Die nach dem Rücktritt von Bundesrätin Kopp am 31. Januar eingesetzte parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hatte nicht bloss den Auftrag, die Umstände zu untersuchen, welche zu diesem Rücktritt geführt hatten. Abgeklärt werden sollten auch die Verdächtigungen, welche in einem Teil der Presse in Bezug auf die Amtsführung im EJPD und auf das Vorgehen der Bundesbehörden bei der Bekämpfung des Drogenhandels und der Geldwäscherei geäussert worden waren.
In Bezug auf die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels konstatierte die PUK, dass der Vorwurf, die Bundesbehörden seien durch das organisierte Verbrechen unterwandert, nicht zutreffe. Allerdings seien die Methoden dieser Kriminellen, welche sich des schweizerischen Finanzplatzes zur Tarnung ihrer illegalen Geschäfte bedienten, von den Behörden und dabei insbesondere vom Bundesanwalt nicht rechtzeitig erkannt worden. Mit einem vom Parlament überwiesenen Postulat verlangte die PUK eine entsprechende Umorientierung und eine verbesserte Koordination mit den kantonalen Ämtern. Im Weiteren wurde dem Bundesanwalt vorgeworfen, dass er es unterlassen habe, die personelle Unterdotierung der Drogenbekämpfungsstelle bei der Bundesanwaltschaft (BA) durch Stellenverschiebungen zu beheben. Auf einen formellen Antrag zur Behebung dieses Missstandes konnte die PUK verzichten, da der Nationalrat bereits Ende 1988 und der Ständerat in der Sommersession 1989 eine entsprechende Motion Cavadini (fdp, TI; Mo. 88.811) überwiesen hatten.
Weit brisanter waren die Erkenntnisse der PUK im Bereich des Staatsschutzes. Diese seit 1976 von 66 auf 94 Mitarbeiter (+42%) ausgebaute Dienststelle der Bundesanwaltschaft, welche gemäss einem Bundesratsbeschluss von 1958 mit der «Beobachtung und Verhütung von Handlungen, die geeignet sind, die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gefährden» sowie der gerichtspolizeilichen Ermittlung bei der Verfolgung von diesbezüglichen strafbaren Taten beauftragt ist, hatte seit jeher als «Dunkelkammer der Nation» gegolten. Der konkrete Inhalt und der Umfang ihrer Ermittlungen waren nicht nur vor der Öffentlichkeit, sondern auch vor den Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments weitgehend geheim gehalten worden.
Die GPK des Nationalrates hatte zwar noch vor der Einsetzung der PUK die Bundesanwaltschaft inspiziert und Einblick in eine vom Bundesanwalt ausgesuchte «Mustersammlung ausgewählter Karteikarten» erhalten. Aufgrund dieser Karten (Fichen) mit Kurzeinträgen über Personen und Verweisen auf allfällige ausführlichere Dossiers hatte sie den Eindruck erhalten, dass an der Arbeit der politischen Polizei grundsätzlich nichts zu beanstanden sei. Immerhin rügte sie die unterschiedliche Qualität der auf diesen Fichen enthaltenen Informationen und insbesondere die grosse Anzahl der Karteikarten. Vonseiten der Linken war, allerdings meist ohne konkrete Beweise, der Bundesanwaltschaft immer wieder vorgeworfen worden, dass sie sich nicht auf die Verhinderung und Aufklärung von politisch motivierten Straftaten beschränke, sondern – aus einer sehr einseitigen politischen Optik heraus – vor allem die legalen politischen Aktivitäten von kritischen Bürgerinnen und Bürgern im Visier habe.
Genau diese Vorwürfe, also die grosse Anzahl erfasster Personen, die sehr unterschiedliche Qualität der Informationen und die systematische Erfassung von oppositionellen demokratischen Aktivitäten wurden nun durch die PUK, welche uneingeschränkten Zugang zu den Akten hatte, bestätigt. Die PUK stellte in ihrem am 24. November vorgestellten Bericht fest, dass in der Registratur der Bundespolizei rund 900'000 Karteikarten (Fichen) geführt werden, von denen sich etwa je ein Viertel auf in der Schweiz wohnhafte Inländer und Ausländer beziehen, rund ein Zehntel auf Organisationen und der Rest auf nicht landesansässige Ausländer. Auf diesen Fichen befinden sich Einträge, welche zum Teil auf Beobachtungen von nachrichtenpolizeilichen Organen des Bundes, der Kantone oder des Auslandes beruhen, zum Teil auch auf anonyme private Denunziationen zurückgehen. Da die Informationen weder überprüft, noch nach einer bestimmten Zeit eliminiert wurden, wimmelt es gemäss PUK in diesen Fichen von Belanglosigkeiten, Falschmeldungen und Informationen über normale politische, berufliche oder private Aktivitäten. Als besonders verwerflich beurteilte die PUK, dass die von der Bundespolizei zusammengetragenen Angaben nicht bloss als Referenz zur Beurteilung von Stellenbewerbern und -inhabern in der Bundesverwaltung dienten, sondern auch an private Stellen weitergegeben worden waren. Die Stichproben der PUK bestätigten ebenfalls den Vorwurf der politischen Einäugigkeit: Von Interesse für die Bundespolizei waren vor allem Personen aus dem linken politischen Spektrum (inkl. SP). Dabei wurde mit dem Einbezug von Organisationen und Personen, welche sich in den Bewegungen gegen die Kernenergie und die Gentechnologie oder für Friedenspolitik, Umweltschutz und Frauenrechte betätigten, das Feindbild laufend aktualisiert und erweitert.
Als Konsequenz forderte die PUK mit einer parlamentarischen Initiative ein verbessertes Oberaufsichtsrecht der Geschäftsprüfungskommissionen (Pa.Iv. 89.243). In besonderen Fällen sollen die GPK beider Räte (GPK-NR und GPK-SR) eine gemeinsame Delegation bestimmen können, welche, ähnlich wie eine PUK, auch als geheim klassierte Akten einsehen kann. Mit einer ersten Motion forderte sie zudem eine organisatorische Trennung zwischen der Funktion des Bundesanwalts als oberstem Ankläger und seiner Stellung als oberstem Verantwortlichen der Bundespolizei. Mit einer zweiten Motion verlangte sie die Erarbeitung von genauen Kriterien über die Erfassung von Daten durch die politische Polizei und die Schaffung von gewissen Datenschutzbestimmungen auch in diesem Bereich.