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«Die Kommission anerkennt, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen sowie die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern.» Nachdem die SGK-SR im Januar 2025 bereits zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Genf (Kt.Iv. 24.301) und Jura (Kt.Iv. 24.310) zur Einführung einer Elternzeit Folge gegeben hatte, zog die SGK-NR im Mai nach, wobei sie in ihrer Medienmitteilung die obige Begründung anfügte. Die SGK-NR zeigte sich überzeugt, dass im Unterschied zu zwei anderen Standesinitiativen, mit denen sich ihre Schwesterkommission bereits befasst hatte (Kt.Iv. 24.305; Kt.Iv. 24.311), die beiden offen formulierten Anliegen ausreichend Handlungsspielraum für die Ausarbeitung einer pragmatischen und mehrheitsfähigen Lösung liessen. Die Kommission gab in ihrer Medienmitteilung denn auch gleich bekannt, wie eine solche aussehen könnte: Mit 15 zu 9 Stimmen sprach sie sich für eine Lösung aus, die auf eine Flexibilisierung des bestehenden Mutterschaftsurlaubs (14 Wochen) und des Urlaubs für den anderen Elternteil (2 Wochen) abzielt, jedoch von einer Ausdehnung der bisherigen Urlaubsdauer absieht. Damit stünde eine solche Lösung im klaren Kontrast zur im April 2025 lancierten Familienzeit-Initiative, die für beide Elternteile je 18 Wochen fordert (insgesamt 36 Wochen Elternzeit). Gemäss Modell der Kommission soll es den Kantonen neu aber offen stehen, grosszügigere Lösungen zu beschliessen – oder überhaupt eine Elternzeit einzuführen. Die Einführung einer 24-wöchigen Elternzeit hatte der Kanton Genf als erster Kanton im Juni 2023 bereits beschlossen, hatte diese Lösung allerdings noch nicht umsetzen können, da entsprechende bundesrechtliche Grundlagen fehlen.

Kantone sollen einen Elternurlaub einführen dürfen (Kt.Iv. 24.301)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

«Die Kommission anerkennt, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen sowie die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern.» Nachdem die SGK-SR im Januar 2025 bereits zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Genf (Kt.Iv. 24.301) und Jura (Kt.Iv. 24.310) zur Einführung einer Elternzeit Folge gegeben hatte, zog die SGK-NR im Mai nach, wobei sie in ihrer Medienmitteilung die obige Begründung anfügte. Die SGK-NR zeigte sich überzeugt, dass im Unterschied zu zwei anderen Standesinitiativen, mit denen sich ihre Schwesterkommission bereits befasst hatte (Kt.Iv. 24.305; Kt.Iv. 24.311), die beiden offen formulierten Anliegen ausreichend Handlungsspielraum für die Erarbeitung einer pragmatischen und mehrheitsfähigen Lösung liessen. Die Kommission gab in ihrer Medienmitteilung denn auch gleich bekannt, wie eine solche aussehen könnte. Die SGK-NR gab der Initiative aus dem Kanton Jura mit 14 zu 9 Stimmen (1 Enthaltung) und derjenigen aus dem Kanton Genf, die sich explizit auch für eine Elternzeit-Lösung auf kantonaler Ebene offen zeigte, mit 15 zu 8 Stimmen (1 Enthaltung) Folge.

Elternzeit. Für eine Lösung auf Bundesebene (Kt.Iv. 24.310)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Mittels parlamentarischer Initiative verlangte Gregor Rutz (svp, ZH) eine abschliessende Aufzählung der Unzumutbarkeitsgründe im AIG, bei denen eine Aus- oder Wegweisung als nicht durchführbar erachtet wird. Um die Anzahl der vorläufigen Aufnahmen möglichst gering zu halten, verlangte der SVP-Nationalrat eine entsprechende Gesetzesänderung, die den Vollzug einer Aus- oder Wegweisung ausschliesslich im Falle von «Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt oder medizinischer Notlage im Heimat- oder Herkunftsstaat» als unzumutbar definiert.
Die SPK-NR gab der Initiative im Januar 2025 mit 14 zu 11 Stimmen Folge. Im April bestätigte die SPK-SR diesen Entscheid mit 8 zu 2 Stimmen. Damit erhielt die nationalrätliche Kommission den Auftrag, eine entsprechende Gesetzesgrundlage auszuarbeiten.

Vorläufige Aufnahme als Ersatzmassnahme für eine nicht durchführbare Aus- oder Wegweisung: genaue Definition der Unzumutbarkeit (Pa.Iv. 24.348)

In der ausserordentlichen Session «Asyl» beugte sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2025 als Zweitrat über eine Motion von Jacqueline de Quattro (fdp, VD), die eine Taskforce Asyl forderte. Dem Ständerat lag ein mit 5 zu 5 Stimmen (3 Enthaltungen) und Stichentscheid des Präsidenten Daniel Fässler (mitte, AI) gefällter Antrag auf Ablehnung der Motion vor. Die Kommissionsmehrheit der SPK-SR argumentierte, dass mit dem Sonderstab Asyl sowie dem Asylausschuss bereits strategische Organe bestünden, um die Herausforderungen im Asylbereich anzugehen. In den Augen der Kommissionsminderheit Gössi (fdp, SZ) hingegen, müsste der Bundesrat seine Zusammenarbeit insbesondere mit stark belasteten Gemeinden verstärken, weswegen sie Annahme der Motion empfahl.
Mit 23 zu 19 Stimmen (1 Enthaltung) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion ab, wobei die Ratsmitglieder der Mitte – zusammen mit denjenigen der Grünen und der SP – fast geschlossen für Ablehnung einstanden.

Die Schweiz braucht eine Taskforce «Asyl» (Mo. 23.3886)

Im Rahmen einer im Frühjahr 2025 von der SVP-Fraktion verlangten ausserordentlichen Session zum Thema Asyl nahmen sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat zwei gleichlautende Motionen – der Nationalrat eine von Pascal Schmid (svp, TG) und der Ständerat eine von Esther Friedli (svp, SG) – an, die «kein Asylverfahren und kein Bleiberecht für Verbrecher» forderten. Der Bundesrat bekräftigte in seiner Stellungnahme, dass auch er konsequent gegen Kriminalität vorgehen wolle. Er sehe jedoch keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, da einer straffälligen Person bereits unter den geltenden Bestimmungen der Asyl- und Schutzstatus sowie die vorläufige Aufnahme entzogen werden könnten, was in der Praxis auch geschehe. Dabei gelte es jedoch, das Non-Refoulement Prinzip zu beachten und das Asylverfahren niemandem zu verschliessen. Wenn hingegen eine Person die innere und äussere Sicherheit verletzt oder gefährdet habe, gegen sie ein Landesverweis vorliege oder wenn sie «wegen verwerflicher Handlungen des Asyls unwürdig» (Art. 53a, AsylG) sei, werde ihr kein Asyl gewährt. Der Nationalrat nahm die Motion Schmid mit 105 zu 72 Stimmen bei 12 Enthaltungen – darunter die gesamte GLP-Fraktion – an. Die Nationalratsmitglieder der Mitte sowie eine knappe Mehrheit der FDP-Fraktion unterstützten dabei die Forderung aus der SVP-Fraktion. Der Ständerat befürwortete die Motion mit 30 zu 10 Stimmen (2 Enthaltungen). Nun werden sich beide Räte mit der jeweils anderen Motion auseinandersetzen.

Kein Asylverfahren und kein Bleiberecht für Verbrecher (Mo. 24.3716; Mo. 24.4429)

Neben den Motionen 24.3716 und 24.4429 verlangten zwei weitere Motionen von Ratsmitgliedern der SVP eine schärfere Gangart gegen straffällige Asylsuchende. Diese Vorstösse wurden ebenfalls für die von der SVP einberufene ausserordentliche Session zum Thema Asyl im Frühjahr 2025 traktandiert. Konkret verlangten Christoph Riner (svp, AG) und Pirmin Schwander (svp, SZ) eine konsequente Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Personen im Asylverfahren und von Sans-Papiers, sobald ein Strafverfahren aufgrund eines dem Strafgesetzbuch oder dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Straftatbestandes gegen sie eröffnet worden ist. In seiner ablehnenden Antwort wies der Bundesrat unter anderem darauf hin, dass eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit nur im Einklang mit der Bundesverfassung sei, wenn die Massnahme durch öffentliches Interesse gerechtfertigt sei oder dem Schutz von Grundrechten Dritter diene. Nicht zuletzt verwies der Bundesrat auch auf die Zuständigkeit der Kantone in diesem Bereich und betonte zugleich, dass bereits zum gegebenen Zeitpunkt eine konsequente Rückkehrpolitik betrieben werde. Der Nationalrat nahm die Motion Schmid mit 116 zu 69 Stimmen (4 Enthaltungen) an. Der Ständerat tat es ihm gleich und befürwortete die Motion Schwander mit 28 zu 11 Stimmen (4 Enthaltungen). Nun werden sich beide Räte mit der jeweils anderen Motion auseinandersetzen.

Bewegungsfreiheit von straffälligen Asylsuchenden konsequent einschränken (Mo. 24.3734; Mo. 24.4495)

Im Dezember 2024 rechnete die FK-SR in einer Motion vor, dass die Kosten im Asylwesen aufgrund der insgesamt 22'176 hängigen Asylgesuche (Stand Herbst 2024) «deutlich stärker [wachsen] als die Einnahmen» des Bundes, weswegen die Kommission ein Beschleunigungspaket für das Asylwesen verlangte. Dies sei nicht nur zur Senkung der Kosten notwendig, sondern «auch mit Blick auf die Akzeptanz der Asylpolitik». Da dieses Paket ohne personelle Aufstockungen auskommen soll, sah die Kommission als mögliche Massnahmen etwa vor, gewisse Länder mit einer Bleibequote von unter fünf Prozent als sogenannte safe countries einzustufen oder Personen aus Staaten mit offizieller EU-Beitrittskandidatur – abgesehen von der Ukraine – nicht mehr zur vorläufigen Aufnahme zuzulassen. Bei grober Verletzung der Mitwirkungspflicht soll zudem ein Asylverfahren schneller beendet werden können.
Der Ständerat nahm die Motion im Rahmen einer ausserordentlichen Session «Asyl» im Frühjahr 2025 an.

Beschleunigungspaket für das Asylwesen (Mo. 24.4271)

In der Frühjahrssession 2025 nahm der Nationalrat im Rahmen einer ausserordentlichen Session «Asyl und Souveränität» eine Motion der FDP-Liberalen Fraktion an, die vom Bund eine stärkere Unterstützung der Kantone beim Wegweisungsvollzug verlangt. Er tat dies mit 127 zu 61 Stimmen (1 Enthaltung). Mit Ausnahme der Fraktionen der SP und der Grünen sowie der beiden EVP-Ratsmitglieder der Mitte-Fraktion standen alle Fraktionen geschlossen für Annahme ein. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme für Ablehnung der Motion plädiert und seine Position unter anderem mit der Zuständigkeit der Kantone begründet.

Unterstützung der Kantone beim Wegweisungsvollzug (Mo. 24.4508)

In der Frühjahrssession 2025 bekräftigte der Ständerat den Beschluss seiner SGK-SR und gab zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Tessin und Wallis keine Folge, welche die Einführung einer nationalen Elternzeit von mindestens 20 Wochen forderten. Damian Müller (fdp, LU) versicherte als Kommissionssprecher im Rat, dass die Diskussionen zu einer Elternzeit mit diesem Entscheid nicht beerdigt seien, wobei er auf die jüngst vom Bundesrat publizierte Kosten-Nutzen-Analyse verschiedener Elternzeitmodelle sowie auf die im April lancierte Familienzeit-Initiative verwies. Zudem beteuerte er, dass die Kommission für pragmatische und finanzierbare Elternzeit-Lösungen offen stehe, «die den verschiedenen Familienmodellen Rechnung [trage]». Diesen Willen habe die Kommission im Januar 2025 durch Folgegeben zweier weiterer, offen formulierter Standesinitiativen (Kt.Iv. 24.301; Kt.Iv. 24.310) bekräftigt.

Einführung einer nationalen Elternzeit (Kt.Iv. 24.305 und Kt.Iv. 24.311)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Im Mai 2024 verabschiedete die EU zehn Verordnungen und Richtlinien, welche zusammen den neuen Migrations- und Asylpakt unter den Schengen-Staaten bilden. Das Ziel des Pakts bestehe darin, die sogenannte irreguläre Migration in die Schengen-Staaten zu mindern und mittels harmonisierten und funktionierenden Asylverfahren die Sekundärmigration im Schengen-Raum einzudämmen. Zudem sollen diejenigen Schengen-Staaten, welche insbesondere aufgrund ihrer geografischen Lage unter grossem Migrationsdruck stehen, durch eine fairere Verteilung der Asylsuchenden unterstützt werden (sogenannter Solidaritätsmechanismus).

Im Februar 2025 präsentierte der Bundesrat die Botschaft zur Übernahme der für die Schweiz verbindlichen Teile des Migrations- und Asylpakts in Form von vier Bundesbeschlüssen, welche die Übernahme und Umsetzung von fünf EU-Verordnungen betreffen. Für die Schweiz waren insbesondere folgende Änderungen und Neuerungen massgebend: Erstens soll die Schweiz die neuen Regeln zur Bestimmung der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens übernehmen. Damit sollen die Fristen für die Bearbeitung von Übernahmeersuchen gekürzt und die Anforderungen an den Übergang eines Asylgesuchs von einem zum anderen Dublin-Staat erhöht werden. Zweitens sollen im Falle «eines ausserordentlichen Migrationsdrucks oder einer Situation höherer Gewalt», wie beispielsweise einer Pandemie, Möglichkeiten für Ausnahmen und Abweichungen im Asylverfahren geschaffen werden. Drittens müsse die Schweiz zwar die neue Rückkehrgrenzverfahrensverordnung übernehmen, diese jedoch nicht anwenden, da das Schweizer Asylverfahren am Flughafen kein äquivalentes Verfahren zum EU-Grenzasylverfahren darstelle. Viertens wurde die Eurodac-Verordnung überarbeitet, womit neu auch von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal im Schengen-Raum aufhalten, biometrische Daten im Eurodac-Zentralsystem gespeichert werden. Ausserdem wird das Mindestalter für die Registrierung von Personen von 14 Jahren auf sechs Jahre heruntergesetzt. Schliesslich sollen mit der Übernahme der Überprüfungsverordnung die Identitätsfeststellung und die Registrierung von sich irregulär im Schengen-Raum aufhaltenden Drittstaatsangehörigen erleichtert werden. Zudem kann bei diesen Personen ein Abgleich mit den einschlägigen Datenbanken und eine Gesundheitsüberprüfung vorgenommen werden und diese Personen sollen schneller in das richtige Verfahren (Rückführung, Asylverfahren oder Übernahme durch einen anderen Schengen-Staat) überstellt werden. Schliesslich empfahl der Bundesrat in der Botschaft auch, dass sich die Schweiz freiwillig am europäischen Solidaritätsmechanismus beteiligen soll. Mit diesem System sollen die Schengen-Staaten, welche einen hohen Migrationsdruck aufweisen, entlastet werden, indem die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden gerechter auf die am Mechanismus teilnehmenden Staaten verteilt werden. Mit der vorliegenden Botschaft wurde ausserdem das Postulat 23.3859 Pfister (mitte, ZG) «Chancen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems für die Schweizer Asylpolitik» zur Abschreibung beantragt.

In der Vernehmlassung waren die Vorlagen auf ein geteiltes Echo gestossen. Die Mehrheit der Kantone hatte den Entwurf grundsätzlich begrüsst, einige Kantone hatten aber auch Kritik am neu anfallenden Aufwand der Kantone in Bezug auf die Umsetzung der Eurodac- und Überprüfungsverordnung geübt. Auch die Mitte, die GLP und die FDP hatten die Reform unterstützt. Bei der SVP war die Übernahme des Migrations- und Asylpakts in der vorliegenden Form hingegen auf Ablehnung gestossen. Die Schweiz müsse unabhängige Kontrollen an ihren Aussengrenzen durchführen können. Zudem dürfe «illegalen» Einwandernden kein Asyl mehr gewährt werden. Die SP hatte die Übernahme des EU-Migrations- und Asylpakts zwar insgesamt unterstützt, forderte aber dazu auf, dass die Schweiz ihren nationalen Spielraum maximal nutze, um die Verbundenheit mit den Geflüchteten und deren Rechte zu stärken. Die Grünen und die EVP wiederum hatten Kritik am EU-Grenzverfahren geäussert und eine Verletzung der Grundrechte und der Menschenwürde befürchtet. Ähnliche Argumente griffen auch flüchtlingsnahe Organisationen wie etwa Amnesty International Schweiz, die EKM, HEKS oder das SRK auf. Diese Organisationen bemängelten unter anderem, dass der Migrations- und Asylpakt auf restriktiven Grenzverfahren und Abschottung basiere, anstatt Schutz und Solidarität zu bieten. Dies habe zur Folge, dass Schutzsuchende, insbesondere verletzliche Gruppen, einem erhöhten Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt seien. Zudem bringe der Pakt keine Lösungen für die bestehenden Mängel des Dublin-Systems, wie die fehlende Solidarität mit den Grenzstaaten.

Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme von Verordnungen zur Übernahme des EU-Migrations- und -Asylpakts. Weiterentwicklungen des Schengen- und des Dublin-/Eurodac-Besitzstands (BRG 25.037).

Die Sozialdemokratische Fraktion lancierte im Juni 2024 eine parlamentarische Initiative, welche die Angleichung der Sozialhilfeansätze von Personen mit Status S und vorläufig Aufgenommenen an den höheren und für die restliche Wohnbevölkerung der Schweiz geltenden Ansatz forderte. Somit würde der tiefere Ansatz nur noch bei Asylsuchenden zu tragen kommen. Die SP begründete ihre Initiative mit einer im Frühjahr desselben Jahres erschienenen Studie von Angehörigen der ETH und der Universitäten Zürich und Basel. Aus den Studienresultaten folgerten die Forschenden, dass höhere Sozialhilfeansätze Kleinkriminalität und Drogendelikte zu reduzieren vermögen. Mit 13 zu 10 Stimmen (1 Enthaltung) gab die SGK-NR der Initiative Ende Januar 2025 jedoch keine Folge. Gemäss Medienmitteilung der Kommission waren die angespannten Bundesfinanzen sowie Befürchtungen, dass eine Angleichung der Sozialhilfeansätze falsche Anreize setzen könnte, ausschlaggebend für den Entscheid der Mehrheit.

Keine reduzierte Sozialhilfe für Geflüchtete mit Status F und S (Pa.Iv. 24.433)

Ebenso wie die Kantone Jura, Tessin und Wallis wollte auch der Kanton Genf mit einer Anfang 2024 eingereichten Standesinitiative die Einführung einer Elternzeit vorantreiben. Im Unterschied zu den drei anderen Standesinitiativen, die nach einer nationalen Elternzeit verlangten, forderte der Kanton Genf mit seiner Standesinitiative, dass Kantone eine Elternzeit einführen dürfen. Im Juni 2023 hatte sich eine Mehrheit der kantonalen Stimmbevölkerung des Kantons Genf mit einem Ja-Stimmenanteil von 57.9 Prozent für die Einführung einer Elternzeit von mindestens 24 Wochen ausgesprochen. Indes war die Genehmigung der entsprechenden Änderung der Kantonsverfassung durch das eidgenössische Parlament suspendiert worden, da die Regelung nicht bundesrechtskonform ist. Im Rahmen einer geplanten Revision der Erwerbsersatzordnung könnte die entsprechende Konformität jedoch hergestellt werden, weswegen das Parlament die Gewährleistung lediglich suspendiert hatte. Im Januar 2024 sprach sich die SGK-SR mit 10 zu 2 Stimmen (1 Enthaltung) dafür aus, der Genfer Standesinitiative Folge zu geben. Im Jahr 2021 hatte die damals zuständige Kommission – die WBK-SR – bei der Beratung einer ähnlichen Standesinitiative aus dem Kanton Jura noch mehrheitlich gegen Folgegeben plädiert.

Kantone sollen einen Elternurlaub einführen dürfen (Kt.Iv. 24.301)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Im Jahr 2024 forderten gleich vier Kantone mittels Standesinitiativen die Einführung einer Elternzeit; eine davon stammte vom Kanton Jura. Im Unterschied zu den Standesinitiativen der Kantone Wallis und Tessin liess dieser die Dauer der Elternzeit jedoch offen. Dabei präferierte der Kanton Jura eine Lösung für die Elternzeit auf Bundesebene. Dies im Unterschied zur vierten Standesinitiative aus dem Kanton Genf, die dem Titel ihrer Initiative zufolge den Weg über kantonale Lösungen beschreiten wollte, ansonsten jedoch ebenfalls offen formuliert war. Während die SGK-SR den beiden offen formulierten Standesinitiativen im Januar 2025 mit 10 zu 2 Stimmen (1 Enthaltung) grossmehrheitlich Folge gab, lehnte sie die beiden anderen Kantonsinitiativen, die weniger Spielraum bei der Ausgestaltung zuliessen, mit 7 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Elternzeit. Für eine Lösung auf Bundesebene (Kt.Iv. 24.310)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Ende Januar 2025 gab die SGK-SR zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Tessin und Wallis, welche die Einführung einer nationalen Elternzeit von mindestens 20 Wochen forderten, wovon der väterliche Anteil im Minimum 20 Prozent betragen soll, mit 7 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) keine Folge. Die Kommissionsmehrheit wollte zuerst einen in Erfüllung eines Kommissionspostulats in Aussicht gestellten Bericht abwarten, bevor sie sich auf ein konkretes Modell festlegte. Eine Grossmehrheit der Kommission anerkannte jedoch Handlungsbedarf, was sie durch die gleichzeitige Annahme von zwei weiteren, offen formulierten Standesinitiativen aus den Kantonen Genf und Jura zum Ausdruck brachte. Gemäss den vier Kantonen kann eine Elternzeit zahlreiche Vorteile haben, namentlich die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und damit die Bekämpfung des Fachkräftemangels, die Reduktion des sogenannten Gender Pension Gap und die Förderung des Wirtschaftswachstums. Zudem könne eine Elternzeit den Aufbau von stabilen emotionalen Beziehungen zu beiden Elternteilen sowie eine gleichberechtigtere Rollenaufteilung in der Erziehung fördern. Darüber hinaus verwiesen alle Standesinitiativen auf den Umstand, dass einige europäische Länder bereits über eine Elternzeit verfügten und der bezahlte Mutter- und Vaterschaftsurlaub in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gering sei.

Einführung einer nationalen Elternzeit (Kt.Iv. 24.305 und Kt.Iv. 24.311)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen

Wie bereits 2022 und 2023 trieben im Themenbereich «Soziale Gruppen» auch im Jahr 2024 Diskussionen im Asylbereich Politik und Medien um (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Im Unterschied zu den beiden vorangegangenen Jahren stiessen politische Vorstösse zur Verschärfung der Bestimmungen im Parlament indes vermehrt auf Unterstützung. Das Parlament beschloss bei der Beratung des Voranschlags 2025 zudem Kürzungen beim Betrieb der Bundesasylzentren sowie bei der Sozialhilfe für Asylsuchende. Begründet wurde dies mit den nach wie vor zwar hohen, aber im Vergleich zu 2023 rückläufigen Asylgesuchszahlen. Der Bundesrat erleichterte im Berichtsjahr durch eine Verordnungsänderung den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers und verordnete Massnahmen zur Stärkung der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S, womit auch auf diesem Weg eine Senkung der Ausgaben für die Sozialhilfe bezweckt wurde. Die Verbesserung der Erwerbsintegration im Asylbereich wurde auch vom Expertisebericht zur Entlastung des Bundeshaushalts empfohlen. National- und Ständerat diskutierten im Berichtsjahr ausführlich über eine Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb der Zentren des Bundes, die als Reaktion auf die 2020 und 2021 medial begleiteten Gewaltvorfälle in Bundesasylzentren geschaffen worden war (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Die Differenzbereinigung zum Geschäft wird 2025 in Angriff genommen. Schliesslich lancierte die SVP im Mai 2024 die Grenzschutzinitiative, die unter anderem die Einführung eines Kontingents für bewilligte Asylgesuche verlangt.

2024 kam mit der Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» eine andere Initiative aus der Feder der SVP zustande, die den Bevölkerungszuwachs mittels Steuerung der Migration stärker kontrollieren will; insbesondere mit Massnahmen im Bereich Asyl und Familiennachzug. Eine Erleichterung des Familiennachzugs durch eine Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung bezweckt im Gegenteil dazu ein Kommissionsentwurf in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative, dem jedoch ein Entscheid auf Nichteintreten droht. Die Schlussabstimmungen passierte indes ein in Auftrag einer anderen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteter Entwurf im Bereich der Migration, der durch entsprechende ausländerrechtliche Bestimmungen Drittstaatenangehörige besser vor häuslicher Gewalt schützen will.

Eine Verstärkung des Schutzes vor Gewalt wurde auch für andere Personengruppen angestrebt: In der Frühjahrssession überwies der Ständerat eine Motion an den Bundesrat, die ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung fordert. Darüber hinaus will der Bundesrat in Erfüllung einer Motion auch Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt schützen. Im September 2024 präsentierte er dazu seine Botschaft zur Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch. Zudem überwies der Nationalrat 2024 zwei Postulate, die Berichte über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der Familie und in Institutionen für Kinder und Jugendliche ausserhalb der Kirche verlangt. Schliesslich sollen Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts künftig unter Strafe gestellt werden. Nach dem Nationalrat gab auch der Ständerat sechs gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dieser Forderung Folge.

Gewaltvorfälle wurden im Zusammenhang mit der LGBTQIA+-Gemeinschaft thematisiert. Im Mai berichteten die Medien über eine starke Zunahme von Hassdelikten gegenüber Angehörigen dieser Personengruppe. Für überdurchschnittliche Medienaufmerksamkeit für LGBTQIA+-Personen sorgte im Mai indes Nemo mit dem Sieg am Eurovision Song Contest und die daraufhin formulierte politische Forderung zur Einführung einer dritten Geschlechtskategorie im Personenstandsregister (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Im Bereich der Familienpolitik verabschiedete das Parlament ohne viel Aufhebens aber entgegen dem Willen des Bundesrats eine Änderung des Familienzulagengesetzes zur Einführung des vollen Lastenausgleichs in den Kantonen. Deutlich stärker beschäftigte sich die Politik innerhalb und ausserhalb des Parlaments hingegen mit der Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Nachdem sich der Bundesrat aufgrund der angespannte Lage der Bundesfinanzen und mit Verweis auf die Zuständigkeit der Kantone bereits im Vorjahr gegen eine Kostenbeteiligung des Bundes an den Betreuungskosten von Eltern gestellt hatte, gab die ständerätliche Kommission im März ein Alternativmodell in die Vernehmlassung. Besagtes Modell, das insbesondere die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen will, stiess in der Wintersession im Ständerat trotz gemischten Vernehmlassungsergebnissen auf deutliche Zustimmung. Anders als der Nationalrat beschloss die Kantonskammer bei der Beratung des Geschäfts zudem, den Bund ebenfalls von der finanziellen Beteiligung an der Weiterentwicklung des ausserfamiliären Betreuungsangebots zu befreien. Diese Vorlage wollte der Ständerat überdies zum indirekten Gegenvorschlag zur im Vorjahr eingereichten Kita-Initiative machen. Zur Förderung der Gleichstellung in der Arbeitswelt befasste sich der Nationalrat im Berichtsjahr ausführlich mit einer Vorlage zur Einführung der Individualbesteuerung.

Wie bereits im Vorjahr erhielten Forderungen von Menschen mit Behinderungen auch im Berichtsjahr viel Beachtung. Dazu trug insbesondere die Inklusions-Initiative bei, welche die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Lebensbereichen fordert und die im September eingereicht wurde. Ende Jahr gab der Bundesrat bekannt, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ausarbeiten zu wollen. Der Nationalrat überwies im Berichtsjahr zudem ein Kommissionspostulat, das vom Bundesrat die Überprüfung von möglichen Massnahmen zur Verbesserung der politischen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verlangt, womit das Parlament eine aus der Behindertensession 2023 resultierte Forderung aufnahm. Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UNO-Behindertenrechtskonvention überwies der Nationalrat im Mai ferner ein Postulat, das eine Aufdeckung von Widersprüchen zwischen den geltenden Schweizer Rechtsgrundlagen und der besagten Konvention fordert. Denn solche gibt es gemäss den Interessenorganisationen für Menschen mit Behinderungen noch einige, die sich auch nicht mit der Ende 2023 in die Vernehmlassung geschickten Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes auflösen liessen.

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2024

Während die meisten im Jahr 2023 vom Parlament beratenen Vorstösse für eine Verschärfung der Asylpolitik bereits im Erstrat abgelehnt und nur in wenigen Fällen überwiesen worden waren, änderte sich diese Situation 2024. Zwar scheiterte nach wie vor eine Mehrheit der Vorstösse bereits in der erstbehandelnden Kammer – darunter die meisten Vorstösse aus der SVP-Fraktion –, allerdings erhielten im Berichtsjahr deutlich mehr Vorstösse Zustimmung durch das Parlament. So wurden 2023 sechs überwiesene Geschäfte gezählt, darunter vier Postulate (Po. 23.3084; Po. 23.3203; Po. 23.3837; Po. 23.3859) und zwei Motionen (Mo. 23.3032; Mo. 23.3176), wobei Letztere erst in der Wintersession und somit vom neu zusammengesetzten Nationalrat überwiesen worden waren. Im Jahr 2024 erhöhte sich diese Zahl auf 16, wobei mit der Überweisung von elf Motionen zahlreiche Gesetzesänderungen beantragt wurden.

Die 2024 vom Parlament überwiesenen Vorstösse betrafen dabei zum einen Fragen zur grundsätzlichen Ausrichtung der Asylpolitik. So wollte eine Motion der FDP-Fraktion unter anderem sicherstellen, dass auf Asylgesuche von Personen, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, in keinem Fall eingetreten wird (Mo. 23.3533). Gegen diese Forderung opponierte der Ständerat hingegen mit hauchdünner Mehrheit, womit die Motion lediglich teilweise, beziehungsweise mit den übrigen fünf Forderungen zur Bekämpfung der Sekundärmigration überwiesen wurde. Darüber hinaus fordern vier überwiesene Postulate die Überprüfung der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende (Po. 24.3478; Po. 24.3165), das Abwägen von Kosten und Nutzen der Abkommen von Schengen und Dublin (Po. 24.3946) sowie eine Auslegeordnung zur Möglichkeit der Durchführung von Asylverfahren an EU-Aussengrenzen oder in Drittstaaten (Po. 23.4490).

Vier überwiesene und von je zwei Mitgliedern der FDP- und SVP-Fraktion angestossene Motionen verlangen ferner Verbesserungen bei den Rückführungen. Zum einen wurde der Bundesrat mit der Erarbeitung eines Konzepts beauftragt, um die Zahl der Rückführungen und Ausweisungen deutlich zu erhöhen (Mo. 23.3082). Darüber hinaus wird als konkrete Massnahme der Abschluss von Migrationspartnerschaften oder -abkommen verlangt, um die Zahl der Rückübernahmen von Personen mit abgewiesenen Asylgesuchen zu steigern (Mo. 23.3838; Mo. 23.4038). Aufgrund bekannter Schwierigkeiten bei der Rückführung von abgewiesenen Menschen aus Eritrea verlangte eine weitere Motion den Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat, an den die betroffenen Personen für eine bestimmte Dauer übergeben werden sollen, um von dort in das Herkunftsland zurückgeführt zu werden (Mo. 23.4440). Einen effizienteren Vollzug forderte schliesslich auch die FK-SR in einer eigenen Motion, um Massnahmen für Kostenbremsen im Asylbereich vorzunehmen, zusätzlich erachtete sie jedoch auch die Steigerung der Erwerbsquote bei Personen mit Status S sowie bei Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen als massgeblich Kosten dämpfend (Mo. 23.4351). Auch diese Motion fand im Berichtsjahr in beiden Räten mehrheitlich Zuspruch.

Zusätzlich lancierte die SPK-NR eine Kommissionsmotion, mit welcher sie die Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Personen mit Schutzstatus S bezweckte (Mo. 23.3968) und die vom Parlament im aktuellen Jahr ebenfalls überwiesen wurde. Darüber hinaus verlangen weitere drei 2024 überwiesene Motionen – darunter zwei identische Motionen von Mitgliedern der Mitte-Fraktion (Mo. 24.3022; Mo. 24.3035) sowie eine von einem SVP-Mitglied lancierte Motion (Mo. 24.3378) – Anpassungen beim Schutzstatus S mit dem Ziel der Verhinderung von Missbräuchen.

Die von den Printmedien begleiteten gewalttätigen Auseinandersetzung innerhalb der eritreischen Gemeinschaft nahm die FDP zum Anlass, eine Motion einzureichen, die ausländerrechtliche Massnahmen gegen Personen verlangt, die «gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind» (Mo. 23.4447). Auch dieses Anliegen wurde vom Parlament im Berichtsjahr überwiesen, ebenso wie ein von einem Mitte-Mitglied lanciertes Postulat zum Umgang mit kriminellen Ausländerinnen und Ausländern und solchen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit stören (Po. 24.3934).

Alles in allem zeigt sich bei der parlamentarischen Beratung von Vorstössen zur Verschärfung im Asylrecht 2024 somit ein anderes Bild als noch 2023. Ist das Finden von Mehrheiten für Verschärfungen in der Asylpolitik durch die Sitzverschiebungen bei den eidgenössischen Wahlen 2023 also einfacher geworden? Tatsächlich lassen sich Vorstösse eruieren, die das Parlament vor den Wahlen noch abgelehnt hatte, die im Berichtsjahr jedoch erfolgreich waren. So hatte es eine Mehrheit im Nationalrat in der Sommersession 2023 noch abgelehnt, den Bundesrat ein Konzept für eine «Rückführungsoffensive» ausarbeiten zu lassen (Mo. 23.3073), zu Beginn der neuen Legislatur stimmte die grosse Kammer einer solchen Forderung durch teilweise Annahme einer Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 23.3082) aber zu. Und während der Ständerat in der Herbstsession 2022 eine Motion Stark (svp, TG; Mo. 22.3516), welche eine nach Herkunftsregion differenzierte Anwendung des Schutzstatus S verlangte, noch abgelehnt hatte, befürwortete er in der Sommersession 2024 eine ähnliche Forderung einer Motion von Esther Friedli (svp, SG; Mo. 24.3378); der Nationalrat tat es ihm in der Wintersession gleich. Auch von einem systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers, gefordert von einer Motion der SVP (Mo. 21.3492), hatte der Nationalrat im Frühjahr 2023 noch nichts wissen wollen, im September des Folgejahres indes einer neuen Fraktionsmotion mit exakt demselben Anliegen aber zugestimmt (Mo. 24.3059).

Dieses Umschwenken ist jedoch kaum den zusätzlichen bei den eidgenössischen Wahlen errungenen Sitzen für die SVP geschuldet, da die fragilen Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat dadurch ja nicht gekippt worden sind. Vielmehr liegt der Kursänderung wohl ein Umdenken bei den Ratsmitgliedern der FDP und teilweise auch der Mitte zugrunde. Dies zeigt sich exemplarisch an der Forderung nach einer nach Herkunftsregion differenzierten Anwendung des Schutzstatus S sowie an derjenigen für einen systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers. Beide Anliegen unterstützte die SVP im ersten Anlauf alleine, fand im zweiten Anlauf jedoch bei der gesamten FDP-Fraktion und allen Mitte-Nationalratsmitgliedern (Sans Papiers) sowie bei der Hälfte der ständerätlichen Mitte-Vertretenden (Schutzstatus S) Unterstützung. Zudem lancierte die FDP eigene Forderungen nach Verschärfungen in der Asylpolitik, für die sie in den Räten auch Mehrheiten fand: Insgesamt stammen 6 der 15 im Berichtsjahr überwiesenen Vorstösse aus ihrer Feder, dazu kommen die 2 eingangs erwähnten Motionen, die bereits in der Wintersession 2023 überwiesenen worden waren.

Im Jahr 2024 vom Parlament behandelte Vorstösse im Bereich Asyl

Aufgrund der veränderten Migrationsdynamik forderte die FDP mittels Postulat, den aus dem Jahr 2013 datierten Kurzbericht über finanzielle und personelle Auswirkungen der Assoziierung an Schengen und Dublin zu aktualisieren, um gegenwärtige Kosten und Nutzen von Schengen-Dublin aufzuzeigen. Die aktualisierte Version soll zudem um eine Analyse der «nicht-monetären Vorteile von Schengen-Dublin» – namentlich betreffend Grenzschutz und Erkennung terroristischer Gefahren – ergänzt werden. Der Bundesrat stand dem Ansinnen positiv gegenüber und zeigte sich zudem bereit, eine Aktualisierung des ausführlicheren Berichts über «[d]ie volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen-Assoziierung der Schweiz» aus dem Jahr 2018 in Betracht zu ziehen. Der Nationalrat nahm das Postulat in der Wintersession 2024 stillschweigend an.

Kosten und Nutzen der Abkommen von Schengen und Dublin aufzeigen (Po. 24.3946)

Nicolò Paganini (mitte, SG) betonte in der Begründung seines Postulats, dass die Schweiz über ein «grundsätzlich gut funktionierendes Asylsystem» verfüge. Er sah jedoch Verbesserungspotenzial bei der Zusammenarbeit zwischen den Behörden der verschiedenen Staatsebenen beim Umgang mit kriminellen Asylsuchenden oder solchen, welche die Sicherheit und Ordnung stören. In einem Bericht soll daher entsprechendes Verbesserungspotential aufgezeigt werden, wobei auch Erfahrungen, die bei der operativen Kooperation im Rahmen von TETRA gemacht wurden, mit einfliessen sollen.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats und der Nationalrat kam diesem Antrag in der Wintersession 2024 stillschweigend nach.

Umgang mit kriminellen Asylsuchenden (Po. 24.3934)

Nachdem der Nationalrat zu Beginn der Wintersession 2024 die Leitplanken durch Überweisung einer Motion Würth (mitte, SG), die eine Anpassungen des Schutzstatus S «zum Erhalt der Akzeptanz» fordert, bereits gesetzt hatte (Mo. 24.3022), war die Beratung einer identischen Motion Paganini (mitte, SG) im Ständerat gegen Ende der Wintersession eigentlich obsolet. Die Bitte des Bundesrates, den Auftrag an die Regierung nicht erneut zu senden, blieb ungehört: Der Ständerat überwies auch diese Motion und tat dies gar einstimmig.

Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen (Mo. 24.3035)
Dossier: Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine

In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes. Auch im Zweitrat war Eintreten unbestritten.

In der Detailberatung zeigte sich eine ähnliche Ausgangslage wie in der Erstberatung im Nationalrat: Auf der einen Seite lagen diverse Anträge auf Verschärfungen bei den Disziplinarmassnahmen vor, während auf der anderen Seite linke Minderheitsanträge versuchten, den Schutz von vulnerablen und minderjährigen Asylsuchenden zu verbessern oder Verschärfungen zu verhindern. Im Unterschied zur Beratung im Nationalrat waren letztere jedoch weniger zahlreich und erstere – die ebenfalls anders als im Nationalrat auch durch Kommissionsmehrheiten initiiert wurden – fanden nicht selten eine Mehrheit im Rat. So nahm der Ständerat mit knappen 21 zu 20 Stimmen (ohne Enthaltungen) erstens eine Minderheit Salzmann (svp, BE) an, welche den Einsatz von Waffen im Falle der Anwendung polizeilichen Zwangs oder polizeilicher Massnahmen nicht explizit verbieten wollte. Er tat dies nach einem ausführlichen Votum von SPK-SR-Sprecher Fässler (mitte, AI), der durch die Annahme des Minderheitsantrages dem Parlament Zeit geben wollte, zu klären, inwiefern auch «Reizstoffe, nicht tödlich wirkende Destabilisierungsgeräte sowie Schlag- und Abwehrstöcke» als Waffen gelten oder nicht. Auf Antrag einer hauchdünnen Kommissionsmehrheit (6 zu 5 Stimmen, 1 Enthaltung) beschloss der Ständerat zweitens mit 25 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung), dass Asylsuchende als Disziplinarmassnahme nicht mehr bis zu 72 Stunden, sondern bis zu 10 Tage von den allgemein zugänglichen Räumen eines Bundesasylzentrums ausgeschlossen werden dürfen. Drittens entfernte der Ständerat auf Antrag einer weiteren Kommissionsmehrheit (7 zu 5 Stimmen) die bestehende Möglichkeit, bei Zuweisung in ein besonderes Zentrum eine Beschwerde an das BVGer zu stellen, aus dem Entwurf. Wie eine Minderheit Engler (mitte, GR) beantragte auch Bundesrat Jans, diese Beschwerdemöglichkeit an ein unabhängiges Gericht intakt zu lassen. Mit der Streichung dieser Möglichkeit gehe der Ständerat ans «Eingemachte», denn damit entfalle die Rechtsweggarantie, die zum Kern der Rechtsstaatlichkeit gehöre, so Jans. Der Ständerat folgte der Kommissionsmehrheit mit 22 zu 19 Stimmen (ohne Enthaltungen), wobei die Mitglieder der SVP- und FDP-Fraktion sowie beinahe die Hälfte der Mitte-Fraktion und ein SP-Mitglied für den Mehrheitsantrag einstanden.

Weitere Differenzen zum Nationalrat schuf der Ständerat dadurch, dass er bei der Durchsuchung und beim Verhängen von Disziplinarmassnahmen dem «Schutz» anstelle der «Interessen» von minderjährigen Asylsuchenden angemessen Rechnung tragen wollte. Er tat dies auf Antrag seiner Kommission, die das Wort «Schutz» als weniger missverständlich erachtete als das Wort «Interessen». Zudem ergänzte der Ständerat, einer weiteren Kommissionsmehrheit folgend, die nicht abschliessende Aufzählung der Aufgaben des SEM beim Betrieb von BAZ und Unterkünften an den Flughäfen: Indem man die Liste um die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Bezug auf ihre Sicherheit ergänzte, sollte gemäss Kommissionsmehrheit die Wichtigkeit dieser Aufgabe betont werden. In der Gesamtabstimmung stellte sich der Ständerat schliesslich einstimmig und ohne Enthaltungen hinter den so abgeänderten Gesetzesentwurf, der somit zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat ging.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse beschloss die WBK-SR einstimmig bei zwei Enthaltungen, ihren Entwurf zur Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung demjenigen des Nationalrats vorzuziehen. Sie hielt somit an ihrem Grundsatz fest, dass die Kantone die Unterstützung der familienexternen Betreuungskosten mit einer ins Familienzulagengesetz (FamZG) integrierten Betreuungszulage organisieren sollen und dass sich der Bund – im Unterschied zur nationalrätlichen Vorlage – nicht an der Finanzierung der Betreuungskosten beteiligen soll. Gemäss der Kommission sollen die Kantone grundsätzlich die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen. Die Kantone könnten jedoch auch beschliessen, dass Arbeitgebende und Arbeitnehmende die Kosten der Betreuungszulage paritätisch zu tragen hätten. Hingegen plante die Kommissionsmehrheit weiterhin eine finanzielle Beteiligung des Bundes im Rahmen der Programmvereinbarungen, womit der Bund einen Beitrag zur Weiterentwicklung der institutionellen familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Förderung der Politik der frühen Kindheit leisten würde. Die neue Lösung soll das bereits mehrfach verlängerte und im Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung geregelte Impulsprogramm des Bundes ersetzen.

Im Unterschied zur Vernehmlassungsvorlage präzisierte die Kommission in ihrem definitiven Entwurf vom November 2024, dass die Betreuungszulage für Kinder bis zum Ende ihres achten Altersjahres zu entrichten sei, um die gesamte Basisstufe abzudecken. Trotz der leicht erweiterten Bezugsspanne – die Vernehmlassungsvorlage hatte eine Unterstützung bis zum Ende des siebten Altersjahres vorgesehen – rechnete die Kommission im Unterschied zu ihrer Vernehmlassungsvorlage (CHF 637 Mio./Jahr) nunmehr mit etwas geringeren Kosten von CHF 601 Mio. pro Jahr. Grund dafür war, dass in der Vernehmlassung noch davon ausgegangen worden war, dass die Betreuungszulagen auch an in der Schweiz lebende Eltern ausgerichtet werden, wenn diese ihre Kinder im Ausland betreuen lassen, wie dies insbesondere bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern der Fall sein könnte. Der finale Kommissionsentwurf sah jedoch ausschliesslich die Verrichtung von Betreuungszulagen an Familien vor, die ihre Kinder in einer von einem Kanton anerkannten Institution in der Schweiz betreuen lassen. Damit nahm die Kommission gemäss eigenen Aussagen «bewusst einen möglichen Konflikt mit dem Freizügigkeitsrecht in Kauf», ergänzte jedoch, dass die Frage auch innerhalb der EU umstritten sei. Nicht zuletzt beschloss die WBK-SR einstimmig, ihren Entwurf der Kita-Initiative als indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Das Volksbegehren verlangt unter anderem, dass sich der Bund zu zwei Dritteln an den anfallenden familienergänzenden Kinderbetreuungskosten der Eltern beteiligt.

Die Einigkeit, welche die Kommission mit der Verabschiedung des Entwurfs mit 7 zu 1 Stimmen ohne Enthaltung demonstrierte, mag über die Umstrittenheit gewisser Punkte hinwegtäuschen. In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Vorlage, der neben einem Nichteintretensantrag auch diverse Minderheitsanträge zu substantiellen Punkten der Vorlage zu besprechen hatte. Jakob Stark (svp, TG) begründete seine Minderheit auf Nichteintreten mit der hohen finanziellen Belastung für die Wirtschaft und vertrat mit Verweis auf die Argumentation des Bundes zum 2013 an der Urne gescheiterten Familienartikel die Ansicht, dass eine verfassungsmässige Grundlage zur Verstetigung der finanziellen Unterstützung durch den Bund fehle. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) widersprach dieser Rechtsauffassung im Falle einer über das FamZG entrichteten Betreuungszulage und wies darauf hin, dass das auf 14 Jahre befristete Instrument der Programmvereinbarungen gemäss herrschender Lehre verfassungsrechtlich vertretbar sei. Der Ständerat beschloss Eintreten mit 27 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung). Während sich die Mitglieder der SP, Grünen, GLP und mit vereinzelten Ausnahmen auch diejenigen der Mitte für Eintreten aussprachen, stellten sich die Mitglieder der FDP und SVP jeweils fast geschlossen dagegen.

Am ersten Tag der Detailberatung beschäftigte sich der Ständerat intensiv mit den Programmvereinbarungen. Gemäss Kommissionsmehrheit soll der Bund mit den Programmvereinbarungen an bestimmte Ziele geknüpfte Finanzhilfen zur Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Politik der frühen Förderung gewähren, wobei ihm in einem ersten Schritt Mittel aus einem vierjährigen Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 128 Mio. zur Verfügung stehen würden. Diese Mittel könnte er für die Schliessung von Angebotslücken in der institutionellen Kinderbetreuung für Kinder mit und ohne Behinderungen sowie für die Unterstützung der Kantone im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Politik der frühen Kindheit, etwa zur Förderung der Chancengerechtigkeit, sprechen. Die nationalrätliche Kommission hatte in ihrem Entwurf für denselben Zeitraum einen maximalen Verpflichtungskredit von CHF 224 Mio. vorgesehen. Die Höhe des letzten vierjährigen Verpflichtungskredites des Bundes zur Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen (Februar 2019 bis Januar 2023) belief sich auf CHF 124.5 Mio. Zuvor hatte sich das Parlament zusätzlich für eine fünfjährige Dauer ab Juni 2017 für weitere Finanzhilfen zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung in der Höhe von CHF 96.8 Mio. ausgesprochen. Dem Ständerat lag ein linker Minderheitsantrag von Maya Graf (gp, BL) vor, wonach der Bund finanzielle Beiträge auch für Massnahmen zur Verbesserung der Qualität des Kinderbetreuungsangebots einsetzen kann, wie dies der Nationalrat bereits gefordert hatte. Doch die Gunst des Ständerates stand anders: Nicht nur stellte er sich gegen den Minderheitsantrag Graf, sondern strich auf Anraten einer weiteren Minderheit Stark auch die Unterstützung der Politik der frühen Kindheit. Gegen Schluss der Beratung lag dem Rat eine weitere Minderheit Stark vor, die gänzlich von Programmvereinbarungen absehen wollte und darum beantragte, nicht auf den Bundesbeschluss und den dafür vorgesehenen Verpflichtungskredit einzutreten. Der Minderheitensprecher argumentierte, dass die Hoheit bei den Kantonen liegen sollte, damit diese auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote vorschlagen und organisieren können. Diese Argumentation wurde von der zuständigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Plenum gestützt und die Regierung sprach sich für die Minderheit Stark aus. Mit Stichentscheid des Präsidenten Andrea Caroni (fdp, AR) strich der Ständerat die Programmvereinbarungen, indem er nicht auf den Bundesbeschluss, der den entsprechenden Verpflichtungskredit beinhaltete, eintrat. Neben den links-grünen Parteien hatten sich zwei Ständeratsmitglieder der FDP sowie sechs Mitglieder der Mitte, darunter fast ausschliesslich Frauen, vergeblich für die Beibehaltung der Programmvereinbarungen ausgesprochen.

Am zweiten Behandlungstag diskutierte der Ständerat unter anderem über einen Antrag Gmür-Schönenberger (mitte, LU), die sich für eine Mischfinanzierung bei der Betreuungszulage aussprach. Anstelle des von der WBK-SR präferierten Modells einer vollständigen Finanzierung durch die Arbeitgebenden, was gemäss Zusatzbericht der Kommission eine Erhöhung des Beitragssatzes für Arbeitgebende um 0.17 Prozentpunkte bedingen würde, sah dieser Antrag vor, dass der Bund einen Viertel der Kosten der Betreuungszulage, aber maximal CHF 200 Mio. pro Jahr zu übernehmen hätte. Die verbleibenden Kosten sollten durch weitere, von den Kantonen zu bestimmende Beiträge gedeckt werden, wobei der Antrag neben Beiträgen von Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und Selbständigerwerbenden auch explizit Beiträge der Kantone vorsah. Die Minderheitensprecherin begründete ihren Antrag unter anderem damit, dass der Bund sein finanzielles Engagement von den Programmvereinbarungen nun auf die Betreuungszulagen verlagern könne, sowie mit dem Wunsch, der Kita-Initiative einen mehrheitsfähigen und griffigen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser Antrag vermochte jedoch über das links-grüne Lager hinaus nicht ausreichend zu überzeugen, sodass er vom Ständerat mit 24 zu 15 Stimmen abgelehnt wurde. Auch weitere Minderheitsanträge lehnte der Ständerat ab. Darunter befand sich erstens ein Minderheitsantrag Crevoisier Crelier (sp, JU), getragen von Ständerätinnen der SP, Grünen und Mitte, der die Betreuungszulagen für Kinder bis zum Ende des 12. Altersjahres entrichten wollte. Zweitens verlangte eine links-grüne Minderheit Crevoisier Crelier vergeblich, die Betreuungszulage für Kleinkinder unter 18 Monaten zu erhöhen, da die Betreuungskosten für diese in den Institutionen höher ausfielen als diejenigen für ältere Kinder. Schliesslich wurde auch ein Minderheitsantrag Stark deutlich abgelehnt, der auch denjenigen Eltern eine Betreuungszulage – insgesamt in der Höhe der Hälfte der institutionellen Betreuungszulage – gewähren wollte, die ihre Kinder durch Drittpersonen, etwa Grosseltern, betreuen lassen.

Das vom Ständerat präferierte Modell zur Überführung der Anstossfinanzierung des Bundes in eine zeitgemässe Lösung sah demnach zugunsten der kantonalen Eigenständigkeit komplett von einer weiterführenden finanziellen Unterstützung durch den Bund ab. Damit folgte der Rat auch den Empfehlungen der Expertengruppe zur Aufgaben- und Subventionsüberprüfung, die dem Bund im Vorjahr empfohlen hatte, auf Leistungen zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung zu verzichten. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den so abgeänderten Entwurf mit 27 zu 14 Stimmen an. Opponierende Stimmen fanden sich nach wie vor bei Mitgliedern der FDP und der SVP.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)

Mit 120 zu 60 Stimmen (ohne Enthaltungen) nahm in der Wintersession 2024 auch der Nationalrat eine Motion Würth (mitte, SG) an, die konsequenter gegen Missbräuche beim Schutzstatus S vorgehen wollte. Der Entscheid der grossen Kammer kam wenig überraschend, hatte sie sich mit sehr ähnlichem Stimmverhältnis doch bereits in der Herbstsession für eine identische Motion von Nationalrat Nicolo Paganini (mitte, SG; Mo. 24.3035) ausgesprochen.

Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen (Mo. 24.3022)

Bei der Beratung einer Motion Friedli (svp, SG), die Einschränkungen bei der Vergabe des Schutzstatus S forderte, sah sich der Nationalrat gleich mit drei Anträgen aus der Kommission konfrontiert. Die mit Stichentscheid der Kommissionspräsidentin Gysin (gp, TI) zustande gekommene Kommissionsmehrheit forderte im Unterschied zum Ständerat die gesamthafte Ablehnung der Motion. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) wollte die Motion teilweise annehmen und nur dem Punkt zustimmen, der die Vergabe des Schutzstatus S auf Personen aus den durch Russland besetzten Gebieten oder Personen aus Gebieten mit «mehr oder weniger intensive[n] Kampfhandlungen» beschränken wollte. Eine Minderheit Schmid (svp, TG) forderte schliesslich analog zum ständerätlichen Entscheid die Annahme aller drei Punkte der Motion, womit unter anderem auch bereits gewährte Schutzstatus S für Personen aus Gebieten ohne aktive Kampfhandlungen und ohne russische Besetzung aufgehoben würden. Mit 96 zu 87 Stimmen (5 Enthaltungen) setzte sich im Rat schliesslich die Minderheit Schilliger durch. Im Unterschied zur Minderheit Schmid erfuhr diese neben der SVP-Fraktion auch Unterstützung durch die FDP-Fraktion sowie durch sieben Mitglieder der Mitte-Fraktion.

Schutzstatus S auf wirklich Schutzbedürftige beschränken (Mo. 24.3378)
Dossier: Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine

Indem sie einer parlamentarischen Initiative Amaudruz (svp, GE) keine Folge gab, bestärkte die RK-NR im November 2024 ihren vor zweieinhalb Jahren gefällten Bescheid bei der Beratung einer identischen parlamentarischen Initiative derselben Urheberin (Pa.Iv. 21.488). Die Initiativen verlangten eine Verschärfung des Strafmasses bei Körperverletzungen gegen Frauen. Die Kommission fällte ihren jüngsten Entscheid mit 16 zu 6 Stimmen (3 Enthaltungen). Sie begründete diesen erneut damit, dass sie das Strafmass nicht vom Geschlecht des Opfers abhängig machen wolle, da dies eine «grundrechts- und verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Opfern im Strafgesetzbuch» einführen würde. Die Initiantin hatte ihre zweite Initiative insbesondere mit einer Formulierung zu einem in der Zwischenzeit gefällten Bundesgerichtsurteil begründet, die vermuten liess, dass sich eine «relativ kurze» Dauer einer Vergewaltigung strafmildernd auswirken könne. Vor der Beratung in der Kommission hatte das Bundesgericht seine eigene Formulierung indes als unangemessen kritisiert und in einem weiteren Urteil klargestellt, dass sich eine kurze Dauer einer Vergewaltigung nie zu Gunsten des Täters auswirken darf.

Gewalt gegen Frauen. Denken wir zuerst an die Opfer (Pa.Iv. 23.480)

Mitte Oktober 2024 veröffentlichte die WBK-SR den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zum von ihr erarbeiteten Alternativmodell zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Im Unterschied zum ersten, von der WBK-NR in Erfüllung einer eigenen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteten Entwurf, der vom Bund eine Kostenbeteiligung an den familienexternen Kinderbetreuungskosten der Eltern forderte, sah das Alternativmodell die Einführung einer Betreuungszulage im Rahmen des Familienzulagengesetzes vor. Die Betreuungszulage würde somit über Beiträge der Arbeitgebenden und allenfalls auch der Arbeitnehmenden finanziert. Mit Ausnahme der Förderbeiträge für die Programmvereinbarungen wären die Ausgaben für den Bund somit haushaltsneutral. Im Unterschied zum Entwurf der WBK-NR verzichtete die WBK-SR in ihrem Entwurf zudem darauf, Massnahmen zur Verbesserung der Qualität der externen Kinderbetreuung in die Programmvereinbarungen aufzunehmen, da solche Massnahmen vorderhand in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden fielen.
In der Vernehmlassung zum Alternativmodell äusserten sich neben 25 Kantonen und elf Parteien auch 20 Wirtschaftsverbände, über 50 Organisationen im Bereich der Kinderbetreuung und weitere interessierte Kreise, darunter insbesondere Frauen-, Kinder- und Familienorganisationen sowie Organisationen für Menschen mit Behinderungen. Der Ergebnisbericht zeigte ein deutlich gemischteres Bild der Reaktionen im Vergleich zum ersten, von der WBK-NR erarbeiteten Vernehmlassungsentwurf, welcher auf überwiegende Zustimmung gestossen war.

Von den Parteien stellten sich die EVP, die GLP sowie die Mitte (inklusive Mitte Frauen und Junge Mitte) im Grunde hinter den Entwurf, lehnten teilweise aber die vorgeschlagene Finanzierung ab. Die FDP und die SVP lehnten die Erarbeitung einer Vorlage zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Grundsatz ab – so auch den neuen Entwurf – während sich die FDP-Frauen, die Grünen, die SP und die SP Frauen explizit gegen das nun präsentierte Modell stellten, dem ursprünglichen Modell jedoch positiv gegenüberstanden. Trotz ihrer Unterstützung der Vorlage forderten die GLP und die Mitte Frauen ebenfalls eine Rückkehr zu einer Finanzierung durch den Bund. Während die GLP eine reine Bundesfinanzierung bevorzugte, sprach sich die Mitte für eine gemischte Finanzierung durch Arbeitnehmende, Arbeitgebende und die Kantone aus, während sich die SP und die SP Frauen gegenüber einer paritätischen Finanzierung durch Arbeitgebende und den Bund offen zeigten. Nicht zuletzt forderten die Grünen, die SP (inklusive Frauen) sowie die Mitte Frauen, den Geltungsbereich nicht auf Kinder bis zum Ende des 7. Lebensjahres zu beschränken, sondern bis zur Vollendung des 12. Jahres auszudehnen, da auch im Primarschulalter noch Betreuungsbedarf für die Kinder bestehe. Diese Forderung wurde auch von einem Grossteil der Interessenorganisationen eingebracht. Die Beschränkung der Betreuungszulage auf die institutionelle Betreuung hingegen wurde abgesehen von der SVP von den Parteien entweder nicht kommentiert oder gar explizit begrüsst.

Von den 25 Kantonen stellten sich deren 12 im Grunde hinter den von der zuständigen Kommission der Kantonskammer ausgearbeiteten Entwurf. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stand der Vorlage als dreizehnter Kanton zwar ebenfalls positiv gegenüber, betonte jedoch, dass demjenigen Modell Vorrang gegeben werden sollte, das politisch mehrheitsfähiger sei und dem Sinne der zugrunde liegenden parlamentarischen Initiative besser entspreche. Die verbleibenden 12 stellungnehmenden Kantone stellten sich gegen den neuen Entwurf, teilweise da sie das erste Modell bevorzugten. Das Modell mit Bundesbeteiligung hatten in der ersten Vernehmlassung zum Geschäft 23 von 26 stellungnehmende Kantonen unterstützt. Auch unter denjenigen Kantonen, die sich explizit zur Finanzierungsfrage äusserten, stellte sich lediglich eine Minderheit hinter die vorgeschlagene Finanzierung über die Arbeitgebendenbeiträge (BS, GL, NW, SH und ZH). Weitere sieben Kantone präferierten eine Mischfinanzierung durch zusätzliche Bundesbeteiligung und forderten in einzelnen Fällen auch dazu auf, die Arbeitnehmenden in die Pflicht zu nehmen. Sechs weitere Kantone sahen ausschliesslich den Bund in der Finanzierungspflicht (AG, GE, NE, SO, TI und VD). Mehrheitlich positiv äusserten sich die Kantone hingegen zur Möglichkeit, die Betreuungszulage über die Familienausgleichskassen zu entrichten; der mutmassliche administrative Aufwand wurde als vertretbar eingeschätzt.

Unter den Wirtschaftsverbänden fand sich kaum Unterstützung für das vorgelegte Alternativmodell, das in erster Linie durch deren Mitglieder finanziert würde. Eine solche Finanzierung wurde von Arbeitgebendenverbänden klar abgelehnt, so auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband, der die Vorlage ansonsten im Grunde unterstützte. Zehn Wirtschaftsverbände, darunter economiesuisse, lehnten die Vorlage grundsätzlich ab. Nicht zuletzt brachten einige dieser Akteure vor, dass sie die Kantone und Gemeinden in der Finanzierungspflicht sehen. Acht weitere Verbände, unter anderem der SGV, SGB, Travail.Suisse und Gastro.Suisse, betonten, dass sie einem anderen Modell als dem nun vorgelegten zustimmen würden, wobei sie sich teilweise auf die nationalrätliche Vorlage bezogen.

Obwohl auch die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise die Vorlage grundsätzlich unterstützte, zeigten sich nur wenige mit der vorgeschlagenen Finanzierung einverstanden. Während sich etwa Alliance Enfance, Kinderschutz Schweiz und Pro Juventute für eine alleinige Finanzierung durch den Bund aussprachen, befürworteten unter anderem kibesuisse und verschiedene eidgenössische Kommissionen (EKFF, EKF, EKKJ) eine geteilte Finanzierung zwischen Arbeitgebenden und Bund. Die EKFF stellte sich zudem explizit gegen eine Mitfinanzierung durch die Arbeitnehmenden. Auch erachteten viele Interessenorganisationen, aber auch die SP, die Mitte Frauen und der SGB, die vorgeschlagene Höhe der Zulage als zu tief – der Entwurf der WBK-SR sah einen Mindestbetrag der monatlichen Zulage von CHF 100 pro Kind und Betreuungstag vor. Zudem forderten weitgehend dieselben Kreise eine starke Erhöhung der Betreuungszulage für Kinder mit Behinderungen, wobei nicht selten auch eine einkommensabhängige und an den tatsächlichen Betreuungskosten orientierte finanzielle Unterstützung gefordert wurde.

Die Interessenorganisationen begrüssten ebenso wie die Mehrheit der restlichen Vernehmlassungsteilnehmenden die drei mit Programmvereinbarungen unterstützten Förderbereiche, wovon diejenigen zur frühen Förderung von Kindern und zur Schaffung zusätzlicher institutioneller Betreuungsplätze bereits bestehen und derjenige zur Schaffung von Plätzen für Kinder mit Behinderungen neu eingeführt werden soll. Darüber hinaus forderten sie, ebenso wie elf Kantone und verschiedene Parteien (Grüne, SP, EVP, Mitte Frauen), die Wiederaufnahme des Förderbereichs Qualität. Dabei vertraten die Interessenorganisationen die Position, dass nur qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote in Anspruch genommen würden und sich somit nur diese positiv auf die Erwerbstätigkeit von Eltern auswirken können. Nicht zuletzt forderte die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise zusätzliche Mittel für die Programmvereinbarungen, wobei sie Sukkurs erhielten von der SP, den Mitte Frauen, den Grünen, dem SGB und einigen Kantonen (AR, BL, BS, FR, OW, SO, TI, VD).

Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse machte sich die WBK-SR daran, ihren Entwurf zu finalisieren, um ihn daraufhin ihrem Rat zur Beratung vorzulegen.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)