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Mittels parlamentarischer Initiative verlangte Gregor Rutz (svp, ZH) eine abschliessende Aufzählung der Unzumutbarkeitsgründe im AIG, bei denen eine Aus- oder Wegweisung als nicht durchführbar erachtet wird. Um die Anzahl der vorläufigen Aufnahmen möglichst gering zu halten, verlangte der SVP-Nationalrat eine entsprechende Gesetzesänderung, die den Vollzug einer Aus- oder Wegweisung ausschliesslich im Falle von «Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt oder medizinischer Notlage im Heimat- oder Herkunftsstaat» als unzumutbar definiert.
Die SPK-NR gab der Initiative im Januar 2025 mit 14 zu 11 Stimmen Folge. Im April bestätigte die SPK-SR diesen Entscheid mit 8 zu 2 Stimmen. Damit erhielt die nationalrätliche Kommission den Auftrag, eine entsprechende Gesetzesgrundlage auszuarbeiten.

Vorläufige Aufnahme als Ersatzmassnahme für eine nicht durchführbare Aus- oder Wegweisung: genaue Definition der Unzumutbarkeit (Pa.Iv. 24.348)

In der ausserordentlichen Session «Asyl» beugte sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2025 als Zweitrat über eine Motion von Jacqueline de Quattro (fdp, VD), die eine Taskforce Asyl forderte. Dem Ständerat lag ein mit 5 zu 5 Stimmen (3 Enthaltungen) und Stichentscheid des Präsidenten Daniel Fässler (mitte, AI) gefällter Antrag auf Ablehnung der Motion vor. Die Kommissionsmehrheit der SPK-SR argumentierte, dass mit dem Sonderstab Asyl sowie dem Asylausschuss bereits strategische Organe bestünden, um die Herausforderungen im Asylbereich anzugehen. In den Augen der Kommissionsminderheit Gössi (fdp, SZ) hingegen, müsste der Bundesrat seine Zusammenarbeit insbesondere mit stark belasteten Gemeinden verstärken, weswegen sie Annahme der Motion empfahl.
Mit 23 zu 19 Stimmen (1 Enthaltung) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion ab, wobei die Ratsmitglieder der Mitte – zusammen mit denjenigen der Grünen und der SP – fast geschlossen für Ablehnung einstanden.

Die Schweiz braucht eine Taskforce «Asyl» (Mo. 23.3886)

Im Rahmen einer im Frühjahr 2025 von der SVP-Fraktion verlangten ausserordentlichen Session zum Thema Asyl nahmen sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat zwei gleichlautende Motionen – der Nationalrat eine von Pascal Schmid (svp, TG) und der Ständerat eine von Esther Friedli (svp, SG) – an, die «kein Asylverfahren und kein Bleiberecht für Verbrecher» forderten. Der Bundesrat bekräftigte in seiner Stellungnahme, dass auch er konsequent gegen Kriminalität vorgehen wolle. Er sehe jedoch keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, da einer straffälligen Person bereits unter den geltenden Bestimmungen der Asyl- und Schutzstatus sowie die vorläufige Aufnahme entzogen werden könnten, was in der Praxis auch geschehe. Dabei gelte es jedoch, das Non-Refoulement Prinzip zu beachten und das Asylverfahren niemandem zu verschliessen. Wenn hingegen eine Person die innere und äussere Sicherheit verletzt oder gefährdet habe, gegen sie ein Landesverweis vorliege oder wenn sie «wegen verwerflicher Handlungen des Asyls unwürdig» (Art. 53a, AsylG) sei, werde ihr kein Asyl gewährt. Der Nationalrat nahm die Motion Schmid mit 105 zu 72 Stimmen bei 12 Enthaltungen – darunter die gesamte GLP-Fraktion – an. Die Nationalratsmitglieder der Mitte sowie eine knappe Mehrheit der FDP-Fraktion unterstützten dabei die Forderung aus der SVP-Fraktion. Der Ständerat befürwortete die Motion mit 30 zu 10 Stimmen (2 Enthaltungen). Nun werden sich beide Räte mit der jeweils anderen Motion auseinandersetzen.

Kein Asylverfahren und kein Bleiberecht für Verbrecher (Mo. 24.3716; Mo. 24.4429)

Neben den Motionen 24.3716 und 24.4429 verlangten zwei weitere Motionen von Ratsmitgliedern der SVP eine schärfere Gangart gegen straffällige Asylsuchende. Diese Vorstösse wurden ebenfalls für die von der SVP einberufene ausserordentliche Session zum Thema Asyl im Frühjahr 2025 traktandiert. Konkret verlangten Christoph Riner (svp, AG) und Pirmin Schwander (svp, SZ) eine konsequente Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Personen im Asylverfahren und von Sans-Papiers, sobald ein Strafverfahren aufgrund eines dem Strafgesetzbuch oder dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Straftatbestandes gegen sie eröffnet worden ist. In seiner ablehnenden Antwort wies der Bundesrat unter anderem darauf hin, dass eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit nur im Einklang mit der Bundesverfassung sei, wenn die Massnahme durch öffentliches Interesse gerechtfertigt sei oder dem Schutz von Grundrechten Dritter diene. Nicht zuletzt verwies der Bundesrat auch auf die Zuständigkeit der Kantone in diesem Bereich und betonte zugleich, dass bereits zum gegebenen Zeitpunkt eine konsequente Rückkehrpolitik betrieben werde. Der Nationalrat nahm die Motion Schmid mit 116 zu 69 Stimmen (4 Enthaltungen) an. Der Ständerat tat es ihm gleich und befürwortete die Motion Schwander mit 28 zu 11 Stimmen (4 Enthaltungen). Nun werden sich beide Räte mit der jeweils anderen Motion auseinandersetzen.

Bewegungsfreiheit von straffälligen Asylsuchenden konsequent einschränken (Mo. 24.3734; Mo. 24.4495)

Im Dezember 2024 rechnete die FK-SR in einer Motion vor, dass die Kosten im Asylwesen aufgrund der insgesamt 22'176 hängigen Asylgesuche (Stand Herbst 2024) «deutlich stärker [wachsen] als die Einnahmen» des Bundes, weswegen die Kommission ein Beschleunigungspaket für das Asylwesen verlangte. Dies sei nicht nur zur Senkung der Kosten notwendig, sondern «auch mit Blick auf die Akzeptanz der Asylpolitik». Da dieses Paket ohne personelle Aufstockungen auskommen soll, sah die Kommission als mögliche Massnahmen etwa vor, gewisse Länder mit einer Bleibequote von unter fünf Prozent als sogenannte safe countries einzustufen oder Personen aus Staaten mit offizieller EU-Beitrittskandidatur – abgesehen von der Ukraine – nicht mehr zur vorläufigen Aufnahme zuzulassen. Bei grober Verletzung der Mitwirkungspflicht soll zudem ein Asylverfahren schneller beendet werden können.
Der Ständerat nahm die Motion im Rahmen einer ausserordentlichen Session «Asyl» im Frühjahr 2025 an.

Beschleunigungspaket für das Asylwesen (Mo. 24.4271)

In der Frühjahrssession 2025 nahm der Nationalrat im Rahmen einer ausserordentlichen Session «Asyl und Souveränität» eine Motion der FDP-Liberalen Fraktion an, die vom Bund eine stärkere Unterstützung der Kantone beim Wegweisungsvollzug verlangt. Er tat dies mit 127 zu 61 Stimmen (1 Enthaltung). Mit Ausnahme der Fraktionen der SP und der Grünen sowie der beiden EVP-Ratsmitglieder der Mitte-Fraktion standen alle Fraktionen geschlossen für Annahme ein. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme für Ablehnung der Motion plädiert und seine Position unter anderem mit der Zuständigkeit der Kantone begründet.

Unterstützung der Kantone beim Wegweisungsvollzug (Mo. 24.4508)

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen

Wie bereits 2022 und 2023 trieben im Themenbereich «Soziale Gruppen» auch im Jahr 2024 Diskussionen im Asylbereich Politik und Medien um (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Im Unterschied zu den beiden vorangegangenen Jahren stiessen politische Vorstösse zur Verschärfung der Bestimmungen im Parlament indes vermehrt auf Unterstützung. Das Parlament beschloss bei der Beratung des Voranschlags 2025 zudem Kürzungen beim Betrieb der Bundesasylzentren sowie bei der Sozialhilfe für Asylsuchende. Begründet wurde dies mit den nach wie vor zwar hohen, aber im Vergleich zu 2023 rückläufigen Asylgesuchszahlen. Der Bundesrat erleichterte im Berichtsjahr durch eine Verordnungsänderung den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers und verordnete Massnahmen zur Stärkung der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S, womit auch auf diesem Weg eine Senkung der Ausgaben für die Sozialhilfe bezweckt wurde. Die Verbesserung der Erwerbsintegration im Asylbereich wurde auch vom Expertisebericht zur Entlastung des Bundeshaushalts empfohlen. National- und Ständerat diskutierten im Berichtsjahr ausführlich über eine Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb der Zentren des Bundes, die als Reaktion auf die 2020 und 2021 medial begleiteten Gewaltvorfälle in Bundesasylzentren geschaffen worden war (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Die Differenzbereinigung zum Geschäft wird 2025 in Angriff genommen. Schliesslich lancierte die SVP im Mai 2024 die Grenzschutzinitiative, die unter anderem die Einführung eines Kontingents für bewilligte Asylgesuche verlangt.

2024 kam mit der Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» eine andere Initiative aus der Feder der SVP zustande, die den Bevölkerungszuwachs mittels Steuerung der Migration stärker kontrollieren will; insbesondere mit Massnahmen im Bereich Asyl und Familiennachzug. Eine Erleichterung des Familiennachzugs durch eine Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung bezweckt im Gegenteil dazu ein Kommissionsentwurf in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative, dem jedoch ein Entscheid auf Nichteintreten droht. Die Schlussabstimmungen passierte indes ein in Auftrag einer anderen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteter Entwurf im Bereich der Migration, der durch entsprechende ausländerrechtliche Bestimmungen Drittstaatenangehörige besser vor häuslicher Gewalt schützen will.

Eine Verstärkung des Schutzes vor Gewalt wurde auch für andere Personengruppen angestrebt: In der Frühjahrssession überwies der Ständerat eine Motion an den Bundesrat, die ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung fordert. Darüber hinaus will der Bundesrat in Erfüllung einer Motion auch Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt schützen. Im September 2024 präsentierte er dazu seine Botschaft zur Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch. Zudem überwies der Nationalrat 2024 zwei Postulate, die Berichte über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der Familie und in Institutionen für Kinder und Jugendliche ausserhalb der Kirche verlangt. Schliesslich sollen Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts künftig unter Strafe gestellt werden. Nach dem Nationalrat gab auch der Ständerat sechs gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dieser Forderung Folge.

Gewaltvorfälle wurden im Zusammenhang mit der LGBTQIA+-Gemeinschaft thematisiert. Im Mai berichteten die Medien über eine starke Zunahme von Hassdelikten gegenüber Angehörigen dieser Personengruppe. Für überdurchschnittliche Medienaufmerksamkeit für LGBTQIA+-Personen sorgte im Mai indes Nemo mit dem Sieg am Eurovision Song Contest und die daraufhin formulierte politische Forderung zur Einführung einer dritten Geschlechtskategorie im Personenstandsregister (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Im Bereich der Familienpolitik verabschiedete das Parlament ohne viel Aufhebens aber entgegen dem Willen des Bundesrats eine Änderung des Familienzulagengesetzes zur Einführung des vollen Lastenausgleichs in den Kantonen. Deutlich stärker beschäftigte sich die Politik innerhalb und ausserhalb des Parlaments hingegen mit der Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Nachdem sich der Bundesrat aufgrund der angespannte Lage der Bundesfinanzen und mit Verweis auf die Zuständigkeit der Kantone bereits im Vorjahr gegen eine Kostenbeteiligung des Bundes an den Betreuungskosten von Eltern gestellt hatte, gab die ständerätliche Kommission im März ein Alternativmodell in die Vernehmlassung. Besagtes Modell, das insbesondere die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen will, stiess in der Wintersession im Ständerat trotz gemischten Vernehmlassungsergebnissen auf deutliche Zustimmung. Anders als der Nationalrat beschloss die Kantonskammer bei der Beratung des Geschäfts zudem, den Bund ebenfalls von der finanziellen Beteiligung an der Weiterentwicklung des ausserfamiliären Betreuungsangebots zu befreien. Diese Vorlage wollte der Ständerat überdies zum indirekten Gegenvorschlag zur im Vorjahr eingereichten Kita-Initiative machen. Zur Förderung der Gleichstellung in der Arbeitswelt befasste sich der Nationalrat im Berichtsjahr ausführlich mit einer Vorlage zur Einführung der Individualbesteuerung.

Wie bereits im Vorjahr erhielten Forderungen von Menschen mit Behinderungen auch im Berichtsjahr viel Beachtung. Dazu trug insbesondere die Inklusions-Initiative bei, welche die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Lebensbereichen fordert und die im September eingereicht wurde. Ende Jahr gab der Bundesrat bekannt, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ausarbeiten zu wollen. Der Nationalrat überwies im Berichtsjahr zudem ein Kommissionspostulat, das vom Bundesrat die Überprüfung von möglichen Massnahmen zur Verbesserung der politischen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verlangt, womit das Parlament eine aus der Behindertensession 2023 resultierte Forderung aufnahm. Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UNO-Behindertenrechtskonvention überwies der Nationalrat im Mai ferner ein Postulat, das eine Aufdeckung von Widersprüchen zwischen den geltenden Schweizer Rechtsgrundlagen und der besagten Konvention fordert. Denn solche gibt es gemäss den Interessenorganisationen für Menschen mit Behinderungen noch einige, die sich auch nicht mit der Ende 2023 in die Vernehmlassung geschickten Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes auflösen liessen.

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2024

Während die meisten im Jahr 2023 vom Parlament beratenen Vorstösse für eine Verschärfung der Asylpolitik bereits im Erstrat abgelehnt und nur in wenigen Fällen überwiesen worden waren, änderte sich diese Situation 2024. Zwar scheiterte nach wie vor eine Mehrheit der Vorstösse bereits in der erstbehandelnden Kammer – darunter die meisten Vorstösse aus der SVP-Fraktion –, allerdings erhielten im Berichtsjahr deutlich mehr Vorstösse Zustimmung durch das Parlament. So wurden 2023 sechs überwiesene Geschäfte gezählt, darunter vier Postulate (Po. 23.3084; Po. 23.3203; Po. 23.3837; Po. 23.3859) und zwei Motionen (Mo. 23.3032; Mo. 23.3176), wobei Letztere erst in der Wintersession und somit vom neu zusammengesetzten Nationalrat überwiesen worden waren. Im Jahr 2024 erhöhte sich diese Zahl auf 16, wobei mit der Überweisung von elf Motionen zahlreiche Gesetzesänderungen beantragt wurden.

Die 2024 vom Parlament überwiesenen Vorstösse betrafen dabei zum einen Fragen zur grundsätzlichen Ausrichtung der Asylpolitik. So wollte eine Motion der FDP-Fraktion unter anderem sicherstellen, dass auf Asylgesuche von Personen, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, in keinem Fall eingetreten wird (Mo. 23.3533). Gegen diese Forderung opponierte der Ständerat hingegen mit hauchdünner Mehrheit, womit die Motion lediglich teilweise, beziehungsweise mit den übrigen fünf Forderungen zur Bekämpfung der Sekundärmigration überwiesen wurde. Darüber hinaus fordern vier überwiesene Postulate die Überprüfung der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende (Po. 24.3478; Po. 24.3165), das Abwägen von Kosten und Nutzen der Abkommen von Schengen und Dublin (Po. 24.3946) sowie eine Auslegeordnung zur Möglichkeit der Durchführung von Asylverfahren an EU-Aussengrenzen oder in Drittstaaten (Po. 23.4490).

Vier überwiesene und von je zwei Mitgliedern der FDP- und SVP-Fraktion angestossene Motionen verlangen ferner Verbesserungen bei den Rückführungen. Zum einen wurde der Bundesrat mit der Erarbeitung eines Konzepts beauftragt, um die Zahl der Rückführungen und Ausweisungen deutlich zu erhöhen (Mo. 23.3082). Darüber hinaus wird als konkrete Massnahme der Abschluss von Migrationspartnerschaften oder -abkommen verlangt, um die Zahl der Rückübernahmen von Personen mit abgewiesenen Asylgesuchen zu steigern (Mo. 23.3838; Mo. 23.4038). Aufgrund bekannter Schwierigkeiten bei der Rückführung von abgewiesenen Menschen aus Eritrea verlangte eine weitere Motion den Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat, an den die betroffenen Personen für eine bestimmte Dauer übergeben werden sollen, um von dort in das Herkunftsland zurückgeführt zu werden (Mo. 23.4440). Einen effizienteren Vollzug forderte schliesslich auch die FK-SR in einer eigenen Motion, um Massnahmen für Kostenbremsen im Asylbereich vorzunehmen, zusätzlich erachtete sie jedoch auch die Steigerung der Erwerbsquote bei Personen mit Status S sowie bei Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen als massgeblich Kosten dämpfend (Mo. 23.4351). Auch diese Motion fand im Berichtsjahr in beiden Räten mehrheitlich Zuspruch.

Zusätzlich lancierte die SPK-NR eine Kommissionsmotion, mit welcher sie die Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Personen mit Schutzstatus S bezweckte (Mo. 23.3968) und die vom Parlament im aktuellen Jahr ebenfalls überwiesen wurde. Darüber hinaus verlangen weitere drei 2024 überwiesene Motionen – darunter zwei identische Motionen von Mitgliedern der Mitte-Fraktion (Mo. 24.3022; Mo. 24.3035) sowie eine von einem SVP-Mitglied lancierte Motion (Mo. 24.3378) – Anpassungen beim Schutzstatus S mit dem Ziel der Verhinderung von Missbräuchen.

Die von den Printmedien begleiteten gewalttätigen Auseinandersetzung innerhalb der eritreischen Gemeinschaft nahm die FDP zum Anlass, eine Motion einzureichen, die ausländerrechtliche Massnahmen gegen Personen verlangt, die «gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind» (Mo. 23.4447). Auch dieses Anliegen wurde vom Parlament im Berichtsjahr überwiesen, ebenso wie ein von einem Mitte-Mitglied lanciertes Postulat zum Umgang mit kriminellen Ausländerinnen und Ausländern und solchen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit stören (Po. 24.3934).

Alles in allem zeigt sich bei der parlamentarischen Beratung von Vorstössen zur Verschärfung im Asylrecht 2024 somit ein anderes Bild als noch 2023. Ist das Finden von Mehrheiten für Verschärfungen in der Asylpolitik durch die Sitzverschiebungen bei den eidgenössischen Wahlen 2023 also einfacher geworden? Tatsächlich lassen sich Vorstösse eruieren, die das Parlament vor den Wahlen noch abgelehnt hatte, die im Berichtsjahr jedoch erfolgreich waren. So hatte es eine Mehrheit im Nationalrat in der Sommersession 2023 noch abgelehnt, den Bundesrat ein Konzept für eine «Rückführungsoffensive» ausarbeiten zu lassen (Mo. 23.3073), zu Beginn der neuen Legislatur stimmte die grosse Kammer einer solchen Forderung durch teilweise Annahme einer Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 23.3082) aber zu. Und während der Ständerat in der Herbstsession 2022 eine Motion Stark (svp, TG; Mo. 22.3516), welche eine nach Herkunftsregion differenzierte Anwendung des Schutzstatus S verlangte, noch abgelehnt hatte, befürwortete er in der Sommersession 2024 eine ähnliche Forderung einer Motion von Esther Friedli (svp, SG; Mo. 24.3378); der Nationalrat tat es ihm in der Wintersession gleich. Auch von einem systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers, gefordert von einer Motion der SVP (Mo. 21.3492), hatte der Nationalrat im Frühjahr 2023 noch nichts wissen wollen, im September des Folgejahres indes einer neuen Fraktionsmotion mit exakt demselben Anliegen aber zugestimmt (Mo. 24.3059).

Dieses Umschwenken ist jedoch kaum den zusätzlichen bei den eidgenössischen Wahlen errungenen Sitzen für die SVP geschuldet, da die fragilen Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat dadurch ja nicht gekippt worden sind. Vielmehr liegt der Kursänderung wohl ein Umdenken bei den Ratsmitgliedern der FDP und teilweise auch der Mitte zugrunde. Dies zeigt sich exemplarisch an der Forderung nach einer nach Herkunftsregion differenzierten Anwendung des Schutzstatus S sowie an derjenigen für einen systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers. Beide Anliegen unterstützte die SVP im ersten Anlauf alleine, fand im zweiten Anlauf jedoch bei der gesamten FDP-Fraktion und allen Mitte-Nationalratsmitgliedern (Sans Papiers) sowie bei der Hälfte der ständerätlichen Mitte-Vertretenden (Schutzstatus S) Unterstützung. Zudem lancierte die FDP eigene Forderungen nach Verschärfungen in der Asylpolitik, für die sie in den Räten auch Mehrheiten fand: Insgesamt stammen 6 der 15 im Berichtsjahr überwiesenen Vorstösse aus ihrer Feder, dazu kommen die 2 eingangs erwähnten Motionen, die bereits in der Wintersession 2023 überwiesenen worden waren.

Im Jahr 2024 vom Parlament behandelte Vorstösse im Bereich Asyl

In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes. Auch im Zweitrat war Eintreten unbestritten.

In der Detailberatung zeigte sich eine ähnliche Ausgangslage wie in der Erstberatung im Nationalrat: Auf der einen Seite lagen diverse Anträge auf Verschärfungen bei den Disziplinarmassnahmen vor, während auf der anderen Seite linke Minderheitsanträge versuchten, den Schutz von vulnerablen und minderjährigen Asylsuchenden zu verbessern oder Verschärfungen zu verhindern. Im Unterschied zur Beratung im Nationalrat waren letztere jedoch weniger zahlreich und erstere – die ebenfalls anders als im Nationalrat auch durch Kommissionsmehrheiten initiiert wurden – fanden nicht selten eine Mehrheit im Rat. So nahm der Ständerat mit knappen 21 zu 20 Stimmen (ohne Enthaltungen) erstens eine Minderheit Salzmann (svp, BE) an, welche den Einsatz von Waffen im Falle der Anwendung polizeilichen Zwangs oder polizeilicher Massnahmen nicht explizit verbieten wollte. Er tat dies nach einem ausführlichen Votum von SPK-SR-Sprecher Fässler (mitte, AI), der durch die Annahme des Minderheitsantrages dem Parlament Zeit geben wollte, zu klären, inwiefern auch «Reizstoffe, nicht tödlich wirkende Destabilisierungsgeräte sowie Schlag- und Abwehrstöcke» als Waffen gelten oder nicht. Auf Antrag einer hauchdünnen Kommissionsmehrheit (6 zu 5 Stimmen, 1 Enthaltung) beschloss der Ständerat zweitens mit 25 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung), dass Asylsuchende als Disziplinarmassnahme nicht mehr bis zu 72 Stunden, sondern bis zu 10 Tage von den allgemein zugänglichen Räumen eines Bundesasylzentrums ausgeschlossen werden dürfen. Drittens entfernte der Ständerat auf Antrag einer weiteren Kommissionsmehrheit (7 zu 5 Stimmen) die bestehende Möglichkeit, bei Zuweisung in ein besonderes Zentrum eine Beschwerde an das BVGer zu stellen, aus dem Entwurf. Wie eine Minderheit Engler (mitte, GR) beantragte auch Bundesrat Jans, diese Beschwerdemöglichkeit an ein unabhängiges Gericht intakt zu lassen. Mit der Streichung dieser Möglichkeit gehe der Ständerat ans «Eingemachte», denn damit entfalle die Rechtsweggarantie, die zum Kern der Rechtsstaatlichkeit gehöre, so Jans. Der Ständerat folgte der Kommissionsmehrheit mit 22 zu 19 Stimmen (ohne Enthaltungen), wobei die Mitglieder der SVP- und FDP-Fraktion sowie beinahe die Hälfte der Mitte-Fraktion und ein SP-Mitglied für den Mehrheitsantrag einstanden.

Weitere Differenzen zum Nationalrat schuf der Ständerat dadurch, dass er bei der Durchsuchung und beim Verhängen von Disziplinarmassnahmen dem «Schutz» anstelle der «Interessen» von minderjährigen Asylsuchenden angemessen Rechnung tragen wollte. Er tat dies auf Antrag seiner Kommission, die das Wort «Schutz» als weniger missverständlich erachtete als das Wort «Interessen». Zudem ergänzte der Ständerat, einer weiteren Kommissionsmehrheit folgend, die nicht abschliessende Aufzählung der Aufgaben des SEM beim Betrieb von BAZ und Unterkünften an den Flughäfen: Indem man die Liste um die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Bezug auf ihre Sicherheit ergänzte, sollte gemäss Kommissionsmehrheit die Wichtigkeit dieser Aufgabe betont werden. In der Gesamtabstimmung stellte sich der Ständerat schliesslich einstimmig und ohne Enthaltungen hinter den so abgeänderten Gesetzesentwurf, der somit zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat ging.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Mitte November 2024 präsentierte der Bundesrat im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes nicht nur die Botschaft zur Informationsausschreibungen zu Drittstaatsangehörigen, sondern auch eine Botschaft zur Digitalisierung des Visumverfahrens. Der Bundesrat erläuterte darin, dass die EU 2023 eine neue Regelung verabschiedet habe, wonach Visa für einen Aufenthalt im Schengen-Raum von bis zu 90 Tagen künftig elektronisch auf einer EU-Plattform beantragt werden können. Die Visa sollen digital ausgestellt werden und die papierenen Visa ablösen. Man erhoffe sich durch die digitale Erfassung und Bearbeitung der Visaanträge «einheitliche Prozesse, vereinfachte Verfahren für Antragstellerinnen und Antragsteller sowie eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den Migrationsbehörden [ ...]». Die Inbetriebnahme der neuen Plattform der EU sei derzeit für Januar 2028 vorgesehen. Der Bundesrat beantragte dem Parlament, diese EU-Regelung auch in der Schweiz zu übernehmen. Da einige Bestimmungen nicht direkt anwendbar seien und einer Umsetzung ins Schweizer Recht bedürfen, sah der Bundesrat mit der Botschaft auch eine Anpassung des AIG vor.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Digitalisierung des Visumverfahrens. Genehmigung und Umsetzung (BRG 24.087)

In der Herbstsession 2024 stimmte auch der Ständerat der vom Nationalrat abgeänderten Motion Minder (parteilos, SH) zu, die in ihrer neuen Fassung vorsieht, eine für Migrationsfragen zuständige Vertretung des SEM in die Region zu entsenden, um Verhandlungen über ein Migrationsabkommen oder eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea aufzunehmen. Der Ständerat stellte sich auf Antrag seiner einstimmigen Kommission stillschweigend hinter die entsprechend geänderte Motion.

Migrationsabkommen mit Eritrea anstreben (Mo. 23.4038)

«Die Schweiz braucht eine Taskforce Asyl», forderte Jacqueline de Quattro (fdp, VD) mittels Motion im Juni 2023. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Vorstosses, da der Bund seiner Ansicht nach die aktuelle Situation und die damit einhergehenden Herausforderungen im Asylbereich bereits angemessen untersuche. In seiner schriftlichen Stellungnahme verwies er dabei auf die Evaluation der beschleunigten Asylverfahren, die Einsetzung des Sonderstabes Asyl (SONAS) zu Beginn des Ukraine-Krieges, die bereits in Auftrag gegebene Evaluation der Schwankungstauglichkeit der neuen Bundesasylzentren sowie auf seine unterstützende Haltung zu einer umfassenden Kapazitätsplanung im Asylbereich. Anders sah dies der Nationalrat: In der Herbstsession 2024 hiess er die Motion im Rahmen einer ausserordentlichen Session Asyl mit 104 zu 86 Stimmen (2 Enthaltungen) gut. Ebenso wie der Bundesrat für Ablehnung stimmten die Fraktionen der SP und der Grünen sowie beinahe die gesamte Mitte-Fraktion.

Die Schweiz braucht eine Taskforce «Asyl» (Mo. 23.3886)

In der Herbstsession 2024 beugte sich der Nationalrat als Erstrat über die Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes. Eintreten war unbestritten. Während die Kommissionsmehrheit in der Detailberatung lediglich eine massgebliche Änderungen zur Vorlage des Bundesrates beantragte, brachten sowohl die SVP auf der einen als auch die SP und die Grünen – teilweise unterstützt durch die EVP – auf der anderen Seite etliche Minderheitsanträge vor.

Wie Kommissionssprecher Schilliger (fdp, LU) zu Beginn der Debatte bemerkte, hielten beide Seiten die Vorlage für unausgewogen; «die einen zu sehr zugunsten der Asylsuchenden, [...] die anderen zu sehr zu deren Ungunsten». Während linke Minderheiten minderjährige Asylsuchende besser schützen wollten, indem sie Disziplinarmassnahmen (Minderheit II Klopfenstein Broggini; gp, GE) sowie die vorübergehende Festhaltung (Minderheit I Jost; evp, BE) nur bei Volljährigen und die Durchsuchung von Minderjährigen nur auf konkreten Verdacht hin (Minderheit II Klopfenstein Broggini) zulassen wollten, beantragten rechte Minderheiten die Streichung der im bundesrätlichen Entwurf vorgesehenen Bestimmungen, wonach bei diesen Massnahmen den Interessen minderjähriger Asylsuchender angemessen Rechnung zu tragen sei: Eine Minderheit II Schmid Pascal (svp, TG) bei Festhaltung sowie zwei Minderheiten I Riner (svp, AG) bei Disziplinarmassnahmen und Durchsuchung. Auch bei der Frage, inwiefern Waffen eingesetzt werden sollen, gingen die Meinungen auseinander. Die Botschaft des Bundesrates sah vor, bei polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen auf den Einsatz von Waffen zu verzichten. Während eine linke Minderheit I Schläfli (sp, TG) auch den Einsatz von Hilfsmitteln (z.B. Pfeffersprays) verbieten wollte, pochte eine Minderheit II Fischer (svp, ZH) auf die Möglichkeit des Waffeneinsatzes. Die Meinungen gingen auch über die Beschwerdemöglichkeiten bei Disziplinarmassnahmen auseinander. Eine linke Minderheit II Tschopp (sp, VD) verlangte anstelle der vom Bundesrat vorgesehenen dreitägigen Frist ein dreissigtägiges Fenster zur Einreichung einer Beschwerde gegen die Anordnung einer Disziplinarmassnahme. Auf der anderen Seite empfanden zwei Minderheiten Schmid Pascal eine eintägige Frist als ausreichend und wollten den Entscheid der Beschwerdeinstanz für endgültig erklären. Gemäss diesen Minderheiten sollte für die Massnahme der Zuweisung in ein besonderes Zentrum dasselbe Beschwerdefenster und derselbe Beschwerdeweg gelten wie für die restlichen Disziplinarmassnahmen. Asylsuchende können als Disziplinarmassnahme für einen bestimmten Zeitraum in ein besonderes Zentrum verlegt werden, wenn sie den ordentlichen Betrieb eines Bundesasylzentrums gestört haben. In einem besonderen Zentrum wird die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden durch strengere Ausgangsregeln und verstärkte Sicherheitsvorkehrungen stärker eingeschränkt als in den BAZ. Der Bundesrat und die Kommissionsmehrheit wollten hier den bisherigen Weg über eine Zwischenverfügung beschreiten und basierend auf einem BVGer-Urteil aus dem Jahr 2020 eine 30-tägige Beschwerdefrist nach Anordnung der Massnahme vorsehen.
Darüber hinaus beantragte die Ratsrechte weitere Verschärfungen; so wollte sie die maximale Dauer des Ausschlusses von den öffentlich zugänglichen Räumen der BAZ von 72 Stunden auf 10 Tage (Minderheit Knutti; svp, BE) sowie diejenige zur vorübergehenden Festhaltung zur Abwendung unmittelbarer Gefahr von 2 auf 6 Stunden (Minderheit Glarner; svp AG) anheben. Nicht zuletzt sollte die vorübergehende Festhaltung auch möglich werden, ohne dass die von der Person ausgehende Gefahr «ernsthaft» ist (Minderheit II Steinemann; svp, ZH). Auf der gegenüberliegenden Seite versuchte ein weiterer Minderheitsantrag Klopfenstein Broggini, im Entwurf auch für die Aufgabenübertragung an Dritte in den Bereichen Unterbringung und Betreuung spezifische Anforderungen hinsichtlich Rekrutierung, Ausbildung und Kontrolle des Personals einzuführen und eine Minderheit Glättli (gp, ZH) wollte sicherstellen, dass die Qualitätskontrollen bei der Aufgabenübertragung an Dritte unabhängig erfolgen. So zahlreich diese Minderheitsanträge auch waren, so chancenlos blieben sie im Rat: Mit einer Ausnahme fanden sie keine Zustimmung über die Fraktionen der SVP, respektive über die Fraktionen der SP und der Grünen hinaus.

Als einzige Ausnahme erfolgreich entpuppte sich eine Minderheit Rutz (svp, ZH). Diese wollte festhalten, dass Mitarbeitende des SEM in den Zentren des Bundes und in den Unterkünften an den Flughäfen zu Sicherheitszwecken auch elektronische Geräte durchsuchen dürfen. Bundesrat Jans hatte sich ablehnend gegen diese Forderung gestellt, da er diese als zu ungenau erachtete und einen Konflikt mit den in der Verfassung festgehaltenen Grundrechten ortete. Zudem verwies er auf eine kürzlich verabschiedete Änderung des Asylgesetzes, welche die Überprüfung von Mobiltelefonen in gewissen, klar definierten Fällen bereits erlaube. Hinter den Antrag Rutz stellten sich neben der SVP-Fraktion auch die geschlossene FDP-Fraktion sowie beinahe die gesamte Mitte-EVP-Fraktion, womit der Nationalrat dem Antrag mit 117 zu 72 Stimmen (keine Enthaltungen) zustimmte.
Eine weitere Änderung der bundesrätlichen Vorlage beschloss der grosse Rat durch die Annahme eines Antrags der Kommissionsmehrheit, womit er mit Unterstützung der geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP, FDP, Mitte-EVP und GLP den räumlichen Anwendungsbereich der Disziplinarmassnahmen ausweitete: Nicht nur sollen Disziplinarmassnahmen bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in BAZ und deren unmittelbarer Nähe ergriffen werden können, sondern auch, wenn die Gefährdung «in der Umgebung» des Bundesasylzentrums stattfand. Auch gegen diesen Antrag hatte sich der Bundesrat gesträubt, da der Kompetenzbereich im weiteren Umkreis des Bundesasylzentrums in die Zuständigkeit der Kantone fällt.

Die abgeänderte Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 104 zu 87 Stimmen (keine Enthaltungen). Die ablehnenden Stimmen stammten aus den geschlossen dagegen votierenden Fraktionen der SVP und der Grünen, denen die Vorlage nach Ende der Detailberatung offensichtlich nach wie vor zu unausgewogen war.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Nachdem die FK-NR festgestellt hatte, dass der Bundesrat bereits heute Massnahmen für Kostenbremsen im Asylbereich trifft und «insofern [...] die Annahme der Motion die bestehende Praxis nicht ändern [würde]», beantragte sie ihrem Rat mit 15 zu 1 Stimmen (4 Enthaltungen), die entsprechende Motion ihrer Schwesterkommission anzunehmen. Der Nationalrat folgte dieser Empfehlung in der Herbstsession 2024 und überwies den Vorstoss diskussionslos und stillschweigend an den Bundesrat.

Kostenbremsen im Asylwesen (Mo. 23.4351)

In der Sommersession 2024 setzte sich der Nationalrat als Zweitrat mit einer Motion Minder (parteilos, SH) auseinander, die ein Migrationsabkommen oder eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea anstreben will. Auf Anraten ihrer SPK-NR stimmte die grosse Kammer dem Vorstoss stillschweigend mit einer Änderung zu. So soll vorgeschrieben werden, dass eine für Migrationsfragen zuständige Person des SEM in die Region entsandt werden muss, um ein Vertrauensverhältnis mit Eritrea aufzubauen, das schliesslich den Abschluss eines Migrationsabkommens oder einer Migrationspartnerschaft erlaubt.

Migrationsabkommen mit Eritrea anstreben (Mo. 23.4038)

Nach dem Ständerat sprach sich in der Sommersession 2024 auch der Nationalrat für die Möglichkeit aus, Transitabkommen mit einem Drittstaat abzuschliessen, um die Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden aus Eritrea durchführen zu können. Mit 120 zu 75 Stimmen (1 Enthaltung) nahm die grosse Kammer eine Motion Gössi (fdp, SZ) mit entsprechender Forderung an. Eine Kommissionsminderheit Jost (evp, BE) hatte sich für Ablehnung des Vorstosses eingesetzt, fand jedoch kaum Unterstützung über die Fraktionen der SP, Grünen und GLP hinaus.

Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat zur Rückführung von abgewiesenen Personen aus Eritrea (Mo. 23.4440)

Mit 131 zu 63 Stimmen (2 Enthaltungen) sprach sich in der Sommersession 2024 auch der Nationalrat für Annahme einer Motion Caroni (fdp, AR) aus, die ausländerrechtliche Massnahmen gegen Flüchtlinge verlangte, die in der Schweiz «gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind». Der Nationalrat folgte damit einem mit 12 zu 10 Stimmen gefällten Antrag seiner Kommissionsmehrheit. Eine Minderheit Widmer (sp, ZH) hatte sich vergeblich für Ablehnung der Motion eingesetzt.

Massnahmen gegen Flüchtlinge, die gewaltsam das Regime unterstützen, vor dem sie geflohen sind (Mo. 23.4447)

Anfang Juni setzte sich der Nationalrat erneut mit dem Nachtrag I zum Voranschlag 2024 auseinander. Nachdem der Ständerat keine finanziellen Differenzen zur grossen Kammer geschaffen hatte, entschied der Nationalrat lediglich über drei Präzisierungen: die vollständige Kompensation der Tarifänderungen im Zusammenhang mit der Frauenfussball-Europameisterschaft 2025 beim BAV anstelle der zuvor beschlossenen 20 Prozent sowie die beiden Rahmenbedingungen für den Einsatz der Mittel im Asylbereich. Alle Anpassungen wurden stillschweigend angenommen, womit der Nachtrag I zum Voranschlag 2024 verabschiedet wurde.

Nachtrag I zum Voranschlag 2024 (BRG 24.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2024: Voranschlag und Staatsrechnung

Zwei Tage nach dem Nationalrat befasste sich der Ständerat im Mai 2024 mit dem Nachtrag I zum Voranschlag 2024, den Jakob Stark (svp, TG) im Namen der FK-SR präsentierte. Die Kommission empfahl die Annahme aller elf Nachtrags- und sieben Verpflichtungskredite. Auch die vom Nationalrat beschlossenen zusätzlichen Kredite im Umfang von insgesamt CHF 15 Mio. im Zusammenhang mit der UEFA Women's Euro 2025 wurden diskussionslos unterstützt. Die kleine Kammer änderte jedoch die vom Nationalrat festgelegte Kompensation der Tariferleichterungen beim Bundesamt für Verkehr von 20 auf 100 Prozent, sodass die Mindereinnahmen durch die vergünstigten Tickets während der Women's Euro 2025 vollständig innerhalb des Budgets des Bundesamts für Verkehr ausgeglichen werden müssen, ohne dass zusätzliche Bundesmittel eingesetzt werden.
Kontrovers diskutiert wurde der Nachtragskredit für die Bundesasylzentren im Umfang von CHF 239 Mio. Eine Kommissionsmehrheit beantragte die Kürzung der Mittel um ca. CHF 72 Mio., während eine Minderheit Zopfi (gp, GL) forderte, dem Nationalrat zu folgen und damit die volle Kreditsumme zu sprechen. Im Mittelpunkt der Debatte standen die aktualisierten Asylprognosen des Staatssekretariats für Migration (SEM), die für 2024 höhere Zahlen erwarten liessen als ursprünglich gedacht. Mitglieder der SVP und FDP hielten die ursprünglichen Prognosen für realistischer und befürworteten die Kürzung, da die aktualisierten Zahlen ihrer Ansicht nach Maximalwerte darstellten, die voraussichtlich nicht erreicht würden. Andererseits warnten Mitglieder der Grünen und der SP, dass eine Kürzung die Kantone stärker belasten würde, da ein höherer Andrang vorzeitige Zuweisungen erforderlich mache und dadurch die Verfahren verlängert würden. Letztlich setzte sich die Minderheit mit 26 zu 17 Stimmen (2 Enthaltungen) durch, womit der Ständerat den Nachtrag I in Übereinstimmung mit dem Nationalrat verabschiedete und keine finanziellen Differenzen schuf. Allerdings ergänzte die kleine Kammer die Rahmenbedingungen: Die zusätzlichen CHF 16 Mio. für Personalressourcen beim SEM sollten ausschliesslich für die Beschleunigung von Verfahren und den Abbau von Pendenzen genutzt werden. Ausserdem wurde präzisiert, dass die Mittel für die Bundesasylzentren haushälterisch verwendet und die Sicherheit innerhalb und ausserhalb der Asylzentren gewährleistet werden müsse. Diese beiden Ergänzungen wurden stillschweigend angenommen. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Nachtrag I zum Voranschlag 2024 und den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen einstimmig an.

Nachtrag I zum Voranschlag 2024 (BRG 24.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2024: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Sommersession 2024 diskutierte der Nationalrat als Erstrat den Nachtrag I zum Voranschlag 2024, der zusätzliche Belastungen des Bundeshaushalts in Höhe von CHF 281.5 Mio. vorsah. Darüber hinaus wurden sieben Verpflichtungskredite im Umfang von CHF 335.4 Mio. beantragt, die über das Jahr 2024 hinausreichen. Wie die beiden Kommissionssprecherinnen Yvonne Bürgin (mitte, ZH) und Laurence Fehlmann Rielle (sp, GE) ausführten, seien eine Mehrheit der beantragten Nachtrags- und Verpflichtungskredite in der Kommission unbestritten gewesen. Dazu gehörten unter anderem der Kredit für Reservekraftwerke oder der Reservationsvertrag für Influenzapandemie-Impfstoffe. Kontrovers diskutiert worden seien hingegen die CHF 255.1 Mio. für den Ausbau der Kapazitäten im Asylbereich, die laut dem SEM insbesondere aufgrund der Verlängerung des Schutzstatus S bis März 2025 erforderlich seien. Die Mehrheit der FK-NR wollte den bundesrätlichen Antrag gutheissen. Eine Minderheit um Peter Schilliger (fdp, LU) forderte eine Kürzung des Betrags auf CHF 167.3 Mio., um den Betrieb von lediglich 9’000 statt der geplanten 10’500 zusätzlichen Betten sicherzustellen und damit Druck auszuüben, damit der Vollzug der Asylverfahren beschleunigt wird. Zwei Minderheitsanträge von Roman Bürgi (svp, SZ) verlangten überdies eine vollständige Streichung der Mittel für den Funktionsaufwand respektive der Betriebsausgaben der Bundesasylzentren, um die Verwaltung zu mehr Effizienz zu bewegen, da die Kapazitätsgrenze für Asylgesuche erreicht worden sei. Während beide Anträge von Bürgi lediglich Unterstützung bei der SVP fanden, wurde der Antrag von Schilliger auch von der FDP unterstützt. Insgesamt setzte sich somit aber der Antrag der Mehrheit durch.
Ein weiterer Konfliktpunkt war der Verpflichtungskredit von CHF 110 Mio. für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern des Ostens, insbesondere der Ukraine. Eine Minderheit um Andreas Gafner (svp, BE) beantragte dessen Streichung mit dem Argument, dass die humanitären Hilfeleistungen der Schweiz in diesem Bereich bereits ausreichend seien. Auch dieser Antrag erhielt lediglich Unterstützung aus der SVP und einige Enthaltungen innerhalb der Mitte-Fraktion. Im Zusammenhang mit der UEFA Women's Euro 2025 stellte die Kommissionsmehrheit Anträge, um die Nachtrags- und Verpflichtungskredite von ursprünglich CHF 4 Mio. auf CHF 15 Mio. zu erhöhen. Die zusätzlichen Mittel sollten in die Sportförderung, in den Schweizer Tourismus zur Bekanntmachung der Veranstaltung und in ein Kombiticket für den öffentlichen Verkehr investiert werden. Minderheitsanträge wie die Forderung nach einer Kompensation der Kombiticketkosten beim regionalen Personenverkehr (Minderheit Bürgi) oder die Streichung der Tourismusförderung (Minderheit Schilliger) scheiterten gegenüber den Mehrheitsanträgen. Lediglich eine Minderheit Bürgi konnte sich mit der Forderung nach einer Kompensation der zusätzlichen Tourismuskosten bei der Standortförderung durchsetzen, unterstützt von SVP, FDP und Teilen der Grünen.
In der Gesamtabstimmung stimmte der Nationalrat dem Bundesbeschluss Ia über den Nachtrag I zum Voranschlag 2024 und dem Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen mit 130 zu 66 Stimmen zu. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-Fraktion.

Nachtrag I zum Voranschlag 2024 (BRG 24.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2024: Voranschlag und Staatsrechnung

Nach dem Ständerat nahm in der Sommersession 2024 auch der Nationalrat eine Motion Bauer (fdp, NE) teilweise an, womit der Bund dazu angehalten wird, strategische Migrationspartnerschaften abzuschliessen, um die Rückkehr von abgewiesenen Asylsuchenden zu fördern. Eine Minderheit der SPK-NR hatte die Motion zur Ablehnung empfohlen, da ihr lediglich ein symbolischer Wert beikäme. Der Abschluss von Migrationspartnerschaften werde vom Bundesrat bereits heute als Instrument der Schweizer Asylpolitik eingesetzt. Die linke Minderheit unterlag im Rat mit 131 zu 61 Stimmen (1 Enthaltung).

Strategische Neuausrichtung der Migrationspartnerschaften (Mo. 23.3838)

Im Frühling 2020 berichteten verschiedene Medien über Vorkommnisse von Gewaltanwendung durch Mitarbeitende der Bundesasylzentren gegenüber den dort untergebrachten Asylsuchenden. Auch wenn ein daraufhin vom Bund in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht keine Hinweise auf systematische Gewalt in Bundesasylzentren nachweisen konnte, war in Einzelfällen ein Machtmissbrauch der Sicherheitskräfte gegenüber Asylsuchenden festgestellt worden. Aus diesen Gründen empfahl der Autor des Berichts Verbesserungen im Bereich des Sicherheitsregimes und des Disziplinarwesens. Während gewisse der 12 Empfehlungen des Berichts durch Anpassungen der Weisungen des SEM sowie der entsprechenden EJPD-Verordnung umgesetzt werden konnten, erforderten andere eine Änderung des Asylgesetzes.

Im Januar 2023 gab der Bundesrat eine entsprechende Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes in die Vernehmlassung. Konkret soll im Asylgesetz ein neuer Abschnitt zu «Betrieb der Zentren des Bundes und der Unterkünfte an den Flughäfen» eingeführt werden. Darin soll zum einen klar geregelt werden, in welchen Fällen das SEM zur Gewährung der Sicherheit und Ordnung polizeilichen Zwang anwenden darf. Ebenso soll neu auf Gesetzesebene spezifiziert werden, welche Art von Disziplinarmassnahmen zulässig sind sowie die Grundzüge des Disziplinarverfahrens geregelt werden. Weiter soll mit der Gesetzesänderung festgelegt werden, welche Aufgaben der Bund in den Bereichen Betreuung, Unterbringung und Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung an Dritte übertragen kann. Betreffend die Übertragung von Aufgaben der Sicherheit und Ordnung hielt der Bundesrat auch fest, dass das SEM sicherstellt, dass die Angestellten der Auftragnehmenden «eine im Hinblick auf den Umgang
mit asylsuchenden Personen geeignete Ausbildung erhalten». Nicht zuletzt sollen mit der Gesetzesanpassung auch die bislang in der Verordnung festgehaltenen Bestimmungen auf Gesetzesebene gehoben werden, die es erlauben, in einem BAZ oder in einer Unterkunft am Flughafen untergebrachte Asylsuchende und ihre mitgeführten Gegenstände zu durchsuchen.

In der Vernehmlassung äusserten sich neben 44 interessierten Kreisen alle 26 Kantone, das Bundesverwaltungsgericht sowie mit der Mitte, den Grünen, der SP, EVP und SVP fünf politische Parteien. Die Mehrheit der Kantone begrüsste den Entwurf – ebenso wie die KKJPD, die KKPKS und die VKM – und brachte nur wenige Anpassungsvorschläge ein. Von den Parteien stellten sich die Mitte und die SVP vorbehaltlos hinter den Entwurf, während die übrigen drei Parteien den Entwurf im Grunde unterstützten, aber gewisse Punkte bemängelten. So wünschte sich die Grüne Partei zusätzlich spezifische Massnahmen zum Schutze der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA), und sowohl die SP als auch die EVP und die Kirchen lehnten die Zuweisung von Aufgaben an die religiöse Seelsorge durch den Bund ab, da der Bund dadurch seine religiöse Neutralität einbüssen würde. Ferner störte sich die SP grundsätzlich am Umstand, dass die Massnahmen beinahe ausnahmslos bei den Asylsuchenden und nicht bei den Mitarbeitenden der Zentren des Bundes ansetzten. In ein ähnliches Horn stiess auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe; ihrer Meinung nach orientierte sich der Entwurf zu wenig an den Bedürfnissen der Asylsuchenden. Andere Organisationen, die sich für Menschen auf der Flucht einsetzen, lehnten die Vorlage gänzlich ab, da die vorgeschlagenen Massnahmen zur Bekämpfung von systematischer Gewalt in den Bundesasylzentren nicht wirksam seien. Änderungsvorschläge wurden von links-grünen Parteien sowie Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen unter anderem bei den Durchsuchungsbestimmungen gewünscht. So verlangten sie etwa, dass Durchsuchungen nur bei volljährigen Personen und nur bei einem konkreten Verdacht erfolgen dürften. Auch bezüglich der Disziplinarmassnahmen zeigten sich die genannten Akteure kritisch, etwa weil diese auch gegen Minderjährige eingesetzt werden könnten. Auch die Möglichkeit, Asylsuchende als Disziplinarmassnahme bis zu 72 Stunden vom öffentlichen Leben in den BAZ auszuschliessen, wurde von dieser Seite als unverhältnismässig eingestuft. Widerstand regte sich entsprechend auch gegen die Möglichkeit der bis zu zweistündigen Festhaltung zur Abwendung unmittelbarer Gefahr; eine Massnahme, die bereits bei 15-jährigen Personen getroffen werden könnte. Nicht zuletzt wurden von diesen Vernehmlassungsteilnehmenden auch Forderungen nach einer Präzisierung der Bestimmungen zur Aufgabenübertragung an Dritte laut.

Als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten nahm der Bundesrat in seiner im April 2024 präsentierten Botschaft mehrere Änderungen am Vernehmlassungsentwurf vor. So konkretisierte er auf Anregung des BVGer, dass das SEM die zuständige Behörde für die Durchsuchung sei, hielt jedoch an der generellen Möglichkeit einer Durchsuchung fest. Bezüglich der Disziplinarmassnahmen spezifizierte er, dass diese verhältnismässig sein müssten und dass die Interessen der Minderjährigen angemessen zu berücksichtigen seien. Ergänzend hielt er fest, dass bei Minderjährigen pädagogische Massnahmen Vorrang haben sollen. Was den bis zu 72 Stunden dauernden Ausschluss aus den allgemein zugänglichen Räumen des BAZ betrifft, präzisierte er unter anderem, dass den Betroffenen während dieser Zeit der Zugang zur Rechtsberatung und -vertretung sichergestellt werden muss. Zudem konkretisierte er die Möglichkeiten des Beschwerdeverfahrens gegen die Disziplinarmassnahmen und hielt fest, dass Asylsuchende nach Eintritt in das BAZ oder in die Unterkunft am Flughafen über die Disziplinarmassnahmen sowie über die Beschwerdewege gegen die Massnahmen orientiert werden müssen. Er weitete aber den Anordnungsbereich der Disziplinarmassnahmen auch aus, indem er auf Anregung der Kantone Tessin und Freiburg das SEM im Falle der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ermächtigte, solche Massnahmen auch ausserhalb der Zentren oder der Flughafenunterkunft zu ergreifen, sofern das pflichtwidrige Verhalten «in unmittelbarer Nähe der Unterkunft» geschehen sei. Schliesslich strich der Bundesrat in seiner Botschaft die im Vorentwurf noch vorgesehenen Bestimmungen zur Übertragung der Aufgaben an die religiöse Seelsorge.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Der Idee einer vorübergehenden Anhebung der Maximalzahl der Vollzeitstellen am BVGer auf 70 erwuchs Widerstand von der Ratsrechten: In der Frühjahrssession 2024 musste der Nationalrat über einen Minderheitsantrag beraten, der Nichteintreten auf die entsprechende Verordnungsrevision empfahl. Zuerst führten Kommissionssprecher Simone Gianini (fdp, TI) und Kommissionssprecherin Sibel Arslan (basta, BS) die Argumente der Mehrheit der RK-NR aus. Mit 13 zu 9 Stimmen machte diese geltend, dass die Anhebung der Stellen lediglich vorübergehend sei und auf die momentan starke Arbeitsbelastung aufgrund zunehmender Asylbeschwerden, der Beschwerden im Rahmen der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sowie der Beschwerden im Zusammenhang mit dem Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem Etias zurückzuführen sei. Eine Erhöhung der Zahl der Vollzeitstellen würde nicht nur die «Rechtsweggarantie» sichern, sondern auch Flexibilität zur Bearbeitung der momentan zunehmenden Fallzahlen bringen, so die Kommissionssprechenden. Manfred Bühler (svp, BE) führte für die Kommissionsminderheit und die SVP-Fraktion aus, dass eine Anhebung der Vollzeitstelle nicht nötig wäre, wenn eine restriktivere Asylpolitik, wie sie von der SVP gefordert werde, durchgesetzt würde. Die Erhöhung der Anzahl der Richterinnen und Richter würde dieser Forderung entgegenwirken. Neben dem Antrag auf Nichteintreten lag ein Einzelantrag von Thomas Aeschi (svp, ZG) vor, der – auch in Anbetracht der «angespannten Bundesfinanzen», wie im schriftlichen Antrag zu lesen war – eine Erhöhung auf lediglich 68 statt 70 Vollzeitstellen forderte. Nachdem sich alle anderen Fraktion für Eintreten und gegen den Einzelantrag Aeschi ausgesprochen hatten und auch Justizminister Beat Jans im Namen des Bundesrats die vorübergehende Erhöhung als «nötig» bezeichnet hatte, beschloss die grosse Kammer Eintreten mit 119 zu 64 Stimmen (keine Enthaltung). Die geschlossene SVP-Fraktion stand gegen alle anderen ebenfalls geschlossenen Fraktionen auf verlorenem Posten. Der Einzelantrag Aeschi wurde in der Folge mit 122 zu 68 Stimmen abgelehnt. Drei Mitglieder der FDP-Liberalen-Fraktion stimmten gemeinsam mit der geschlossenen SVP-Fraktion für den Antrag. In der Gesamtabstimmung standen den 65 SVP-Stimmen dann allerdings wieder 125 Stimmen aus allen anderen geschlossenen Fraktionen gegenüber.

Am Ende der Frühjahrssession stimmten die Räte im Rahmen der Schlussabstimmungen der revidierten «Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht» mit 124 zu 66 Stimmen (geschlossene SVP-Fraktion und eine Stimme aus der FDP-Fraktion) bzw. mit 37 zu 4 Stimmen und 3 Enthaltungen zu. Auch in der kleinen Kammer stammten die Gegenstimmen allesamt von der SVP.

Erhöhung der Anzahl Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht (Pa.Iv. 23.449)
Dossier: Anzahl Richterinnen- und Richterstellen an den eidgenössischen Gerichten

Mitte März 2024 präsentierte der Bundesrat den Nachtrag I zum Voranschlag 2024, der 11 Nachtragskredite über insgesamt CHF 603.5 Mio. enthielt. Der grösste Betrag im Umfang von CHF 315.1 Mio. entfiel auf die Reservekraftwerke. Diese Summe wird vollständig über das Netznutzungsentgelt der Netzgesellschaft Swissgrid refinanziert, wodurch der Nachtragskredit haushaltsneutral war. Der zweite grosse Nachtragskredit wurde für den Bereich Asyl beantragt. Aufgrund der prognostizierten Zunahme an Asylgesuchen erachtete der Bundesrat zusätzliche Mittel für personelle Ressourcen und für die Erhöhung der Unterbringungskapazität als notwendig (insgesamt CHF 255.1 Mio.). Ein weiterer Nachtragskredit umfasste einen Unterstützungsbeitrag an die humanitäre Minenräumung in der Ukraine in der Höhe von CHF 20.0 Mio. Die verbleibenden CHF 13.3 Mio. setzten sich aus kleineren Krediten zusammen, wovon die weitere Übernahme der Verwaltungskosten der Covid-Solidarbürgschaftskredite (CHF 8.6 Mio.) und der Unterstützungsbeitrag der Fussball-Europameisterschaft der Frauen (CHF 1 Mio.) die grössten Beträge ausmachten. Zusätzlich zu den Nachtragskrediten beantragte der Bundesrat einen neuen Verpflichtungskredit für den Reservationsvertrag für Influenza-Pandemie-Impfstoffe (CHF 22 Mio.) sowie Ergänzungen zu bestehenden Verpflichtungskrediten, unter anderem für zusätzliche Winterreservekraftwerke (CHF 137 Mio.), für die Entwicklungszusammenarbeit mit der Ukraine (CHF 110 Mio.) sowie für die Internationale humanitäre Hilfe 2021–2024 (CHF 59.36 Mio.).

Nachtrag I zum Voranschlag 2024 (BRG 24.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2024: Voranschlag und Staatsrechnung

Andrea Caroni (fdp, AR) bezog sich auf die Vorkommnisse in Zusammenhang mit eritreischen Regimeanhängern im Herbst 2023, als er in einer Motion forderte, dass asyl- und ausländerrechtliche Massnahmen gegen Flüchtlinge ergriffen werden müssten, die in der Schweiz «gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind». Die Antwort des Bundesrates fiel kurz aus: Er teile das Anliegen der Motion und auch er erachte es als «unverständlich», dass in der Schweiz Zuflucht gefundene Personen an gewalttätigen Demonstrationen teilnehmen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdeten. Er lehne die Motion jedoch ab, da die «rechtliche Handhabe» bereits bestehe.
Während der ständerätlichen Beratung der Motion in der Frühjahrssession 2024 stiess die wortkarge Antwort des Bundesrates nicht nur beim Motionär, sondern auch bei drei weiteren Rednerinnen und Rednern aus den unterschiedlichsten politischen Lagern auf Unverständnis, worauf der neue EDI-Vorsteher Beat Jans die Antwort des Bundesrates noch vertiefter ausführte. Die Gründe für die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaften seien abschliessend durch die Genfer Flüchtlingskonvention geregelt und könnten durch die Schweiz nicht erweitert werden. Die Möglichkeit der Widerrufung des anerkannten Asylstatus im Falle einer Unterschutzstellung unter den Herkunftsstaat sei darin bereits vorgesehen. Jedoch reiche eine Teilnahme an einem regimefreundlichen Anlass nicht, um der Person nachzuweisen, dass sie sich diesem Regime angeschlossen habe. Falls in der Schweiz aufgenommene Personen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdeten, bestünden zudem bereits straf- oder ausländerrechtliche Bestimmungen zur Wegweisung dieser Personen. Nach Analyse der Vorkommnisse im Herbst 2023 habe der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen Massnahmen identifiziert, deren Ziel darin bestehe, weitere gewaltsame Aktivitäten von eritreischen Regimeunterstützenden in der Schweiz künftig zu verhindern, so der Bundesrat abschliessend. Diese zusätzlichen Ausführungen vermochten die bürgerlichen Mitglieder der kleinen Kammer indes nicht zu überzeugen: Der Ständerat nahm die Motion Caroni mit 29 zu 11 Stimmen an.

Massnahmen gegen Flüchtlinge, die gewaltsam das Regime unterstützen, vor dem sie geflohen sind (Mo. 23.4447)