten gewährleistet. Nationalrätin Ulrich (sp, SO) zog daraufhin ihre analoge parlamentarische Initiative zurück (Pa.Iv. 89.240). Eine parlamentarische Initiative der inzwischen aus dem Rat ausgeschiedenen Abgeordneten Fetz (poch, BS) für ein Moratorium im Bereich der Gentechnologie wurde dagegen klar abgelehnt (Pa.Iv. 88.234). Zwei Kommissionspostulate zur Forschung über die Auswirkungen der Gentechnologie und zur Bildung einer Kommission für gentechnische Forschung wurden diskussionslos überwiesen (Po. 89.441 und Po. 89.442). Gleich wie der Ständerat beschloss auch der Nationalrat, einer Standesinitiative des Kantons St. Gallen Folge zu geben, welche verlangt, dass der Bund unverzüglich Vorschriften über die DNS-Rekombinationstechniken in Medizin, Landwirtschaft und Industrie erlassen soll. Zwei dringliche Interpellationen (Grüne Fraktion: D.Ip. 91.3040 und Baerlocher, poch, BS: D.Ip 91.3045) zur Freisetzung gentechnisch veränderter Kartoffeln in der eidgenössischen Forschungsanstalt von Changins (VD) wurden nach dieser reichbefrachteten Debatte nicht mehr diskutiert.

Überbrückungsbeschluss bis zur Inkraftsetzung der Folgegesetzgebung im Bereich der Gentechnologie (Po. 90.816)

Ein Postulat Nussbaumer (cvp, SO), welches den Bundesrat ersuchte, möglichst bald einen Überbrückungsbeschluss bis zur Inkraftsetzung der Folgegesetzgebung im Bereich der Gentechnologie vorzulegen, wurde auf Antrag des Bundesrates abgelehnt.

Volksinitiative «zum Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation» («Gen-Schutz-Initiative»)

Bereits während der Abstimmungskampagne zeichnete sich die Lancierung weiterer Volksinitiativen ab, die eine schärfere Begrenzung der Gentechnologie anstreben. Als erste wurde die Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG) aktiv. Ihre Initiative versteht sich als Ergänzung zum Verfassungsartikel, welcher den ausserhumanen Bereich nur sehr generell regelt. Für die SAG sollen dagegen Tiere, Pflanzen und die Umwelt umfassend geschützt werden. Kernpunkte der Initiative sind die Verbote von gentechnisch manipulierten Tieren, von Patenten auf Lebewesen und von Freisetzungsversuchen sowie die Forderung nach gesetzlichen Regeln namentlich für die risikoreiche Forschung und die industrielle Anwendung. Diese von 23 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Natur- und Tierschutz, Landwirtschaft und Entwicklungspolitik unterstützte Volksinitiative «zum Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation» («Gen-Schutz-Initiative») wurde Ende April 1992 lanciert.

Obgleich die “Genschutz-Initiative” ursprünglich in erster Linie den ausserhumanen Bereich anvisierte, wurde sie doch vor allem von den Initiativ-Gegnern im Lauf des Abstimmungskampfes immer weiter in den Bereich der menschlichen Gesundheitsvorsorge und -wiedererhaltung abgedrängt. Als Hauptargument für die Zulassung der Gentechnik in Forschung und Praxis wurden nun nicht mehr die Argumente der Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft, sondern die möglichen Fortschritte in der Medizin betont. Um die Brücken nach der Volksabstimmung zwischen Befürwortern und Gegnern wieder zu schlagen, initiierte Ständerat Plattner als Vertreter der SP und des Chemies-Standortes Basel-Stadt ohnehin ein “Mann zwischen den Fronten” den “Dialog zur Gendiagnostik” zwischen Laien und Fachleuten. 17 Organisationen aus den Bereichen Medizin, Wissenschaft, Patienten- und Konsumentenschutz, Versicherung und Recht übernahmen die Trägerschaft und die Finanzierung der Organisation.
In der Wintersession reichte Ständerat Plattner eine Motion ein, welche den Bundesrat beauftragen will, bis 2002 dem Parlament ein Bundesgesetz über die medizinische Forschung an Menschen vorzulgen

Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie (92.037)

Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)

In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991–1995 stellte der Bundesrat seine Sichtweise der Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel vor. Für den Teil Fortpflanzungsmedizin/Genomanalyse soll ein eigenständiges Gesetz ausgearbeitet werden, welches die Rahmenbedingungen festlegt sowie den Zugang zu den Daten über die Abstammung regelt. Im ausserhumanen Bereich soll der Verfassungsartikel hingegen nicht zu einem eigentlich Gen-Tech-Gesetz führen, sondern nur zur Revision bestehender Gesetze z.B. aus dem Bereich des Umweltschutzes, der Epidemien und der Lebensmittel.

Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») und indirekter Gegenvorschlag (BRG 96.058)

Dossier: Eizellenspende

Ebenfalls eine einschränkende Präzisierung des Verfassungsartikels strebt eine Volksinitiative gegen Retortenzeugung und Samenspende an. Dieses Volksbegehren «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») wird von einem überparteilichen Komitee getragen, das vom Basler CVP-Politiker Guido Appius präsidiert wird, und welchem neben Ständerat Plattner (sp, BS) und den Nationalräten Weder (Idu, BS) und Zwygart (evp, BE) eine Reihe von Medizinern und Juristen angehört. Ermutigt wurde das Komitee durch Volksentscheide gegen lvF und Samenspende Dritter in den Kantonen Basel-Stadt und Glarus.

In eine andere Richtung weist die 1992 lancierte Volksinitiative «für menschenwürdige Fortpflanzung», deren Zustandekommen die Initianten am Ende des Berichtsjahres 1993 bekannt geben konnten. Die Initiative will einerseits die Zeugung von Retortenbabies verbieten, andererseits die künstliche Befruchtung mit Spendersamen verhindern.

Mit rund 120'000 Unterschriften kam die von einem überparteilichen Komitee lancierte Initiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung FMF) zustande. Das Volksbegehren will die künstliche Zeugung ausserhalb des weiblichen Körpers verbieten und die Verwendung von Keimzellen Dritter für unzulässig erklären. Die Unterschriften kamen vor allem dank den Anstrengungen der Vereinigungen «Helfen statt töten», «Rede mitenand» und «Ja zum Leben» zustande.

Anfang Juni 1995 gab das EJPD seinen Vorentwurf für ein neues Humanmedizingesetz in die Vernehmlassung. Dieser Gesetzesentwurf, der den Verfassungsauftrag von 1992 über Fortpflanzungs- und Gentechnologie umsetzen soll, will für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung vor allem das Kindeswohl zur obersten Leitlinie des Handelns erklären, eine umfassende Aufklärung der Paare verlangen und schliesslich den Missbrauchsgefahren durch Bewilligungspflicht und dauernde Aufsicht begegnen. Die In-vitro-Fertilisation soll einzig und allein in den Dienst einer natürlichen Schwangerschaft gestellt werden, also nur dort zum Zuge kommen, wo die Unfruchtbarkeit eines Ehepaares im zeugungsfähigen Alter überwunden oder genetisch bedingte Erbkrankheiten vermieden werden können. Dem durch Spendersamen gezeugten Kind soll dabei der Zugang zu den Personalien seines «biologischen» Vaters garantiert sein, allerdings unter Ausschluss einer möglichen Vaterschaftsklage und ohne rechtlichen Anspruch auf eine emotionale Vater-Kind-Beziehung.

Die Konservierung überzähliger Embryonen zu Versuchszwecken wird nach den Vorstellungen des EJPD ebenso grundsätzlich verboten wie die Ei- und Embryonenspende oder die «Leihmutterschaft»; untersagt wären auch die Keimbahntherapie (sich weitervererbende Eingriffe ins Erbgut), das Klonen (künstliche Erzeugung genetisch gleicher Wesen), die Chimären- und die Hybridenbildung (Paarung von artfremden Eiern und Samen). Um künftigen Entwicklungen in diesem Gebiet gerecht werden zu können, möchte der Bundesrat eine nationale Ethikkommission einsetzen, die auch zu anderen Grenzfragen der Medizintechnologie Richtlinien erarbeiten und Empfehlungen abgeben kann.

Durch die Beschränkung auf heterosexuelle Paare im fortpflanzungsfähigen Alter, die in einer dauerhaften Beziehung miteinander leben, würden Frauen jenseits der Wechseljahre, alleinstehende Frauen und Frauen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen von der medizinisch assistierten Fortpflanzung ausgenommen. Der Vorschlag des EJPD versteht sich auch als eine Art indirekten Gegenvorschlag gegen die im Vorjahr eingereichte Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulation in der Fortpflanzungstechnologie».

Im Juni 1996 leitete der Bundesrat dem Parlament den Entwurf für ein Fortpflanzungsmedizingesetz zu, das sich als indirekten Gegenvorschlag zur hängigen Volksinitiative «für menschenwürdige Fortpflanzung» versteht, welche die Zeugung ausserhalb des Körpers der Frau und via Keimzellen Dritter verbieten will. Der Bundesrat empfiehlt diese Initiative zur Ablehnung, da sie unverhältnismässig sei und einem Alleingang der Schweiz in Europa gleichkäme.

In der stark umstrittenen Frage der Embryonenforschung schlägt der Bundesrat eine relativ harte Gangart an, indem pro Behandlungszyklus höchstens drei Embryonen entnommen und befruchtet werden dürfen; damit soll verhindert werden, dass überzählige Embryonen entstehen, welche der Forschung zugeführt werden könnten. Zudem wird die Konservierung von Embryonen untersagt. Dennoch will der Bundesrat die Embryonenforschung nicht gänzlich verbieten, da sie auch die Methode der Befruchtung im Reagenzglas weiter könnte verbessern helfen. Diese überaus heikle ethische Frage soll nach Meinung der Landesregierung in der Gesetzgebung zur Forschung geregelt werden; bis dahin gelten die Empfehlungen der Akademie der medizinischen Wissenschaften, die von Forschung an Embryonen abrät.

Definitiv nichts wissen will der Bundesrat von der Anwendung von Gentechnik bei Embryonen, weshalb auch die Präimplantationsdiagnostik verboten werden soll, da sonst die Grenzziehung zwischen erlaubter Prävention und unerwünschter Selektion kaum mehr möglich wäre. Wie bereits im Vorentwurf werden Eispende und Leihmutterschaft untersagt und die Fortpflanzungshilfe, welche als Ultima ratio verstanden wird, allein in den Dienst einer «natürlichen» Schwangerschaft gestellt. So kommen nur heterosexuelle Paare, die gemeinsam die Elternverantwortung übernehmen wollen, für diese medizinische Methode in Frage. Das Paar muss verheiratet sein, wenn es einen Samenspender beansprucht; bei künstlicher Befruchtung ohne Samenspende genügt das Konkubinat. Alleinstehende und lesbische Frauen sind von der Fortpflanzungshilfe ausgeschlossen, und das Alter der zu behandelnden Paare wird nach oben (Klimakterium) begrenzt.

Der Ständerat verwarf einstimmig die restriktive Volksinitiative "zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung)", welche die In-vitro-Befruchtung und die Samenspende Dritter verbieten will. Dem vom Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag vorgelegten Bundesgesetz über die medizinische Fortpflanzung stimmte der Rat in den wesentlichen Punkten zu. So werden die Leihmutterschaft und die Embryonenspende ausdrücklich verboten, ebenso die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken. Um höhergradige Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern und um die nach wie vor zugelassene therapeutische Forschung an überzähligen Embryonen in Grenzen zu halten, sollen pro Zyklus nur drei Embryonen entwickelt werden dürfen. Abweichend vom Vorschlag des Bundesrates beschloss die kleine Kammer aber, neben der Samen- auch die Eispende zuzulassen und den Rückgriff auf das Keimmaterial von Drittpersonen nicht nur verheirateten Paaren, sondern auch Konkubinatspaaren in einer stabilen Beziehung zu erlauben. Ebenfalls gegen den Willen des Bundesrates beschloss der Rat knapp mit 19 zu 17 Stimmen, die Präimplantationsdiagnostik zu gestatten, um die Gefahr von schweren, unheilbaren Krankheiten zu vermindern.

Die zuständige nationalrätliche Kommission beantragte im Einklang mit dem Bundesrat, die Eispende zu verbieten. Vor allem christliche Kreise wollten an der Einheit von leiblicher und biologischer Mutter festhalten, während links-grüne Kreise eine Instrumentalisierung der Frau und ihres Körpers befürchteten. Demgegenüber sah die Minderheit im Verbot der Eispende einen Verstoss gegen die Gleichberechtigung der Frauen. Gleich wie der Ständerat lehnte die Kommission ein ausdrückliches Verbot der Forschung an Embryonen als zu eng und zu interpretationsbedürftig ab. In diesem Bereich sollen weiterhin die Richtlinien der Akademie der medizinischen Wissenschaften gelten, die eine Forschung zulässt, welche die Überlebenschancen der Embryos erhöht.

In der Sommersession diskutierte der Nationalrat die 1994 eingereichte Volksinitiative “für eine menschenwürdige Fortpflanzung” und den bundesrätlichen Gegenvorschlag, der die aufgeworfenen Fragen auf dem Gesetzesweg regeln will. Wie bereits im Ständerat hatte die sehr restriktive Volksinitiative keine Chance; sie wurde mit 117 zu 24 Stimmen deutlich verworfen. In der Eintretetensdebatte zum neuen Gesetz wurden mehrere Rückweisungsanträge an den Bundesrat gestellt. Die SP-Fraktion wollte diesen an den Auftrag koppeln, das Gesetz zu überarbeiten mit dem Ziel, jegliche eugenische Selektion bei der Anwendung der Fortpflanzungstechniken zu verhindern. Sie wurde unterstützt von der EVP und den Grünen, für die Hollenstein (SG) einen Antrag stellte, welcher einen direkten Gegenvorschlag auf Verfassungsstufe verlangte, der die Zeugung ausserhalb des Körpers der Frau verbietet, die Verwendung von Keimzellen Dritter zur künstlichen Zeugung aber zulässt. Simon (cvp, VD) regte an, anstelle der ethisch nur sehr schwer zu beherrschenden Methoden sollte primär auf sozialverträgliche Lösungen, z.B. eine erleichterte Adoption gesetzt werden. Für Sandoz (lp, VD) schliesslich war die gesamte Vorlage zu wenig seriös vorbereitet, weshalb sie deren Überarbeitung vor allem unter juristischen Aspekten für angezeigt hielt. Für die Befürworter aus FDP, CVP, SVP und LP war das Gesetz aber massvoll und zeitgemäss, da es die Interessen des Kindes berücksichtigt, Missbräuche ausreichend verhindert und eine einheitliche Regelung für die ganze Schweiz bringt. Die Rückweisungsanträge wurden allesamt abgelehnt. Der Minderheitsantrag der SP unterlag mit 94:64 Stimmen, jener von Hollenstein mit 107:54, jener von Simon mit 101:34 und jener von Sandoz mit 114:40 Stimmen.

Gleich zu Beginn der Detailbehandlung beantragte der Basler Vertreter der Chemieindustrie, Randegger (fdp) im Einklang mit dem Ständerat, neben der Samen- auch die Eispende zuzulassen, namentlich für Frauen, die in einer In-vitro-Fertilisations-Behandlung (IVF) stehen, da dabei pro Zyklus oft mehr Eizellen produziert werden, als der Frau eingepflanzt werden können. Als Begründung wurde die Gleichstellung der Geschlechter ins Feld geführt. Die Frage einer möglichen Diskriminierung der weiblichen Bevölkerung wurde für einmal mit parteipolitisch umgekehrten Vorzeichen geführt. Bürgerliche Abgeordnete setzten sich für die Eispende ein, da eine ungleiche Behandlung für die betroffenen Frauen unverständlich wäre. Vertreterinnen der SP und CVP betonten demgegenüber, hier komme eine Gleichstellungstheorie aus rein biologischer Sicht zum Ausdruck, was dem Wesen der Mutterschaft widerspreche, da bei einer Eispende zwei Frauen Anteil am Entstehen eines Kindes hätten; es gehe nicht an, das materiell begründete Interesse der experimentellen Forschung an weiblichen Eizellen hier gewissermassen zu legitimieren. Bundesrat Koller betonte, dass der eigentliche Grund für das beantragte Verbot der Eizellenspende das Kindeswohl sei. Das ethische Problem der Zweiheit der genetischen und der biologischen Mutter, welches einen so entstandenen Menschen psychisch schwer belasten könnte, werde bei einem Verbot zugunsten des Kindes gelöst; mit einer Diskriminierung der Frau habe dies nichts zu tun. Mit 102 zu 8 Stimmen folgte das Plenum der Kommissionsmehrheit und dem Bundesrat und lehnte damit die Eispende ab.

Eine weitere Differenz schuf der Nationalrat bei der Präimplantationsdiagnostik (PID). Eine Minderheit um Egerszegi (fdp, AG) meinte zwar, es sei nicht einzusehen, weshalb die PID verboten, die pränatale Diagnostik aber erlaubt sei. Der Rat zeigte sich aber der gegenteiligen Begründung von Weber (sp, AG) zugänglicher, welche die Meinung vertrat, die PID stelle ein Einfallstor zur Eugenik dar, weshalb diese Methode unabsehbare gesamtgesellschaftliche Folgen habe. Sie wurde unterstützt von Grossenbacher (cvp, SO), die darauf hinwies, dass sich auch die Behindertenorganisationen dagegen ausgesprochen hätten; man dürfe nicht eine Grenze zwischen lebenswertem und -unwertem Leben ziehen. Auch Justizminister Koller verteidigte das Verbot, da das Leben im Reagenzglas äusserst verletzlich und damit besonders schutzbedürftig sei. Bei der Pränataldiagnostik fälle die Frau einen ganzheitlichen Entscheid, der auch zugunsten des Lebens ausfallen könne; bei der Präimplantationsdiagnostik befürchte er dagegen eine Automatik, nach der defektes Leben einfach vernichtet werde. Mit 72 zu 63 Stimmen wurde die Präimplantationsdiagnostik verworfen.

Widmer (sp, LU) forderte mit einer weiteren Minderheit die gesetzliche Verankerung eines Forschungsverbotes an menschlichen Embryonen. Er anerkannte, dass dieses Verbot aufgrund des Verfassungsartikels bereits besteht, wollte aber eine explizite Erwähnung im Gesetz, weil neuerdings zwischen therapeutischer und nicht therapeutischer Forschung unterschieden werde. Die Sprecherin der Mehrheit meinte, mit dem Verbot der Keimbahntherapie sei bereits auf Verfassungsstufe ein Riegel geschoben, musste aber zugeben, dass die Abgrenzung zwischen erlaubter und unzulässiger Forschung schwierig werden könnte. Bundesrat Koller verwies darauf, dass neben den Eingriffen in die menschliche Keimbahn auch das Klonen sowie die Chimären- und Hybridenbildung ohnehin verboten und Missbräuche damit auszuschliessen seien. Der Antrag wurde mit 69 zu 57 Stimmen knapp abgelehnt.

Weitere Elemente der Vorlage (Verbot der Embryonenspende, der Leihmutterschaft und der Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken sowie Zulassung von Konkubinatspaaren zur Samenspende Dritter) gaben, wie schon im Ständerat, kaum Anlass zu Diskussionen.

Auf Antrag seiner Kommission – wenn auch gegen starken freisinnig-liberalen Widerstand – schloss sich der Ständerat mit 24 zu 13 Stimmen bei der Eispende und mit 20 zu 18 Stimmen bei der Präimplantationsdiagnostik der restriktiveren Linie des Nationalrates an. Nach der Beseitigung dieser beiden letzten wesentlichen Differenzen konnte das Gesetz definitiv bereinigt und verabschiedet werden. Nach einem Quiproquo, das in einer ersten Abstimmung zur Ablehnung der Vorlage führte, nahm der Nationalrat diese mit 132 zu 18 Stimmen an. Das mässige Resultat im Ständerat (26:13 Stimmen) wurde als Zeichen der Enttäuschung von FDP und LP über das Entgegenkommen an die grosse Kammer gewertet.
Die FDP-Fraktion der Bundesversammlung überlegte sich, das Referendum gegen das Gesetz zu ergreifen, da die Chance für eine moderne, ethisch vertretbare Wissenschaftspolitik und -entwicklung durch eine “unrühmliche wissenschafts- und frauenfeindliche Koalition aus CVP und SP” vertan worden sei.

Am 12. März gelangte die 1994 eingereichte Volksinitiative „für eine menschenwürdige Fortpflanzung“ zur Abstimmung. Obgleich das Parlament im Sinn eines indirekten Gegenvorschlags 1998 ein eigentliches Fortpflanzungsgesetz verabschiedet hatte, welches dem Anliegen der Initianten weitgehend entgegen kam, konnten sich diese doch nicht entscheiden, ihr Begehren zurückzuziehen. Zu wichtig war ihnen ihre Forderung nach einem Verbot der In-vitro-Fertilisation und der Samenspende.

In den Wochen vor der Abstimmung bröckelte die ursprünglich recht breite, von einzelnen Politikerinnen und Politikern von der CVP bis zur SP reichende Unterstützung deutlich ab. Insbesondere distanzierten sich namhafte Initiantinnen und Initianten vom Volksbegehren, so etwa Bundesrat Joseph Deiss, die Präsidentin der CVP-Frauen, Brigitte Hauser, und der Basler SP-Ständerat Plattner; sie vertraten die Auffassung, der 1992 angenommene Verfassungsartikel und das neue Fortpflanzungsmedizingesetz von 1998 böten genügend Gewähr, um Missbräuche zu verhindern. Deutliche Worte fand auch Bundesrätin Metzler: Die angestrebten Verbote gingen viel zu weit, denn der Kinderwunsch unfruchtbarer Paare sei legitim und Ausdruck der persönlichen Freiheit und des Rechts auf Selbstbestimmung; eine Annahme der Initiative würde lediglich zu einem Fortpflanzungstourismus und letztlich zu einer Zweiklassenmedizin führen. Sie verwies auf den geltenden Verfassungsartikel und das Gesetz, welche unter anderem die Leihmutterschaft, das Klonen sowie die Embryonen- und die Eispende verbietet. Damit habe die Schweiz weltweit die strengsten Regelungen in diesem Bereich. Sukkurs erhielt die Initiative schliesslich nur noch von den rechtskonservativen Parteien EDU und SD. Die Grünen und die EVP zeigten sich gespalten. Alle anderen Parteien und die massgebenden Verbände gaben geschlossen die Nein-Parole aus

Bei dieser Ausgangslage war es keine Überraschung, dass die Initiative mit 71,9% Nein-Stimmen klar verworfen wurde. Am deutlichsten war die Ablehnung in den Kantonen Waadt und Genf (mit je 84,8%), gefolgt von Jura (80,7%), Neuenburg (80,1%), Wallis (79,2%), Freiburg (78,5%) und Nidwalden (75,6%). Am ehesten fand die Initiative Unterstützung in den Kantonen Obwalden, Basel-Stadt und Tessin, wo aber ebenfalls Nein-Mehrheiten von über 60% erreicht wurden


Abstimmung vom 12. März 2000

Beteiligung: 42,2%
Ja: 539 795 (28,2%) / 0 Stände
Nein: 1 371 372 (71,8%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SD (1*), EDU.
– Nein: FDP, CVP, SP (1*), SVP (2*), LP, EVP (5*), CSP, PdA, FP; Economiesuisse, Schweiz. Evang. Kirchenbund.
Stimmfreigabe: GP (4*), Lega; Schweiz. Bischofskonferenz.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass die Ablehnung in der bürgerlichen Mitte am stärksten war, während sich sowohl im rot-grünen als auch im rechtskonservativen Lager bis zu 15 Prozentpunkte mehr Ja-Stimmen ausmachen liessen. Bei den soziodemographischen Merkmalen bestanden praktisch keine signifikanten Zusammenhänge mit dem Stimmentscheid. Keinen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten hatte insbesondere die Konfession. (Die Medien hatten am Tag nach der Abstimmung angesichts der Resultate in den vorwiegend katholischen Kantonen noch einen Zusammenhang mit der Konfession vermutet.)

projets de loi génie génétique médecine de la procréation (Po. 92.3372)

Le Conseil des Etats a transmis comme postulat une motion Huber (pdc, AG) qui invitait le Conseil fédéral à présenter deux projets de loi, l'un sur le génie génétique et l'autre sur la médecine de la procréation. Le chef du DFI a répondu qu'il lui paraissait inutile de créer une nouvelle base légale spécialement pour ces deux domaines alors les réglementations relatives à ces sujets sont déjà inscrites dans différents textes législatifs, en particulier la loi sur la protection de l'environnement et celle sur les épidémies. De surcroît, une révision de ces deux textes est actuellement en cours. Pour sa part, le Conseil national a approuvé sous forme de postulat une motion Bundi (ps, GR) qui chargeait le Conseil fédéral d'édicter des prescriptions limitant la recherche et les applications de la technologie génétique sur les plantes et les animaux (Mo. 91.3418).

Künstliche Befruchtung mit IvF und Embryotransfer gehören nicht zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen (1993)

Das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) bestätigte seine bereits früher geäusserte Auffassung, wonach künstliche Befruchtung mit IvF und Embryotransfer nicht zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen gehören. Begründet wurde der neue Entscheid damit, dass trotz inzwischen offensichtlich gestiegenen Erfolgsquoten immer noch keine genügenden Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Methode vorliegen. Das EVG verwies auch auf den neuen Verfassungsartikel, welcher der Eidgenossenschaft die Kompetenz verleiht, die Fortpflanzungs- und Gentechnologie zu regeln. Damit liege es nun am Parlament, ein Bundesgesetz zu erlassen und darin die Leitplanken für die künstliche Befruchtung zu setzen. Dabei werde möglicherweise auch die Frage entschieden, ob die Kosten für IvF und Embryotransfer von den Krankenkassen zu übernehmen sind oder nicht.

Arbeitsgruppe «Forschung am Menschen» (1994/1995)

Bundesrätin Dreifuss setzte eine Arbeitsgruppe «Forschung am Menschen» ein. Diese soll wissenschaftliche, ethische und juristische Grundsätze ausarbeiten, die bei der gesetzgeberischen Konkretisierung des 1992 angenommenen Verfassungsartikels über Fortpflanzungs- und Gentechnologie gelten sollen. Die Gruppe umfasst Vertreter von Patienteninteressen, Mediziner, Naturwissenschafter, Ethiker und Juristen aus allen Regionen der Schweiz.

Zu teilweise ganz anderen Vorschlägen kam eine 1993 von Bundesrätin Dreifuss eingesetzte Expertenkommission. Gegen den Widerstand einer Mehrheit ihrer weiblichen Mitglieder, die diese wissenschaftlichen Methoden als Entwürdigung des menschlichen Lebens ablehnte, sprach sie sich dafür aus, die Forschung an überzähligen Embryonen unter strengen Voraussetzungen grundsätzlich zu erlauben und die sogenannte Präimplantationsdiagnostik zuzulassen, bei welcher der Embryo bereits vor der Einpflanzung in den weiblichen Körper auf seine Qualität untersucht wird.

Postulat zur Keimbahntherapie (Po. 93.3612)

Der Bundesrat war bereit, ein Postulat von Felten (sp, BS) entgegenzunehmen, das ihn einlädt, einen Bericht über die Keimbahntherapie vorzulegen, welcher die ethischen, rechtlichen und geisteswissenschaftlichen Aspekte des Eingriffs an menschlichen Keimzellen beleuchten soll.

Genf erlaubt klinische Versuche mit Gentherapie am Menschen (1994)

Als erster Kanton will Genf klinische Versuche mit Gentherapie am Menschen zulassen. Der Genfer Staatsrat erliess ein entsprechendes Reglement, das sich auf den bestehenden Verfassungsartikel abstützt. Die ersten Gentherapie-Versuche sollen im Frühling 1995 an rund 20 Patienten beginnen.

Versuche mit somatischer Gentherapie (1995)

Aufgrund einer Bewilligung der interdisziplinären Schweizerischen Kommission für biologische Sicherheit in Forschung und Technik (SKBS) wurden an Spitälern in Bern, Genf, Lausanne und Zürich erste Versuche mit somatischer Gentherapie aufgenommen. Getestet wurden Einsätze bei vererbbarer Immunschwäche, Degeneration von Nervenzellen, vererbbarer Erkrankung der Atemwege sowie bei Oberflächen- und bösartigen Hirntumoren.

Stiftung «Gen Suisse» vermehrt in den Medien (1996)

Angesichts mehrerer anstehender Volksbegehren zu diesem Bereich – so etwa der 1993 eingereichten Volksinitiative «Zum Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation» – meldete sich die 1991 gegründete Stiftung «Gen Suisse» vermehrt in den Medien zu Wort. Sie verwies insbesondere darauf, dass die Gentechnologie heute aus dem medizinischen Alltag nicht mehr wegzudenken sei und äusserst vielversprechende Zukunftschancen bei der Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten eröffne. Alt Nationalrätin Eva Segmüller (cvp, SG), betonte als Vizepräsidentin der Stiftung, ethisches Handeln heisse nicht nur, die Gentechnik nach ihren sozialen und sicherheitsrelevanten Kriterien zu hinterfragen; man müsse sich vielmehr auch die Frage stellen, ob denn ein bewusster Verzicht auf zukunftsweisende Behandlungsmöglichkeiten schwerer menschlicher Leiden nicht auch ethisch nicht zu vertreten wäre. Aus diesen Gründen lehnt «Gen Suisse» jedes Verbot der Gentechnik ab, widersetzt sich aber nicht gewisser gesetzlicher Leitplanken, die Missbräuche verhindern sollen.

Gründung des «forumGEN» (1996)

Über 40 Persönlichkeiten aus Naturwissenschaft, Medizin, Ethik, Landwirtschaft und Politik – unter ihnen die Ständerätinnen Beerli (fdp, BE) und Simmen (cvp, SO) sowie Ständerat Plattner (sp, BS) – schlossen sich zum «forumGEN» zusammen. Das Forum will sich an der öffentlichen Diskussion über die Bio- und Gentechnologie beteiligen und wendet sich gegen ein entsprechendes Verbot in der Schweiz.

Meinungsumfrage zur Gentechnologie (1997)

Die Schweizer Bevölkerung steht der Gentechnologie am Menschen kritisch, aber auch differenziert gegenüber. Dies ging aus einer repräsentativen Meinungsumfrage hervor. Mehrheitlich akzeptiert wird die Gentechnologie in der Medizin (56% der Befragten), vor allem für die Herstellung von Medikamenten (78%) und Impfstoffen (73%). Die gentechnische Forschung - falls sie der konkreten Problemlösung dient und ethisch abgesichert ist - wurde von 69% der Befragten eher befürwortet. Generell abgelehnt wurde hingegen die Gentechnik in der Landwirtschaft: nur gerade ein Viertel der befragten Personen wäre bereit, gentechnisch manipulierte Lebensmittel zu konsumierem.

Motion zum Bundesgesetz über die medizinische Forschung am Menschen (Mo. 97.3623)

Da er gewillt ist, in diesen heiklen Bereichen aktiv zu werden, war der Bundesrat bereit, entsprechende Motionen im Nationalrat entgegenzunehmen. Dormann (cvp, LU) wollte ihn verpflichten, möglichst rasch ein Bundesgesetz über die medizinische Forschung am Menschen vorzubereiten, doch wurde der Vorstoss von von Felten (sp, BS) bekämpft und damit vorderhand der Diskussion entzogen. Eine Motion von Felten, welche Gentests vor Abschluss eines Versicherungsvertrags praktisch ausschliessen wollte, wurde von Privatassekuranzvertreter Hochreutener (cvp, BE) bekämpft und deshalb materiell ebenfalls nicht behandelt.

Erste Vorstellungen, wie das von Dormann angeregte Gesetz aussehen könnte, legte eine vom EDI eingesetzte Studiengruppe "Forschung am Menschen" vor. Die Empfehlungen umfassten wissenschaftlich-medizinische und gesellschaftliche Belange. Grundtenor war, dass sich die gentechnologische Diagnostik auf wichtige Krankheiten beziehen müsse, für die auch eine Aussicht auf Therapie besteht; das Prinzip der Freiwilligkeit sei auf jeden Fall zu wahren. Zudem müssten alle Forschungsprojekte ethisch, rechtlich und gesellschaftlich hinterfragt werden, weshalb eine Bioethikkommission eingesetzt werden sollte, in der auch Laien mitmachen. Als ganz wichtig erachtete die Kommission den Schutz der Menschen vor einer Stigmatisierung durch die allfälligen Ergebnisse einer Untersuchung, weshalb sie anregte, dass in der Bundesverfassung ein Verbot der Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung und ihrer Familien verankert wird.